Jetzt muss ich leider meine Weber MyWatt Foto-Horrorstory erzählen.
Ich hatte vor einigen Wochen nach kurzer Korrespondenz einen MyWatt 100 beim feinen Herrn Weber bestellt. In der Korrespondenz hatte er mir noch einen MyWatt 200 als Vorführmodell zum Sonderpreis angeboten, den habe ich aber ausgeschlagen, weil 100 Watt mehr als ausreichend für meine Zwecke sind. Außerdem hatte er mir ein 14-tägiges Rückgaberecht explizit bestätigt.
Da die Verarbeitung von außen schon sehr fragwürdig war, habe ich den Amp mit einem befreundeten Tech (der auch neugierig war) nochmal genauer unter die Lupe genommen, der hatte aber erst an Tag 10 oder so Zeit. Nach der Aktion habe ich Max sofort mitgeteilt, dass ich leider (klanglich war der Amp nämlich toll!) vom Rückgaberecht Gebrauch machen und vom Kauf zurücktreten muss. Dabei habe ich Modalitäten für den Rückversand vorgeschlagen und um Bestätigung/Rückmeldung gebeten. Dass der Hauptgrund für die Rückgabe die grauenhafte Verarbeitung war, habe ich erstmal verschwiegen und es auf unpassenden Sound im Bandkontext geschoben (mit ein bisschen Bauchpinselei für den Solo-Sound), um mögliches Drama zu vermeiden. Ich wollte einfach den Amp loswerden, mein Geld zurück und Ruhe. Tja...
Am letzten Tag der Frist hatte ich noch keine Antwort, also vor der Arbeit nochmal schnell einen Reminder geschickt. Nach Feierabend hatte ich dann zwei Mails, in denen er mir jeweils dargelegt hat, dass ich den Amp als Vorführgerät erworben hätte und daher die Rückgabe nicht möglich sei. Ich will ihm hier jetzt nicht mal böse Absichten unterstellen, er schien einfach verwirrt zu sein, eine der Mails war nämlich auch mit dem Betreff "MyWatt 200" versehen. Immerhin hat er noch angeboten, den Amp in Richtung meiner Klangvorstellungen zu modden und Hin- und Rückversand zu übernehmen.
Da das für mich natürlich nicht in Frage kam, habe ich ihn einfach nochmal darauf hingewiesen, dass ich das Vorführmodell ausgeschlagen und den 100er bestellt hatte, dass er mir explizit das 14-tägige Rückgaberecht bestätigt hatte und dass er mir doch bitte die Rücksendemodalitäten bestätigen solle. Den Amp einfach auf blauen Dunst zurückzuschicken war mir doch etwas zu riskant.
Als nach einer Woche noch keine Antwort kam, habe ich nochmal einen Reminder mit Bitte um Rückmeldung geschrieben. Beim letzten Mail-Wechsel hatte das ja auch eine prompte Antwort ergeben. Mir wurde die ganze Sache langsam zu bunt. Da er nach 24 Stunden nicht darauf geantwortet hatte, habe ich ihm eine weitere Mail geschrieben und mit rechtlichen Schritten gedroht. Da kam er dann endlich mal aus dem Quark, hat mich noch um ein wenig Geduld gebeten und mir zugesichert, dass ich mein Geld spätestens in der Folgewoche bekäme. Ich habe den Amp dann am nächsten Tag endlich zur Post gebracht und hatte zum Glück auch nach einigen Tagen das Geld auf dem Konto. Auf den Versandkosten hin und zurück bin ich natürlich sitzen geblieben, damit hatte ich aber gerechnet und betrachte das als Lehrgeld.
Wenn ein Angebot zu gut scheint um wahr zu sein... dann ist es höchstwahrscheinlich nicht wahr.
Jetzt aber die versprochene Bravo Foto-Horrorstory mit kurzen Kommentaren. Ich arbeite mich mehr oder weniger von außen nach innen vor.
1. Das Tolex:
Ecken miserabel verarbeitet und eine Naht, die quer übers Gehäuse läuft. Außerdem hatte eines der Gitter bereits fette Kratzer.
2. Das Gehäuse:
Als erstes fallen die schief und krumm - wahrscheinlich frei Hand mit 'ner Stichsäge - geschnittenen Öffnungen auf und dass die Eckenschoner z.T. nicht ordentlich sitzen.
Dann war das Chassis von unten mit unterschiedlichen Schrauben befestigt. Wie sich herausstellte, hatte eine davon ein Holz- statt eines Metallgewindes.
Beim Herausschrauben wurde dann auch klar, warum die Unterlegscheiben so überdimensioniert waren - die Bohrlöcher sind viel zu groß! Und zwar offenbar um mangelnde Präzision zu kompensieren, denn die Schraublöcher des Chassis saßen deutlich nicht zentriert darunter.
Von innen sind die Löcher dann komplett ausgerissen und splitterig, da das Gehäuse - wahrscheinlich um Gewicht einzusparen - aus Spanplatte gefertigt ist. SPANPLATTE!
Wo wir vorhin bei mangelnder Präzision und so waren: Die Leisten, an denen Front und Back Panel verschraubt sind und die dem Gehäuse zusätzliche Stabilität geben sollten, sind einfach Pi mal Daumen und ohne Vorbohren mit Gewalt festgeschraubt worden. Das Ergebnis dürfte niemanden verwundern, ein Großteil der Schrauben steht schief seitlich aus den Leisten heraus und die Leisten sind durch die Bank weg gebrochen/gerissen. Gummifüße und Griffe sind übrigens einfach mit Holzschrauben in der Spanplatte "verankert", die Enden der Schrauben stehen z.T. mehrere Zentimeter tief ins Gehäuse hinein. Die Gitter - frei Schnauze mit einer Drahtschere ausgeschnitten oder so - sind auch nicht im Gehäuse verschraubt, wie es sich gehört, sondern einfach wahl- und lieblos "fest"getackert. Dabei stehen so einige Tackernadeln auch einfach wild ab oder sitzen nur halb im Holz und die Ecke eines Gitters war verbogen und stand ordentlich ab. Also Kinder, vorm Röhrenwechsel Tetanus-Impfung auffrischen!
3. Das Chassis:
Auch hier fallen in der Außenansicht schon einige Mängel auf. Kratzer in der Frontplatte (wahrscheinlich beim Einbau des Schalters mit dem Werkzeug abgerutscht), komische Verfärbungen, weil bei der Fertigung irgendeine Flüssigkeit unter die Folie auf der Rückplatte gezogen sein muss, eines der Bias-Potis ist kaum noch zu erreichen, weil die Löcher nicht sauber in einer Flucht gebohrt wurden.
Preisfrage: Was passiert, wenn man ein weiches Aluminium-Chassis an einem Gehäuse mit zu groß vorgebohrten Löchern festschraubt? In dem Loch mit der Klammer saß übrigens die Holzschraube. Auch die fetten Kratzer, die quer durchs gesamte Chassis laufen, finde ich sehr schick. Die tauchen auch auf späteren Fotos noch auf.
Was nicht passt, wird passend gemacht! Und zwar mit Gewalt! Außerdem: Woher kommt diese Brandspur?!
Lustig fand ich, dass der eine Trafo mit vier verschiedenen Schrauben befestigt ist. Beunruhigend dagegen, dass um den anderen Trafo irgendeine Art Epoxydharz o.ä. geschmiert wurde (Sollte da irgendwas zusätzlich befestigt werden?) und das Ganze ebenfalls irgendwie verbrannt aussieht.
Außerdem kam uns beim Herausnehmen des Chassis erstmal ein abgeknipster Kabelbinder und klumpenweise Lötzinn entgegen.
4. Die Elektronik:
Die Bestückung der Röhrensockel sieht nicht sonderlich vertrauenerweckend aus. Beim einen hängt einfach ein Widerstand in der Luft (Hä?!) und die Lötstellen sehen z.T. doch etwas unschön aus, beim anderen ebenfalls unschöne Lötstellen und ein Stück Draht, das nicht gekürzt wurde, sondern ca. einen halben Millimeter überm Chassis-Blech hängt. Kurzschluss in 3, 2, 1...
Schick ist auch die Platine mit Mini-Trafo für den DI-Out. Gut, die angeschmolzenen Isolierungen der umgebenden Kabel trüben das Bild natürlich etwas. Und dass die Platine nur mit zwei verlöteten Kupferdrähten befestigt ist. Wobei sie an einem der Lötpunkte schon ankündigt, langfristig auszubrechen. Die Hauptplatine dagegen sieht überraschend gut aus.
Moment mal... Hauptplatine?! Ich frage mich ernsthaft, ob das nicht schon unter "Betrug" fällt. Aber ich bin kein Jurist und den Stress und die möglichen Kosten eines Prozesses muss ich mir jetzt auch nicht geben. (Screenshot der Weber-Homepage, Hervorhebungen von mir.)
Unschönes Detail, das leider nicht auf den Fotos gelandet ist: An den Beinen vieler Bauteile hingen noch Lötzinn-Reste, die beim Verlöten anderer Bauteile rübergespritzt oder draufgetropft sein müssen.
5. Fazit:
Wenn dieses Exemplar den Qualitätsstandard der Weber-Amps repräsentiert, dann kann ich nur jedem davon abraten, einen solchen zu kaufen. Dass die Rückabwicklung erst nach Androhung rechtlicher Schritte in die Gänge kam, verstärkt diesen Eindruck nur noch. Aber Hauptsache "Made in Germany"...