Wer hört auf wen?

In kammermusikalischen Formationen kann es durchaus sein, dass ich als Sänger mit 2, 3 oder 4 Instrumentalisten zusammen musiziere, ohne dass ein Dirigent anwesend ist. Und schon mit 2 Mitmusikern, da habe ich etwas Erfahrung, geht gar nichts, ohne exakte Absprachen, nicht nur, aber sowieso dann, wenn eines der Instrumente ebenfalls einen Solistenpart hat!
Da steht doch eigentlich im Prinzip alles in den Noten. Ansonsten kenne ich es so,dass eine/r, meist der/die die Melodie hat, gelegentlich mit dem Kopf nickt. Begleitpianisten hängen an den Lippen der SängerInnen, dann passiert (vielleicht ;) ) das, was Du so phantastisch findest:
und sagte mir dann: sing einfach, ich komme dann mit.
Das sollte mit einem Pianisten auch funktionieren; nur manche klassischen der Art sind etwas, ähm, steif :D
Abschliessend finde ich es aber generell noch wichtig, dass sich der Sänger gegenüber den Instrumentalisten respektvoll verhält (indem er ihre Bedürfnisse ernst nimmt) und nicht die grosse Zickendiva gibt!
Das sowieso, sonst funktioniert das nie und nimma! :eek: Zusammenspiel heißt doch Zusammenspiel, weil man zusammen spielt und nicht gegeneinander :rolleyes: Da muss man sich aufeinander einspielen und wenn es passt, muss man sich vielleicht wirklich nicht mehr anschauen, sondern hat es im Gefühl. Das hatten wir damals, ganz andere Baustelle, mit Mama in der Stubnmusi. Vier bis fünf Leute, Mama hatte die erste Stimme und damit die Kopfnicker und es klappte, auch mit Tempowechseln. Nur laid back wird da eher nicht gespielt :)
 
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Da steht doch eigentlich im Prinzip alles in den Noten.

Äh, nein ;) Zumindest nicht in Barock und Klassik. Habe mal aufs Geratewohl in 3 meiner Stücke geschaut: in zweien steht da - nichts nada niente! Im ganzen Stück weder zu Dynamik noch zu Tempi irgendwo eine Anmerkung! Da ist deine eigene Kreativität gefragt, soll es nicht todlangweilig werden, v.a. wenn es dann noch melodische Wiederholungsteile gibt! Also Absprache unumgänglich! Im dritten Stück 2-3 spärliche Dynamikangaben, auch hier sind also noch viele eigene Ideen der Musiker gefragt!

Ansonsten kenne ich es so,dass eine/r, meist der/die die Melodie hat, gelegentlich mit dem Kopf nickt.

Gefällt mir nicht so, weder als Musikmachende noch als Zuhörerin. Finde das etwas plump. Ok, vllt. geht's manchmal nicht anders, normalerweise aber denke ich, sollte man so aufeinander eingespielt sein, dass Augenkontakt reicht.

Begleitpianisten hängen an den Lippen der SängerInnen

Na ja, bei Lied sind die Pianisten, auch wenn sie Liedbegleiter genannt werden, im Prinzip ja auch Solisten. Es ist also das Miteinander von 2 Solisten und bei einem guten Duo gehen beide gleichermassen aufeinander ein, finde ich. Erst dann wenn einer zB. dauernd schleppt (dann ist es aber kein gutes Duo mehr :D) , muss der andere energisch das Zepter ergreifen und ziehen (und hoffen dass dann der andere mitkommt ;))
 
Aber auch wenn ich "nur" mit einem Begleitpianisten musiziere, muss ich mich absprechen. Bei einer Opernarie hat der Pianist zwar eine gewisse Freiheit: da sein Part eh nur ein Klavierarrangement der (originalen) Orchesterversion ist, kann er sich das, wenn er gut genug ist, etwas zurechtlegen, auch mal Töne weglassen etc. und sich dann ev. auch etwas leichter spontan dem Sänger anpassen. Bei Lied geht das meiner Ansicht nach nicht. Die Klaviernoten sind original vom Komponisten und als eigenständiger Part gedacht. ...
Deshalb kann bei Lied nur was Gutes entstehen, wenn eine sehr intensive Zusammenarbeit von Sänger und Pianist dem Auftritt voran geht ...
Allenfalls wenn ein Duo schon sehr lange zusammenarbeitet und jeder im Gefühl hat, was der andere gleich machen wird, erträgt es ev. eine gewisse Spontaneität.
Tonja,
Dazu eine Episode aus meinem Musikerleben ...

Mit meiner 5-Mann-Folkgruppe spielte ich einige Male bei einem jährlichen Wohltätigkeitsgala. Die Leiterin - eine Märchenerzählerin - brachte uns dazu, spannende Sachen wie "Liebeslieder aus 4 Jahrhunderten" oder "Die 4 Temperamente Europas" oder "Frauen aus 4 Kontinente" musikalisch zu umrahmen. Eine herausfordernde und kreative Angelegenheit!

Eine andere häufige Teilnehmerin war eine Profi-Sopranistin, Hauptfach Operette, die normalerweise mit ihrem Lebensgefärten, einem Profi-Pianisten mit Hauptfach Begleitung zusammen auftrat.
Einmal trat diese Sopranistin an die Leiterin mit dem Wunsch heran, einmal ein einfaches Volkslied zur Gitarre zu singen - wie früher bei den Pfadfindern. Ob die Gruppe da aushelfen könnte? Ich gab dieses Anliegen an meine Gruppe weiter. Meine 3 Gitarristen - auch der sehr gute Gitarrist, der bei uns Bass spielte - schauten mich an und sagten: "Das machst du!" Denn bei dem "einfachen Volkslied" handelte es sich um "Es steht ein Lind in jenem Tal" von Brahms!

Nun, ich bin der Sänger der Gruppe und spiele nur die Instrumente, die kein anderer spielt - hauptsächlich Banjo, Mandoline, Whistles und Concertina. Ein bißchen Gitarre hat jeder von uns in den 60er Jahren gelernt, aber bei mir war sie immer nur Beiwerk. Die Bandkollegen schoben mich nicht wegen meiner Gitarrenkünste vor, sondern weil ich gelernter klassischer Sänger bin. Eine Weise Entscheidung, wie es sich herausstellte!

Also besorgte ich Noten von "Es steht ein Lind" und erarbeitete ein Gitarren-Arrangement der Klavierpart. Dieses übte ich dann fleißig, bis ich es auswendig konnte.

Dann kam der Galaabend. Wie bei klassischen Musikern oft der Fall, traf ich die Sopranistin erst am Nachmittag zu einer Generalprobe. Sie kannte ihre Part; ich kannte meine; es müsste klappen!

Tat es aber nicht! Sehr bald lagen wir kreuz und quer mit dem Timing. Eine Katastrophe! Jetzt rechtfertigte sich die Entscheidung, den Sänger der Gruppe zum Gitarrenbegleiter zu ernennen. Denn das Problem lag in den kleinen Gewohnheiten von Sängerinnen aus der Gattung, eine dicke Fermate am Ende einer jeden Textzeile zu setzen, und manche Phrasen betont breit zu halten.

Meine Lösung: Möglichst die Auftakte bzw. Phrasenanfänge der Sängerin zu überlassen und erst bei der nächsten betonten Silbe einzusteigen - und zwar in dem Tempo, das ich aus der zeitlichen Folge des ersten und des zweiten Tons der Phrase herauslesen konnte. Oder aber meine Auftakte "open end" zu lassen und zu ihrer Zeit und mit ihrem Tempo fortzufahren.

Und es klappte! Nach zwei Probedurchgänge, und ohne große Absprachen gelang es uns am Abend ganz passabel. Aber im Grunde nur deshalb, weil ich einen Fuß in jedem der beiden Lager - Folk und Romantik - hatte und lediglich umschalten musste. Meine Rhythmusgitarristen aus der Band hätte keine Chance gehabt.

Cheers,
Jed
 
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Zumindest nicht in Barock und Klassik. Habe mal aufs Geratewohl in 3 meiner Stücke geschaut: in zweien steht da - nichts nada niente! Im ganzen Stück weder zu Dynamik noch zu Tempi irgendwo eine Anmerkung!
Hups. Ist das bei meinen Noten dann für die "dummen" Chorsänger? :redface:
Gefällt mir nicht so, weder als Musikmachende noch als Zuhörerin. Finde das etwas plump. Ok, vllt. geht's manchmal nicht anders, normalerweise aber denke ich, sollte man so aufeinander eingespielt sein, dass Augenkontakt reicht.
Ich meinte nicht, so nicken dass der Kopf gleich abfällt ;) Und vielleicht bin ich auch grad a weng geprägt - für einen ganzen Chor muss es halt schon ausführlicher sein, wenn der Dirigent am Klavier oder an der Orgel hockt.
Na ja, bei Lied sind die Pianisten, auch wenn sie Liedbegleiter genannt werden, im Prinzip ja auch Solisten. Es ist also das Miteinander von 2 Solisten und bei einem guten Duo gehen beide gleichermassen aufeinander ein, finde ich.
Das sehe ich anders, ganz ohne Zickendiva sein zu wollen. Eine/r muss führen außer man ist wirklich total aufeinander eingespielt und fühlt was kommt vorab (ja, das geht). Wegen meiner ist der, der führt auch der Pianist; dann hängt halt die Sängerin an den Fingern von ihm.
 
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..., kenne ich es so, dass der Pianist dem Sänger folgt; ...
Ja, ich auch.

... Bei Lied geht das meiner Ansicht nach nicht. Die Klaviernoten sind original vom Komponisten und als eigenständiger Part gedacht. Klavier und Gesang sind 2 selbstständige Melodien, die sich umspielen, von einander entfernen und wieder treffen. Es entstehen dabei nicht selten überraschende aber im Kontext stimmige Harmonien. Eine Verschiebung und ist sie noch so klein, erträgt es nicht. ...
Das ist mir gänzlich neu.

Ich bin zwar nur Hobbysänger, aber wenn ich z.B. Schubert singe, muss ich als Sänger führen und das Klavier begleitet mich!
Früher habe ich versucht mit Playback zu üben (also ganz strickt eingespielte Klavierparts), aber das klappt schon beim Üben nicht wirklich. Da muss ich mich der Musik anpassen - da kann ich überhaupt nicht richtig interpretieren.
Jetzt gebe ich mir am Klavier nur noch den Ton an und singe beim Üben "Free Solo". Dann klappts auch mit dem (guten) Pianisten.

Im Prinziip dirigiere ich als Sänger ja. Und zwar genauso, wie ich, wenn ich ein (undirigiertes) Gesangsesemble leite und mit dem ersten Atemholen nicht nur den Einsatz, sondern auch das Tempo vorgebe.

Ich denke bei Grönemeyer wird es ähnlich sein. Er interpretiert seine Texte auch sehr "intensiv" (mir fällt kein passenderes Wort ein). Da muss sich meiner Meinung nach die Musik dem Sänger und dem Text anpassen.

lg Thomas
 
Wenn man ein vorgegebenes Tempo (Playback, Ensemble) als Sänger nicht einhalten kann, ist das leider kein Qualitätsmerkmal. Wie oben schon mehrfach geschrieben: Gute Sänger können sich in ein Ensemble integrieren und folgen, nicht nur dirigieren.
 
Wenn man ein vorgegebenes Tempo (Playback, Ensemble) als Sänger nicht einhalten kann, ist das leider kein Qualitätsmerkmal.

Das ist aber gar nicht die Frage, um die es sich hier dreht. Es geht darum, wie man damit umgeht, wenn es eben kein vorgegebenes Tempo gibt. zB Allargando/Accelerando gibt es auch in der Klassik und das ist kein fester Wert, sondern Interpretationssache. Nun ist bei einem Orchester der Dirigent für solche Tempoänderungen verantwortlich - bei einem Popduo oder einer Jazzband gibt es aber keine solchen. Also muss jemand aus der Band diese Rolle übernehmen, aber ohne Taktstock und während er musisziert. Und die Frage, um die es sich dreht ist: Wer ist das in der Regel?
 
Ja, genau, die ursprüngliche Frage ist ja oben schon sehr gut und differenziert beantwortet worden. Als Mit-Musiker von Sängern kann ich nur immer mal wieder darauf hinweisen, dass solche Meinungen wie die von @Koksi01 beim Musizieren regelmäßig Probleme bereiten.

Und am Rande bemerkt: In meinem Umfeld war es bisher jedesmal so, dass die Klagen über mangelnde rhythmische Freiheit sich dadurch aufgelöst haben, dass die klagende Person (durchaus auch mal ich selbst) besser geübt und besser den Takt eingehalten hat. Das Umgekehrte habe ich quasi noch nie erlebt.
 
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dass solche Meinungen wie die von @Koksi01 beim Musizieren regelmäßig Probleme bereiten.


Ich habe seinen Beitrag weniger als Meinung, sondern eher als Erfahrungswert aufgefasst. Und bezogen auf Lied (Schubert etc) kann ich das komplett nachvollziehen.

Wenn ich Duoauftritte mit Piano habe, folgt mir der Pianist. Übrigens völlig freiwillig und gern. :)
 
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Meine Erfahrungen sind eher sowas wie die Geschichte von Jed:

Also besorgte ich Noten von "Es steht ein Lind" und erarbeitete ein Gitarren-Arrangement der Klavierpart. Dieses übte ich dann fleißig, bis ich es auswendig konnte.

Dann kam der Galaabend. Wie bei klassischen Musikern oft der Fall, traf ich die Sopranistin erst am Nachmittag zu einer Generalprobe. Sie kannte ihre Part; ich kannte meine; es müsste klappen!

Tat es aber nicht! Sehr bald lagen wir kreuz und quer mit dem Timing. Eine Katastrophe! Jetzt rechtfertigte sich die Entscheidung, den Sänger der Gruppe zum Gitarrenbegleiter zu ernennen. Denn das Problem lag in den kleinen Gewohnheiten von Sängerinnen aus der Gattung, eine dicke Fermate am Ende einer jeden Textzeile zu setzen, und manche Phrasen betont breit zu halten.

Meine Lösung: Möglichst die Auftakte bzw. Phrasenanfänge der Sängerin zu überlassen und erst bei der nächsten betonten Silbe einzusteigen - und zwar in dem Tempo, das ich aus der zeitlichen Folge des ersten und des zweiten Tons der Phrase herauslesen konnte. Oder aber meine Auftakte "open end" zu lassen und zu ihrer Zeit und mit ihrem Tempo fortzufahren.

Die Geschichte der Sängerin war wahrscheinlich:

Also, der Begleiter war zuerst die totale Katastrophe! Ich frage mich, ob der seine Stimme überhaupt geübt hatte. Erst nachdem ich ihm lang und breit erklärt hatte, wie ich mir das vorstelle, war er in der Lage mir zu folgen. Am Ende war es dann ganz ok, auch wenn er immer ein bisschen nachhechten musste, um mein Tempo wiederzufinden.

Für Mitmusiker ist das je nach Temperament von amüsant bis frustrierend. Vor allem wenn man sich nicht nur als Begleitknecht versteht, sondern ein Interesse am Gesamtergebnis hat.
 
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Ich finde es ziemlich egal, wer wem folgt ... es muß nur passieren.

Genre Jazz:
Eine sehr unheilige Alianz ist es, wenn jeder auf den anderen wartet, und am Ende eine zähe musikalische Masse dabei herauskommt ...
Ich bin gerade selbst in Aufnahmen verstrickt, bei denen sich genau dieses Problem stellt. Und nicht nur stellt, es wächst sich sogar zu einem schier unüberwindlichen Hindernis aus ...
Ein Intro mit Solosänger und Pianist, welches "frei" gedacht war ... Sänger wartet nach jedem Phrasenende auf Pianisten, Pianist wartet auf Sänger ... nichts geht weiter ...
Da lernt man die so unschuldig und simpel daherkommenden Duo-Aufnahmen, wie diese hier

umso mehr zu schäzten ...

Thomas
 
Meine Erfahrungen sind eher sowas wie die Geschichte von Jed:

Ich kam bislang nie in die (Not)lage, mir darüber überhaupt Gedanken machen zu müssen. Es hat immer gut geklappt. Wer genau da wem gefolgt ist oder ob es nicht sogar mal/mal so war, kann ich gar nicht genau sagen. Wichtiger ist wohl, dass beide der Musik insgesamt zuhören und sich nicht auf einen bestimmten Aspekt konzentrieren.
 
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- bei einem Popduo oder einer Jazzband gibt es aber keine solchen. Also muss jemand aus der Band diese Rolle übernehmen, aber ohne Taktstock und während er musisziert. Und die Frage, um die es sich dreht ist: Wer ist das in der Regel?

Das ist in der Regel der/die Schlagzeuger/in. (Ausnahmen bestätigen die Regel)
Die Band gibt ein sicheres festes Fundament vor. (Rhythmusgruppe: Schlagzeug, Percussion, Bass, Rhythmusgitarre, Piano) Die Melodie ist Sache der/des Sänger/in und er/sie kann sich in diesem sicheren Fundament frei bewegen. Bei einem Solo gilt das dann für das Solo spielende Instrument.
Komplizierter wird es, wenn dann noch Melodie spielende Instrumente wie z.B. Trompete, Flöte, Saxophone usw dazu kommen. Die Teilen sich ihren Part dann mit dem Gesang.

Lg, TaTu
 
Das ist in der Regel der/die Schlagzeuger/in. Die Band gibt ein sicheres festes Fundament vor. (Rhythmusgruppe: Schlagzeug, Percussion, Bass, Rhythmusgitarre, Piano)

Dass bei einer Band bestenfalls die Rhythmusgruppe das Tempo vorgibt und das Fundament bildet, ist unbestritten und muss wohl nicht erklärt werden. Ich habe 30 Jahre in Bands gespielt.

Ich rede von den Ausnahmen. Von Duos oder von Situationen, die wirklich frei gestaltet werden. zB bei Jazz-Impros oder auch bei zelebrierten Rocksong-Live-Outros, wo die komplette Band immer wieder den Schlusaakord betont, schneller und langsamer werdend. Ich habe das selbst etliche Male gemacht und bin sicher, dass da keine bestimmte Person führt, sondern dass das auf physischer Interaktion basiert. Und dem Wissen, wie es zu klingen hat.
 
Ich denke auch, dass es unbestritten ist, dass bei Bands die Rhythmusgruppe (bzw. der Schlagzeuger) das Tempo vorgibt. Ich fühle mich in der Band auch erst frei, wenn ich mich darauf verlassen kann, dass meine Band tight bleibt.

Ich habe ja lange Zeit als Pianistin Klassiksolisten begleitet, u.a. Gesang, Geige, Cello und Flöte. Da war das bisher immer so, dass der Solist das Tempo per Einzählen bestimmt und ich mich als Pianistin daran gehalten habe. Bei Accelerando Ritartando etc. und Einsatz nach Fermate etc. hat auch der Solist geführt und zwar per Blickkontakt und Körpersprache. Eingegriffen habe ich nur, wenn ich merke dass der Solist immer schneller wird und es drohte, dass er jetzt oder demnächst rausfliegt. Dann habe ich gebremst. Dass der Solist zu langsam wurde und drohte, dass er lange Töne nicht mehr halten kann, dass ich antreiben musste, war eher selten. Tempo geändert habe ich also nur um ein Auseinanderfallen zu verhindern. Ansonsten habe ich mich an das vorgegebene Tempo gehalten.

Vielleicht kannte der Pianist "laid back" nicht und dachte das sei falsch. Wenn es richtig klingt, und das tut laid back eigentlich schon, dürfte nicht das Bedürfnis entstehen korrigierend einzugreifen.
 
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Hups. Ist das bei meinen Noten dann für die "dummen" Chorsänger? :redface:

Wohl eher für die dummen (oder faulen) Chorleiter ;)

Ich bin zwar nur Hobbysänger, aber wenn ich z.B. Schubert singe, muss ich als Sänger führen und das Klavier begleitet mich!

Ich habe bewusst von guten Lied-Duos gesprochen und meinte damit wirklich Duos der Spitzenklasse. Nicht nur, dass dabei zwei hervorragende Künstler aufeinander treffen, es verbindet sie in der Regel auch eine jahrelange Zusammenarbeit und selbstverständlich passt es auch menschlich sehr gut. Wenn sich dann zwei gefunden haben wo es einfach stimmt, bleiben die nicht selten über sehr lange Zeit zusammen. Sie kennen sich in und auswendig und haben zudem ihre Lieder bis ins letzte Detail ausgearbeitet. Bei der Aufführung wird dann "einfach Musik gemacht", die Harmonie zwischen Sänger und Pianist ist so gross, dass sich Fragen wie "wer führt" gar nicht mehr stellen. Auch - @Vali - ein Einzählen gibt es dann natürlich nicht :).

Hatte gerade kürzlich das Glück ein solches Lied-Duo zu hören (keine "grossen Namen" aber zwei hochmusikalische und perfekt aufeinander eingestimmte Künstler). Der Beginn der Lieder war jeweils so: Sängerin und Pianist standen resp. sassen ganz ruhig da, aber man spürte, sie waren bereits ganz im (gemeinsamen) Puls des folgenden Liedes, resp. überhaupt bereits total in der kommenden Musik drin. Dann ein ganz kurzer Augenkontakt, bei Liedern wo der Beginn von Klavier und Gesang sehr unmittelbar aufeinander folgte. Bei Liedern wo das Klaviervorspiel länger dauerte nicht mal das, war auch nicht nötig, die glitten trotzdem gemeinsam ins Lied hinein. Und während dem ganzen Vortrag, hatte ich wirklich meistens das Gefühl, jeder der zwei ist als ganz selbstständiger Solist zugange und lebt sich interpretatorisch voll aus, aber gleichzeitig waren sie zu einer perfekten Einheit verbunden. Keine Unstimmigkeiten, keine Verschiebungen (jedenfalls habe ich keine solchen bemerkt). Da ich die beiden aber kenne, weiss ich auch wie extrem intensiv sie während eines ganzen Jahres auf diesen Liederabend hin gearbeitet haben!

Es ist sehr beglückend, so was zu erleben, wenn gleich auch etwas frustrierend, weil man weiss, dass man selber, als Laiensängerin, nie auf dieses künstlerisch-musikalische Niveau kommen wird.
 
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Wenn man ein vorgegebenes Tempo (Playback, Ensemble) als Sänger nicht einhalten kann, ist das leider kein Qualitätsmerkmal.
Ich kann das durchaus; in der (Wiener) Klassik und gerade im Chor wird es ständig verlangt. Trotzdem bevorzuge ich es, mit einem fähigen Pianisten zu singen, der mir meine musikalischen Freiheiten ermöglicht. Gerade der von Koksi01 angesprochene Schubert ist doch Romantiker und damit freier zu interpretieren!
Wohl eher für die dummen (oder faulen) Chorleiter
Naja; wir singen viel aus "Urtext-Ausgaben", die eigentlich sehr dem folgen, was der Komponist geschrieben hat. Unser Chorleiter ist auch gewiss nicht faul; der liest auch die Urtexte, gerade die von Mozart. Dumm ist er übrigens auch nicht ;) Und da sind nun einmal einige Tempo- und sonstige Angaben drin.
Bei Liedern wo das Klaviervorspiel länger dauerte nicht mal das, war auch nicht nötig, die glitten trotzdem gemeinsam ins Lied hinein.
Ähm, ja, so kenne ich das schon; Einzählen (oder kurzes Nicken oder so) braucht es nur, wenn man gemeinsam einsetzt. Wie das gestaltet wird, ist variabel und hängt u.a. davon ab, wie gut man sich kennt und auf einer Wellenlinie schwebt. Und ich kenne auch LaiensängerInnen, die das hinbekommen. Es hängt nämlich imho weniger von der Professionalität ab, sondern davon, wie sich die beiden (drei, vier, ...) aufeinander einlassen können und miteinander "schwingen".
 
Es ist sehr beglückend, so was zu erleben, wenn gleich auch etwas frustrierend, weil man weiss, dass man selber, als Laiensängerin, nie auf dieses künstlerisch-musikalische Niveau kommen wird.
Wenn man sich schon ewig kennt, ein eingespieltes Team ist und schon mehrfach geprobt hat, dann braucht man sich beim Konzert auch nicht absprechen, man macht hat das was man mittlerweile auch im Schlaf kann. Das hat auch nichts damit zutun, ob man damit seine Brötchen verdient, das gibt es bei Laien die seit vielen Jahren zusammenspielen auch. Profis sind auch nur Menschen, die mit Wasser kochen, nur dass sie viel Zeit für ihre Profession investiert haben und investieren können und dafür Geld nehmen. Aber auch ambitionierte Hobbymusiker können viel Zeit und Arbeit für ihr Leidenschaft aufbringen, mit dem Unterschied dass sie damit nicht ihren Lebensunterhalt finanzieren. Laien können auch ein hohes künstlerisch-musikalisches Niveau erreichen. Man kennt sie nur nicht!

Ich habe bewusst von guten Lied-Duos gesprochen und meinte damit wirklich Duos der Spitzenklasse. Nicht nur, dass dabei zwei hervorragende Künstler aufeinander treffen, es verbindet sie in der Regel auch eine jahrelange Zusammenarbeit und selbstverständlich passt es auch menschlich sehr gut. Wenn sich dann zwei gefunden haben wo es einfach stimmt, bleiben die nicht selten über sehr lange Zeit zusammen. Sie kennen sich in und auswendig und haben zudem ihre Lieder bis ins letzte Detail ausgearbeitet. Bei der Aufführung wird dann "einfach Musik gemacht", die Harmonie zwischen Sänger und Pianist ist so gross, dass sich Fragen wie "wer führt" gar nicht mehr stellen. Auch -@Vali - ein Einzählen gibt es dann natürlich nicht :)
Man braucht nicht mehr fragen wer führt, wenn die Frage vor langer Zeit längst geklärt wurde, man kennt sich ja. Aber vor dem Kennen liegt nun mal das Kennenlernen und da fällt dann bei Stücken nun mal die Frage wie Herr oder Frau Solist es gern hätte oder lässt denjenigen einzählen wenn man gleichzeitig anfängt. Mit Einzählen meine ich auch nicht immer 1234, Einzählen kann auch so aussehen, dass 1 und 2 nonverbal mittels Körpersprache angedeutet wird. Gerade wenn man nur eine oder wenige Proben vor dem Konzert hat oder sich gar beim Konzert zum ersten Mal sieht, kann man sich auf ein sehr subtiles Zeichen einigen an dem man das Tempo andeuten könnte ohne dass das Publikum das merkt. Bei Einsätzen und Tempoänderungen im Stück muss die Begleitung den Solisten im Auge behalten und das Tempo an dessen Körperspannung und Bewegung ablesen.
Wenn Piano alleine anfängt und nichts abgesprochen ist, gebe ich als Pianistin ansonsten das Tempo vor. Dabei halte ich mich grob an die Angaben, die es bei so gut wie jedem klassischen Stück gibt. Wenn da Adagio steht, spielt man kein Largo und kein Allegro, das Tempo ist also zumindest grob eh schon festgelegt. Der Solist ist ansonsten auch nicht doof und treibt oder bremst schon aus, wenn es dem nicht passt. Zum Glück lernt man sich vor dem Konzert meist schon kennen und kann einfach den Mund aufmachen und sagen wie das Tempo denn sein soll.

Jedenfalls bin ich der Meinung, dass bei einer Konstellation Solist und Begleitung, der Solist das Sagen hat und die Begleitung dafür sorgen muss, dass sich der Solist auf eine stabile Basis wie sie gewünscht war verlassen kann um frei seine Interpretation auszuleben, und dass ein harmonisches Bild entsteht.
Komplizierter wird es dann bei einem klassischen Ensemble ohne Dirigent. Da leitet in der Regel das führende Melodieinstrument (sogenannter Konzertmeister, in der Sitzordnung immer vorne und rechts aus Ensemblesicht), aber es gibt auch Situationen bei denen die Basis, die meistens rhythmischer spielt, den Puls bestimmt. Bei aufeinander eingespielten Musikern kein Problem.


Was Laid back angeht, erzeugt das ja eher einen speziellen Groove und klingt deshalb nicht falsch. Warum dann langsamer werden und verzweifelt versuchen gleichzeitig exakt die 1 zu erwischen, was dann ja auch blöd klingt. Kann nur am mangelndem Feeling vom Pianisten liegen (was nicht verwerflich ist, denn sehr sehr viele sind sehr darauf geprägt tight und gerade zu spielen) oder daran dass das laid back schlecht umgesetzt wurde.
 
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Was ich tatsächlich erstaunlich finde, ist, dass "Sänger führt und macht dabei nach Belieben alle möglichen Tempowechsel" und "interpretatorische Freiheit" von einigen quasi hier gleichgesetzt werden. (Überspitzt formuliert. ;)) Das empfinde ich ganz und gar nicht so. Ich kann durchaus führen, in freien Parts, auch wenn diese im Pop eben eher die Ausnahme als die Regel sind und ihr Einsatz auch wieder abgestimmt wird. Aber ebenso habe ich doch - oder erst recht - alle möglichen interpretatorischen Freiheiten, wenn die Band das Grundgerüst tight hält, wenn nicht sogar ein paar zusächliche, die es so gar nicht gäbe, wenn alle sofort ins ritardando übergehen, nur weil ich mir grad kurz Zeit lasse.

Ich denke auch, das ist das, worum es raverii im Wesentlich gehen, nämlich dass die Aussage "ich kann nur frei interpretieren, wenn die Musiker mir bei allem folgen" zwar erst einmal nach Kunst kliingt, aber eigentlich Schwächen offenbart, nämlich die, eingeschränkt zu sein, wenn nicht alle anderen sich nach einem richten. ;) Der Thread hat doch eigentlich ganz gut gezeigt, dass es für beide Situationen - Instrumente sind tight oder aber Instrumente folgen dem Sänger - ausreichend "richtige" Einsatzsituationen gibt. Insofern sollte auch beides zum Handwerkszeug gehören.

Aber was hier ja auch sehr deutlich wird: Für eine Darbietung, bei der viele freie Variationen und Temposchwankungen vorkommen, braucht es ein eingespieltes Team. Jetzt stelle man sich das im Jazz vor, wo die Musiker sich bisweilen erst für einen einzelnen Job treffen, aber jeder die Standards beherrscht. Könnten die alle nur interpretieren und - für Jazz ja wesentlich - improvisieren, wenn jeweils alle anderen nach der Pfeife des jeweiligen Solisten tanzen .... könnte man das vergessen. Da muss ein fixes Grundgerüst stehen und der Solist setzt sich auf eben dieses und genau das gibt ihm die Freiheit zur Improvisation.
 
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Ich weiß jetzt nicht wen du meinst, Foxx. Ich bin jedenfalls nicht der Ansicht, dass man sich andauernd an den Solisten halten soll. Als Begleitung braucht man am besten erst mal die Vorgabe welches das Tempo eigentlich ist, bei dem sich der Solist wohl fühlt. Dann wird sich an dieses Tempo auch gehalten und zwar von beiden. Ein guter Begleiter kann die Körpersprache des Solisten lesen und verwechselt somit nicht Interpretation mit Zeichen das Tempo zu ändern. Das sieht völlig anders aus, wenn sich der Solist abschuftet im Groove zu bleiben, wenn zu einem Ritartando geführt wird oder sich der Solist des Ausdrucks willen vom Gerüst löst. Das ist natürlich nichts was man abspricht, sondern eine Reaktion. Wenn man sich kennt oder man sich gut einander einschätzen kann, ist die Gefahr der falschen Reaktion gering. Das irgendwie abgesprochene oder eingezählte Tempo wird ansonsten von der Begleitung gehalten. Da dies der Solist festlegen sollte, sehe ich das Tempohalten nicht als "Führung" durch die Begleitung, sondern eher als das Bereitstellen einer stabilen Basis für den Solisten.

Letztendlich sollte bei dem ganzen Musik rauskommen, wofür beide sorgen müssen. Wo wir in der Plauerecke bei dem Thema sind, klingt das bei Florence Foster Jenkins nach Mist, wenn die Sängerin rücksichtslos vor sich hin soliert und der arme Pianist verzweifelt zu folgen versucht. Genauso Mist wenn der Pianist rücksichtslos das Tempo durchgezogen hätte und die Sängerin auf halber Strecke verliert und das ganze zusammenfällt. Zusammenspiel lautet die Devise, aber ein roter Faden den jemand bestimmt hilft schon mal.
 
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