Wenn an Deiner Theorie von der zeitlichen Abfolge was dran ist, müsste das dann auf jede Tonfolge zutreffen? Also auch auf Gesangsmelodien?
Könnte das dann eine Form von akustischem Autismus sein? Autistische Kleinkinder spielen beispielsweise nicht mit Spielzeug sondern sortieren es. ...
Puh, ich hab das jetzt nicht wissenschaftlich psychologisch oder soziologisch oder medizinisch nachgerüft, es sind nur Vermutungen und subjektive Eindrücke auf die ich mir versuche einen Reim zu machen. Ob man es als Autismus bezeichnen muss, klingt etwas abwertend... Wenn du von sortieren sprichst, ich weiß nicht ob ich jetzt das selbe meine wie du, aber ich komme mal zurück auf das Thema "Gitarre doppeln/Stereostaffelung": Ich glaube schon, dass es Musiker gibt, die nicht in der Lage sind (und auch wenig Freunde daran haben) "Melodien zu komponieren" (ich definier das mal der Kürze wegen nicht weiter aus was ich damit genau meine) aber ganz viel Freunde daran haben Instrumente im Stereobild ("im Raum") anzuordnen, quasi zu "sortieren" wenn du so willst. Und wenn so ein Musiker dann ganz viel Freude daran hat und ganz viel Energie reinsteckt dafür zu sorgen, dass links die eine Gitarre, rechts die andere, linksvorne die Sologitarre, rechtshinten (oder was weiß ich) eine andere Rhythmusgitarre zu finden ist... Wenn du das (oder auch etwas anderes) jetzt als "Autismus" bezeichnest, dann fühlen sich hier glaube ich viele auf den Schlipps getreten ^^. Aber ein bischen so wirkt es natürlich. Jemand der ein "aufgeräumtes Klangbild" sucht, der fordert, dass "jedes Instrument im Stereobild seinen Platz" hat... Nach Frequenz geordnet, im Raum seinen Platz... usw. Und am Ende hat jedes Instrument "im Mix" seinen Platz und ist nach Frequenz so geordnet, dass nichts "ungeordnet" ist... Wirkt eher ein bischen nach Innenarchitektur als nach Musik oder? Und wenn es um so Sachen geht wie das Bass und Kickdrum nicht zusammen ein "Grümpel" ergeben, kann ich das noch "musikalisch" verstehen. Wenn es aber einfach nur darum geht, dass jemand wissen will ob die Gitarre von rechts und das Saxophon von links kommt... Joa, mir das das dann egal^^. Wie gesagt, das als Autismus zu bezeichnen würde vielleicht zu weit gehen. Ich würde meinen Neffen auch nicht als Autisten bezeichnen der lieber meine Plektren einsammelte und in ne Tüte packte als mit mir Lieder auf der Gitarre zu schreiben, war wohl auch noch zu klein...
Aber ja, ich glaube dass es diese unterschiedlichen Wahrnehmungen oder "Neigungen" gibt. Wenn ich am Wochenende in der Disco bin und sehe, dass da jemand liebevoll ausgeschnittene Pacman-Bildchen im Raum aufgehängt hat, weil 90er Partei ist, dann weiß ich: Ok, das war jetzt nicht der DJ, weil der hätte an solcher Arbeit garantiert keine Freude.
Und so sehe ich im Musikbereich Leute die unglaubliche Freude daran haben Instrumente "im Stereobild" und "im Frequenzsbild" zu "ordnen" und ich sehe Leute die sowas weniger interessiert. Wenn ich mir Sachen von Paul van Dyk anhöre, nur mal als Beispiel, dann gibt es da Klang und Komposition, dann ist das zwar irgendwie ein bischen Stereo, aber ich erkenne beim besten Willen, zumindest bei den Liedern die ich gut finde, keine bewusste "Stereostaffelung" oder sowas. Und ich kann auch bei vielen Stücken (außer der Kickdrum) kaum einzelne Instumente "definieren". Ich vermute mal, dass ihm das einfach nicht wichtig ist. Und in der Disco wirkt Stereo sowieso nicht. Und wenn ich mir dann Videos ansehe von Leuten die ne halbe Stunde lang Gitarren im "Stereobild" anordnen. Dann würde ich schon sagen, dass das unterschiedliche Neigungen und Fähigkeiten sind. Ist mir die Komposition wichtig? Oder ist mir wichtig, dass ich "linksvorne" eine "mittigfrequente Oboe" und rechts eine Gitarre orten kann? Ist mir bei der Musik die Komposition wichtig, oder dass "jedes Instrument seinen Platz" hat? Völlig unterschiedliche Herangehensweisen. Ist ja auch nicht schlimm. Schlimm wirds nur wenn daraus ein Alleinstellungsanspruch abgeleitet wird und gesagt wird, "Melodien sind per Se uninteressant", da die Töne nicht "im Raum" sondern "in der Zeit" platziert werden.
...Vielleicht mag der TE auch lieber Töne sortieren, beispielsweise nach der Tonhöhe oder -länge, anstatt unsortierte Tonfolgen aka Melodien zu hören?
Keine Ahnung, wird mir jetzt zu komplex das ganze ^^. Aber nochmal: Der Mensch der im Video die Stereostaffelung ganz toll erklärt hat und einen selbst komponierten "Song" dafür verwendete... Ich würde das nicht wirklich als Komponieren bezeichnen. Es wirkte eher so als würde eher (mehr Pflicht als Kür) Standardelemente nacheinander anordnen und heraus kam halt auch etwas das er selbst als "Standard Songaufbau" oder so bezeichnetet. Um sich dann ausführlich dem "im Raum anordnen" zu widmen. Aber so kann man keine neue Melodie erfinden. Das ist dann wohl auch der Grund warum es noch keine Computer gibt, die Hits schreiben können. Wie gesagt, so eine Melodie wie "Smells like teen spirit", die sowohl als Gesang aber auch als Gitarrensolo funktioniert, etwas das ich "verstehen" kann, aber wenn ich diese "Sprache" nicht verstehe, dann wirds schwer... Vielleicht empfinden das manche nur als "ungeordnete Tonfolge" weil sich irgendwie kurze und lange und hohe und tiefe Töne abwechseln, keine Ahnung. Und wie erklären wir folgendes Rätsel: Es gibt unzählige Gitarristen, die, sobald sie irgendwo ne Gitarre stehen sehen, sich die nehmen und die Powerchords, das Riff von Smells like Teen Spirit, spielen, weils "goil is!" und "ordentlich reinhaut!". Ich hab noch niemanden gesehen, der stattdessen einfach mal das Solo gespielt hat ^^ Klar, Solo alleine klingt recht einsam. Aber ich glaube es liegt halt auch daran, dass viele Menschen eine andere Art der "Befriedigung" suchen... Und damit komme ich zu meinem "Gleichzeitig". Wenn mir wichtig ist, dass ich einen "Stereo-Raum mit geordneten und gestaffelten Instrumenten" vor mir sehe oder mir ein "Powerchord, der sofort rein haut" wichtig ist, dann sehe ich da Bilder die sich quasi "sofort", erschließen. Wenn ich mir aber zum Beispiel die Melodie von "we endet as lovers" egal ob die Gesangsversion oder die Jeff Beck Version im Kopf "anhöre", dann sind da Melodien, die sich erst erschließen, wenn ich 20 Sekunden zuhöre. Und ja, vielleicht gibt es Leute, die sich zwar "autistisch" ein Bild von einer Stadt fotografisch einprägen können und abzeichnen, aber nicht solche Melodien verstehen. Ich glaube irgendwie so könnte es sein... ^^