st doch aber auch ganz logisch: dicke Saiten mit längerer Mensur schwingen anders-komplexer mit mehr Partialschwingungen
Das mag für dich ganz logisch sein, ist aber leider physikalisch ganz grober Unfug.
Die Länge einer Saite hat keinerlei Einfluss auf die Komplexität der Schwingung. Ebenso gibt es bei längeren Saiten eben nicht mehr Partialschwingungen.
Der erste Oberton einer Saite hat den Schwingungsknoten bei der Hälfte der Länge der Saite. Dabei ist es vollkommen egal ob die Saite nun einen Meter lang ist, oder 5 Millimeter. Die Hälfte ist die Hälfte.
Dickere/Längere Saiten haben einen tieferen Grundton (wobei da auch die Spannung noch mit reinspielt, wenn man die Gitarre stimmt). Dementsprechend haben sie mit Sicherheit ein ANDERES (frequenztechnisch niedriger gelegenes) Obertonspektrum als eine kürzere Saite.
Sie haben aber nicht automatisch MEHR Obertöne.
Die Obertonreihe ist für sämtliche Saitenlängen gleich (bezogen auf den jeweiligen Grundton):
Diese Obertöne kommen prinzipiell immer und bei allen schwingenden Saiten vor. (erster Oberton ist die Oktave vom Grundton, dann folgt die Quinte über der Oktave etc..)
Gitarren (und auch alle anderen Instrumente) klingen nun unterschiedlich, weil die Obertöne nicht alle gleichmäßig ausgeprägt werden, sondern durch das anhängende Schwingungs-System (Korpus, Hals etc) bedämpft bzw durch Resonanz verstärkt werden.
Diese Bedämpfung ist aber nun (wie ich oben schon schrieb) von diversen Faktoren abhängig. z.B. dem Holz der Gitarre. (und auch Anschlag etc pp. Saitenart/Material. Du kannst ja mal Flatwound-Saiten auf deine Bariton ziehen, dann hat die auch gar keine Obertöne mehr)
Eine Ahorn-OM wird mit hoher Wahrscheinlichkeit deutlich mehr Obertonanteile in ihrem Frequenzspektrum aufweisen, als eine Mahagoni-Bariton.
Man kann die Ausprägung von Obertönen nicht auf eine Bauform herunterbrechen. Das wird der Sache nicht gerecht.
Du kannst ja mal ein Spektrumanalyse-Gerät (gibt Apps fürs Handy!) an deine Gitarren halten. Und wenn du auf der Bariton und auf ner normalen Gitarren denselben Akkord spielst (Akkord, nicht Griff!) wird das Spektrum sehr sehr ähnlich sein. Vermutlich ist der Unterschied zwischen den beiden Gitarren sogar kleiner, als der Unterschied zwischen "über dem Schalloch" und "nah am Steg" gespielt bei einer der beiden Gitarren.
Und es mag sein, dass deine Bariton ein ausgeprägteres Obertonspektrum hat. Ist aber z.b. im Vergleich zwischen meiner Bariton und meiner normalen Western nicht der Fall. Die Normale hat wesentlich mehr Obertonanteil als die Bariton.
Der Effekt den du hörst, wenn du Lieder auf einer Bariton spielst, die du vorher auf einer normalen Western gespielt hast, ist vor allem die tiefere Lage. Quarte/Quinte tiefer ist einfach echt viel, es ist ne neue Tonart, es kommen noch Raumeffekte hinzu (der Raum klingt bei unterschiedlichen Frequenzen anders) und diverse andere psychoakustische Geschichten und nicht zuletzt dein individuelles Gehör und musikalische Präferenzen.
Also: mit Sicherheit klingt alles auf ner Bariton anders, aber zu sagen es gibt dort generell mehr, bzw deutlicher ausgeprägte Obertöne, stimmt einfach nicht.
(und auch diese "Modebegriffe", die man in diversen "Fachzeitschriften" findet, wie "pianomäßig" und "orchestral".. da schaudert es mir immer und ich frag mich ob diese Leute jemals selbst etwas auf nem Piano gespielt, oder ein Orchester gesehen haben... eine Gitarre ist eine Gitarre, wenn sie gut klingt, klingt sie wie eine gute Gitarre, sie braucht nicht wie ein Piano klingen, wie ein Orchester schon gar nicht.. wer sowas machen will, kann sich ne Midi-Gitarre kaufen und in nen Synthesizer spielen. Dann klingt es auch (ansatzweise) nach Piano