Corkonian
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Auf der Amazon-Seite steht das hier "Musical instruments can be easily damaged by large and rapid changes in humidity and temperature. Now you can protect your investment by simply placing D’Addario’s Humiditrak with Blustream Technology inside your instrument or case. Humiditrak uses a patent-pending Bluetooth sensor to provide a constant stream of temperature, humidity, and impact data to the free smart phone app to alert you of hazardous conditions that can lead to diminished playability, costly repairs, and lost value to your instrument. When Humiditrak detects dangerous conditions, push notifications are sent to your device allowing you to take corrective action before damage occurs. Cataloging and monitoring a collection of instruments is so easy and convenient, you’ll want one for every instrument you own! D'Addario is known for innovative, problem-solving, quality musical accessories. D'Addario accessories offers a complete line of award-winning accessories including cables, picks, tuners, capos, straps, humidifiers, maintenance tools and more."
Ich war mal so frei, das US-Amazon zu nehmen, die deutsche Seite ist da nicht so ergiebig.
Was haben wir also hier? Ein Geraet, welches Temperatur, Feuchte, Stoss und Schlag erfasst und vermittels Bluetooth Push einem angeschlossenen Smartfon die Werte mitteilt, sollten (von D'Addario voreingestellte) kritische Schranken ueberschritten werden.
Dieses Ding soll in den Gitarrenkoffer. Okay. Der Koffer steht bei mir zu Hause. Wozu in drei Teufels Namen brauche ich zu Hause einen Schocksensor? Ein GUTER Gitarrenkoffer, der so etwa das kostet, was dieses nutzlose Ding kostet, schuetzt die Gitarre gegen Schlag und Stoss. Gebe ich das doppelte (oder so wie ich, das DREIFACHE bei Kickstarter) fuer einen Gitarrenkoffer aus, bekomme ich eine Qualitaet, die die Gitarre zuverlaessig gegen alle Stoesse und Schlaege des Alltags schuetzt. Sollte Koffer UND Gitarre dann immer noch kaputt gehen, hilft es mir nicht zu wissen, dass da gerade 4000 G Beschleunigung aufgetreten sind.
So das Ding eine online-Funktionalitaet haette, ggf. auch mit GPS, eigener SIM und 3G, dann haette ich die Moeglichkeit zu sehen, wo wie mit der Gitarre Schindluder getrieben wurde. Wichtig etwa auf Reisen oder so oder wenn die Gitarre versendet wird. Aber auch das wuerde nicht zur Schadensvermeidung beitragen. In der derzeitigen Auspraegung ist das aber genau so viel Wert wie die Oelduckwarnlampe im Auto. Die heisst ja nicht ohne Grund "Motorkaputtlampe".
Was passiert...? Ich bin auf der Arbeit und unser Hund jagt unsere Katze durch die Bude und rennt den Gitarrenkoffer um und schmeisst die Gitarre die Treppe 'runter. Hilft es mir, wenn ich, wenn ich zu Hause ankomme, sehen kann dass 6 Stunden zuvor bei 1500 G die Gitarre kaputtgeangen ist? Nein. Hilft es mir, wenn sich das Ding bei mir auf der Arbeit meldet, dass die Gitarre (respektive das Messgeraet im Koffer...) 1500 G Beschleunigung registriert hat? Nein. Der geneigte Leser moege sich sein eigenes Bild ueber die Brauchbarkeit und den Nutzen dieser Funktion machen.
Eine weitere Komponente ist ein relativ genaues (im Vergleich zu meinem mit der "Salzmethode" kalibriertem Hygrometer) Umgebungsmonitorsystem, welches relative Feuchte und Temperatur erfasst. Allerdings wird hier nur erfasst, Aktionen koennen nicht ausgeloest werden. Die Uebermittlung der erfassten Werte an das verbundene Smartfon erfolgt mit Bluetooth, funktioniert bestenfalls also nur in der unmittelbaren Umgebung des Geraetes.
Hilft es mir, wenn das Geraet feststellt, dass die rH fuer 7 Tage in Folge bei unter 30% gelegen hat? Nein. Hilft es mir, wenn ich im Skiurlaub bin und mir das Geraet am 2. von 10 Tagen sagt, dass die rH auf unter 30% gefallen ist? Nein. Denn Bluetooth funktioniert nur innerhalb eines eng umrissenen Gebietes - wenige Meter vom Sender entfernt. Das Ding "macht" auch nix. Ausser, wie gesagt, das Smarte Fon ist in der Naehe. Dann bekomme ich eine "Warnung" auf den Schirm. Auch hier ist also von einer Schadensvermeidung keine Spur. Auch hier moege sich der geneigte Leser ueberlegen, ob es €50 - je Koffer/Instrument - Wert ist.
Wer also auf den "Gitarrekaputtdurchsturz"-Sensor verzichten kann und sich lieber einen guten Koffer (fuer 150 Tacken kriegt man was solides!) goennt ist besser dran.
Wer sich aus einem Arduino, einer Hand voll Module, einem Vernebler aus dem Terrariumsbedarf und einem Dutzend Zeilen Code eine "Klimasteuerung" baut, ist besser dran.
Wer mit zwei Haenden voll Code und einem Raspi das ganze Geraffel auch noch fernwartungstauglich (ein Webserver mit .htaccess reicht) aufbaut, hat fuer unmassgeblich mehr Geld eine um Groessenordnungen bessere Loesung.
Der Vorteil einer solchen Loesung liegt darin, dass man - neben dem Lerneffekt - auch tatsaechlich aktiv die Umgebungsbedingungen veraendern kann, also zum Beispiel einen Raumluftbefeuchter einschalten (oder ausschalten) kann und so tatsaechlich eine Schadensvermeidung erzielen kann. Bei einer marginal aufwaendigeren Loesung mithilfe eines Raspis kann dann sogar aktiv bei Ausfall des Befeuchters, bei zu geringem Wasserstand etc gewarnt werden, via Mail oder SMS zum Beispiel. Alles funktionalitaeten, die dem getesteten Geraet abgehen.
Ich habe das Geraet in einer spaeten Betaphase vom Entwickler zur Verfuegung gestellt bekommen. Die mechanische Ausfuehrung ist, wie man es von einem preiswertn Spritzgussteil erwarten darf. Nichts hochwertiges, aber es funktioniert. Betrieben wird es mit einer CR2032 Litium-Zelle. Die Stromaufnahme ist gering, vor allem, da das System nur dann sendet, wenn tatsaechlich ein Schwellwert erreicht wurde. Was nicht gesendet wird, ist, dass die Batterie leer ist. Wie auch??? Wer sich also auf das Ding verlassen will - viel Glueck!
Zusammengefasst:
Dieses System hat keinerlei hilfreiche Funktion. Es funktioniert, ja, aber die Anwendung hierzu fehlt. Fuer die Klimakontrolle ist es unbrauchbar, da es keinerlei Aktionen ausloesen kann. Fuer die Schadensvermeidung ist es weniger geeignet als ein stinknormales Hygrometer, da eine Funktionskontrolle - leere Batterie - nicht vorhanden ist und die Senderreichweite konzeptbedingt so gering ist, dass man gern einen Blick auf ein - deutlich preiswerteres, genaueres und relevanteres - Raumhygrometer werfen kann.
Die Funktionalitaet zur Erkennung von Schlag und Stoss ist ebenfalls nicht hilfreich. Bedingt durch die geringe Reichweite des Senders hoere ich auch, wenn die Gitarre die Treppe herunterfaellt. Spaetere Auswertung der Schlege und Stoesse hilft nur zu verstehen, ab wieviel G Beschleunigung die Gitarre tatsaechlich kaputt ist. Oder andersrum: es hilft nicht.
Nochmal: das Ding ist - so, wie es jetzt existiert - Geldverschwendung. Es ist eine Loesung auf der Suche nach einem Problem und nachgerade gefaehrlich, weil der Anwender keine Warnung bei Nichtfunktion des Geraetes bekommt und daher in truegerischer Sicherheit gewogen wird.
- Eigenschaft
Grund: Beitrag auf Wunsch des Autors erneuert
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