Das Problem ist herauszuhören, ob ich bis C5 vollstimmig bin, selbst mein Gesangslehrer tut sich damit anscheinend schwer.
G4 hab ich angeblich noch mit der reinen Bruststimme geschafft, darüber war es dann entweder die mixed-Voice oder die Kopfstimme.
Mein Gesangslehrer meint, es gibt Tenöre die das C5 noch mit der reinen Bruststimme schaffen, was ich mir allerdings schwer vorstellen kann, weil ich vermute, daß die Klangerzeugung dabei über die Kopfstimme geschieht und die Energie und das Volumen über die Bruststimme, also Mischstimme, oder?
Wenn es ein Problem ist, das rauszuhören, wieso ist es dann wichtig? Es muss ja nicht vollstimmig sein, nur um der Vollstimme Willen. Entscheidend ist doch "was hinten (oder in dem Fall vorne) rauskommt".
Bei der Bruststimme kommt es auf die Definition an. Wenn man vom subjektiven "Resonanzort" ausgeht, der sicherlich die ursprüngliche Quelle des Begriffs ist, kann ich es mir, genau wie Foxx, schwer vorstellen. Die wissenschaftliche Definition von Bruststimme wird meistens mit "Resonanz im 1. Formanten" angegeben, und das geht tatsächlich in etwa bis C5. In der Praxis ist das aber doch eher selten anzutreffen.
Für Mischstimme gibt es ohnehin keine physiologisch eindeutige Definition, und der Begriff wird unterschiedlich verwendet. Bezogen auf den Resonanzort heißt das oft, dass man noch etwas Resonanz im Mundraum spürt aber auch schon Resonanz im Kopfraum, aber das kann sehr individuell sein.
Das gängigste Muster für die Begriffe aus meiner Erfahrung ist:
Bruststimme = Vollstimme mit Brustresonanz
Mixed Voice = Vollstimme ohne Brustresonanz (in der Klassik wird das schon "männliche Kopfstimme" genannt!)
Kopfstimme = Randstimme mit vollem Stimmlippenschluss ohne Brustresonanz
Falsett = Randstimme ohne vollen Stimmlippenschluss ohne Brustresonanz
Jeder dieser Modi hat einen bestimmten Bereich, in dem er gut funktioniert und danach richten sich auch die Übergänge. Im Bereich unterhalb von C4 funktioniert für die allermeisten Männer ausschließlich die Bruststimme wirklich gut. Das Unterdrücken der Brustresonanz macht den Klang sehr schwach unterhalb davon. Nach oben hin wird die Bruststimme ab etwa E4 tendenziell anstrengend, ab A4
sehr anstrengend und ineffizient.
Die mixed voice kann bei sehr softem Gesang auch etwas darunter schon funktionieren, aber funktioniert typischerweise erst ab etwa E4 wirklich gut und kraftvoll. In der Höhe wird sie graduell immer schwieriger und wird oft um A#4 verlassen (weil da die Kopfstimme dann gut geht). Es gibt aber Sänger, die diesen Modus bis zum hohen C5 und in seltenen Fällen darüber hinaus ziehen können.
Die Kopfstimme klingt bei den meisten erst ab etwa A#4 wirklich kraftvoll, wird aber gerne im Bereich C4-A#4 für sehr soften Gesang eingesetzt (á la Ed Sheeran).
Es gibt ein Muster, das relativ "standard" ist im Contemporary-Gesang und das oft unterrichtet wird. Das geht etwa so
- Bruststimme bis D#4
- Mixed voice bis A#4
- Kopfstimme bis C#5
Darüber wird dann gerne ein wenig vom Stimmlippenschluss aufgegeben (Falsett), weil man das eh kaum noch hört. Die Vollstimme wird, zumindest meiner Erfahrung nach, eigentlich recht selten bis zum C5 ausgesungen, auch von Tenören nicht. Viel entscheidender als das Beherrschen der hohen Vollstimme ist das Beherrschen des vollständigen Stimmlippenschlusses, damit insbes. die Kopfstimme kraftvoll wird. Die kann dann auch ab A#4 durchaus im Klang und Power mit der (vollstimmigen) mixed voice mithalten.