Die Vorstellung, dass ein Pedalboard "professioneller" sei, halte ich für durchaus fraglich. Es gibt sehr viele Profis, die nach wie vor Racks voller Effekte benutzen und deren Fußtreter dort in einer Schublade liegen und per Looper zugeschaltet werden. Und zahllose Gitarristen großer Bands spielen gerade live sogar über einen simplen Modeller und fertig. Helloween, Accept und andere haben das in Wacken genau so und nicht anders gemacht, und auf der Bühne standen die Stacks nur noch als Deko. Ich halte ein Setup, das schnell auf- und abgebaut werden kann, alle Sounds liefert und möglichst wenig Fehlerquellen hat, durchaus für professionell.
Ein weiterer Punkt, weshalb ich den VIP-1 erstmal behalten würde: Du spielst erst seit einem Jahr.
Da kann man noch nicht wirklich ein Verhältnis zu den Sounds verschiedener Amps entwickeln. Ein ganz wichtiger Punkt ist auch, ob einem die Reaktion eines Amps auf das eigene Spiel zusagt - dazu muss man aber einen gewissen Erfahrungsschatz ansammeln. Kaufst Du Dir jetzt einen Vollröhren-Amp, sind die Chancen mMn ziemlich gut, dass Du später mit geschultem Ohr feststellst, dass er doch nicht "Deinen" Sound hat. Im Peavey sind so viele Amp-Modelle drin, dass Du auf jeden Fall was findest, das Dir gefällt. Irgendwann stellst Du dann fest, dass Du ein oder zwei Sounds viel lieber als andere benutzt, und
dann kannst Du dran denken, Dir genau
den simulierten Amp (wenn er denn wirklich ähnlich ist) tatsächlich zu kaufen. Als ich anfing, klang ein Marshall für mich jetzt nicht wirklich
so viel anders als ein Orange. Hat sich aber geändert
.
Auch manche Effekte, deren Nutzung Du Dir jetzt noch kaum vorstellen kannst, wirst Du vielleicht schon bald unverzichtbar finden. Was so ein Chorus macht, hatte ich mir am Anfang nach den blumigen Beschreibungen auch ganz anders vorgestellt, und mit Delays konnte ich lange Zeit gar nichts anfangen.
Außerdem: Sobald Du mal ein paar Fußbodeneffekte hast, fängt neben dem Steptanz auch der Soundklau an. Die wenigsten Effekte lassen das Signal wirklich ganz unbeeinflusst. Dann bist Du genervt, weil Dein Amp irgendwie "tot" klingt. Das nächste ist dann, dass Du den Chorus doch lieber in den Einschleifweg setzt, weil Du auch mal die Ampverzerrung damit kombinieren möchtest - Kabel und noch mehr Kabel. Alles Fehlerquellen, mit denen man noch genug zu kämpfen hat, wenn man spieltechnisch aus dem Gröbsten raus ist.
Was die Kosten angeht, bist Du schon mit zwei, drei Tretern in annehmbarer Ausführung mindestes bei den Kosten der großen Peavey-Fußleiste. Ja klar, die "macht" erst mal keinen Sound, aber sie ermöglicht Dir, die zahlreichen vorhandenen Effekte mal richtig zu nutzen. So kannst Du damit das Wah-Wah bedienen, die Lautstärke mit dem Fuß steuern, sogar 30 Sekunden lange Loops mit einen Rhythmus aufnehmen, zu denen Du dann Solos üben kanst usw. - all das kostet in Einzelgeräten einen ganzen Haufen mehr. Auch hier gilt, dass Du so den eigenen Geschmack austesten lernst. Nach einer Weile stellst Du fest, dass Du Flanger scheiße findest, aber Phaser liebst. Ist der eingebaute dann nicht genau der richtige, kannst Du immer noch einen als Pedal kaufen.
Die Kollegen, die hier von Pedalboards schwärmen, sind größtenteils schon länger Musiker und wissen ganz genau, was sie wollen. Leute, hättet Ihr etwa nach einem Jahr Gitarre einen ZenDrive gegenüber einem Boss Overdrive würdigen können?
Von daher zu Deinen Bedenken, lieber von Anfang an "das Richtige" kaufen zu wollen: es soll nicht von oben herab klingen, wenn ich sage, dass Du das jetzt noch gar nicht kannst. Weinkenner wird man halt auch nicht nach den ersten drei Flaschen... Nicht zuletzt ändert sich der Musik- und Soundgeschmnack ja auch, sonst würden wir alte Männer im Board nicht darüber nachsinnen, welchen neuen Amp wir uns kaufen wollen.
Wenn Du also tatsächlich etwas Geld ausgeben willst bzw. kannst, würde ich Dir dazu raten, die große Sanpera zu kaufen. Das eröffnet Dir Zugang zu einer Menge Möglichkeiten. Und gerade beim VIP-1 ist es doch geil, wenn man sogar mal eine 12-saitige Gitarre, einen Bass oder eine Akustik simulieren kann. Auch ne schöne Sache ist der Aux-Eingang, um zu dort eingespeister Musik jammen zu können. Das findest Du bei keinem Röhrenamp.
Erst wenn Du mit den ganzen Features umgehen gelernt hast, kanst Du eine sinnvolle Entscheidung treffen, ob Du die alle brauchst. Bis dahin wirst Du mit Deinem Amp für so ziemlich jede Band oder Jamsession einen passenden Sound finden können, das hätte ich als Anfänger auch gern gehabt.
Gruß, bagotrix