Dr. PAF
Vintage Inspired Pickups
Der originale Gibson PAF Humbucker von 1957 gilt nach wie vor bei Rockern und Bluesern als das Optimum eines Humbucker Tonabnehmers. In diversen Foren wird heftig über den mystischen Sound dieser Doppelspuler diskutiert – meistens von Leuten, die noch nie echte PAFs erlebt haben.
Denn leider sind die Originale mittlerweile so schwer, und wenn, dann verdammt teuer, zu bekommen. Erst kürzlich ist ein Satz mit komplett weissen Spulenkörpern fuer $10.000 verkauft worden. Das sind schon verrückte Zahlen und der geneigte Gibson-Fan fragt sich da schon, ob es sich lohnt, so viel Geld auszugeben, wenn man noch nicht mal sicher sein kann, ob die PAFs dann auch halten, was sie versprechen.
Glücklicherweise gibt es mittlerweile mehr Pickup-Hersteller denn jemals zuvor. Und natürlich hat fast jeder dieser Hersteller ein Humbuckermodell im Angebot, das den Sound der originalen Gibson PAF (oder einem besonders „amazing“ Modell/Set) absolut authentisch reproduzieren soll. Und das in einer Preisspanne von ca. 50 Euro bis 800 Euro oder mehr pro Set.
In dem ersten Test habe ich bereits 10 PAF-inspirierte Pickupsets vorgestellt. Trotzdem bekam ich tatsächlich unzählige Nachfragen, ob ich dieses oder jenes Set schon mal ausprobiert hätte, ob ich nicht mal diesen oder jenen Pickup testen wollen würde, etc. Zur gleichen Zeit häuften sich aus Forschungsgründen für meine eigene Pickup Serie mehrere Sets PAF-Replika Humbucker bei mir zu Hause. Also entschied ich mich, 14 weitere Paare vorzustellen.
Anders als im ersten Test handelt es sich bei (fast) allen getesteten Sets um Boutique-Klasse Pickups, die ich mit (von Gibson freundlicherweise zur Verfügung gestellten) Gibson Classic 57 und 490 Sets verglichen habe. Die 57 Classic/Classic + Kombination wurde in den 90ern unter anderem unter Anleitung von Tom Holmes entwickelt und waren Gibsons erster ernsthafter Versuch, den Sound eines idealisierten Sets vintage PAFs in Massenproduktion zu liefern. Gleichzeitig wurden die Gibson 490 Humbucker als „modernes“ Äquivalent zum Classic entwickelt.
Als Testgitarre diente meine SAG LP55 (siehe hier) – eine Les Paul inspirierte E-Gitarre, in die ein von Dr. Vintage freundlicherweise zu Verfügung gestelltes „Pre-wired Control Kit for Gibson vintage and Historic Les Pauls” verbaut war. Dieses Set beinhaltet vier speziell von CTS für Dr. Vintage (= Rick Norman) hergestellte Potis mit speziellem Taper und > 550 kOhm sowie zwei russischen K42Y Paper-in-Oil 0.022 µF Widerständen (hier erhältlich).
Anders als im ersten Test wurden alle Pickups gleich eingestellt (Entfernung zu den Saiten + Pole-Screw Höhe). Die Pyramid Pure Nickel Round Wound Strings .011 - .048 und das verwendete Plektrum wurden vor jedem Set gewechselt, so dass die Testbedingungen so identisch wie möglich waren. Jedes Set ist für mindestens vier Tage am Stück getestet worden.
Am Ende der Testphase jeden einzelnen Pickups ging’s ans Aufnehmen. Dafür ging die Gitarre durch einen Boss TU-3 Tuner, einen Option 5 Destination Bump Booster, direkt in ein PRS 30 Topteil (Made in USA im PRS Custom Shop). An dieses war eine 2x12er Laney Lionheart Box mit Celestion G12H Heritage Lautsprechern angeschlossen. Abgenommen wurde die Box mit einem Sennheiser E606 und einem Shure 57 Beta Mikrophon direkt in ein M-Audio Audio-Interface + Apple Garage Band. Die Tracks wurden nicht weiter bearbeitet (also keine Kompression, keine Effekte, etc.). Als Backing-Tracks für die Band-Demos habe ich mich – wie Gregor Hilden – einfach wahllos aus meiner Sammlung bedient. Alles sind First Takes.
Ich habe versucht, in allen Soundsamles so viele Pickup-Schaltungen wie möglich unterzubringen. In den Tracks der Pickups alleine beginne ich mit dem Halspickup mit aufsteigenden Volumen-Einstellungen (Vol. 3, 7, 10). Die Mittelposition wurde mit Vol. 7 und 10 getestet, während die Bridge-Position wieder mit Vol. 3, 7, 10 gespielt wurde. Die Band-Tracks sind fast identisch aufgebaut, bis darauf, dass ich für die Bridge-Position nur Vol. 7 und 10 teste. Die Ton-Potis waren für alle Positionen und Volumen auf 10 (= voll aufgedreht). Die entsprechenden Einstellungen sind in den unten aufgeführten Soundcloud Links als Kommentare angegeben, damit die Orientierung leichter fällt. Wenn Ihr ganz auf die Soundcloud Seite wechselt, könnt Ihr auch entsprechende Bilder der jeweiligen Pickups sehen.
Dann lasst uns die Spiele beginnen!
Das erste Set im Test ist das Gibson Classic 57+/Classic 57er Set. Gibsons erster Versuch, den Sound der 50/60er PAFs zu reproduzieren. Und ich muss zugeben, dass mich diese Pickups immer wieder überraschen. Die Classics sind meiner Meinung nach mit den Custumbuckern die bestklingenden Gibson Humbucker auf dem Markt. In beiden 57ern sind AlNiCo 2 Magnete verbaut. Auch sonst unterscheiden sich beide Pickups nur dadurch, dass der Classic Plus mehr Windungen auf die Spulen bekommen hat. Gemessen hatte der Plus 8.34 kOhm Widerstand, der „normale“ 57er 7.82 kOhm, was mit den Werten auf der Gibson Website übereinstimmt. Beide Pickups sind gewachst und kamen mit den typischen Gibson Nickelkappen.
Der Ton ist schön klar, dynamisch und sehr ausgewogen. Das Klangbild ist für den Bridge und den Neck Pickup komplett und, obwohl Mitten-orientiert, in sich stimmig. Gerade im Bandkontext setzen sich beide Positionen gut durch. Nur im direkten Vergleich mit ungleich teuren Boutique Pickups kann man feststellen, dass die Classics ein bisschen weniger feinauflösend sind. Der Anschlagsschmatz ist nicht ganz so ausgeprägt und Frequenzspektrum nicht ganz so breit wie bei den besten Pickups in diesem Test. Bei höheren Gaineinstellungen kann es durch die leichte Mittenbetonung etwas matschen.
Trotzdem Daumen hoch für Gibsons Classics! Gerade für Gibson Semi-Bodies sind die Classics ein Tipp, da sie den Trockenton-Charakter semiakustischer Gitarren schön vervollständigen. Ein gebrauchtes Set Gibson Classic ist normalerweise günstig zu ergattern. Als Neupreis wird von Thomann 200€ für ein Set angegeben.
http://store.gibson.com/57-classic-pickup/
Hier das Classic 57+/Classic 57er Set pur
https://soundcloud.com/sag_vintage_insp_pickups/gibson-classic-57classic-57-pure
Und hier im Bandkontext
https://soundcloud.com/sag_vintage_insp_pickups/gibson-classic-demo
Als nächstes schauen wir uns Gibsons „modernes“ Äquivalent zu den Classics an. Gibson schreibt zu den 490T/R Humbuckern: „The 490R is a humbucker with the tonal characteristics of an original PAF, with a slight increase in upper mid-range response”. Für beide Positionen wurden AlNiCo II Magnete verbaut (der ebenso bekannte 498T hat ein AlNiCo V Magneten), die gemessenen Widerstände sind 7.81 kOhm für den 490R und 8.13 kOhm für den 490T. Natürlich sind auch hier beide Tonabnehmer gewachst, um Feedback vorzubeugen.
Also, sind die 490er im Prinzip PAFs mit höherer Durchsetzungsfähigkeit? Meiner Meinung nach ist das doch eine eher ferne Verwandtschaft. Die 490 klingen eigentlich nur bei niedrigen Volumen-Einstellungen einem PAF ähnlich. Sobald das Poti aufgedreht wird, verabschieden sich die tiefen Mitten und man erhält fast einen scooped Sound mit Bass und Höhen, aber kaum Mitten. Das mag für manche Anwendungen wünschenswert sein, aber mit PAF-Ton hat das eher weniger zu tun. Die Betonung der Höhen und Hochmitten führt – jedenfalls bei den Testeinstellungen - zu einem etwas kreischenden, beißenden, aber trotzdem verwaschenen Sound. Dynamik und Anschlagsschmatz halten sich auch vornehm zurück. Es ist allerdings positiv zu vermerken, dass sich die 490 als vollkommen Feedback-frei herausgestellt haben. Wo andere (auch gewachste) Pickups beim Zuschalten des Boosts gejault und -pfiffen haben, dass es eine Freude (?) war, haben die 490 das Pfund souverän gehandelt. Lange Rede, kurzer Sinn – die 490 sind keine PAFs und auch objektiv gesehen keine besonders herausragenden Pickups. Ich kann mir, ehrlich gesagt, kein Anwendungsgebiet vorstellen, bei dem die 490 strahlen könnten. Der Neupreis eines Sets mit Nickelkappen liegt bei rund 170€.
http://store.gibson.com/490t-modern-classic-bridge/
Hier pur
https://soundcloud.com/sag_vintage_insp_pickups/gibson-490rt-pure
Und hier mit Begleitung
https://soundcloud.com/sag_vintage_insp_pickups/gibson-490-demo
Es ist schon lustig, dass fast alle Boutique-Hersteller ihren PAF-Repliken Namen geben, welche die Zahl „59“ enthalten. Holy Grail, Burst, etc. hin oder her, aber ein PAF sollte im Grunde genommen die 57 im Namen tragen. Auch Goodtone aus der Schweiz nennen ihr PAF-Zugpferd Vintage 59. Und was für ein Zugpferd das ist! Ich nehme es mal vorweg: Dieses Set ist jeden Cent seines 345€ Preises wert.
Aber von vorne: Die ungewachsten Vintage 59 verwenden AlNiCo 2 Magneten und, wie eigentlich alle Boutique-Hersteller hier in diesem Test, originalen 42 Plain Enamel Draht. Das Goodtone Set maß relativ niedrige Widerstände (7.59 kOhm an der Brücke, 7.22 kOhm am Hals) und machte einen sehr wertigen Eindruck.
Am Amp hat mich der Sound fast umgehauen. Besonders der Halspickup stahl mit seiner unglaublichen Musikalität den meisten anderen Pickups in diesem Test die Show. Die Dynamik war irgendwie organisch/lebendig, hat einen sozusagen selbst bei niedrigen Volumeneinstellungen gepackt und mitgenommen, fast wie ein perfekter Telecaster Pickup. Bässe, Mitten, Höhen sind meiner Meinung nach optimal aufeinander abgestimmt und lassen dem Ton Raum zum Atmen. Obertöne sprudeln nur so aus dem Amp. Und das klassische kurze Einbrechen des Tons direkt nach Anschlag mit folgendem Aufblühen (= Bloom) guter PAFs war auch im genau richtigen Masse vorhanden. Das Zusammenspiel beider Pickups ist eine Freude und animiert zum dynamischen Spiel. Der Anschlagsschmatz ist da und läutet den folgenden Ton ein. In der Mittenposition kann man der Paula ohne Probleme Fender-esque Töne entlocken. Auch der Bridge-PU kann voll und ganz überzeugen – klar, transparent, nicht kreischig, aber super durchsetzungsfähig. Wieder kommt die Tele-Assoziation, Matsch ist ein Fremdwort für die Vintage 59, vollkommen unabhängig von der Gaineinstellung. Goodtone feiern dieses Jahr ihr 5 jähriges Bestehen – und wenn sie tatsächlich in der Lage sind, ihre eigenen Pickups exakt reproduzieren zu können, dann wird es diese kleine – aber sehr feine – Manufaktur noch lange geben, das sage ich jetzt mal so voraus.
Mein einziger Kritikpunk ist, dass das fehlende Wachsbad beide Pickups mit eingeschaltetem Boost zu wahren Schrei- und Pfeiffhaelsen macht, was ihr Einsatzspektrum ein bisschen eingrenzt.
http://www.goodtone-pickups.com/good-tone-pickups/
Hier ohne alles
https://soundcloud.com/sag_vintage_insp_pickups/good-tone-vintage-59-pure
Und hier mit Band
https://soundcloud.com/sag_vintage_insp_pickups/goodtone-demo
Als Veteran im Boutique-Dschungel sollte man meinen, dass Lindy Fralin mit seinem Pure PAF Set nichts falsch machen kann. Kaum jemand hat mehr Erfahrung als Lindy, wenn es um Reparaturen von originalen PAFs geht. Das Pure PAF Set ist, nach eigenem Bekunden, Lindys favorisiertes PAF Humbucker Set. Auch er verwendet AlNiCo 2 Magnete für beide Pickups, die im übrigen auch gewachst sind. Gemessen habe ich 8.27 kOhm an der Brücke, 7.88 kOhm am Hals, also ganz klar PAF-Gewässer. Auch hier gibt’s an der Verarbeitung nichts zu deuteln – die ist sehr gut. Ich musste allerdings die Beine der Grundplatte etwas zurechtbiegen, um die Pickups einbauen zu können, da diese im Auslieferungszustand nicht gepasst hätten.
Klanglich gehen beide Pickups dann auch deutlich in Richtung PAF. Die Pure PAFs klingen sehr ausgeglichen, den Gibson Classic nicht unähnlich. Wobei die Fralins durch die Bank ein etwas breiteres Frequenzspektrum und eine etwas verstärkte Anschlagsdynamik aufweisen. Der Ton hat nicht ganz so viel Luft zum Atmen (oder auch Transparenz) wie z.B. bei den Goodtones, aber mehr als die Gibsons. Der Halshumbucker (normalerweise der kritische Punkt bei jedem Humbucker Set) besitzt eine gewisse Klarheit, trotz leicht undefinierter Bässe und massiver Mitten. Die Mittelposition klingt ausgewogen und twangig. Der Bridge-Pickup besitzt ein gutes Mittenspektrum, das den Sound bei voll aufgerissenem Volumenpoti schön rockig klingen lässt, ohne nennenswert zu matschen. Trotzdem hatte ich beim Kontrollhören immer das Gefühl, dass beide Pickups ein kleines bisschen bedeckt klingen.
Im Bandkontext setzen sie sich durch und das minimale „bedeckt klingen“ fällt nur noch bedingt auf. Gerade der Hals-Pickup überzeugt mit schönem Anschlangspeak und der Bridge-Humbucker mit ordentlich Twang im Sound.
Die Pure PAFs haben mit $280 inkl. Kappen einen fairen Preis und bieten sich für Player an, die eher hell klingende Gitarren haben (z.B. eine Paula mit Ahornhals) und Blues-Rock bis harten Rock spielen. Obwohl gewachst, sind die Fralins allerdings anfällig für Feedbackorgien, wenn’s zu laut wird.
http://www.fralinpickups.com/default.asp
Hier der Pure PAF ganz pur
https://soundcloud.com/sag_vintage_insp_pickups/lindy-fralin-pure-paf-pure
Und hier im Bandgefüge
https://soundcloud.com/sag_vintage_insp_pickups/lindy-fralin-pure-paf-demo
CM Daugherty ist nicht zu verwechseln mit Charlie Daughtry, dem bekannten Les Paul Sammler und Besitzer der originalen Burst, die als Vorlage für das Collector’s Choice Modell 24 „Nicky“ diente. CM Daughtery ist vermutlich der erfolgreichste Pickup-Wickler, der seine Pickups über EBay verkauft. Seine Pickups, wenn er sie als Auktion einstellt, gehen regelmäßig für um die $200 über den virtuellen Tresen, was deutlich mehr ist, als was die meisten anderen „kleinen“ Boutique Wickler aufrufen können. Über EBay bin ich dann auch auf seine Pickups aufmerksam geworden. Er hat mir ein Set seines 50s PAF Tribute Humbucker für dieses Review geschickt.
Die Pickups sind klassisch aufgebaut, mit authentischen Butyrat Spulenkörpern (= Bobbins), AlNiCo 2 Magneten, 42 PE Draht, etc. Er wickelt (wie bei den Gibson Burstbuckers) die Spulen leicht unterschiedlich, was bei den originalen PAFs ja auch so gewesen sein und bessere Transparenz (und leider auch mehr Brummen) zur Folge haben soll. Na, mal sehen. Gemessen habe ich jedenfalls 8.03 kOhm für den Bridge-Humbucker und 7.61 kOhm für den Hals-Pickup.
Auch die Tributes sind einwandfrei verarbeitet und kommen mit ansprechendem Siegel auf der Verpackung. Nur die zerknüllte Zeitungspolsterung will nicht so ganz zum optischen Eindruck passen. Was schert die Optik der Verpackung? Wir wollen doch wissen, wie die Teile klingen. Und da fällt auf, dass beide Pickups zu den eher weicher klingenden Sets im Test gehören. Der Hals-Humbucker klingt sehr rund, die Bässe sind zwar nicht verwaschen, aber auch nicht wirklich straff. Durch eine leichte Tiefmitten Betonung erhält der Ton aber eine gewisse Autorität, der sich auch im Bandgefüge Platz schafft. Auch wenn im Soundsample nicht gezeigt, so eignet sich der Hals-Humbucker ganz wunderbar, um Meister Erichs Woman Tone nachzuahmen. Mit aufgerissenem Tone-Poti fällt auf, dass der Hals-Pickup trotz annehmbarer Dynamik kaum den Anschlagsschmatz wiedergibt. Die Transparenz liegt im Vergleich mit den anderen Testkanditaten im guten Durchschnitt. Meine favorisierte Position für dieses Set war die Mittelposition, die sehr brauchbare, knallige Sounds zu bieten hatte. Der Bridge-Pickup gibt mit seiner Tiefmittenstimme ordentlich Gas, wenn man dem Amp ein wenig einheizt. Gerade mit eingeschaltetem Option 5 Boost hat das schon arg gerockt, und das mit überdurchschnittlicher Transparenz. Das getestete Set kostet auf Daughertys neuen Website/-Shop $225 und ist damit eines der günstigsten Sets hier im Test. Und es kommt gut in einer Les Paul! In eine SG würde ich es vermutlich nicht einbauen, da das dann doch ein bisschen zu viel an Mitten sein könnte.
http://www.cmdaughertypickups.com/
Hier pur
https://soundcloud.com/sag_vintage_insp_pickups/cm-daugherty-50s-paf-tribute-pure
Und hier mit Band
https://soundcloud.com/sag_vintage_insp_pickups/cm-daugherty-50s-paf-tribute-demo
Angeregt und unter heftigstem Eigenaufwand von MB-User @dippy_finger (herzlichen Dank dafür noch mal) habe ich die Marke DEACCI Pure Sound kennengelernt, eine junge Pickup-Geburtsstätte in England. Für den Test bekam ich ein Set Pure Vintage ONE Humbucker (es gibt auch ein entsprechendes ZERO Set, mit geringerem Output) mit schicken Zebra Butyrat-Bobbins zugeschickt. Beide Pickups haben AlNiCo 2 Magneten verbaut und entsprechen ansonsten bezüglich des Aufbaus den anderen Testkandidaten. Das Ohmmeter zeigt für die ungewachsten Pickups 8.24 kOhm an Brücke und 7.45 am Hals an. Interessant war, dass die Deacci die einzigen Pickups im Testfeld waren, die Pole-Schrauben aus fernöstlicher Fertigung verwendet haben.
Um es vorweg zu nehmen: Das Deacci Set war, neben den Gibson 490ern, das einzige Testset, das mich nicht als PAF Replikaset überzeugt hat. Und der Vergleich mit den 490ern kommt nicht von ungefähr, da beide Sets sehr ähnlich klingen. Egal in welcher Einstellung, den Deaccis geht Dynamik und ein weites Tonspektrum ab. Anschlagsschmatz ist bei beiden Humbuckern kaum zu hören und expressives Spiel ist – fast wie durch einen zwischengeschalteten Kompressor – nur sehr schwer bis gar nicht möglich. Beide Pickups sind stark Hochmitten betont und klingen meiner Meinung nach mit weit heruntergedrehtem Volumen Poti am besten. Je mehr man das Volumen öffnet, desto mehr überlagern besagte Hochmitten den Sound, lassen ihn dünn und kratzig erscheinen. Die Kombination beider Humbucker in der Mittenposition hingegen hatte durchaus das Zeug, Fender-artig zu klingen und war somit auch meine favorisierte Position dieses Sets.
Durch die fehlende Dynamik und den schneidenden, Hochmitten-fokussierten Ton, setzen sie sich zwar gut im Bandkontext durch, klingen aber irgendwie unspannend und wenig inspirierend.
ABER – anders als die 490er - besitzen die Deaccis einen gesunden Grad an Transparenz und klingen mit richtig derbem, brüllenden Gain wirklich astrein: fokussiert und mit gutem Attack ohne zu matschen. Also eher nix für den braven Blues-Buben, wohl aber für den bösen Heavy-Rocker/-Metaller, der mit diesem Set viel Freude haben könnte. Es wäre sicherlich interessant, das Output-ärmere Vintage ZERO Set zu testen um zu sehen, ob das dem klassichen PAF Sound näher kommt. Ein Set kostet über Deaccis Webshop mit Kappen £165 (also rund 230€).
http://deacci.com/
Pur
https://soundcloud.com/sag_vintage_insp_pickups/deacci-lp59-one-pure
Mit Band
https://soundcloud.com/sag_vintage_insp_pickups/deacci-lp59-one-demo
Im letzten Test hatte ich die Concerto Grosso von Faber vorgestellt und ihnen ein sehr gutes Zeugnis ausgestellt. Dementsprechend habe ich natürlich sofort aufgehorcht, als Gottfried mir von einem neuen Faber Humbucker Set erzählt hat. Das wurde wohl von einem deutschen Boutique Wickler mit Faber entwickelt und exklusiv für Faber hergestellt. Tür auf für die Faber Concerto Furioso. Und wie der Name vermuten lässt, hat das Set ganz schön Feuer auf Lager. Leider konnte ich Faber nicht entlocken, was die Specs der CF sind. Sie sind gewachst und während der Neck-Pickup PAF ähnliche 7. 75 kOhm liest, imponiert der Bridge Pickup mit sage und schreibe 15 kOhm! Ja, ist das denn noch ein PAF Pickup? Eher ein PAF auf Speed. Ich vermute mal, dass als Magneten AlNiCo 5 verwendet wurden.
Schon der widerstandsmässig in PAF Regionen angesiedelte Hals Pickup hat ganz klar Hummeln im Hintern. Der Ton ist – egal in welcher Volumen Einstellung – sehr dominant, steht im Raum wie eine Eins. Trotz des gefühlt stärkeren Outputs bleibt der Sound stets definiert, die Tone werden fein aufgelöst und haben ein sehr organisches Tonbild. Solieren mit dem Volumen Poti auf 10 (oder gefühlt 11) macht Laune, wenn ein etwas honkiger Sound die Obertöne sprudeln lässt. Die Anschlagsdynamik wird sehr schön umgesetzt und schmatzt munter vor sich hin, jedes mal, wenn das Plektrum die Saite berührt. Klasse! In der Mittelposition dominiert bei gleicher Volumeneinstellung der Bridge Humbucker, was zu einem bissig, aggressiven Sound führt. Wenn man den Schalter auf Bridge-Humbucker legt, dann erhält man schon bei geringen Volumen leicht angezerrte, dominante Töne, die jeden AC/DC Fan Tränen in die Augen schießen lassen. Bei höherem Volumen entwickelt der Pickup einen gewaltigen Schub, mit deutlich umrissenen Einzelsaiten, die gut herauszuhören sind. Das Frequenzspektrum ist breit und nicht wirklich auf eine bestimmte Frequenz fokussiert, so dass der Pickup nie wirklich harsch klingt.
Alles in allem ein wirklich astreines Set nicht nur für den, der ab und an etwas mehr Power braucht. Ich habe z.B. Bernie Marsdens Sound mit seiner The Beast Paula fast perfekt nachstellen können. Wer also eine Gibson Collector’s Choice #8 besitzt, sollte unbedingt mal die Faber Concerto Furioso ausprobieren! Der Preis war/ist noch nicht bekannt.
http://www.tokaiguitar.de/
Hier alleine
https://soundcloud.com/sag_vintage_insp_pickups/faber-concerto-furioso-pure
Und mit Begleitung
https://soundcloud.com/sag_vintage_insp_pickups/faber-concerto-furiosus-demo
Rick Norman ist hier in den USA in der Gitarrenwelt als Dr. Vintage bekannt, da er als Experte für Reparaturen an Elektronikteilen in Vintage Gitarren anerkannt ist. In Deutschland ist der Name mehr mit dem erfolgreichsten Pickup Set von Wolfetone verbunden. Rick und Wolfe haben früher gemeinsam die Dr. Vintage Humbucker entworfen, wobei Rick anscheinend hauptsächlich an der Auswahl der Magneten beteiligt war, während Wolfe die Pickups gewickelt hat. Wie auch immer, Rick Norman wickelt nun seine eigenen Pickups. Und da er aufgrund seiner Reparaturtätigkeit schon mit mehreren alten und sagenumwobenen Les Pauls in Kontakt gekommen ist, hat er den Sound von bekannten Bursts wie Gladys, Sandy und der Phönix Burst analysiert und versucht, diesen so originalgetreu wie nur möglich zu kopieren. Hier stelle ich Rick Norman Pickups Sandy Set vor, dass den Sound einer wahrlich famosen Burst von Burst-Urgestein Tom Wittrock einfangen soll.
Beide Pickups sind mit AlNiCo 2 Magneten bestückt und mein Ohm-Meter zeigte 8.09 kOhm für den Bridge- und 7.99 kOhm für den Hals-Pickup an. Die gewachsten Pickups kamen in einer eher unspektakulären Box, machten aber optisch schon mal einen guten Eindruck.
Mein erster Eindruck am Amp war erst mal ungläubiges Checken der Knöpfe am Amp. Warum ist der Sound denn auf einmal so voluminös, mit so heftig schiebenden Bässen? Selbst bei niedrigen Volumeneinstellungen am Halspickup war der Bass im Raum fast greifbar. Leider kann man das auf der Aufnahme nur bedingt hören, aber das war schon ein herausstechendes Merkmal des Sandy Sets. Auf der Aufname hört sich der Klang absolut ausgewogen an, mit einem weiten Frequenzspektrum und viel Raum für die einzelnen Töne. Der Anschlag wird fein und perkussiv übertragen, so dass z.B. funky Rhythmen sehr authentisch machbar sind. Die Single-Notes bei vollem Volumen-Poti haben eine bestimmte Wärme und runde Fülle, ohne allerdings undifferenziert zu klingen. Sehr musikalisch – gut!
Die Zwischenposition klingt allerdings etwas halbgar, da die Dynamik deutlich abfällt und der Klang sehr mittig wird. Das erklärt sich, wenn man auf den Treble-Humbucker umschaltet. Der ist ganz klar mittig ausgelegt. Trotzdem hat er, alleine gespielt, überdurchschnittliche Anschlagsdynamik zu bieten. Im Crunch perlen die Einzeltöne bei Akkorden aus dem Lautsprecher, immer begleitet von Obertönen, die man ohne großen Aufwand aus beiden Pickups herausholen kann. Die einzelnen Töne „bloomen“ zwar nicht so überzeugend wie bei z.B. dem Goodtone Set, aber doch sehr schön.
Im Bandkontext setzt sich das Sandy Set ausgesprochen gut durch und bleibt – trotz des heftigen Bass-Boosts – gut artikuliert und liegt sauber im Mix.
Ich habe mit Tom Wittrock über das Sandy Set gesprochen und er meinte nur, dass er es noch nie ausprobiert hätte. Ich kann somit nicht sagen, in wie weit das Sandy Set eine normale Les Paul in die echte Sandy transformiert, einen Test kann ich allerdings wärmstens empfehlen. Der Preis für ein Set ohne Kappen liegt bei vertretbaren $275.
http://www.doctorvintage.com/drv2_pickups_humbucker.html
Alleine gespielt
https://soundcloud.com/sag_vintage_insp_pickups/rick-norman-pickups-sandy-pure
Und mit Anhang
https://soundcloud.com/sag_vintage_insp_pickups/ricknorman-sandy-demo
Als großer Fan von J S Moore Pickups und da ich noch ein Satz seiner V-59 zur Verfügung hatte, wollte ich diese Tonabnehmer auch in den Test aufnehmen. Die V-59 stellen eine etwas einfachere Version seiner Premium Vintage Humbucker dar, indem sie ohne Butyrat Bobbins und PAF-Replica Kappen geliefert werden. Aber auch ohne diese historisch korrekten Specs ist dieser Satz einer meiner Favoriten. Jon verwendet AlNiCo 2 Magnete und wickelt die Pickups auf 8.33 kOhm für die Bridge und 7.53 kOhm für den Hals. Die mitgelieferten Covers sind zwar nicht seine PAF-Repro Kappen, sehen aber trotzdem stark aus. Beide Pickups sind ungewachst.
Beide V-59 Pickups zeichnen sich durch eine wahrlich beeindruckende Musikalität aus. Das ist schwer in Worte zu fassen, aber der Raum zwischen den einzelnen Tönen vibriert, ist lebendig und umschmeichelt den eigentlichen Ton. Der Neck-Humbucker ist vielleicht nicht der twangigste hier im Testfeld, klingt aber abgerundet wie ein gut dekantierter Rotwein: Nicht zu schwer, nicht zu überladen, aber trotzdem mit gutem Gewicht. Selbst bei vollem Volumen schmieren die Töne nur für einen Bruchteil der Sekunde ineinander, bevor sie sich wieder trennen und eigenständig in ihre Obertöne auflösen. Und das kann man auch im Bandkontext hören
Die Fender Gitarre für den einen Song beim Gig kann man getrost zu Hause lassen, denn die Mittelposition kann hier gut aushelfen. Der Bridge Pickup hat im Prinzip die gleichen Eigenschaften wie der Hals-Tonabnehmer: Gute Transparenz (trotz Fokus auf Mitten), Obertöne in Hülle und Fülle. Es klingt fast so, als würden zwei Töne parallel klingen. Das Attack und die Übersetzung der Anschlagsdynamik sind überdurchschnittlich und lässt Leads wie ein warmes Messer durch Butter schneiden. Natürlich führt das Fehlen des Wachsbads bauartbedingt bei hohen Lautstärken zu ungewolltem Pfeifen.
Ein weiteres Highlight dieses Sets ist der Preis, der mit $180 als wirklich verdammt günstig einzuordnen ist.
http://tonefordays.com/
Solo
https://soundcloud.com/sag_vintage_insp_pickups/j-s-moore-v-59-pure
Und mit Kapelle
https://soundcloud.com/sag_vintage_insp_pickups/j-s-moore-v-59-demo
Das AB Custom Set von Sheptone habe ich schon relativ lange hier bei mir. Es ist am Ende irgendwie immer in meinen Hauptgitarren gelandet und bei deren Verkauf bei mir geblieben. Das muss ja einen Grund haben. Zu aller erst muss gesagt werden, dass die Sheptones wunderbar verarbeitet sind – unter den Kappen verstecken sich geschmackvoll ge-aged-te Zebra Butyrate Bobbins und AlNiCo 5 Magneten. Das Ohm-Meter zeigt 8.44 kOhm für den Brücken- und 7.75 kOhm für den Hals-Tonabnehmer an. Sheptone gibt an, dass beim AB Custom Set 59er Spec 42 PE Draht verwendet wird, während das Tribute Set aus dem ersten Test 57-58 Spec 42 PE auf den Spulen hat. Wieder was gelernt ... ich wusste nicht, dass Gibson bei den originalen PAFs unterschiedliche Drähte verwendet hat. Wie auch immer – das AB Set ist im Grunde genommen die etwas heißere Variante der Tributes.
Im direkten Vergleich mit den anderen Kandidaten hier im Testfeld sind die ABs dann auch, nach den Faber, gefühlt die lautesten Schreihälse. Trotzdem ist hier PAF Charakter pur angesagt. Feine Obertöne schweben über jede Note (besonders auf dem Halspickup) und verleihen dem etwas frechen Grundzug der ABs einen besonderen Charme. Der Ton ist dabei etwas rauer und nicht ganz so rund und musikalisch wie bei manchen anderen PAFs hier im Test. Trotzdem, oder gerade deshalb ist, selbst bei mehr Gain, die Dynamik auf hohem Niveau. Akkorde werden gut und markant aufgelöst. So ist auch im Bandkontext nie die Gefahr geben, dass die Gitarre nicht gehört wird.
Die ABs befinden sich ganz vorne mit dabei, wenn es darum geht, den Pickup mit den Potis zu „zähmen“. Hals- und Bridge-Pickup klaren wunderbar auf, wenn man das Volumen zurück nimmt. Das Brückenaggregat kann bei Bedarf ganz schön peitschen, da der Anschlagsknack (je nach Anschlag) sehr schön den Ton einleitet (gut zu hören ab 6:20 im ersten Soundfile). Kräftiger Boost ist kein Problem, sondern wird gerne genommen. Das Umkippen von Singlenotes in Sweetspot-Feedback kann – auch ohne gewachste Spulen – sehr gut kontrolliert werden, ohne in Grund und Boden gejault zu werden. Das ist ein Zeichen für sehr gut und stramme Wicklungen. Kurz gesagt – ein tolles Set für den, der in der Lage sein will, dem PAF-igen Grundton ein bisschen Dreck mit auf die Reise zu geben. Mit $199 ist das Set auch durchaus als günstig zu bewerten.
http://www.sheptone.com/
Alleine gespielt
https://soundcloud.com/sag_vintage_insp_pickups/sheptone-ab-custom-pure
Und im Bandgefüge
https://soundcloud.com/sag_vintage_insp_pickups/sheptone-ab-custom-demo
Die Creamtone A3 Deluxe Humbucker sind selbst in den Staaten relativ unbekannt, und dass, obwohl zwei Experten bei ihrer Entwicklung mitgewirkt haben. Mark Bishop von Mark’s Guitar Loft (dem führenden Online-Händler für gebrauchte Gibson Historic Gitarren) und Tom Bartlett (Gitarrenbauer der Extraklasse) haben die A3 Deluxe so optimiert, dass Tom Bartlett die Teile OEM in seinen Gitarren anbietet. Mark B. rüstet ausgewählte Les Pauls in seinem Shop mit diesen Humbuckern auf. Creamtone ist hier in den Staaten mehr für ihre gute Auswahl an fair gepreisten und ziemlich gut aussehenden ge-aged-ten Plastikteilen für Gitarren bekannt. Natürlich sind auch diese Pickups auf vintage getrimmt – Butyrat Bobbins, 42 PE Draht, etc. – alles wie gehabt in PAF-Replika-Land. Als einziges Pärchen im Test wurde für die Creamtones das vintage korrekte zweiadrige geflochtene Anschlusskabel verwendet. Eine Kleinigkeit, auf die so mancher Gibson Enthusiast allerdings großen Wert legt. Während die gemessenen Widerstände mit 8.46 kOhm an der Brücke und 7.46 kOhm am Hals eher im hohen bis mittleren PAF Bereich liegen, sorgen die schwaecheren AlNiCo 3 Magneten für einen gefühlt niedrigeren Output am Verstärker.
Die Kombination stimmt bei den A3 jedenfalls! Obwohl bei den originalen PAFs wohl kein AlNiCo 3 verwendet wurde, fangen die A3s den idealen PAF Charakter fast perfekt ein. Der Halspickup glänzt mit einer fast P90-haften Klarheit und Attack. In Akkorden haben die Einzeltöne Platz zum Atmen und entfalten. In der Mittelposition übernimmt der Bridge-Pickup etwas das Kommando, was zu einem sehr brauchbaren, funky und mittenbetontem Ton führt. An der Brücke überzeugt der A3 mit einem – für AlNiCo 3 - überraschend straffen und knackigen Bass – wieder kommt die Assoziation zu einem guten, saftigem Singlecoil. Besondere Freude macht das Kippen der Tone in kontrolliertes Feedback (gut zu hören ab ca. 6:42). Da die Spulen nicht gewachst sind, muss man allerdings damit rechnen, dass aus dem gewollten nicht ein unangenehmes Feedback wird.
Die Creamtone A3 Deluxe gibt es exklusiv bei Mark’s Guitar Loft und der Basispreis startet bei $275.
http://www.marksguitarloft.com/
Pur
https://soundcloud.com/sag_vintage_insp_pickups/creamtone-a3-pure
Zusammen
https://soundcloud.com/sag_vintage_insp_pickups/creamtone-a3-demo
Das zweite Set im Test mit zumindest einem AlNiCo 3 Magneten ist das Voodoo 59 Set von Pickup-Wickler Urgestein Peter Florance. Obwohl eher für seine grandiosen Strat und Tele Pickups bekannt, genießen auch seine Humbucker einen absoluten Kultstatus. Das hier getestete Set habe ich nach dem Test innerhalb von 5 Minuten (!) weiter verkauft. Was mir zuerst bei den Voodoos auffiel, waren die wirklich super aussehenden Nickelkappen mit schön scharfen Kanten. Das getestete Set hatte einen AlNiCo 5 Magneten an der Brücke (8.04 kOhm) und einen AlNiCo 3 Magneten am Hals (7.66 kOhm).
Anders als zum Beispiel der A3 Deluxe klingt der Voodoo ganz klar nach Humbucker. Der Halspickup, obwohl mit einem gesunden Fundament ausgestattet, fokussiert deutlich auf die Mitten. Was alleine gespielt vielleicht etwas zu viel des Guten sein kann, zeigt er seine Stärke im Bandkontext, wo der Halspickup sehr vokal klingt – fast wie eine menschliche Stimme. Die Mittelposition näselt bei niedrigen Volumen Einstellungen ein bisschen und klingt nicht ganz so ausgewogen wie bei manchen anderen getesteten Sets, sondern eher etwas flach. Das wird dann schlagartig besser, wenn man das Volumen-Poti voll aufdreht, ohne jedoch den nasalen Charakter ganz loszuwerden (mancher mag's ja auch ein bisschen näselnd).
Obwohl auch mittig fokussiert liefert der Bridge-Humbucker eine beeindruckende Performance ab. Während ich von Hals- und Mittenposition jetzt nicht wahnsinnig beeindruck war, muss ich sagen, dass der Bridge-Pickup alle Eigenschaften mitbringt, um zu begeistern. Die Töne kommen knackig und direkt, springen sozusagen vom Griffbrett. Und obwohl der Anschlags-Knack sich verhältnismäßig zurückhält, verwaschen selbst Akkorde bei vollem Volumen kaum. Der Pickup eignet sich sehr gut zu perkussivem Spiel, da es kaum zu dem (manchmal ja gewünschten) Blooming-Effekt kommt. Der Ton ist sofort und prägnant da, was für beide Humbucker im Set gleichermaßen gilt.
Ich würde sagen, dass dieses Set eher ein solider Rocker als smoother Blueser ist, der im Mix herausstechen will und/oder knallige Riffs auf die Zuschauermeute loslässt. Da kommt es auch gut zupass, dass beide Humbucker – obwohl ungewachst – sehr Feedback-unanfällig sind.
Mit einem Preis von $300 liegt das Set im oberen Mittelfeld, sozusagen der Euroleague der Testkandidaten.
http://www.peterflorance.com/
Solo
https://soundcloud.com/sag_vintage_insp_pickups/peter-florance-voodoo-59-pure
Und als Demo
https://soundcloud.com/sag_vintage_insp_pickups/peter-florance-voodoo-59-demo
Der Schlussspurt in diesem Review wird durch das einzige Set mit AlNiCo 4 Magneten eingeläutet. Und zwar dem Electric City RD-59 Hybrid, oder neuerdings Freedom Set. Auf Electric City Pickups bin ich durch Kim LaFleur, seines Zeichens Gründer und Mastermind von Historic Makeovers, aufmerksam geworden, als er mir am Telefon von den Teilen vorgeschwärmt hat. Da musste ich natürlich gleich mal nachfragen und habe von Bill, auf meinen Wunsch, eben dieses AlNiCo 4 Pärchen geschickt bekommen. AlNiCo 4 ist der schwächste Magnet in dieser Runde. Zusammen mit den relativ niedrigen kOhm Werten von 8.26 an der Brücke und 7.18 am Hals lässt das low-output Humbucker erwarten.
Und das trifft dann auch zu. Aber – mein lieber Scholli – was den Pickups an Output fehlt, machen sie durch eine fantastische Transparenz, perfekte Artikulation, ein unverschämt sexy Tonbild und wunderbar steuerbare Dynamik mehr als wett. Selbst bei voll aufgerissenem Volumenpoti kann man durch leichtes Variieren des Anschlags von clean bis Vollgas alles abdecken und bräuchte eigentlich gar kein Volumenregler. Ich denke, ich brauche nicht zu erwähnen, dass von Matsch auf weiter Flur nix zu sehen/hören ist.
In der Mittenposition halten sich beide Pickups die Waage und produzieren einen sehr brauchbaren, offenen und tragenden Sound mit überragender Transparenz und Attack.
Von schwacher Brust ist bei dem Steg-Pickup auch nichts zu erkennen. Alles, was ich zu dem Halspickup geschrieben habe, trifft auch auf die Bridge-Position zu. Beeindruckende Dynamik mit einem geschmackvollen Anschlagsknack, ein sehr musikalischer Bloom bei Singlenotes, die dann in der Ausklingphase in die begehrten Obertöne umkippen. Aber auch Akkorde und Powerchords nehmen die Freedoms mit Leichtigkeit. Beide Humbucker sind Feedback resistent, und das ohne gewachste Spulen, was eine perfekte Wickeltechnik vermuten lässt.
Das Electric City Freedom Paar ist ein richtig gut klingendes Set, das definitiv das Ende der Suche nach dem heiligen Pickup Gral darstellen kann. Der Preis ist mit $285 als gerechtfertigt zu bezeichnen.
http://www.electriccitypickups.com/
Pur
https://soundcloud.com/sag_vintage_insp_pickups/electric-city-freedom-former-rd-59-hybrid-pure
Und zusammen
https://soundcloud.com/sag_vintage_insp_pickups/electric-city-revivals-demo
Den Abschluss macht ein Set, auf das ich immens gespannt war: Die Klein Pickups Epic Series Wicked. Von Klein hatte ich einmal ein Set Stratocaster Pickups und die haben mich damals umgehauen. Das war für mich Pickup-Magie vom Feinsten. Umso gespannter war ich natürlich, als Chris Klein mir einen Satz seiner Wicked Humbucker geschickt hat. Auf seiner Website ist zu lesen, dass fast alle Teile seiner Pickups exklusiv für ihn hergestellt werden und den in den Spät-50ern verwendeten Materialien zu 100% entsprechen. Das ist natürlich eine Ansage und ich frage mich ganz ehrlich, wer und wie das bitte überprüft werden kann. Es wäre natürlich einfacher, wenn die Wicked Pickups dann auch wirklich „wicked“ klingen würden. Und für einen Preis von $399 kann man das auch erwarten.
Schon nach wenigen Sekunden war klar, dass das glücklicherweise tatsächlich der Fall ist. Dieses Set überzeugt in allen Lagen: egal, welche Einstellung oder welcher Humbucker – die Töne ergießen sich aus dem Speaker wie warmer Honig. Das Orchester von Double-Tones, musikalischem Feedback, organischem Bloom und einem guten Schuss Attack, alles fein steuerbar über den eigenen Anschlag, ist tatsächlich einzigartig. Ich weiß nicht, ob es tatsächlich ein so gut klingendes vintage PAF Set gibt.
Obwohl der Hals-Humbucker absolut überzeugt und alles und noch mehr hat, was man sich wünschen kann und wunderbar holzig klingt, so ist es doch der Bridge-Humbucker, der mich regelrecht in seinen Bann gezogen hat. Denn der klingt fast wie ein P90, mit entsprechender Dynamik, Offenheit und dem typischen Punch eines knurrenden P90s, und das alles brummfrei. Sehr, sehr beeindruckend.
Der Output ist relativ gering, was die Messwerte von 8.09 kOhm an der Brücke und 7.07 am Hals bestätigen. Trotzdem steht der Ton auch im lauten Bandkontext wie eine eins und schafft sich genug Raum, um auch da zu glänzen. Als kleiner Anspieltipp im Soundsample sei die Mittelposition empfohlen, obwohl eigentlich alle Einstellung mit diesem Set wirklich beeindruckend klingen. Den einzigen kleinen Kritikpunkt, den ich aufführen muss, ist, dass beide Pickups doch sehr anfällig für Pfeifforgien bei eingeschaltetem Booster sind.
Alles in allem sind die Klein Wicked ganz hervorragende Pickups für den Filigranarbeiter, der viel Wert auf Ton und Expression legt. Denn diese Pickups sind fast Musikinstrumente in einem Musikinstrument. Und ja, $399 sind die Teile wert. Ich konnte es jedenfalls nicht mehr zurück schicken.
http://www.kleinpickups.com/
Alleine
https://soundcloud.com/sag_vintage_insp_pickups/klein-epic-series-wicked-paf-pure
Und mit der Band
https://soundcloud.com/sag_vintage_insp_pickups/klein-wicked-demo
Fazit
Ein Fazit nach diesen ausgiebigen Erfahrungen zu ziehen, ist schwer. Im Grunde genommen nennen sich fast alle Pickups in diesem Test zu Recht irgendwie PAF-inspiriert/reproduziert/kopiert. Mit Ausnahme der Gibson 490er und des Deacci Sets besitzen alle PAF Charakteristika. So sind zum Beispiel die Voodoo 59, die Fralins, Rick Normans Sandy Set und mit Abstrichen auch die CM Daugherty Tributes eher mittenbetont, was sie zu mehr universell einsetzbaren Pickups macht (von Jazz bis Drück-Rock). Das gleiche gilt für die Kopie des Originals durch den Hersteller des Originals, dem Gibson Classic 57 Paar, das den Boutique Pickups doch überraschend nahe kommt und nur im Detail ein bisschen weniger Transparenz, Dynamik und Formbarkeit des Tons aufweist. Die Moores, Creamtones und Electric City Sets klingen eher filigran, transparent und etwas ausgewogener. Sie eignen sich sehr gut für Blues mit ein bisschen Dreck am Stecken und angecrunchte Indie-Sachen, da sie zwar sehr feinfühlig sind, aber bei entsprechendem Attack auch sehr direkt und rau sein können.
Wie erwartet sind die Gibson 490er keine PAFs. Und das sollen sie ja auch nur bedingt sein. Ich habe nie verstanden, warum Gibson jahrzehntelang diese Humbucker verbaut hat und immer noch verbaut. Ich habe keine Musikrichtung gefunden, in der das 490er Set geglänzt hätte. Das ist glücklicherweise bei den Deacci Vintage One anders, da diese über ein Plus an Transparenz verfügen und somit bei harten, komprimierten Gain-Sounds durchaus zu überzeugen wissen. Leider sind sie meiner Meinung nach, wenn man strikt nach PAF Charakteristik geht, hier chancenlos gegen die zugegebenermaßen sehr starke Konkurrenz.
Wenn es so etwas wie einen Testsieger gäbe, dann müsste dieser Platz wohl von dem Good Tone Vintage 59 und dem Klein Wicked Set geteilt werden. Das Klein Set besticht durch eine wirklich beeindruckende Musikalität auf beiden Pickups, die das Pärchen zu einem stimmigen Ganzen werden lassen. Wie oben schon gesagt, glaube ich kaum, dass das allerbeste Paar originaler PAFs so viel besser, musikalischer, offener und dynamischer als das Klein Set klingen kann. Die Good Tones stehen auf der gleichen Stufe, obwohl bei denen der Hals-Pickup ganz deutlich die meisten imaginären Punkte einfährt. Denn was bei dem bei egal welcher Volumeneinstellung um den eigentlichen Ton herum passiert/klingt/schwebt, ist kaum mit Worten zu beschreiben. Auch die Soundfiles können diese (entschuldigt bitte das doch sehr abgehobene Wort) Magie nicht vollkommen einfangen. Der Bridge-Pickup gehoert sicherlich auch zu den besten im Test, wenn es um den beliebten PAF-Charakter geht, doch der Hals-Pickup ist etwas ganz Besonderes.
Dahinter tummeln sich dann – wie gesagt, unter der Vorgabe PAF-Ton – ein enges Feld, das die Electric City Freedoms, J S Moores V-59 und die Creamtone A3 umfasst. Es ist interessant und scheint ein Trend zu sein, dass gerade die etwas Output-schwächeren Humbucker so gut abschneiden. Aber da der perfekte PAF Ton ja häufig als „singend, obertonreich, klar, dynamisch, transparent“ beschrieben wird, macht dies durchaus Sinn. Etwas mittiger, mit ein bisschen mehr Saft folgt die Konkurrenz in Form von Rick Normans Sandy Humbuckern, den Florance Voodoo 59, CM Daugherty und mit Abstrichen den Pure PAFs von Lindy Fralin, die einfach im direkten Vergleich etwas bedeckt klingen. Irgendwo zwischen den Output-schwächeren und den darauf folgenden Humbuckern liegen die Sheptone AB Custom, die zwar etwas rauer, lauter, mittiger klingen als zum Beispiel die J S Moores, dafür aber dynamischer und transparenter als das Florance Set sind. Die Faber Concerto Furioso spielen ein bisschen ausser Konkurrenz, da sie in eine etwas andere Richtung (aka Hot PAF) gehen. Das ist Gottfried und seinem ominösen Pickup-Wickler auch sehr gut gelungen. Wie oben schon gesagt, bin ich der Meinung, dass sich dieses Set in jeder Bernie Marsden „The Beast“ CC von Gibson sehr, sehr gut machen würde. Natürlich nicht nur da, sondern überall, wo es gerne ein bisschen mehr sein darf.
Die Tatsache, dass die beiden von mir am meisten gelobten Sets auch die teuersten sind, ist irgendwie überraschend und dann doch wieder nicht. Es wirft nur die Frage auf, ob je teurer, desto besser bei Boutique Pickups tatsächlich zutrifft. Da ist es doch erfrischend, dass der Preis-Leistungssieger ganz klar das J S Moore V-59 Set ist, das absolute Boutique-Qualität zum günstigen Preis liefert. Geht also doch.
Es ist klar, dass solche Tests oder Reviews nie das komplette Angebot an Boutique (oder auch nicht Boutique) Humbuckern abdecken kann. Dafür gibt es einfach mittlerweile zu viele Anbieter – was für den potentiellen Kunden Glück und Unglück zugleich ist, denn es könnte ja immer noch den einen anderen Pickup geben, der die Lieblingsgitarre noch einen Ticken näher an den gewünschten Holy Grail-Ton heranrücken lässt. Ich glaube allerdings, dass beide PAF-Tests zusammen genommen ein großes Spektrum abdecken, in dem jeder sein Glück finden kann.
Jetzt erst einmal vielen Dank für’s Durchhalten ... es ist ja doch ein größeres Projekt geworden. Checkt alle Soundfiles, da die dieses mal doch von besserer Qualität sind, als im ersten Test. Und dann ... nix wie ran an die Klampfe! Denn es lohnt sich alle mal, bei dem, was man schon hat, genau hinzuhören. Vielleicht ist der ja schon perfekt für Dich und Deine Bedürfnisse. Und wenn nicht, dann hoffe ich, hier ein paar Gedankenanstöße geliefert zu haben.
Natürlich könnt Ihr mich gerne mit Fragen – auch per PN – löchern. Nur bitte keine Frage zu Herstellern, die nicht im Test vertreten sind. Denn wer nicht will, der hat schon. Mit diesem Test werde ich das Thema auch abschließen. Denn bei allem Spaß und aller Neugier; Es ist doch eine Heidenarbeit, die ganz nebenbei auch eine Stange Geld gekostet hat. Ich danke jedenfalls allen Herstellern, die mich so großzügig unterstützt und voller Engagement mitgemacht haben, @Martin Hofmann dafür, dass er Gibson dazu gebracht hat, mir die Classics zukommen zu lassen, und allen, mit denen ich unzählige Stunden verbracht habe, über so unwichtige wichtige Dinge wie Tonabnehmer zu schwadronieren.
Euer Chev
- Eigenschaft
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator: