Musical- und Popgesang

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Nachtfluegel
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Huhu,

da wir gerade im GU "Memories" durchnehmen (und später ev. auch Dont cry for me argentina :D ), wollte ich mal fragen, woran sich die im Titel genannten Genres genau unterscheiden?

In der letzten Stunde bin ich mit meiner GU das Lied durchgegangen und wir haben auch über Atemintervalle in diesem Lied gesprochen. Jedenfalls habe ich heute morgen beim Ausprobieren bemerkt, dass das Gesamte völlig anders klingt, wenn ich wie gewohnt atme oder eben diese Intervalle einhalte. Ist denn da der Unterschied zwischen den beiden Genres oder liegt das eher am Lied/mir?
 
Eigenschaft
 
Der Unterschied liegt meines Erachtens nicht zuletzt in den stilistischen Vorgaben.
Musical ist zunehmend klanglich standardisiert - ähnlich fast wie in der Klassik.
Im Pop gilt eher "Erlaubt ist was gefällt"

"Erinnerung (Memory)" aus Cats ist ein sehr bekanntes, aber nichts desto trotz recht anspruchsvolles Stück. Es beginnt am Anfang ganz zart im klassischen Ansatz und endet mit Belting. Außerdem sollte man den emotionalen Anspruch in dem stück beachten und nicht unterschätzen.

Musical ist "Musiktheater". Das heisst, daß du gesanglich sehr viel plakativer, direkter und pathetischer sein musst als z.B. vergleichsweise im Deutsch-Pop.
Töne werden oft lange ausgehalten und auch in einer bestimmten typischen Art mit Vibrato ausgesungen. Betonung ist sehr wichtig, Endsilben müssen ausgesungen werden - man möchte schließlich daß die letzte Oma in der letzten Reihe auch noch den Text gut versteht. Musical hat einen schauspielerischen Aspekt. Die Grizabella in "Erinnerung" ist eine alte Dame, die sich mit Wehmut und Melancholie ihrer Jugend erinnert.

Popsongs dagegen behandeln oft Themen, die authentisch für den Singenden sind (wenn man selber Songs schreibt) oder oft Allgemeinplätze über Liebe und Liebeskummer und sowas alles ;-) Das singt man als man selber und nicht in einer Rolle.
 
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Das ist so ein bisschen wie der Unterschied der Sprechweise zwischen Theater und Film. Während es im Film oft so aussehen soll wie "im wahren Leben", wird im Theater im besten Sinne des Wortes "theatralischer" gesprochen. Historisch ist das natürlich zu einem großen Teil schlicht und einfach der Verständlichkeit geschuldet. Die Theaterschauspieler müssen zum einen nahezu rufen, damit man sie ohne Mikro überhaupt im ganzen Saal versteht und zum anderen besonders verständlich sprechen. Daraus ergibt sich dann auch eine relativ typische emotionale Färbung.

In all diesen Dingen ist das Musical doch sehr stark verwandt mit dem Theater. Man hat eine in gewisser Weise übertrieben/gestellt wirkende Emotionalität und an vielen Stellen den "Ruf-Modus", an denen man ihn vielleicht rein intuitiv nicht erwarten würde. Beides ist wie Shana so nett formuliert hat, dafür gedacht, dass selbst die Oma in der hintersten Reihe noch mitbekommt in welchem Gefühlszustand sich der Protagonist befindet und was er überhaupt zu sagen hat.

An welchen Stellen du Atempausen machst hängt viel mit deiner Art zu singen zusammen und wie du deinen Lufthaushalt verwaltest. Tendenziell wird bei theatralischerem Gesang öfter eingeatmet, weil man so leichter den nötigen Druck aufbauen kann, um die entsprechenden Phrasen klar und deutlich zu singen. Bei einer sagen wir mal säuselnden Pop-/Lagerfeuer-Singweise muss man tendenziell weniger einatmen, weil man einfach auch nicht so viel Druck benötigt und ggf. auch weniger Luft verbraucht.
 
Das stimmt schon alles, was ihr sagt... wenn man aber nicht vorhat, auf einer großen Bühne zu stehen und daher auch keine Notwendigkeit besteht, daß man in der hintersten Reihe eines großen Theaters gehört wird, kann man viele Musicalsongs auch mit weitaus weniger Theatralik interpretieren.
Ich habe z.B. aus "Memory" eine melancholische, eher leise Ballade gemacht, nur so zum Spaß für den Hausgebrauch, habe es so aber auch schon live gesungen.
 
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wollte ich mal fragen, woran sich die im Titel genannten Genres genau unterscheiden?

Ich würde beides (heutzutage) gar nicht mal mehr als Genres bezeichnen. Zum einen ist der Begriff "Pop" ja ohnehin schon äußerst generalisiert, zum anderen gibt es den Trend, das Werk von Pop/Rockmusikern als Musical zu verwursten (ABBA, Beatles, Udo Lindenberg, Udo Jürgens, Queen ...). Die Grenzen werden also fließender.

Genres sind für mich: Blues, Jazz, Metal, Soul, HipHop, Country ... "Pop" kann von all dem je nach Trend klar erkennbare Elemente haben. Das Musical orientiert sich heute ebenfalls mehr an Trends. Früher in den 50er und 60erjahren war das Musical noch operettenhafter und die Stimmen eher klassisch, heute kann es auch schon mal rockig sein - je nach Thematik.

Ansonsten stimme ich zu: Der Unterschied besteht gesanglich überwiegend im Vortrag - sogar Madonna, die Evita ja ncht auf der Bühne singen muss, singt in der Verfilmung anders als bei ihren Popsongs. In konservativeren Musicals ala Webber sind die Arrangements auch noch überwiegend orchestral. Und es gibt dort immer wieder narrative Teile, ähnlich den Rezitativen bei der Oper.
 
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Das stimmt schon alles, was ihr sagt... wenn man aber nicht vorhat, auf einer großen Bühne zu stehen und daher auch keine Notwendigkeit besteht, daß man in der hintersten Reihe eines großen Theaters gehört wird, kann man viele Musicalsongs auch mit weitaus weniger Theatralik interpretieren.
Ich habe z.B. aus "Memory" eine melancholische, eher leise Ballade gemacht, nur so zum Spaß für den Hausgebrauch, habe es so aber auch schon live gesungen.

Das stimmt natürlich.
Ich denke da auch gerade an "Don't cry for me argentina" von Sinead O'Connor gesungen. Da klingt es eben nach ihr und nicht nach Musical.
Man kann auch ein klassisches Ave Maria poppig singen wenn man will.

Nur dann ist es eben nicht "Musical" oder "Klassik".
 
Ich würde sagen, es kommt aufs Musical an. Klar, die Bombast-Produktionen brauchen auch den bombastischen Gesang, und manchmal den fast durchgehenden Kreisch-Belt (sorry für den Ausdruck, der ist auf meinem Mist gewachsen). Aber ein Rock-Musical kann durchaus auch von Rocksängern interpretiert werden. Überhaupt ... etwas mehr vokalistisches Crossover wäre in dem Genre sicher interessant.
 
Mhm das wird gebeltet? Interessant...ich wechsel, wenn es höher geht, meist einfach in die Mischstimme rein. Das Problem ist eben, dass die anfänglichen Textzeilen gern an meinem Übergang rumkuscheln.

Ob ich da belte, keine Ahnung. Ich hab von Natur aus eh eine laute Stimme...belten kann ich aber auf jeden Fall, das haben wir im GU schon getestet.

Nur so da oben ( :p ) trau ich mich das Belten nicht, allerdings klingts trotzdem kräftig und mhm weiträumig.
 
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Mhm das wird gebeltet? Interessant...ich wechsel, wenn es höher geht, meist einfach in die Mischstimme rein. Das Problem ist eben, dass die anfänglichen Textzeilen gern an meinem Übergang rumkuscheln.

Ob ich da belte, keine Ahnung. Ich hab von Natur aus eh eine laute Stimme...belten kann ich aber auf jeden Fall, das haben wir im GU schon getestet.

Nur so da oben ( :p ) trau ich mich das Belten nicht, allerdings klingts trotzdem kräftig und mhm weiträumig.
Jeder hat ja ein bisschen seine eigene Definition von "Belt". Die Höhen werden halt mit sehr viel Twang gesungen, weshalb sich der bei Bell namensgebende schreiende/kreischende Klangcharakter ergibt. Manche nennen das aber durchaus noch "Mischstimme", weil es natürlich trotzdem in der Kopfresonanz gemacht wird. Ich bin mir aber nicht sicher, ob sie das jetzt auf Memories bezogen hat.
 
Ich bin mir aber nicht sicher, ob sie das jetzt auf Memories bezogen hat.

Nein nein, nicht auf Memory. Da muss man meines Erachtens überhaupt nicht belten. Ich bezog mich mehr die aktuellen Musicals.

Gestern hatte ich übrigens wieder so ein Aha-Erlebnis mit dem Genre. Eine Schülerin von mir, mit einer noch recht leisen, zaghaften und vor allem ganz feinen, lyrischen Sopranstimme, wollte "On my own" singen. Ich habe ihr ein paar Zeilen theatralisch-bombastisch-beltigen Musicalgesang vorgemacht, und wir sind sehr schnell zu dem Schluß gekommen, daß sie das so unmöglich hinbekommt - letzten Endes machte sie eine leise, nachdenkliche Ballade daraus. Mir hat es gut gefallen!
 
Nein nein, nicht auf Memory. Da muss man meines Erachtens überhaupt nicht belten.

Muss nicht.
Es gibt auch Interpretinnen, die es klassischer angelegt haben.
Ich selber finde, daß der Schluss (Spür mich, komm zu mir und berühr mich....) gebeltet sein - kann. Wegen der Dramatik und der Dynamik des Stückes. Und der letzte Ton darf für mich dann ganz sphärisch kommen (schau ein neuer Tag fängt aaaaaaaaaaaaaaan).

Mit dem Stück bin ich persönlich einfach sehr anspruchsvoll ;-) So hat eben jede ihr's. Es ist aus meiner Sicht einfach kein Anfängerstück. Auch "Nur für mich" (On my own) wäre für mich nichts für eine Anfängerin.

Wobei es natürlich aber schon auch darauf ankommt, welche Ziele jemand hat. Bei denen, die eine Aufnahmeprüfung an einer Musicalakademie anstreben achte ich natürlich mehr auf stilistische Feinheiten als bei denen, die nur das Stück so schön finden und es halt so gerne mal singen wollen.

Es spielt immer eine Rolle wo die Schülerin einmal hinwill und was sie jetzt umsetzen kann. Ich meine, man sollte keine Probleme provozieren, die man (noch) nicht lösen kann. Klar, man kann jedes Stück ganz klein runterbrechen. Aber andererseits: Warum sollte man? Später muss man es dann am Ende umlernen. Warum denn nicht lieber ein einfacheres Stück nehmen, an dem man sich ausprobieren kann und aus dem sich etwas "mehr" machen lässt?

Ist natürlich was anderes, wenn eine ausgebildete Sängerin sich entschließt "Memory" anders zu interpretieren.
 
Aber Shana, was machst du mit einer Anfängerin, die Pop- und Rockmusik nicht mag, in der Freizeit nur Musicals hört und unbedingt Musicalsongs singen will? Noch dazu eine erwachsene Frau ist? Ich kann ihr das schlecht verbieten (und will das auch gar nicht). Deshalb hat mir auch die Alternative "wir machen ein leises Stück daraus" gefallen - wenn ich sie mit Belting traktieren würde, wäre die Stimme in Nullkommanix hinüber. Und sie will sowieso nur hobbymäßig singen.

Ich weiß, du hast bei Musical strengere Kriterien als ich .... :)
 
Aber es gibt doch auch Musicalstücke für kleinere Stimmen, oder? Sind nur leider nicht die Kracherarien, sondern meist nur Nebenrollen. Man könnte höchstens bei älteren Musicals fündig werden. Die großen, aktuellen Hits aber sind aber leider schon "geschrien", wenn man sie so singt wie sie heute auf der Bühne interpretiert werden.
 
Aber gerade deshalb kann es doch sehr interessant sein, zu experimentieren! So wie es in der Popmusik immer wieder überraschende Covers von Songs gibt, die auf eine völlig andere Weise als das Original interpretiert werden, kann man das doch auch beim Musical probieren - z.B.: was bleibt von einem Song übrig, wenn man das Geschrei und die Theatralik wegläßt? Eine spannende Frage. Muß die Stilistik in Stein gemeißelt sein, besonders wenn keine professionellen Ambitionen vorhanden sind ?
 
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Hmm...

ich denke, ich werde mich dochmal näher mit der "Beschreibung" der Grizbella auseinander setzen müssen. Ein anderer Weg wäre noch der eigene Erfahrungsschatz - gerade wenn ich an frühere Erinnerungen (aus der Kindheit denke) gefällt mir mein Geträllere in der zweigestrichenen Lage sogar nen bissl. :)
 
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Es ist eine Rolle - wie Shana schon sehr richtig anmerkte, ist Musical Musiktheater, die Darsteller müssen nicht nur singen, sondern einen Charakter verkörpern. Damit fängt gleichzeitig die Künstlichkeit an - die durch Bombast kaschiert werden muss, so kommt´s mir jedenfalls oft vor. Grisabella zum Beispiel ist eine alte Katze, die sich wehmütig an ihre längst vergangene Jugend erinnert und deren Gegenwart alles andere als hell ist - eigentlich ist der Song tieftraurig und ich weiß nicht so recht, ob eine 25jährige das wirklich rüberzubringen vermag. Mir fehlt dann halt etwas. Ich mag´s lieber etwas weniger laut (und auch die Stimme läßt im Alter nach, wird brüchiger, insofern passt das dann auch besser), melancholisch, gern auch ein wenig gebrochen.
Schon klar, daß das auf der Musicalbühne nicht geht.
 
Aber gerade deshalb kann es doch sehr interessant sein, zu experimentieren! So wie es in der Popmusik immer wieder überraschende Covers von Songs gibt, die auf eine völlig andere Weise als das Original interpretiert werden, kann man das doch auch beim Musical probieren - z.B.: was bleibt von einem Song übrig, wenn man das Geschrei und die Theatralik wegläßt? Eine spannende Frage. Muß die Stilistik in Stein gemeißelt sein, besonders wenn keine professionellen Ambitionen vorhanden sind ?


Du hast natürlich recht. Kreativität ist mir immer willkommen und es kann sehr spannend sein, wenn man bewusst an Veränderungen und Interpretationen herangeht.

Ich mag es nur nicht, wenn es beliebig wird. Wenn große Songs nur deshalb auf ihr Minimum heruntergebrochen werden, weil die Schülerin einfach noch nicht mehr kann. Dann versuch ich schon darauf hinzuwirken, daß jemand sich besser passende Stücke aussucht. Und das gerade dann, wenn die Aussicht besteht, daß sie in das Stück hineinwachsen kann, sobald sie das entsprechende gesangliche Rüstzeug dafür besser beherrscht.

In dem Fall den du beschreibst würde ich es evtl genau so machen wie du. Die Stücke sind ja auch keine "heiligen Kühe" und ich bin alles andere als eine Dogmatikerin (wie du sicher weißt ;-) )

Die Bezeichnung "Geschrei und Theatralik" empfinde ich jetzt allerdings als recht (ab)wertend ;-) Das ist, wie wenn ich Jazz als "zahnlos" bezeichne, weil mir die Stikistik nicht gefällt ;-)
Es geht in den modernen Musicalsongs nach meinem Empfinden keinesfalls ums Schreien um des Schreiens willen. Viele Stücke haben eine sehr große Dynamik und behandeln auch entsprechend dramatische Gefühlszustände. Man kann sie aus ihrem Kontext herauslösen und anders interpretieren. Dann wäre aber meine Intention, auch damit etwas besonderes, etwas eigenes, etwas neues auszudrücken - und nicht nur das momentane Unvermögen zu kaschieren.

Grizabella ist für mich nicht nur traurig und wehmütig. Sie hadert auch - und hofft zudem auf Wiedergeburt soweit ich mich da richtig entsinne.
 
Ach, das war doch nicht bös gemeint.
Aber manchmal geht es nicht um ein momentanes, sondern um ein dauerhaftes Unvermögen, stilistische Vorgaben zu erfüllen. Und dann muß man schauen, ob man nicht etwas anderes daraus machen kann.

Etwas OT: es gibt einen Internet-Radiosender aus Kolumbien, El Café del Mundo- da wird aus JEDEM Stil Bossanova gemacht. Kaum zu glauben, aber selbst "Smoke on the water" hab ich da schon als Bossa gehört. Hat natürlich mit dem Original nix mehr zu tun. Klingt aber witzig.
 

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