Ich stimme dir teilweise zu und präzisiere meinen Vorschlag: Du kannst die Übung zunächst nur mit der linken Hand spielen, bis sich diese bei langsamen Tempo gut daran gewöhnt hat, die Finger liegen zu lassen und kleine Bewegungen zu machen. Das Tempo sollte in dieser Phase immer gering sein und nicht gesteigert werden, da hier das Ziel ist, die Bewegung zu routinieren und nicht sie schneller umsetzen zu können. Das ist eine Möglichkeit, den Fokus anfangs verstärkt auf das tatsächliche Problem zu legen, nämlich nur auf das Greifen der linken Hand.
Zum Aufwärmen in die Übung würde ich den Weg der Vereinfachung eventuell sogar noch verstärken, indem ich zunächst die Finger auf der E-Saite entsprechent der Spinne greifen lassen würde und dann erstmal nur Zeigefinger zwischen gleichem Bund der A- und E-Saite hin- und herspringen lassen würde; alles ohne anzuschlagen natürlich und in gleichem Schema dann mit den anderen Fingern. Nach diesem kurzen Aufwärmen dann wie zuvor beschrieben und in einiger Zeit, wenn du dir sicher bist, dass es sitzt, mit Anschlag der rechten Hand und Metronom mit behutsamen Schritten der Gechwindigkeitserhöhung.
Der Zweite Punkt von Theo Retisch ist dabei besonders zu berücksichtigen. Die Übung ist so einfacher, aber man weiß nicht, ob man die Saiten auch so greift, dass sie gut klingen, würde man sie anschlagen. Auch das ist ein Grund dafür, diesen Weg besonders langsam anzugehen. Wie auch immer, deine Schwäche ist nicht das unsaubere Greifen und der Faktor daher in meinen Augen weniger zu berücksichtigen.
Es ist natürlich nur ein Vorschlag, du kannst auch wie gehabt vorgehen, daran ist nichts falsch. Trotzdem möchte ich das allgemeine Prinzip zu meinem Vorschlag nochmal kurz erläutern. Die Idee ist, sich die Technikschwierigkeiten anzuschauen, die man bei einer Gitarrenübung, einem Liedteil oder seinem Spiel insgesamt beobachtet. Man versucht nun eine Übung umzusetzen, die einem an aller erster Stelle erlaubt, genau diese Technik zu üben. Um die Effizienz des Trainings genau dieser Technik zu erhöhen, versucht man ferner, alle anderen Faktoren so weit es irgendwie möglich ist auzublenden (z.B. das Anschlagen, wenn die Schwierigkeit nur die linke Hand betrifft). Nach einiger Zeit kann man diesen extremen Ansatz dann lockern und versuchen, die Geschwindigkeit zu erhöhen und/oder das Ganze in musikalischere Kontexte einzubetten, aber eben erst dann.
Ein übertriebenes Beispiel zu deiner Situation: Du stellst das Problem deiner fliegenden Finger fest und entscheidest dich dazu, die Spinne zu üben. Anstatt die Noten mit dem Plektrum anzuschlagen, spielst du sie mit hammer ons, während deine rechte Hand auf deiner zweihälsigen Gitarre triolische Tappingparts spielt, damit die Übung anspruchsvoller und spannender wird. Das wäre ja alles schön und gut, doch würde das eben einen ganz erheblichen Teil deiner Konzentration und Energie auf andere Dinge verbraten, als das, was du ursprünglich los werden wolltest. Ganz offensichtlich ist die klassische Spinne für den erwünschten Effekt die bessere Wahl. Diesem Prinzip folgend halte ich persönlich die Übung zunächst ohne Anschlag für ebenfalls effektiver, um das Problem anzupacken, auch wenn der Konzentrationsaufwand für dererlei Anschlag gering wirken mag.