Bass_Achim schrieb:
Im Klartext heißt das dann , das man aus dem DI Signal eines Bassers , ein gutes Signal für die PA bauen kann und Gitarristen nicht ohne Speaker oder Speaker Simulation leben können ?
... oder befindet sich die gesamte Technik an einem Wendepunkt und wir spielen in weiteren 30 Jahren alle direkt in die PA ?
Ja und ja.
Im Gitarrenbereich tut sich durch AxeFx, Kemper und Co gerade eine Menge, live spielen auch immer mehr Gitarristen ohne Verstärker. Und das dank der aktuellen Technik mit hervorragendem Sound.
Grundsätzlich gibt es für mich 4 Arten einen Bass live abzunehmen:
1. DI-Box zwischen Bass und Amp (eventuell hinter Effektbord)
2. DI-Out vom Amp Pre EQ
3. DI-Out vom Amp Post-EQ
4. Mikro vor die Box
Als Tontechniker richte ich mich da grundsätzlich erst mal nach den Wünschen des Bassisten, die im Idealfall im Vorfeld der Veranstaltung kommuniziert wurde (Rider!). Eine reine Mikroabnahme bei mir unbekannter Band mache ich aber eher ungern. Wie schon erwähnt trifft man leider immer wieder unpassend eingestellte Basssounds. In dem Fall packe ich zusätzlich eine DI-Box zwischen Bass und Amp. Das setzt natürlich voraus, dass ich am Pult 2 Kanäle für den Bass habe, das ist bei kleinen Veranstaltungen natürlich auch nicht immer gegeben.
Als Bassist weiß ich um die Besonderheiten wie Zerreffekte, die bei einer reinen DI-Abnahme zu kurz kommen und versuche, mit dem Bassisten die optimale Lösung zu finden. Natürlich muss der Aufwand bei vielen Bands auch im Rahmen bleiben.
Aber wenn es dann, wie letztens geschehen, Dinge wie Bassamps mit Wackelkontakt am Speaker-Out und schlechte Kabel gibt, dann kommt der Bass auch mal direkt ins Pult und nur über die Monitore. Und auch so kann man spielen, habe ich selber schon gemacht.
Ich könnte jetzt das beliebte Zitat vom Sound und den Fingern bringen. Aus meiner Sicht ist das Wichtigste für einen geilen Live-Bass-Sound der Bassist und sein Bass. Im Studio gilt ja prinzipiell das gleiche.
Wikinger schrieb:
Ist das echt die Vorstellung unter Tontechnikern, dass mit Musikern gar nicht zu reden ist??
Es gibt da aus meiner Erfahrung verschiedene Typen.
Bei den wirklich guten Bands hat man als Tontechniker einen einfachen Job. Deren Sounds sind auf einen fetten Gesamtsound abgestimmt, da muss man wenig drehen und kann sich wirklich aufs Mischen konzentrieren. Der Soundcheck ist kurz, pegeln, Monitoring, Song anspielen, Showtime.
Dann gibt es die Musiker, bei denen kleine Korrekturen an Verstärkerpegel und EQ einem das Leben einfacher machen und die Hinweisen demgegenüber aufgeschlossen sind. Braucht etwas mehr Zeit, ist aber ebenfalls entspannt.
Und dann gibt es leider auch die Musiker, die jeden Hinweis auf Optimierungspotential als Majestätsbeleidigung sehen. Sätze wie "das muss so laut, sonst klingt der Amp nicht", oder "ich brauche den Druck" hat jeder Tontechniker schon gehört. Ich meine, wenn ein Bassist zu einem Jugendhausgig von <100 Leuten ein Vollröhrentop mit 610er Box anschleppt und mir dann erklärt, dass er das Top in die Endstufenzerre fahren muss, um seinen Sound zu erreichen, kann ich mir jeden Aufwand beim Mischen des Basssounds sparen. Und wenn er dann noch die Abnahme der Box per Mikro fordert, weil er sich noch auf dem Monitor braucht und der Amp natürlich keinen DI-Out hat...
Ich verstehe da jeden Tontechniker, der solche Anlagen am liebsten von den (kleinen) Bühnen verbannen würde.
Und meistens betrifft dieses Problem dann alle Musiker der Band. Der Sänger haucht ins Mikro, will sich aber brutal laut auf dem Monitor, die Gitarristen haben Höhen, Bass und Gain auf Anschlag, der Drummer hat Baumstämme statt Sticks und haut damit auf Topfdeckel in Beckenform ein... In so einer Situation ist mal froh, wenn man den Bass ganz einfach per DI ins Pult bekommt und sich schnell mit der Sortierung des restlichen Chaos beschäftigen kann.
So leid es mir als Bassist auch tut, der Basssound hat ganz einfach eine niedrigere Priorität im Gesamtsound. Stimme, Bassdrum, Snare sind bei mir die Kanäle, denen ich erst mal die höchste Aufmerksamkeit widme. Das gilt natürlich nur, wenn die Zeit sehr knapp ist und man Prioritäten setzen muss.
Ein Problem von vielen Bassamps sind auch die EQs. Wenn ein Bassist den Sound per DI-Post-EQ haben will, dann denkt er sich schon was dabei. Dumm nur, wenn der Raum im Bassbereich eine böse Resonanz aufweißt und der EQ des Bassamps keine Möglichkeit bietet, diese schmalbandig zu filtern. An vielen Bassamps findet man ja noch die (aus meiner Sicht) unsäglichen passiven 3-Bands-EQs, die alles möglich machen, aber nicht das, was einem die Regler suggerieren.
Bei meinen Gigs habe ich in der Regel dem FOH nach Absprache ein Post-EQ-DI-Signal gegeben und das hat wunderbar funktioniert. Ich fahre aber auch keinerlei Effekte und stehe auf einen cleanen Sound. Für die Zukunft überlege ich mir sogar, komplett auf InEar umzusteigen und meinen Sound aus meinem Bass und einer Vorstufe zu formen. Bei mir ist es übrigens kein P-Bass mit Flats, sondern eher das Gegenteil (aktiver J-Bass 5-Saiter mit StainlessSteels). Oder ich baue mir eine Box, die im Frequenzbereich des Basses sehr neutral wiedergibt. Da diese dann mindestens 2 Wege hat, ist eine Mikrofonierung auch nicht mehr sinnvoll möglich.