Gerhard Eichberger
Der schlechteste Schüler hat in jeder Hinsicht die größten Probleme und das Schlimmste ist, dass er diese mit Coolness und Witzen überspielt. Er lernt gerade in jeder Lebenslage, wenn es inhaltlich nicht klappt, kann er auf eine neue Ebene gehen und das Leben lehrte mir bereits, dass das manchmal erfolgreicher ist als Inhalte zu bewältigen. Ihr könnt mich jetzt köpfen - es ist natürlich auch provokativ formuliert und nicht zu verallgemeinern, aber es ist auf jeden Fall etwas dran.
Das war bei mir auch so, ich war auch der Klassenclown. (Jetzt nicht bei einem Musikunterricht, aber bei anderen Sachen in der Schule.) Das Überspielen seiner Schwächen mit Coolness und Witz ist aber auch das Einzige, was man machen kann, wenn man es einfach gar nicht zusammenbringt. Das mache ich bei meinem Bandprojekt ja auch.
Die Schüler spielen sowieso nur mit einer Hand, da kann ich nichts reduzieren.
Im Gegenteil. Man muß es sogar. Ein Lehrer hat sich an die Schüler anzupassen, nicht die Schüler an den Lehrer. (Auch wenn das die Professoren in unserem Gymnasium nicht eingesehen haben, was dann zu schlechten Noten für die ganze Klasse geführt hat.)
Schreibe ich ihm zwei Noten auf, grinst er und tut so als wäre er unterfordert oder ist sogar beleidigt.
Das ist eben kein Zeichen von Unterforderung, sondern von Überforderung.
Wahrscheinlich schämt er sich innerlich dafür, mit den anderen nicht mithalten zu können, will das aber nicht zugeben.
Wenn er dann doch mitmacht, kriegt er aber auch die ganze Note nicht unbedingt über vier korrekt gespielte Viertel verteilt. Da fehlen also schon die Basics, die ich ja nun gesondert trainieren will.
Es kommt ja noch dazu, daß es seinen Eltern offenbar nicht wichtig ist, ob er musizieren lernt oder nicht. Was hat er eigentlich selber für eine Meinung zu diesem Thema? Spielt er gerne Akkordeon?
Trotzdem weigere ich mich, wochenlang mit zwei Noten zu hantieren bis auch der letzte kapiert hat. Dazu sind die anderen zu gut. Also musste ein Plan her, der die unterschiedlichen Stände berücksichtigt. Ich glaubte in Rudolf (wie oben beschrieben) das geeignete und motivierende Mittel gefunden zu haben, gab uns auch 3 - 4 Stunden dafür Zeit, neben anderen Liedern - versteht sich.
Aber der Plan ging nicht auf und ich kann auch nicht von Woche zu Woche die Strategie ändern. Ich warte wenigstens zwei Stunden ab, wie sich die Sache entwickelt, denn ich hoffe ja doch insgeheim immer, dass sie sich in der Voraussicht auf ein großes Konzert doch mal zu hause bemühen. Immerhin haben sie sowohl in der Schule als auch zu hause ein Instrument!!!
Aber nichts. Es ist zum verzweifeln.
Mal eine Idee von mir:
Mach' doch mal ein Experiment: Laß' ihn einfach mal was drauflosspielen (also nix vom Blatt oder nach Vorgabe, sondern aus seinem eigenen Kopf), und die anderen Schüler sollen dann mit ihm mitspielen. Mal schauen, was da rauskonmmt. Vielleicht kann er auf diese Art einen Zugang zum Instrument bekommen? (Ich kenne einen Keyboarder, der keine Noten lesen kann und sich das Spielen selber beigebracht hat (der hat das ganz ohne Vorgabe gelernt und benutzt eine ganz andere (selbst erfundene) Handhaltung als üblich - der spielt nur nach dem Gehör. Und ich kenne auch einen blinden Keyboardspieler.)
Ist einfach mal ein unbedarfter Vorschlag von mir.
Gut - das war also ein Fehler. Was in der Stunde nicht funktioniert, wird grundsätzlich nicht klappen. Trotzdem kann ich nicht immer voraus ahnen, was sie packen. Denn manchmal überkommt es einen Schüler von dem ich es vielleicht nicht einmal erwartet hätte und er übt plötzlich allein konzentriert irgend etwas. Manchmal reichen dann nur 15 Minuten und er erreicht das Ziel. Sind diese 15 Minuten Konzentration zu hause zu viel verlangt? Bloss wie erwischt man sie? Das ist eine sehr individuelle und manchmal vom Zufall abhängige Sache.
Hat dieser Schüler vielleicht Konzentrationsschwierigkeiten? (Das kenne ich nämlich recht gut von mir selber.)
Wie macht sich dieser Schüler denn in anderen Unterrichtsfächern?
Ich freue mich und ärgere mich gerade, dass diese Diskussion hier so ausartet, denn in der gleichen Zeit hätte ich bereits mit den Eltern gesprochen - wie Du vorschlägst.
Ganz grundsätzlich sind sie nicht besonders interessiert, er soll nur Spass haben. Und mir persönlich ist die Sache gerade im Jeki Projekt jetzt auch nicht so furchtbar wichtig, dass ich den Eltern und mir eine oder mehrere Nachhilfestunden aus dem Kreuz leiern möchte.
Ich denke auch, daß es wichtig ist, mit den Eltern zu reden. Was war die Motivation dafür, daß dieser Schüler in die Gruppe kam? Oder ist der Akkordeonunterricht im Rahmen eines Pflichtgegenstandes der Schule?
Das Rhythmusgeschäft ist dagegen eine Herzensangelegenheit, die also weit über Jeki hinaus geht. Ich kenne auch Schlagzeugprofis, die in der Probe bei entsprechend anspruchsvollem Drumpart plötzlich nichts mehr zu hören scheinen und einfach wegrennen oder schleppen.
Naja, wenn der Gaul mit einem durchgeht, dann kann das schon passieren.
Kann aber auch am jeweiligen Lied liegen. So habe ich mal in einem Probekeller einen Schlagzeuger erlebt, der bei einer bestimmten Stelle in einem bestimmten Lied (eine Eigenkomposition dieser Band) immer schneller geworden ist. Allerdings lud diese Stelle tatsächlich dazu ein - ich weiß nicht, wie ich das beschreiben soll.
Anfangs ist das sicher wie eine Abenteuereise ins Ungewisse, später entdeckt man aber Wiederkehrendes und es wird routinierter.
Ich finde nichts langweiliger als 2 Jahre lang 5 Töne im C Dur Raum spielen zu lassen.
Natürlich soll man eine Nummer nicht totüben.
Ich würde jeden Teil in jeder Unterrichtsstunde zwei, dreimal drannehmen und dann gleich den nächsten Teil und erst, wenn auf die Art eine gewisse Anzahl Teile durch sind, wieder von vorne anfangen. Da hat man eine größere Abwechslung, und es wird nicht fad. (Das ist nämlich auch ein Knackpunkt, daß den Schülern fad werden kann. Wenn die Motivation weg ist und die Schüler nur mehr frustriert sind, dann ist das nicht förderlich.)
Wenn man mir jetzt vorwirft, dass ich überhaupt keine Methode hätte und als Lehrer untragbar bin ... bitte ... ich hätte keine Einwände. Mit vielen funktioniert das nämlich gut, mit einigen aber auch nicht.
Es ist ja nicht jeder gleich. Jeder Mensch ist anders und lernt anders.
Aber ich investiere dann doch lieber in Nachhilfestunden, reduziere ganz allgemein das Niveau oder versuche das schwarze Schaf los zu werden, denn die Rhythmusprobleme resultieren tatsächlich hauptsächlich aus mangelnder Beherrschung des Stoffs und/oder des Instruments.
Resultieren die Rhythmusprobleme aus der mangelnden Beherrschung des Instruments ("verflixt, wo ist denn jetzt das G?") oder hat der Schüler wirklich Probleme mit dem Rhythmusgefühl (wie ich das habe?
Einen schlechten Schüler aus der Klasse zu entfernen (durch Sitzenbleiben oder Rausschmeißen, beides ist mir passiert), halte ich für keine gute Lösung, weil es den Schüler nur noch mehr frustriert. Außerdem: Wie soll der denn das Arbeiten mit einer Gruppe lernen, wenn er daraus entfernt wird (wie das bei mir gemacht worden ist)?
Also die Jeki Leute spielen Tastenakkordeon. Derjenige, der also den Anfangston nicht kennt, könnte durchaus eine Markierung setzen. Aber warum kann er sich nicht die zig mal wiederholte Erklärung merken, dass C oberhalb des zwei-schwarze-Tasten-Blocks ist? Die anderen merken sich das durchaus.
Als ich noch Akkordeon geübt habe, habe ich mir das auch nie gemerkt. Beim Baß ist zum Glück das C vertieft und somit zu erspüren. Und auf der Violinseite habe ich mir damit beholfen, daß ich mir die Namen der Noten einfach auf Selbstklebeetiketten geschrieben und die auf die Klaviatur geklebt habe. Da habe ich dann immer nachgeschaut.
Schwieriger war für mich allerdings das Notenlesen - ich mußte am Notenblatt immer von C unter dem Violinschlüssel zählen, weil ich mir bis heute nicht gemerkt habe, auf welcher Notenlinie welche Note sitzt. Klar, daß man da nicht vom Rhythmus reden kann:
- Herausfinden, welcher Ton, die erste Note ist.
- Die Note spielen.
- Am Blatt abzählen und herausfinden, welcher Ton der nächste ist.
- Die Note spielen.
und so weiter.
Man kann dann zwar vielleicht noch die Noten in der richtigen Länge spielen (
das habe ich mir wenigstens gemerkt), aber es gibt halt Zwangspausen, bis ich die nächste Note gelesen habe. War sehr frustrierend. (Und auch der Umstand, daß ich die kleinen Finger nicht unabhängig von den anderen Fingern bewegen kann.) Das war mit ein Grund, warum ich dann wieder mit dem Akkordeon-Üben aufgehört habe.
Das klappt schon - trotzdem ist er nicht so doof. Er merkt schon, dass er auf's Abstellgleis geschoben wird. Vermutlich hört er spätestens nach dem Schuljahr auf. Was dann ja auch in Ordnung ist...
Ist es auch für ihn in Ordnung?
Ist er gerne in der Gruppe?
Spielt er gerne Akkordeon oder haben ihn seine Eltern dazu überredet?
Die Akkordbegleitung mit der linken Hand habe ich auch bereits in Angriff genommen. Leider ist er derjenige, der 3 Minuten braucht, um den C-Knopf zu finden. Helfe ich jedes mal beim suchen, wird es nicht besser. Helfe ich nicht, müssen wir lange warten oder schon vorne weg spielen, wobei er sich wirklich ungerecht behandelt fühlt und vielleicht zwischendurch auf die Idee kommt aufs Kloo zu gehen - ein Angebot, das ich manchmal fast dankbar annehmen möchte ;-)
Also, das C ist bei meinem Akkordeon auf der Klaviatur einfach zu finden, weil es die zweite weiße Taste von oben ist. Dennoch habe ich mir die Noten anfangs mit Filzstift draufgeschrieben (das ist aber immer verwischt), bis ich auf die Idee mit den Etiketten gekommen bin. (Und es ist natürlich mein Akkordeon.)
Die meisten Anfänger spielen zuerst Tastenakkordeon. Dein Farbspiel könnte man also ausprobieren.
Ohne Noten und nur Wege lernen --- das ist im Grunde genau so möglich. Und wenn ich dem Schüler auf seiner eigenen Tastatur in kleinen Abschnitten und in Zeitlupe vorspiele, hat das ja praktisch den gleichen Effekt. Er sieht und misst die Abstände mit den Augen und an Markierungen wie schwarzen Tasten oder ähnlichem. Dann probiert er selbst, wird korrigiert usw.
Klar. Das mache ich auch so. Aber wie lange darf man das so tun?
Im Lehrheft, das beim Akkordeon dabei war, wird zuerst nur mit dem Baß begonnen. Später dann mit der Klaviatur und dann mit beiden zusammen. (Einen Akkordeonlehrer hatte ich nie.)
Ich sehe das als eine Methode von vielen, welche das ganze Leben lang funktioniert. Warum also überhaupt Noten? Warum nach Gehör spielen?
Ich kenne Musiker, die lieber nach einer Pianowalze spielen. Das bestätigt eigentlich meinen höchst individuellen Ansatz beim Lehren.
Wie gesagt, kenne ich viele Musiker, die nicht nach den herkömmlichen Noten (also nach der Notenschrift) Lieder einüben, sondern nach dem Gehör. Oder sie benutzen eine moderne Form, wo einfach die Noten nur aufgeschrieben werden, also nur Buchstaben mit Vorzeichen. (Ich habe auch ein Notenbuch von AC/DC in dieser Art Notierung.)
Im Idealfall durchdringen sich die Medien.
?
Den Satz verstehe ich nicht.
Das Ganze ist, bitteschön, nur meine unbedarfte Ansicht. Ich bin weder ein Lehrer noch ein guter Sänger.
Gerhard