Müssen Konzert-Gitarren eigentlich eingespielt werden, damit sie gut klingen ?

  • Ersteller zahneissen
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Meine Erfahrung mit einer Klein, Koblenz, (Modell G6) aus dem Jahr 1968, die mehr als 20 Jahre im Koffer lag, herausgenommen und neu besaitet (Hannabach Medium-Spannung) und dann gespielt wurde: tot !!! Drei Tage Wiederbelebung durch intensives Spiel: lebt wieder!! Nach drei Wochen: Klingt herrlich! Das Holz hatte ja insgesamt mehr als 60 Jahre Zeit zu reifen, und das tut dem Instrument gut. Noch eine Erfahrung: Lautenisten brauchen mal für ein Repertoire eine Barocklaute, dann liegt die Renaissancelaute mal ein Jahr im Kasten, oder umgekehrt, auf jeden Fall braucht eine Laute ein paar Tage, bis sie nach längerer Ruhezeit wieder "kommt". Es gibt sogar Lautenisten, die spielen die Instrumente mit rasgueado wieder "wach", was bei solch zarten Instrumenten schon strange ist. Aber es wirkt. Neulich sprach ich mit einem alten Gitarrenmacher, der mir vor Jahrzehnten mal warnend gesagt hatte: "Gitarren werden mit dem Alter nicht besser". Ich fragte ihn, ob er immer noch zu seiner Aussage steht. Er schüttelte weise sein Haupt und meinte: "Ich glaube inzwischen, es ist bei den Gitarren wie bei den Geigen". Er führt es auf subtile Veränderungen des Holzes durch Lagerung und Schwingungen zurück. Geigenbauer wissen ohnehin, dass für eine perfekt klingende Decke die Fichte in einer kalten Winternacht bei Neumond geschlagen werden muss usw. :) Aber im Ernst: Lange im Koffer liegende klassische Gitarren müssen "wachgeküsst" werden.
 
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Aber im Ernst: Lange im Koffer liegende klassische Gitarren müssen "wachgeküsst" werden.

Es sei denn sie sind schon gestorben... :D Deshalb ist das Verkaufsargument "Wie neu, wurde vier Jahre nicht gespielt" für mich immer ein Argument GEGEN einen Kauf.
 
Es sei denn sie sind schon gestorben... :D Deshalb ist das Verkaufsargument "Wie neu, wurde vier Jahre nicht gespielt" für mich immer ein Argument GEGEN einen Kauf.

Umso besser für mich. Du treibst die Preise runter und ich mach den Schnapp.
Einspielen.... brrrr.
 
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Ich habe eine Yamaha CS40 mit einem Griffbrett aus Palisander :D
Als Einstiegsgitarre gefällt sie mir sehr gut!
Was ich nur zu bemängeln habe, ist das ich ziemlich häufig nachstimmen muss.
Aber ich denke das legt sich mit der Zeit.
Liegt das eigentlich daran das sie mit 140€ zu den günstigen Gitarren gehört?
ODER einfach weil es ein neues Instrument(3 Monate alt) ist?

Gruß Rington
 
Das liegt entweder daran, dass du neue Saiten aufgezogen hast, oder dass die Mechaniken nicht viel taugen. Bei 140 € ist das doch sehr wahrscheinlich. Aber was heißt "ziemlich häufig" genau?
 
Also erstmal ist es ein lange kolportiertes aber dennoch nicht zutreffendes Geruecht, dass Mechaniken sich von allein verstellen. Das tun sie mitnichten. Auch nicht mitcousinen oder mitneffen. Das tun sie gar nicht, denn es sind Schneckengetriebe und keine Macht der Welt wird ein Schneckengetriebe am Schneckenrad drehen koennen. Schlechte Mechaniken haben Spiel in den Flanken und/oder laufen ungleichmaessig, was zu Schwierigkeiten beim Stimmen fuehrt. Aber wenn sich die optimal gestimmte Gitarre verstimmt, so liegt das entweder (wie meist) an den Saiten oder an der Art, wie die an der Mechanik und am Saitenhalter befestigt sind oder am Instrument, das unter der Saitenzug arbeitet.
Zweitens sind Nylonsaiten notorisch dafuer bekannt, sich schnell zu verstimmen. Ein alter Konzertgitarrenwitz geht so: Wann weiss ich, das meine Saiten heruntergespielt sind und ich sie wechseln muss? - Wenn sie anfangen die Stimmung zu halten.

Also: nachstimmen ist normal. Mit der Zeit wirst Du auch lernen, die Saiten so aufzuziehen, dass sie sich wenig(er) verstimmen. Und schlecht ist was anderes. Die Yamahas sind ganz ordentliche Instrumente.
 
(...)und keine Macht der Welt wird ein Schneckengetriebe am Schneckenrad drehen koennen.
So pauschal stimmt das nicht. Hängt ab vom Steigungswinkel der Schnecke, der Gangzahl und der Übersetzung. Es gibt durchaus Schneckengetriebe die -gewollt- nicht selbsthemmend ausgeführt sind. Nur der Genauigkeit wegen.
 
Ja, richtig. Aber die Bauweise, die in Gitarrenmechaniken verwendet wird ist selbstsperrend. Ich denke, wir müssen hier kein MaschBau-Seminar abhalten und als einfache Erklärung reicht es.
 
Also, ganz allgemein sehe ich das so: Holz arbeitet immer, egal ob gespielt oder ungespielt, und nicht immer zum besten. Nur ist dieser Effekt nicht so stark, dass eine schlecht klingende Gitarre dann plötzlich gut wird, das hat ja nicht nur mit dem Holz zu tun. Oder mit der Gitarre, auch die Umgebung, also Temperatur, Luftfeuchte u.A. abhängig. "Besser" im Sinne von "merkbarer Unterschied" wird eine Gitarre über die Jahre aber eher nicht.
Ich habe vorvorletzte Woche die wirklich uralte Westerngitarre meiner Oma in die Hand gedrückt bekommen, wurde bestimmt 20 Jahre nicht gespielt, die Gitarre ist weit über 80 (bestätigt), wahrscheinlich eher 100+ Jahre alt.
Habe mich ab da an intensiv mit der Gitarre beshäftigt, ich meine, wann hat man schon mal die Möglichkeit, eine Klampfe zu spielen, die älter als seine Großeltern ist?
Seitdem hat sich der Klang von ~klar, aber bassig~ zu ~etwas klarer und genauso bassig~ verändert. Dieses "Aufwecken" ist mir dabei schon aufgefallen, d.h., dass der Klang sich proportional zu der Spielzeit verändert hat. Meine andere Konzertklampfe hat sich über die Jahre eher wenig geändert.

~MCZ
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Damit wir hier nicht auf Vermutungen und Gefühle angewiesen sind, zitiere ich mal die Erkenntnisse aus meinem Beitrag im E-Gitarren-Unterforum.

"Mechanical measurements show noticeable differences between the two violins built from the same wood samples. Although the frequency envelopes are similar, there are differences in detail. Nevertheless, rankings of the instruments by experienced playing and listening panels showed no statistically significant differences in the finished instruments. This implies that measured changes in mechanical properties alone are not enough to suggest that an instrument has ‘improved.’ Three years after they were finished, with one instrument having been played and the other having been kept in museum conditions, the results still showed no statistically significant differences.This suggests that the effects of playing are small after only 3 years. Three years is not considered a long time for an instrument of which there are examples still being played after hundreds of years. The investigators hope that this study will continue with this pair of instruments, for a time comparable with the age of these older violins."

An der australischen Universität von New South Wales in Sidney untersucht Ra Inta in einer Langzeitstudie die These, dass sich Spielen, Alterung und Umwelteinflüsse auf den Klang von Geigen auswirken.
Zwei von einem Geigenbauer gebaute baugleiche Violinen werden in einem Langzeitversuch getestet. Die eine Geige gehört einem professionellen Violinisten und wird regelmässig gespielt, die andere wird im Museum aufbewahrt. Die Geigen wurden vermessen und getestet. Nach drei Jahren wurde dies als erstes (Zwischen-) Ergebnis vorgestellt. Man darf also annehmen, dass solche Effekte auch bei Gitarren eher psychologischer oder spieltechnischer Natur sind und auf die Person hinter der Gitarre zurückgeführt werden können. ;)

Die wichtigsten Sätze in meiner Übersetzung:
"... keine statistisch bedeutsamen Unterschiede ... . Das bedeutet, die gemessenen Veränderungen bei mechanischen Eigenschaften reichen nicht aus, um nahezulegen, dass sich ein Instrument "verbessert" hat. ... Dies deutet an, dass die Spieleffekte klein sind nach nur drei Jahren."
 
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Dem kann ich beipflichten. Der Spieler spielt sich auf die Gitarre ein, nicht andersrum.
 
Ich habe eine Yamaha CS40 mit einem Griffbrett aus Palisander :D
Als Einstiegsgitarre gefällt sie mir sehr gut!
Was ich nur zu bemängeln habe, ist das ich ziemlich häufig nachstimmen muss.
Aber ich denke das legt sich mit der Zeit.
Liegt das eigentlich daran das sie mit 140€ zu den günstigen Gitarren gehört?
ODER einfach weil es ein neues Instrument(3 Monate alt) ist?

Gruß Rington

Nylonsaiten müssen ständig nachgestimmt werden. Wenn Du den Eindruck hast, dass sie tagelang die Stimmung halten, ist es eigentlich schon Zeit, einen neuen Satz aufzuziehen. Nylonsaiten lassen nach einer Weile (hängt von der Spielintensität, Handschweiß, Umweltbedingungen, Marke usw. ab) in ihrer Materialgüte und folglich auch in ihrem Schwingungsverhalten nach. Einige Konzertgitarristen wechseln deshalb konsequent einige Tage vor dem nächsten Auftritt die Saiten. Andersherum gibt es manche, die lassen den Satz wegen der Stimmstabilität so lange wie möglich auf dem Instrument und nehmen dafür Abstriche in der Tonqualität in Kauf. Es ist also keine Show, wenn Konzertgitarristen oder Flamencistas zwischen zwei Stücken nachstimmen.
 
(hallo Dumbledore, gibt es das Zahnrad, was ein Schneckengetriebe antreibt, irgendwo im Netz zu sehen. sehr gerne würde ich mir dies anschauen. danke!)
Zum eigentlichen Thema:

Zeder hat wenig Harz. Aus diesem Grund müssen Zederndecken nicht in der Intensität eingespielt werden wie Fichtendecken. Harz ist ja, wie z.B. Glas, eigentlich flüssig. Sehr selten gibt es noch über 100 Jahre alte Glasscheiben in alten Häusern. Man kann sie an den unebenen Oberflächen erkennen. Wenn man eine solche Scheibe untersucht, dann ist sie im unteren Teil deutlich dicker als im oberen. Das Glas fließt, sehr langsam, und das ist mit Harz nicht anders.
Der kundige Instrumentenbauer wendet sein Holz deshalb während der jahrelangen Trocknung hin und wieder.
Ein Instrument wird Jahrelang nicht bewegt. Das Harz in den Zellen folgt der Schwerkraft. In Schwingungen versetzt verteilt es sich langsam wieder in den Zellen und sorgt für mikroskopisch veränderte Masseverhältnisse, welche wiederum für das Schwingungsverhalten durchaus Veränderungen mit sich bringen.
Einspielen macht Sinn.
 
Das mit den Glasscheiben ist ein nicht tot zu kriegender Mythos. Glas in alten Zeiten wurde anders hergestellt. Nicht im horizontalen endlosen Massenverfahren wie heute sondern eher jede Scheibe einzeln, schwimmend auf Quecksilber. Da, wo man die Scheiben aus der giftigen Pampe gehoben hat, gab es diese runden Butzen, die man heute noch in alten Scheiben sehen kann. Die hat man - weil Glas teuer war - nicht weggeschmissen, sondern halt billiger verkauft. Damals hat man bewusst das dicke Ende unten eingesetzt. Ich habe auch schon alte Fenster gesehen, wo der Lehrling mal nicht aufgepasst hat und das dicke Ende war oben. Oder war das lokale Antigravitation?
Aber auch andere Mythen sind nicht tot zu kriegen.
Das Einspielen, zum Beispiel.
Komisch, dass sich da nur bei den Gitarristen haelt. Ich habe noch keinen Pianisten davon reden hoeren, dass er sein Piano Jahrzehntelang in unterschiedlichen Lagen einspielen muss... Und ja, ein Piano ist ein Saiteninstrument.
Aber da kann ich noch so reden wie zum toten Pferd, der Mythos ist nicht aus den Koepfen zu kriegen...
 
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... Harz ist ja, wie z.B. Glas, eigentlich flüssig. ...

Warum haben moderne Glasfassadenbauer noch nie von dem Problem gehört? - Die Antwort liegt tatsächlich beim Produktionsverfahren.

... Einspielen macht Sinn. ...

Ich glaube ja vieles, aber nur wenn es naturwissenschaftliche Beweise dafür gibt! Könntest Du bitte die Belege für Deine Thesen vorlegen?

Wenn ich zehn oder fünfzehn Jahre lang dasselbe Auto gefahren bin und lege ich mir dann ein neues zu, habe ich ein paar Tage - eher Wochen - Probleme, mich darin zurecht zu finden. Ich habe kein Gefühl dafür, wo die Schalter sitzen und wie das Auto auf Befehle reagiert. Gerade bei Fahrten in der Nacht würde ich lieber mit dem gewohnten Auto fahren, weil ich womöglich irgendeinen Hebel nicht finde.
Nach einiger Zeit, wenn ich mich daran gewöhnt habe, macht mir das keine Probleme mehr. Habe ich das Auto jetzt eingefahren und die Eisenmoleküle der Karosserie haben sich abgesetzt, so dass es sich besser fährt oder ist es nur eine Frage der Gewohnheit? Ist das bei Gitarren anders? :gruebel:
 
(hallo Dumbledore, gibt es das Zahnrad, was ein Schneckengetriebe antreibt, irgendwo im Netz zu sehen. sehr gerne würde ich mir dies anschauen. danke!)
Sag mal ... ich habe geschrieben dass Schneckengetriebe nicht zwingend selbsthemmend ausgeführt sein müssen.
Von "verkehrtem" Antrieb habe ich nix geschrieben, oder kannst du mich dahingehend zitieren?
Lies erstmal ordentlich bevor du hier rumnölst.
Hier z.B. (eigentlich bei jedem Getriebebauer) kannst du Getriebe mit oder ohne Selbsthemmung ordern: http://www.directindustry.de/prod/bierens-machinefabrieken/schneckengetriebe-120149-1316335.html
 
Eine Gitarre ist keine Violine und ein Instrument aus Holz verändert sich mit der Zeit. Fichtendecken entwickeln ihr ganzes Klangspektrum erst nach einer gewissen Zeit. Das hat nichs damit zu tun das ein Spieler sich auf das Instrument einspielen muss. Bei Zederndecken ist es nicht so arg. Da kannst du bereits von Anfang an sehr gut einschätzen was du die nächsten ca. 30 Jahre hast. Das können dir viele Leute aus direkter Erfahrung bestätigen...

Ich habe diverse Gitarren und dabei befindet sich auch eine vollmassive Steelstring mit Fichtendecke. Wenn ich diese Gitarre, nach nunmehr 6 Jahren in meinem Besitz, nach einer möglichen längeren Pause auf dem Instrument wieder vornehme, dann braucht sie auch wieder etwas um richtig zu klingen. Das merke ich sofort und nach einer guten halben Stunnde ist sie wieder voll da. Vollmassive Instrumente brauchen zudem länger als Gitarren mit massiver Decke und gesperrten Korpus....
 
auf der anderen Seite kann sich allerdings niemand von einer 'Gewöhnung' an Klang freisprechen
gerade die Höhen einer Fichtendecke bieten durchaus ein gewisses 'Aggressionspotential'
oder hat dass schon mal jemand mit dem Spektrum Analyzer direkt verglichen ?
(die Frage ist keineswegs ironisch gemeint)

cheers, Tom
 
Lieber UnpluggedErrors:
Niemand wird das Altern des Holzes in Abrede stellen.
Aber das "einspielen" ist - in wissenschaftlichen Doppelblindtests - als Mythos entlarvt worden.
Falls Du es mir nicht glaubst, dann nimm Deine Gitarre und ein gutes Aufnahmegeraet wie den Zoom H2 und nimm einfache Dreiklaenge auf. Dann drehe die Gitarre um, so dass Du mit der anderen Hand greifst. Spiele die gleichen Dreiklaenge nochmal. Klingt das anders als "richtig" herum? Warum? Weil sich die Gitarre erst auf die andere Haltung einspielen muss, oder weil sich der Spieler auf das veraenderte Spielerlebnis einstellen muss?
 
Naja nachdem wir wissen, das selbst pharmauzeutische, und medizinische wisschaftliche Tests mit allen gegensätzlichen Ergebnissen möglich sind, würde mich das Argument nur überzeugen, man alle Parameter des Tests kennt.
Fast alle Tests dieser Art verstossen schon gegen Hauptkriterien:
Validität
Realiabilität
Objektivität
Welche Normierung liegt den Testaussagen zugrunde, wie schaut es mit der inneren Konsistenz aus etc. Was dann überbleibt ist meist halt nur eine nette Testandordnung von irgendwelchen Redakteuren etc.,eben Ohne Anspruch an Wissenschaftlichkeit.

Viel wichtiger aber ist, dass feine Unterschiede immer in den Bereich des subjektiven Erlebens gehen. Wie kann man da eine objektive Aussage treffen? Wie schwierig das ganze Thema subjektiver Wahrnehmung ist, sieht man doch an Placebo Medikamenten, die Wirkung ist objektiv bewiesen. In diesem Fall gibt es tatsächlich viele Tests die die Wirkung bestätigen.
Also völlig egal ob man sich selber auf ein Instrument einspielt, oder ob sich das Holz verändert, es gibt viele die nach dem einspielen ihr Instrument mehr schätzen.

ALso wer an einspielen glaubt, der wird es auch hören.
 

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