Sascha Leib
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Hallo Lakter,Bin gespannt was ihr zu erzählen habt und was ihr von der Idee haltet
da ich schon mal Erfahrungen mit Importen aus China hatte - wenn auch nicht "Custom shop", sondern eher mit Serienprodukten über Ali bestellt - wollte ich auch mal noch meinen Senf dazu geben
Es gibt in Fernost (China, Korea, Malaisia...) jede Menge Instrumentenfabriken mit jedem nur denkbaren Level an Erfahrungen und Können: das reicht von enthusiastischen Dilletanten bis zu OEM-Herstellern, die für die Großen der Branche Einzelteile oder auch ganze Gitarren fertigen und "nebenher" noch ein paar Teile extra durchlaufen lassen, um sie direkt zu verhökern.
Leider kann man es den Läden aus der Ferne nicht ansehen, mit was man es zu tun hat, so dass man immer ein gewisses Risiko mit einplanen muß. Allerdings sind die Preise dann oft (nicht immer!) auch so, dass sich das durchaus lohnen kann.
Was mich immer wieder beeindruckt ist die Geschäftstüchtigkeit der Chinesen. Da gilt: nichts ist unmöglich. Und für einen (kleinen) Aufpreis machen die dir sicher auch ein Einzelstück - du musst also nicht unbedingt ein halbes Dutzend bestellen.
Denk auch daran, dass die Qualitätssicherung, die Fender, Gibson, etc. (bzw. eher Squier, Epiphone, etc.) an ihren Fernost-Importen machen, hier eben deine Aufgabe sein wird. Bünde begradigen, Steg feintunen, evtl. auch mal den Hals ausrichten... das solltest Du schon selber hinbekommen, ansonsten darfst Du wahrscheinlich nochmal das gleiche, was Du für die Gitarre bezahlt hast für einen Gitarrenbauer ausgeben, der diese Arbeiten für dich macht. Und ich sage Dir schon vorweg: der macht so was nicht gerne...
Für den Zoll gibt es noch eines zu beachten: Die generelle Form einer Gitarre ist nicht urheberrechtlich geschützt (sehr zum Bedauern von Fender, Gibson und PRS, die trotzdem immer mal wieder versuchen, andere Hersteller zu verklagen). D.h. man kann problemlos einen Strat- oder Tele-Nachbau importieren, ohne das der Zoll das Teil herauszieht.
Anders sieht es mit den Logos der Hersteller aus. Wenn auf der Gitarre das Gibson-Logo prangt und es ersichtlich ist, dass dies nicht von Gibson authorisiert wurde (bei Importen aus Fernost unwahrscheinlich), bekommst Du im besten Fall anstelle des Paketes nur einen Brief von Hauptzollamt, dass die Sendung eingezogen wurde; im schlimmsten Fall kommt ein Brief von der Staatsanwaltschaft über die Einleitung eines Strafverfahrens. Nicht gut!
Letzterer Fall kann insbesondere eintreten, wenn das Zollamt den Eindruck hat, dass du "in gewerblichem Umfang" Raubkopien importierst. Bei 6 Exemplaren dürfte das bereits der Fall sein. Ein Grund mehr, auf ein Einzelstück zu bestehen.
Letztlich muss man allerdings sagen: man bekommt auch in China was man bezahlt. Eine 200-Euro Gitarre aus Fernost ist eher vergleichbar mit einer, sagen wir mal 300-Euro Klampfe wie man sie bei {$Musikalienladen} mit ein wenig Verhandlungsgeschick auch für 250,- bekommen kann. Dann mit weniger Risiko und der Möglichkeit, sie dem Verkäufer um die Ohren zu hauen, falls man Schrott bekommen hat.
Andererseits bekommt man so vielleicht eine Gitarre, die genau die Features hat, die man unbedingt haben will. Ohne die oft irrsinnige "Custom Shop" Prämie.
Vorteile hat man vor allem da, wo die üblichen Hersteller absurde Aufschläge für Prädikate wie "Premium", "Custom Shop" oder "Limited Run" verlangen. Das hat den schönen Nebeneffekt, dass man auch mal sehen kann, wie die Margen in dem Bereich tatsächlich so aussehen. So kostet z.B. ein sehr aufwändiges Griffbrett mit wirklich wunderschönen Intarsienarbeiten bei einem gewissen Chinesen gerade mal ca. 100 Euro Aufschlag (was für den Chinesen, der das gemacht hat, sicher viel Geld ist) - eine vergleichbare Gitarre eines amerikanischen Herstellers bekommt man aber nur für hohe 5-stellige Beträge, und die lassen das sicher auch in China fertigen.
Also zusammengefasst: Direkteinkauf in Fernost hat ein Risiko, aber kann sich auch lohnen. Man sollte schon wissen, wie man die Gitarre einstellt - und kauft bloß nix, wo ein Herstellerlogo drauf ist.
Viele Grüße
/sascha