M1, JV-80 und Co.: Zeitlos oder Altbacken?

  • Ersteller Tolayon
  • Erstellt am
In meinem alten JV-1000 gibt es zwei Patches namens "Von Greece" sowie "Big and Beefy", das sind jeweils drei bis vier Sägezähne, die gegeneinander verstimmt im Panorama umherschwirren und im positiven Sinne herumeiern.

Alle Versuche, diese Patches im Korg M3 nachzuprogrammieren führten bislang bestenfalls zu halbgaren Ergebnissen, und das liegt noch nicht einmal an der Program-Architektur, deren Schwachpunkte sich im Combi-Modus leicht ausgleichen lassen.
Nein, die Korg-Sägezähne sind für dieses schwirrende, sirrende Klangerlebnis beim Roland einfach zu hart. Man kann sie zwar filtern und mit Hüllkurven glattbügeln, aber dann werden sie schnell stumpf und lasch (wobei das Bandpassfilter schon ein guter Ansatz ist, um die wirklich stark sägenzen Zähne in Zaum zu halten).

Anhand dieses Beispiels lässt sich meiner Meinung nach gut zeigen, dass Sägezahn eben nicht gleich Sägezahn ist.
Schon die alten Analog-Synths hatten da je nach Model und Hersteller unterschiedliche Charakteristiken, ja sogar zwei Exemplare desselben Modells konnten leicht verschieden klingen. Bei digitalen Varianten kommt es darauf an, welches Original man wie sampelt/ nachbearbeitet/ speichert und wie dann wiederum die DA-Wandler im Rompler beschaffen sind. Auch modellierte Sägezähne (und natürlich andere Wellenformen) sind je nach Algorithmus unterschiedlich.
 
finde diese Beiträge sehr intressant --- wir hatten ja vor so ca. 20 Jahren auch den M1 von Korg in der band --- die band und den Synth gibts schon lang nicht mehr --daher hab ich mir die Legacy Collection für den PC vor ein paar Monaten gekauft ........... und find diese wirklich sehr gut ......... voralem die Filter bei der M1
 
Der Sound alleine ist nicht alles. Damals haben die Hersteller deutlich bessere und stabilere Hardware und vor allem bessere Tastaturen verbaut als heute in der gleichen Preisklasse. Es hätte sich keiner gewagt, in der Preisklasse eines Korg M50-61 so ein mieses Brett zu verbauen, das gabs höchstens bei den Billigteilen.

Eine andere Sache ist die Zuverlässigkeit bzw ausgereiftheit. Die Firmware der Geräte, über die wir hier sprechen, befindet sich fast ausnahmslos in ROM- oder EPROM-Bausteinen, sprich: es gab eine größere Sorgfalt herstellerseits beim Erstellen der Firmware. Nicht nur die Maskenerstellung für ein ROM (da ist das Programm sozusagen bei der Produktion fest drin verbacken) war teuer, sondern die Herstellung eines ROM lohnte erst ab einer gewissen Stückzahl. Ein Firmwareupdate mußte also durch Chiptausch geschehen, also eher selten durch den Kunden selbst.

Heute ist alles Flashrom, es muß am besten noch gestern fertig sein und wozu denn fertig entwickeln, hauptsache die Grundfunktionen gehen und ansonsten wird eben ein Update nachgeschoben. Der Begriff der Bananenware ist da nicht Fehl am Platze. Genau diese Updatebarkeit durch den Kunden hat zu weniger Sorgfalt bei der Firmwareentwicklung geführt.

Und einige dieser damaligen Geräte hatten trotzdem einen auch heute noch eigenständigen Sound, der nicht zuletzt auch durch die damaligen Einschränkungen bedingt war. Mag ja sein, daß man die Sounds aus den Rolandschen ROMplern von damals heute mühelos mit Anderen nachbauen kann, das spricht aber eben auch dafür, daß an denen eh nix Besonderes dran war (meiner Ansicht nach jedenfalls). Die Sounds der ganzen Ensoniq-Kisten oder einer Wavestation dagegen sind nicht so einfach nachzubauen, und gesamplete FM-Pianos zB klingen einfach besch****.

Auch wenn ich die Dinger nicht leiden kann, so sind zB so Geräte wie ein XP-80 einfach durch ihre Mischung aus Zuverlässigkeit, robuste Bauart, Bedienung, Erweiterbarkeit und Brot/Butter-Sounds auch heute noch alles Andere als altes Eisen. Ich sehe die Teile nach wie vor noch auf nicht wenigen Bühnen, vor allem bei den Leuten aus der Singer/Songwriter-Ecke.

Für den Vorgänger JV-1000 gilt das ebenfalls und noch mehr bei dessen Bedienung, da der noch den Sequenzer mit eigenen Bedienelementen plus Display eingebaut hat.

Als neulich hier einer fragte, weil er den XP-80 ersetzen wollte, hab nicht nur ich ihm davon abgeraten, aus gutem Grund.

Wenn jemand mit wenig Budget anfangen möchte, kann er sich was Billiges Neues holen oder auch was gutes Gebrauchtes aus den 90ern, da gibt's oft einfach mehr fürs wenige Geld. Ein SY85 für nichtmal 200€ oder auch ein Kawai K4 für oft nichtmal 100€ ist da unschlagbar, wenn man mit den Kompromissen der Gegebenheiten leben kann. Was teureres aktuelles mag bei den Samples oder Effekten besser sein, aber nicht unbedingt bei Haptik, Tastatur und Bedienung. Man vergleiche nur mal die Tastaturen vom K4 und vom Juno G/Di, da liegen schon ein paar Welten dazwischen. Und wenn man bissl bastelt, kann man mit den Cyclic-Wellenformen und dem resonanzfähigen, sehr gut klingenden Filter des K4 auch heute noch nette Sachen bauen.
Geräte wie SY77 und 99 sind zB bis heute noch nicht voll ausgereizt, von VAST mal ganz zu schweigen. Da gibt's andere ROMPlesizer, die hatte man in zwei Wochen einmal komplett durchgemööpt.

Ich selbst hab mir nach zu langer Pause wieder einen richtigen DX7II hingestellt und hätte mir beinahe auch wieder einen Ensoniq SQ-R gekauft, wäre ich nicht auf den Kurzweil PC361 gestoßen (vor allem dank der Kollegen hier im Forum), der mir den Ensoniq ziemlich gut ersetzen kann.

Was den Liveeinsatz angeht, so würde ich heute keinen der großen Ensoniqs wie EPS16plus, ASR, TS, VFX/SD mehr mitnehmen wollen, die sind im Alter einfach zu anfällig. Macht auch fast keiner mehr, wenn man vom Journey-Keyboarder mit seinen beiden TS-10 mal absieht. Ein gemeinsamer Freund von gmaj7 und mir zB ist heilfroh, wenn seine beiden Ensoniq-Sampler im Studio einwandfrei laufen ...
 
Hi microbug,

ich denke, dass hast Du sehr gut zusammen gefasst ! Als E-Techniker und Handwerker zerlege ich meine Instrumente selbst, bei z.B. der M1 weiss man, dass man ein wertiges Gerät unter der Hand hat. Und als Tontechniker weiss ich, dass sich M1 Presets geil im Mix behaupten können, Anpassungen sind ja möglich. Ich benutze die M1 nicht häufig, aber ein bischen ""Ehrfurcht"" ist immer dabei. :)) Die Gesamtheit eines Audiosetups bestimmt den Klang, nicht irgendwelche "theoretischen Größen". Und die M1 wurde ein solcher Erfolg, weil die 'Gesamtheit des Instruments' revolutionär war, die Zusammenschaltung incl. Wandler macht diesen "Erinnerungssound", ähnlich wie beim MS20 :) . Man muß ein solches Gerät nicht besitzen, es ist aber schön, eine Maschine zu haben, die vermutlich nach weiteren 30 Jahren genauso klingen wird, die haptisch und optisch immer noch ein Genuß sein kann ... alte Liebe ? :)

LG, Andreas
 
Wenn man alte Digital-Synthesizer, und selbst wenn es Rompler mit einzigartigen Wandlern sind heute möglichst exakt nachahmen will, muss man deren Sounds schon aus den Audioausgängen heraus absampeln, wodurch insgesamt bedeutend mehr Material zustandekommt, als in den Rom-Speichern der alten Kisten vorhanden ist.
Nun mag sich der Aufwand bei einem JV-80 nicht mehr lohnen, aber ich bin mir nicht sicher wie das mit den M1-Sounds ist.
Wurde für die Legacy-Collection nur das alte Sample-Rom konvertiert, oder hat man zumindest einige Sounds auf die oben beschriebene Weise gesampelt, um möglichst den Gesamteindruck beizubehalten?

Zumindest von Kult-Samplern aus den 80er Jahren, wie Fairlight oder Emulator I und II gibt es Sample-Libraries, die man ähnlich wie analoge Synthesizer mehr oder weniger Note für Note gesampelt hat, denn diese alten Kisten hatten nicht zuletzt auch aufgrund ihrer analogen Filter einen ganz eigenen Charakter (das Thema dieses Threads befasst sich dagegen mit den rein digitalen Romplern der 90er Jahre).
 

Ich denke schon. Die M1 haben wir ja "nebenan" gerade schon komplett durchdiskutiert gehabt, er gehört jedenfalls unbestritten zu den modernen Klassikern, gleich neben DX7 und D50. Was die M1 ausmacht, ist die Mischung aus Konzept, Design und auch der Verarbeitung, die Yamaha-Tastatur spielt sich auch heute noch sehr gut. Ich war nie ein Fan der M1, sondern eher DX7II, geht mir aber mit diesem Synth ganz genau so. Und auch der kann sich im Mix nach wie vor behaupten.

Meinen SQ-R habe ich damals dafür geliebt, daß er bei manchen Klängen eine sehr nette Wärme und Fülle im Hintergrund beisteuern konnte. Die störten im Vordergrund nicht, aber wenn ich den Sound stummschaltete, war das sofort zu merken.
Die ganzen JV/XV/XP-Kisten waren für Roland quasi Selbstläufer und fanden sich an jeder Ecke und sind leider auch bei den Presets sowas von durchgenudelt, die einem aus jeder zweiten Werbe- und Chartmusik entgegenschallten. Den JV-80 hab ich zwar damals angetestet, mir aber erst später in einem seltsamen Anfall einen JV-1080 gekauft, der lange nur rumstand und irgendwann rausflog, weil ich den Sound einfach über hatte und die Bedienung nicht mochte. Dem weine ich bis heute keine Träne nach, liegt wahrscheinlich einfach auch daran, daß ich bei den ROMplesizern eher den amerikanischen Kisten (Emu, Ensoniq) zugetan bin als den japanischen.
 
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Was die M1 ausmacht, ist die Mischung aus Konzept, Design und auch der Verarbeitung

Ich hab das Teil schon zerlegt, fit gemacht, einige Karten bekam ich übers Seq. Forum, ganz besonderen Dank nach Köln (vorm neuen MS) für die Speicherkarte :) , Danke !

Aber, man 'muss' das nicht haben, auch keinen MS20, der darüber steht, auch keinen MS20 Controller, der neben dem MS20 steht, und es muß auch demnächst kein MS20mini sein ... ? ... Eigentlich benutze ich das kaum noch, auch das MS20 Zeuchs nich .. Muss wohl Regale und Arbeitsflächen neu bestücken ..oh Godness, schon wieder neue Cover & Cases für viel Kohle ? :) Schaun mer ma, aber das ganze Gelaber zwingt zum Denken .. :)

LG
 

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