hack_meck
Lounge .&. Backstage
Hallo Musiker Board …
Nicht nur eine LesPaul (Startpunkt "Bluesfreak") mit dem neuen Min-ETune System hat sich auf die Reise gemacht um durch je 3 Tester des Musiker-Boards "befingert" zu werden, sondern auch eine SG war/ist im Testumlauf.
Hier an dieser Stelle mal einen Dank an Gibson, die sich am Leben hier im Board ganz ausgezeichnet beteiligen. Mit Werksbesuch, Gewinnspielpreis, Testreihen und einen Ansprechpartner (Thorsten B.) legen sie die Messlatte ganz schön hoch.
Das Testobjekt in diesem Fall war ja das neue motorbetriebene Tuningsystem Min-ETune, welches Gibson als "in sich geschlossenes System" an der Kopfplatte verbaut. Es gibt es direkt in die Gitarre ein/angebaut, aber auch zum Nachrüsten. Da dieses System nun mal an einer Gitarre geliefert wurde - in meinem Fall an einer SG 70´s Tribute - komme ich nicht umhin, auch etwas über die Gitarre an sich zu sagen. Sobald ich das erledigt habe, werde ich jedoch die Gitarre ausser acht lassen und mich auf die Gedankengänge zum Tuning System beschränken.
Von vorne alles wie gehabt ..
Von der Seite die schlanke SG ... also wie gehabt ..
Der Giraffen ähnliche lange Hals der SG .. also wie gehabt ...
Kopfplatte vorne .. na gut .. Locking Tuners ... also fast wie gehabt ...
Und auf der Rückseite der Kopfplatte endlich das Objekt des Tests .. Guten Tag, mein Name ist Min_ETune ...
Die Gitarre ...
Rechnet man das Min-ETune System aus dem Kaufpreis raus, verbleibt eine SG in der +/- 800 Euro Klasse. Dies stellt unter den Gibson USA Modellen ... (Coda ..)
... und weil das Video im Zitat verschütt ging ... (ab 3:45)
(Coda..) … den Einstiegs-Level dar. Dessen sollte man sich auch bewusst sein, sonst empfindet man den Erstkontakt als Enttäuschung. An der Gitarre lassen sich viele kleine Stellen finden, die etwas mehr "Liebe" hätten vertragen können, Griffbrett Übergang zu Lack des Halses, leichte "Orangenhaut" des Lackes an seitlich geschnittenen Flächen des Korpus, leicht aus dem Griffbrett wachsende Bünde, Lack oder Kleberest auf dem Griffbett (lässt sich mit sanfter "Gewalt" nicht abkratzen) - und da wir alle ja das Min-ETune System getestet haben, sind wir auch alle über die Sattelkerben gestolpert. Wie im Einschub bereits erwähnt, muss man der Gitarre trotzdem zugestehen, dass sie den Ton hat (also das Soll erfüllt). Ein "working musician" der bei kleinen Clubgigs sein Geld verdient um zu überleben (ja, leider lässt sich da nicht mehr viel verdienen) würde sich an den Kleinigkeiten auch erst mal nicht stören, sondern hier und da ein wenig - nach eigenem Geschmack - Hand anlegen und die solide Basis (den Ton) nutzen und ausbauen.
Mein Resümee zur Gitarre ist also: Mit den Einstiegs-Gibsons brechen zwar keine "goldene Zeiten" an, es ist aber durchaus alles "im grünen Bereich" …
Min-ETune ...
Nun kommen wir zum eigentlichen Testobjekt - dem "aktiven Tuningsystem" von Gibson, welches auf den Begriff Min-ETune hört. Es besteht aus einer - für die Funktionalität - erstaunlich leichten und kompakten Einheit, die sich ausschließlich am Headstock befindet. Betrachtet man das System an der Gitarre würde man vermuten, dass durch das System die Balance der Gitarre mächtig aus dem Ruder läuft und der Kopf deutliche Tendenz zum Boden aufweisen müsste. Dies ist nicht der Fall, denn laut Aussage von Jim de Cola (Gibson Master Luthier) ist das Gewicht des Systems nicht größer als von herkömmlichen Tunern und so liegt auch die SG weitestgehend neutral auf meinem Bein.
Das System selbst besteht aus einer Steuereinheit in einem schwarzen Plastikkasten der zwischen den Tunern liegt, den Tunern mit integrierten Motoren und einer neuen Form von "Locking Tunerns". Damit die Saiten nicht aneinander Reiben, werden die Wicklungen recht "steil" geführt und am Locking Tuner nicht nur befestigt, sondern auch "eingerastet. Dies ist sinnvoll, um dem System jeweils fixe Referenzpunkte zu ermöglichen und "Wegstrecken" voraus zu berechnen. Es merkt sich das "Postleitzahlen Gebiet", in dem die entsprechende Stimmung zuletzt erfolgreich erreicht wurde. Die Elektronik weiss also nicht nur die letzte Position, sondern kennt auch die Anzahl der benötigten Umdrehungen - per "Rechenmodell" - um zumindest "grob" zum Ziel zu kommen. Wechselt man also von Standard (E bis e) in Open G, so fährt das System alle Saiten so "ungefähr" in die richtige Spannung, um dann mit dem Finetuning zu beginnen. Mit im Paket enthalten ist ein Lithium Polymer Akku (finde ich wichtig, da diese Ausführung keinen Memory Effekt hat und man ihn problemlos "nachladen" kann - z.B. von 80 auf 100% - ohne seine Kapazität negativ zu beeinflussen) der laut Gibson Anleitung ungefähr 300 Tuning Vorgänge erlaubt, sowie ein Netzteil mit Adaptern für GB und DE (und Co.) und eine Kurzanleitung. Die vollständige Anleitung findet man (nur - je nach Sichtweise) im Netz.
Wie funktioniert es ?
Den Tuning Vorgang erklärt Euch Jim de Cola (Master Luthier Gibson USA) in diesem auf der Messe in Frankfurt aufgenommenen Video:
Meine persönlichen Erfahrungen:
Ich habe jetzt eine Woche reichlich mit dem System gespielt und es quer durch alle Stimmungen gehetzt. Das System hat dabei nicht "aufgegeben", sondern ist immer zum Erfolg gekommen. Jedoch brauchte es - je länger der Weg von Ausgangsstimmung zur Zielstimmung war - manchmal etwas länger und für einzelne Saiten auch mal etwas "Nachhilfe" durch einzelnes Anschlagen. Grundsätzlich versucht es mit einem Anschlagen aller Saiten gleichzeitig die Einstellung zu finden, zeigt das Ergebnis optisch an und fordert über die Farbgebung den Nutzer dazu auf noch mal individuell zu "helfen". Dabei hatte ich das Gefühl, dass der nicht perfekte Sattel dem System manchmal "im Wege" steht, was sich durch das uns allen bekannte "Blink, Blink" äussert, wenn sich die leicht "verkantete" Saite im Sattel löst und weiter rutscht. Dies ist auch bei Gibson bekannt und man sucht nach alternativen Materialien die das verbessern sollen - denn gerade dieses System lädt natürlich dazu ein, regelmäßig die Stimmung zu wechseln, wodurch die Anforderungen an den Sattel natürlich steigen. Der von mir vorgeschlagene LSR Rollernut Sattel wurde aber abgelehnt, da er Vibrationen produziert die das System irritieren können und mehr Platz auf dem Griffbrett erfordert. (Und ob wir Gourmets uns mit der Optik an einer traditionellen Gitarre anfreunden können, steht noch mal auf einem ganz anderen Blatt - )
Bedient wird das System über einen Einschaltknopf und eine 4 - Wege Wippe um die 3 Bänke sowie eine von 6 Stimmungen innerhalb der Bank, anzusteuern. In der Anleitung von Gibson gibt es eine kleine Matrix, die die Belegung zeigt. 12 Stimmungen = 2 Bänke sind vorgegeben, eine Bank kann man "frei" belegen. Zumindest diese Matrix hätte ich mir als Ausdruck gewünscht, um sie im Gig Bag zu belassen. Während des Stimmvorgangs zeigt das System über Farben an, dass es beschäftigt ist und gibt auch Aufschluss über die Erledigung. Was ich etwas schade finde ist, dass es sich nach erreichen der Stimmung recht zügig abschaltet und ich, wenn ich nicht den kurzen Augenblick des "all green" mitbekommen habe, etwas in der Luft hänge. Hier könnte man den Zeitparameter vielleicht etwas verlängern, denn ich habe mit - latent schlechten Gewissen - dann doch immer wieder mal das System neu eingeschaltet und erneut "gestimmt".
Die vollständige Anleitung findet ihr hier: http://www2.gibson.com/Products/Min-ETune.aspx
An dieser Stelle wissen wir jetzt also, dass das System funktioniert - wobei eine Einschränkung habe ich (Azriel hat mich ein wenig "drauf gehoben") gefunden - mit Capo geht es nicht, die Stimmung die durch die Position des Capo vorgegeben wird, zu erreichen !!
Die nächste - logische - Frage ist daher: Kann ich es gebrauchen ?
Eine sehr individuelle Frage - und an der Stelle kann ich Euch nur eine Entscheidungshilfe geben, indem ich mal meine Gedankengänge aufzähle. Stärken und Schwächen sind dabei aus meiner Perspektive, ihr könnt dies natürlich auch anders wahrnehmen. Ebenso habt ihr vielleicht auch ein anderes Anforderungsprofil.
Die Stärken:
- das Tunig erfolgt (in der Regel) flott und sicher …
- es hat durch das geringe Gewicht keinen Einfluss auf die Balance der Gitarre …
- der Akku kann ausserhalb des Systems geladen werden, man braucht also die Gitarre nicht zur Steckdose bringen ...
Die Schwächen:
- Anzeige hinten, ich muss die Gitarre "kippen" um sie abzulesen …
- die fehlende Matrix der Belegung …
- das zu "schnelle" Abschalten nach Erreichen der Stimmung …
Wenn ich jetzt - wiederum für mich - überlege in welchen Situationen ich von einer mit dem System ausgestatteten Gitarre profitiere, komme ich zu folgenden Ergebnis.
Ich brauche es unbedingt, wenn …
- ich z.B. einen ClubGig habe, der Haus Amp verwendet wird und ich mit "leichtem Gepäck" - in der Großstadt evt. zusätzlich mit öffentlichen Verkehrsmitteln - anreise.
- ich einen Musikraum besitze in dem mein ganzer Kram steht und ich mir diese Gitarre ins Wohnzimmer/Arbeitszimmer stelle und damit Songs oder Riffs schreibe.
- ich bei einem Live Gig ein Backup-Instrument für alle meine in diversen Stimmungen befindlichen Gitarren benötige um es bei Ausfall eines Instrumentes (z.B. gerissene Saite) möglichst schnell in der passenden Stimmung zu haben.
… und die Liste ist wohl nicht vollständig … …
Ich kann darauf verzichten, wenn …
- ich sowieso nur in einer Stimmung spiele und bereits ein Stimmgerät besitze.
- ich alle Gitarren "doppelt" dabei habe.
- ich sowieso nur Zuhause und in Mitten aller meiner Gitarren spiele.
… und auch die Liste ist sicherlich nicht vollständig … …
Hier seid ihr jetzt gefordert für Euch selbst raus zu finden, ob das System Min-ETune in Euer persönliches System passt.
Was mir in dem Zusammenhang noch so durch den Kopf geht ?
- Das System ist nicht mit der Elektronik der Gitarre verbunden. Dies bedeutet natürlich, dass man während des Stimmen das Volume "zu" machen muss. Die meisten Bodentuner hingegen erledigen das für einen …
- Die Kalibrierung nennt Gibson "Reference Tuning" und beschreibt einen Weg die Stimmung um ein paar Cent nach oben/unten anzupassen. Sie wird auf einer Saite durchgeführt und die anderen Saiten folgen. Diese Referenz bleibt aber nicht erhalten, es sei denn man speichert sie in einer Benutzerbank. Der gewohnte Weg alle Instrumente in der Band mit dem gleichen Tuner zu stimmen - bzw. die Stimmung an ein Klavier anzupassen, wird dadurch erschwert.
- Meine Gitarren in "offenen Stimmungen" bzw. im Downtuning Eb haben meist auch andere Saitensätze. Gitarren für Slide meist eine höhere Saitenlage. Braucht es nicht unbedingt, aber ich sehe da "eine Gitarre für alles" als Kompromiss. Daher auch der oben genannte Einsatz als BackUp Gitarre.
- In den von uns getesteten Gitarren befindet sich kein Tremolo. Ich würde aber befürchten, dass das System - zumindest ein frei schwebendes Tremolo - nicht in den Griff bekommt, besonders wenn die Stimmung gewechselt werden soll.
Wie ihr seht gibt es genug gute Gründe für/gegen das System. Kernaussage ist: "Es funktioniert klaglos und sicher nicht langsamer als das herkömmliche Tuning". Ob es Eurem Einsatzzweck dienlich ist, ist eine Entscheidung die ich Euch nicht abnehmen kann.
Findet ihr eine Gitarre im Programm von Gibson die ihr so oder so haben wollt, würde ich mich wahrscheinlich für das System entscheiden, da man es jederzeit auf "traditionelles Tuning" zurück bauen kann - dann mit Tunern Eurer Präferenz - und es sich sicherlich auch verkaufen lässt an Spieler, die ihre Gitarre damit "Nachrüsten" wollen. Eine Gitarre nur wegen des Systems zu kaufen würde ich nur machen, wenn ich die - in Bezug auf mögliche Stimmungen - Eierlegende Wollmilchsau als BackUp Gitarre benötigen würde.
Gruß
Martin
Nicht nur eine LesPaul (Startpunkt "Bluesfreak") mit dem neuen Min-ETune System hat sich auf die Reise gemacht um durch je 3 Tester des Musiker-Boards "befingert" zu werden, sondern auch eine SG war/ist im Testumlauf.
Hier an dieser Stelle mal einen Dank an Gibson, die sich am Leben hier im Board ganz ausgezeichnet beteiligen. Mit Werksbesuch, Gewinnspielpreis, Testreihen und einen Ansprechpartner (Thorsten B.) legen sie die Messlatte ganz schön hoch.
Das Testobjekt in diesem Fall war ja das neue motorbetriebene Tuningsystem Min-ETune, welches Gibson als "in sich geschlossenes System" an der Kopfplatte verbaut. Es gibt es direkt in die Gitarre ein/angebaut, aber auch zum Nachrüsten. Da dieses System nun mal an einer Gitarre geliefert wurde - in meinem Fall an einer SG 70´s Tribute - komme ich nicht umhin, auch etwas über die Gitarre an sich zu sagen. Sobald ich das erledigt habe, werde ich jedoch die Gitarre ausser acht lassen und mich auf die Gedankengänge zum Tuning System beschränken.
Von vorne alles wie gehabt ..
Von der Seite die schlanke SG ... also wie gehabt ..
Der Giraffen ähnliche lange Hals der SG .. also wie gehabt ...
Kopfplatte vorne .. na gut .. Locking Tuners ... also fast wie gehabt ...
Und auf der Rückseite der Kopfplatte endlich das Objekt des Tests .. Guten Tag, mein Name ist Min_ETune ...
Die Gitarre ...
Rechnet man das Min-ETune System aus dem Kaufpreis raus, verbleibt eine SG in der +/- 800 Euro Klasse. Dies stellt unter den Gibson USA Modellen ... (Coda ..)
Die Bezeichnung Gibson USA ist eigentlich eine "Tautologie", da bei allen Gitarren auf denen Gibson steht auch zwangsläufig USA drin ist. Hier gibt es unter der Flagge Gibson keine alternativen Produktionsstandorte im günstigeren Ausland … Gibson hat also zwangsläufig mit den - in USA zwar überschaubaren - aber höheren Personalkosten als in Mexiko bzw. Fernost zu kämpfen. Thorsten B.,den ich auf der Messe zu dem Thema befragt habe, formuliert es folgendermaßen: "Klar sind die Instrumente nicht vergleichbar mit Custom Shop und Co., aber die Grundfrage ist doch erst mal: "Stimmt der Ton ?"" …
Tja, damit hat er mich voll erwischt !! Denn - und individuelle Geschmäcker sind zwar verschieden - der Ton (die Basis) stimmt. Selbst die mit weniger Holz gesegnete SG schwingt und hat Sustain - sie lebt !! Und wenn ihr den Bericht von Pekri59 lest, werdet ihr sehen, dass er - und tolle Gibsons kennt und besitzt er im Rudel - darüber nachdenkt, sich den LP Studio Tribute Body zu kaufen - eben weil der Ton stimmt.
... und weil das Video im Zitat verschütt ging ... (ab 3:45)
(Coda..) … den Einstiegs-Level dar. Dessen sollte man sich auch bewusst sein, sonst empfindet man den Erstkontakt als Enttäuschung. An der Gitarre lassen sich viele kleine Stellen finden, die etwas mehr "Liebe" hätten vertragen können, Griffbrett Übergang zu Lack des Halses, leichte "Orangenhaut" des Lackes an seitlich geschnittenen Flächen des Korpus, leicht aus dem Griffbrett wachsende Bünde, Lack oder Kleberest auf dem Griffbett (lässt sich mit sanfter "Gewalt" nicht abkratzen) - und da wir alle ja das Min-ETune System getestet haben, sind wir auch alle über die Sattelkerben gestolpert. Wie im Einschub bereits erwähnt, muss man der Gitarre trotzdem zugestehen, dass sie den Ton hat (also das Soll erfüllt). Ein "working musician" der bei kleinen Clubgigs sein Geld verdient um zu überleben (ja, leider lässt sich da nicht mehr viel verdienen) würde sich an den Kleinigkeiten auch erst mal nicht stören, sondern hier und da ein wenig - nach eigenem Geschmack - Hand anlegen und die solide Basis (den Ton) nutzen und ausbauen.
Mein Resümee zur Gitarre ist also: Mit den Einstiegs-Gibsons brechen zwar keine "goldene Zeiten" an, es ist aber durchaus alles "im grünen Bereich" …
Min-ETune ...
Nun kommen wir zum eigentlichen Testobjekt - dem "aktiven Tuningsystem" von Gibson, welches auf den Begriff Min-ETune hört. Es besteht aus einer - für die Funktionalität - erstaunlich leichten und kompakten Einheit, die sich ausschließlich am Headstock befindet. Betrachtet man das System an der Gitarre würde man vermuten, dass durch das System die Balance der Gitarre mächtig aus dem Ruder läuft und der Kopf deutliche Tendenz zum Boden aufweisen müsste. Dies ist nicht der Fall, denn laut Aussage von Jim de Cola (Gibson Master Luthier) ist das Gewicht des Systems nicht größer als von herkömmlichen Tunern und so liegt auch die SG weitestgehend neutral auf meinem Bein.
Das System selbst besteht aus einer Steuereinheit in einem schwarzen Plastikkasten der zwischen den Tunern liegt, den Tunern mit integrierten Motoren und einer neuen Form von "Locking Tunerns". Damit die Saiten nicht aneinander Reiben, werden die Wicklungen recht "steil" geführt und am Locking Tuner nicht nur befestigt, sondern auch "eingerastet. Dies ist sinnvoll, um dem System jeweils fixe Referenzpunkte zu ermöglichen und "Wegstrecken" voraus zu berechnen. Es merkt sich das "Postleitzahlen Gebiet", in dem die entsprechende Stimmung zuletzt erfolgreich erreicht wurde. Die Elektronik weiss also nicht nur die letzte Position, sondern kennt auch die Anzahl der benötigten Umdrehungen - per "Rechenmodell" - um zumindest "grob" zum Ziel zu kommen. Wechselt man also von Standard (E bis e) in Open G, so fährt das System alle Saiten so "ungefähr" in die richtige Spannung, um dann mit dem Finetuning zu beginnen. Mit im Paket enthalten ist ein Lithium Polymer Akku (finde ich wichtig, da diese Ausführung keinen Memory Effekt hat und man ihn problemlos "nachladen" kann - z.B. von 80 auf 100% - ohne seine Kapazität negativ zu beeinflussen) der laut Gibson Anleitung ungefähr 300 Tuning Vorgänge erlaubt, sowie ein Netzteil mit Adaptern für GB und DE (und Co.) und eine Kurzanleitung. Die vollständige Anleitung findet man (nur - je nach Sichtweise) im Netz.
Wie funktioniert es ?
Den Tuning Vorgang erklärt Euch Jim de Cola (Master Luthier Gibson USA) in diesem auf der Messe in Frankfurt aufgenommenen Video:
Meine persönlichen Erfahrungen:
Ich habe jetzt eine Woche reichlich mit dem System gespielt und es quer durch alle Stimmungen gehetzt. Das System hat dabei nicht "aufgegeben", sondern ist immer zum Erfolg gekommen. Jedoch brauchte es - je länger der Weg von Ausgangsstimmung zur Zielstimmung war - manchmal etwas länger und für einzelne Saiten auch mal etwas "Nachhilfe" durch einzelnes Anschlagen. Grundsätzlich versucht es mit einem Anschlagen aller Saiten gleichzeitig die Einstellung zu finden, zeigt das Ergebnis optisch an und fordert über die Farbgebung den Nutzer dazu auf noch mal individuell zu "helfen". Dabei hatte ich das Gefühl, dass der nicht perfekte Sattel dem System manchmal "im Wege" steht, was sich durch das uns allen bekannte "Blink, Blink" äussert, wenn sich die leicht "verkantete" Saite im Sattel löst und weiter rutscht. Dies ist auch bei Gibson bekannt und man sucht nach alternativen Materialien die das verbessern sollen - denn gerade dieses System lädt natürlich dazu ein, regelmäßig die Stimmung zu wechseln, wodurch die Anforderungen an den Sattel natürlich steigen. Der von mir vorgeschlagene LSR Rollernut Sattel wurde aber abgelehnt, da er Vibrationen produziert die das System irritieren können und mehr Platz auf dem Griffbrett erfordert. (Und ob wir Gourmets uns mit der Optik an einer traditionellen Gitarre anfreunden können, steht noch mal auf einem ganz anderen Blatt - )
Bedient wird das System über einen Einschaltknopf und eine 4 - Wege Wippe um die 3 Bänke sowie eine von 6 Stimmungen innerhalb der Bank, anzusteuern. In der Anleitung von Gibson gibt es eine kleine Matrix, die die Belegung zeigt. 12 Stimmungen = 2 Bänke sind vorgegeben, eine Bank kann man "frei" belegen. Zumindest diese Matrix hätte ich mir als Ausdruck gewünscht, um sie im Gig Bag zu belassen. Während des Stimmvorgangs zeigt das System über Farben an, dass es beschäftigt ist und gibt auch Aufschluss über die Erledigung. Was ich etwas schade finde ist, dass es sich nach erreichen der Stimmung recht zügig abschaltet und ich, wenn ich nicht den kurzen Augenblick des "all green" mitbekommen habe, etwas in der Luft hänge. Hier könnte man den Zeitparameter vielleicht etwas verlängern, denn ich habe mit - latent schlechten Gewissen - dann doch immer wieder mal das System neu eingeschaltet und erneut "gestimmt".
Die vollständige Anleitung findet ihr hier: http://www2.gibson.com/Products/Min-ETune.aspx
An dieser Stelle wissen wir jetzt also, dass das System funktioniert - wobei eine Einschränkung habe ich (Azriel hat mich ein wenig "drauf gehoben") gefunden - mit Capo geht es nicht, die Stimmung die durch die Position des Capo vorgegeben wird, zu erreichen !!
Die nächste - logische - Frage ist daher: Kann ich es gebrauchen ?
Eine sehr individuelle Frage - und an der Stelle kann ich Euch nur eine Entscheidungshilfe geben, indem ich mal meine Gedankengänge aufzähle. Stärken und Schwächen sind dabei aus meiner Perspektive, ihr könnt dies natürlich auch anders wahrnehmen. Ebenso habt ihr vielleicht auch ein anderes Anforderungsprofil.
Die Stärken:
- das Tunig erfolgt (in der Regel) flott und sicher …
- es hat durch das geringe Gewicht keinen Einfluss auf die Balance der Gitarre …
- der Akku kann ausserhalb des Systems geladen werden, man braucht also die Gitarre nicht zur Steckdose bringen ...
Die Schwächen:
- Anzeige hinten, ich muss die Gitarre "kippen" um sie abzulesen …
- die fehlende Matrix der Belegung …
- das zu "schnelle" Abschalten nach Erreichen der Stimmung …
Wenn ich jetzt - wiederum für mich - überlege in welchen Situationen ich von einer mit dem System ausgestatteten Gitarre profitiere, komme ich zu folgenden Ergebnis.
Ich brauche es unbedingt, wenn …
- ich z.B. einen ClubGig habe, der Haus Amp verwendet wird und ich mit "leichtem Gepäck" - in der Großstadt evt. zusätzlich mit öffentlichen Verkehrsmitteln - anreise.
- ich einen Musikraum besitze in dem mein ganzer Kram steht und ich mir diese Gitarre ins Wohnzimmer/Arbeitszimmer stelle und damit Songs oder Riffs schreibe.
- ich bei einem Live Gig ein Backup-Instrument für alle meine in diversen Stimmungen befindlichen Gitarren benötige um es bei Ausfall eines Instrumentes (z.B. gerissene Saite) möglichst schnell in der passenden Stimmung zu haben.
… und die Liste ist wohl nicht vollständig … …
Ich kann darauf verzichten, wenn …
- ich sowieso nur in einer Stimmung spiele und bereits ein Stimmgerät besitze.
- ich alle Gitarren "doppelt" dabei habe.
- ich sowieso nur Zuhause und in Mitten aller meiner Gitarren spiele.
… und auch die Liste ist sicherlich nicht vollständig … …
Hier seid ihr jetzt gefordert für Euch selbst raus zu finden, ob das System Min-ETune in Euer persönliches System passt.
Was mir in dem Zusammenhang noch so durch den Kopf geht ?
- Das System ist nicht mit der Elektronik der Gitarre verbunden. Dies bedeutet natürlich, dass man während des Stimmen das Volume "zu" machen muss. Die meisten Bodentuner hingegen erledigen das für einen …
- Die Kalibrierung nennt Gibson "Reference Tuning" und beschreibt einen Weg die Stimmung um ein paar Cent nach oben/unten anzupassen. Sie wird auf einer Saite durchgeführt und die anderen Saiten folgen. Diese Referenz bleibt aber nicht erhalten, es sei denn man speichert sie in einer Benutzerbank. Der gewohnte Weg alle Instrumente in der Band mit dem gleichen Tuner zu stimmen - bzw. die Stimmung an ein Klavier anzupassen, wird dadurch erschwert.
- Meine Gitarren in "offenen Stimmungen" bzw. im Downtuning Eb haben meist auch andere Saitensätze. Gitarren für Slide meist eine höhere Saitenlage. Braucht es nicht unbedingt, aber ich sehe da "eine Gitarre für alles" als Kompromiss. Daher auch der oben genannte Einsatz als BackUp Gitarre.
- In den von uns getesteten Gitarren befindet sich kein Tremolo. Ich würde aber befürchten, dass das System - zumindest ein frei schwebendes Tremolo - nicht in den Griff bekommt, besonders wenn die Stimmung gewechselt werden soll.
Wie ihr seht gibt es genug gute Gründe für/gegen das System. Kernaussage ist: "Es funktioniert klaglos und sicher nicht langsamer als das herkömmliche Tuning". Ob es Eurem Einsatzzweck dienlich ist, ist eine Entscheidung die ich Euch nicht abnehmen kann.
Findet ihr eine Gitarre im Programm von Gibson die ihr so oder so haben wollt, würde ich mich wahrscheinlich für das System entscheiden, da man es jederzeit auf "traditionelles Tuning" zurück bauen kann - dann mit Tunern Eurer Präferenz - und es sich sicherlich auch verkaufen lässt an Spieler, die ihre Gitarre damit "Nachrüsten" wollen. Eine Gitarre nur wegen des Systems zu kaufen würde ich nur machen, wenn ich die - in Bezug auf mögliche Stimmungen - Eierlegende Wollmilchsau als BackUp Gitarre benötigen würde.
Gruß
Martin
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