Rockin'Daddy
Mod Emeritus
Der kleine www.Musiker-Board.de
Kontrabass-Saitenvergleich Darm vs. Nylon
Vorwort:
Ich höre sie laut stöhnen und fast schon geräuschvoll die Stirn runzeln, die klassischen Kontrabasser. Kontrabässe (gerne auch mehr oder minder liebevoll Hundehütte oder Oma genannt) schlagen ("slappen") und zupfen...
Das ist natürlich nicht die ursprüngliche und anerkannte Form der Klangerzeugung auf so einem über die Jahrhunderte renommierten Instrument. Klar gehören da Stahl- oder bestenfalls historisch korrekte Darmsaiten drauf und da hat gefälligst ein Bogen geschwungen zu werden, was sich im Fachkreisen "Arco spielen"nennt. Und das ist prinzipiell auch völlig richtig so.
Nun hat sich die Musik über viele Jahrhunderte entwickelt und Ende des 19. Jahrhunderts begannen Kontrabasser in Anbetracht der immer vielfältiger werdenden Popularmusik, ihre Kontrabässe zum Teil mit den Fingern zu zupfen. Das findet sich in damaliger volkstümlicher Musik ebenso wie z.B. im Dixieland oder Ragtime.
Diese "Spielart" etablierte sich über die kommenden Jahre, fand sich im Jazz, Blues und Jumpblues, Swing, Jive, Country & Western und Hillbilly und natürlich ab Mitte der 40er und frühen 50er Jahre des 20. Jahrhunderts in eigentlich jeglicher Musikrichtung wieder.
Und da kommen wir an den Punkt, an dem sich immer mehr kleine Combos fanden und die Musik immer schneller und impulsiver wurde. Diese Bands wurden lauter, die Gitarren (meist noch dicke Jazzmamas mit ordentlich Feedbackpotenzial) mittlerweile durch Kleinstamps (Gibson, Fender etc.) mit wenigen Watt verstärkt und die Sänger hielten sich gesanglich auch kaum mehr zurück.
Was tut nun also ein Kontrabasser (der von Fenders neuem 52'er Brettbass entweder noch nichts gehört hatte oder schlicht nichts hören wollte), der seiner "Oma" auch gerne etwas mehr Pegel entlocken wollte? Bassamps gab es noch kaum und/oder steckten in den Kinderschuhen. Zudem waren sie leise, sperrig und finanziell für viele reisende Kleinstkapellen schlicht nicht praktikabel.
Rüschtüsch! "Spiel den Bass halt lauter!!!" -> Simple as that!
Man begann also, die Saiten nicht mehr nur pizzicato zu spielen, also relativ leise parallel zum Griffbrett zu zupfen, sondern riß die Saiten mit meist zwei Fingern (Zeige- und Mittelfinger, manchmal auch plus Ringfinger) vehement vom Griffbrett weg, um ihnen mehr Pegel zu entlocken. Beim Zurückschnellen der Saite schlug diese auf dem Griffbrett an, der allzu typische "Klack" gab sich nun endlich die Ehre. Schön an dieser Spielweise war nicht nur, daß damit tatsächlich höhere Lautstärken erreicht werden konnten, sondern daß rhythmische Klackern ersetzte in Verbindung mit dem "Aufschlagen" (daher kommt der Begriff "Slappen") der Hand zu den Zählzeiten auf den Saiten auch ansatzweise die Rhythmussektion, formerly known as "snare drum".
Zwei Fliegen, eine Klappe (mal abgesehen davon, daß die Basser ohnehin immer die schürfsten Bräute abkriegen...).
Die Techniken dazu sind vielfältig und keineswegs einfach. Vom simplen Wechselbass über Triplets und Drag Triplets etc. pp.
Anyway...
Eigentlich war die Intention dieses Vergleichstests, daß ich auf vielen Rock'n'Roll-, Country-, Hillbilly- und Rockabilly-Konzerten, bei denen ich als Sideman unter anderem gern am Kontrabass stehe, ebenso viele Diskussionen mit anderen Kontrabasser-Kollegen um die Wahl der richtigen Saiten führe. Geschmäcker sind bekanntlich subjektiv, die Geldbörse aber in diesen Kreisen eher chronisch mangelernährt.
Zudem fallen mir in den letzten Jahren immer häufiger Neueinsteiger in diesen Musikrichtungen auf, die sich auf ihren meist "günstigen" Chinahütten mit den erbärmlichsten Billigstahlseilen rumquälen,weil sie sich den sagenumwobenen Darm (als authentische Vorgabe und Ziel) einfach nicht leisten können oder wollen und auch keine wirklichen Alternativen kennen.
Davon hat die Musikindustrie allerdings in den letzten Jahrzehnten einige auf den Markt gespült. Anfänglich als schlechter Scherz belächelt (angefangen hat es übrigens ganz unspektakulär mit den Nylon- und Plastikschneidfäden von Rasentrimmern, welche in unterschiedlichen Durchmessern erhältlich sind und einfach auf den Bass gezogen wurden. Die klanglichen Ergebnisse kann sich jeder ausmalen...), entwickelten einige (Kleinst-) Hersteller komplette Saitensätze.
Anfänglich eher auf die Darm ähnliche und leichte Bespielbarkeit fokussiert, interessierte der akustische Ton relativ wenig. Über Pickups, Preamps, EQ und die Bassanlage lies sich eigentlich immer ein halbwegs gesunder Ton finden, der sich im Bandkontext ordentlich einfügte.
Wie wir Mucker aber nun mal so sind, haben wir uns eben dauerhaft nicht mit butterweichen Saiten, stumpfem "bummbumm" und "klickerklacker" zufriedengestellt, sondern forderten auch zunehmend einen deutlichen Zuwachs im akustischen Ton. Das haben sich einige Hersteller zu Herzen genommen und über die Jahre einige Alternativen zu Darm entwickelt, die sich durchaus hören und sehen lassen können.
Da ich im Speziellen ganz besonders an die Einsteiger in diesem Segment denken möchte, beschränke ich die Auswahl auf recht preisgünstige Sätze bis ca. 120 Euro, alle mit verhältnismäßig identischen Diametern und alle basieren mehr oder weniger auf einer Kunststoff-/Nylon-Basis. Den speziellen Aufbau im Einzelnen, sowie Besonderheiten und technische Daten (sofern verfügbar) etc. werde ich im jeweiligen Test gesondert erörtern.
Die Aufnahmen geschehen mit meinem heißgeliebten (und mittlerweile arg geschundenen) Micha Frick-Kontrabass. Eine massive ¾ Violine mit Ebenholz-Griffbrett.
Rein akustisch wird über ein t.bone SC-450 Großmembran mit Lowcut
über einen Behringer Tube Ultragain MIC-100 Preamp
in das Tascam Digital Portastudio DP-01 aufgenommen.
BTW: Die Klinkenbuchse der Pickups ist normalerweise nicht mit Gaffa-Tape am Saitenhalter befestigt, sondern mit Kabelbindern fest durch die Saitendurchführungen realisiert. Bei den kommenden Saitenwechseln jedoch wäre dieser Befestigungspunkt ein ziemliches Ärgernis, weswegen ich kurzerhand die "polnische Methode" gewählt habe.
Ich werde jeweils separat zu den einzelnen Sätzen (also pro Post) folgende Stichpunkte behandeln:
Abschließend werde ich eine kurze Zusammenfassung mit meinem persönlichen Resümee zum gesamten Vergleich anfügen.
Desweiteren möchte ich anmerken, daß ich mit diesem kleinen Saitenvergleich niemandem auf die Füße steigen will, sollte mein Resümee evtl. auch Kritik enthalten. Es ist mein rein subjektiver Eindruck und keineswegs allgemeingültig, erst recht nicht mit Anspruch auf Vollständigkeit und oder Professionalität.
Weiterhin sehe ich natürlich die Diskrepanz, diese teils sehr günstige Alternativ-Besaitung in direkten Vergleich zu den bereits aufgezogenen Lenzner-Darmsaiten zu stellen. Im Vergleich zu den USA-Weedwacker zum Bleistift beträgt der Kaufpreis der Lenzner-Darmsaiten ziemlich genau das 15-fache!!! (je nach Dollarkurs ca. 16€ zu 240€)
Aber Darmsaiten sind nun mal die konkrete Referenz, die von den Nylonsaiten erreicht werden wollen/sollen. Daher legen wir genau da den Maßstab an. Inwiefern das unfair ist, lasse ich dahingestellt,denn ich kenne bereits einige Nylonsätze und vermute, daß es am Ende dieses Vergleiches die ein oder andere Überraschung geben dürfte.
Soviel sei vorweg genommen: Wenn mich meine Erinnerung nicht völlig in die Irre leitet, muß es keineswegs überaus empfindlicher und teurer Darm sein, wenn man seinen Kontrabass für hauptsächlich Slap und ein wenig Pizzicato fit machen möchte........
Let the games begin......
Kontrabass-Saitenvergleich Darm vs. Nylon
Vorwort:
Ich höre sie laut stöhnen und fast schon geräuschvoll die Stirn runzeln, die klassischen Kontrabasser. Kontrabässe (gerne auch mehr oder minder liebevoll Hundehütte oder Oma genannt) schlagen ("slappen") und zupfen...
Das ist natürlich nicht die ursprüngliche und anerkannte Form der Klangerzeugung auf so einem über die Jahrhunderte renommierten Instrument. Klar gehören da Stahl- oder bestenfalls historisch korrekte Darmsaiten drauf und da hat gefälligst ein Bogen geschwungen zu werden, was sich im Fachkreisen "Arco spielen"nennt. Und das ist prinzipiell auch völlig richtig so.
Nun hat sich die Musik über viele Jahrhunderte entwickelt und Ende des 19. Jahrhunderts begannen Kontrabasser in Anbetracht der immer vielfältiger werdenden Popularmusik, ihre Kontrabässe zum Teil mit den Fingern zu zupfen. Das findet sich in damaliger volkstümlicher Musik ebenso wie z.B. im Dixieland oder Ragtime.
Diese "Spielart" etablierte sich über die kommenden Jahre, fand sich im Jazz, Blues und Jumpblues, Swing, Jive, Country & Western und Hillbilly und natürlich ab Mitte der 40er und frühen 50er Jahre des 20. Jahrhunderts in eigentlich jeglicher Musikrichtung wieder.
Und da kommen wir an den Punkt, an dem sich immer mehr kleine Combos fanden und die Musik immer schneller und impulsiver wurde. Diese Bands wurden lauter, die Gitarren (meist noch dicke Jazzmamas mit ordentlich Feedbackpotenzial) mittlerweile durch Kleinstamps (Gibson, Fender etc.) mit wenigen Watt verstärkt und die Sänger hielten sich gesanglich auch kaum mehr zurück.
Was tut nun also ein Kontrabasser (der von Fenders neuem 52'er Brettbass entweder noch nichts gehört hatte oder schlicht nichts hören wollte), der seiner "Oma" auch gerne etwas mehr Pegel entlocken wollte? Bassamps gab es noch kaum und/oder steckten in den Kinderschuhen. Zudem waren sie leise, sperrig und finanziell für viele reisende Kleinstkapellen schlicht nicht praktikabel.
Rüschtüsch! "Spiel den Bass halt lauter!!!" -> Simple as that!
Man begann also, die Saiten nicht mehr nur pizzicato zu spielen, also relativ leise parallel zum Griffbrett zu zupfen, sondern riß die Saiten mit meist zwei Fingern (Zeige- und Mittelfinger, manchmal auch plus Ringfinger) vehement vom Griffbrett weg, um ihnen mehr Pegel zu entlocken. Beim Zurückschnellen der Saite schlug diese auf dem Griffbrett an, der allzu typische "Klack" gab sich nun endlich die Ehre. Schön an dieser Spielweise war nicht nur, daß damit tatsächlich höhere Lautstärken erreicht werden konnten, sondern daß rhythmische Klackern ersetzte in Verbindung mit dem "Aufschlagen" (daher kommt der Begriff "Slappen") der Hand zu den Zählzeiten auf den Saiten auch ansatzweise die Rhythmussektion, formerly known as "snare drum".
Zwei Fliegen, eine Klappe (mal abgesehen davon, daß die Basser ohnehin immer die schürfsten Bräute abkriegen...).
Die Techniken dazu sind vielfältig und keineswegs einfach. Vom simplen Wechselbass über Triplets und Drag Triplets etc. pp.
Anyway...
Eigentlich war die Intention dieses Vergleichstests, daß ich auf vielen Rock'n'Roll-, Country-, Hillbilly- und Rockabilly-Konzerten, bei denen ich als Sideman unter anderem gern am Kontrabass stehe, ebenso viele Diskussionen mit anderen Kontrabasser-Kollegen um die Wahl der richtigen Saiten führe. Geschmäcker sind bekanntlich subjektiv, die Geldbörse aber in diesen Kreisen eher chronisch mangelernährt.
Zudem fallen mir in den letzten Jahren immer häufiger Neueinsteiger in diesen Musikrichtungen auf, die sich auf ihren meist "günstigen" Chinahütten mit den erbärmlichsten Billigstahlseilen rumquälen,weil sie sich den sagenumwobenen Darm (als authentische Vorgabe und Ziel) einfach nicht leisten können oder wollen und auch keine wirklichen Alternativen kennen.
Davon hat die Musikindustrie allerdings in den letzten Jahrzehnten einige auf den Markt gespült. Anfänglich als schlechter Scherz belächelt (angefangen hat es übrigens ganz unspektakulär mit den Nylon- und Plastikschneidfäden von Rasentrimmern, welche in unterschiedlichen Durchmessern erhältlich sind und einfach auf den Bass gezogen wurden. Die klanglichen Ergebnisse kann sich jeder ausmalen...), entwickelten einige (Kleinst-) Hersteller komplette Saitensätze.
Anfänglich eher auf die Darm ähnliche und leichte Bespielbarkeit fokussiert, interessierte der akustische Ton relativ wenig. Über Pickups, Preamps, EQ und die Bassanlage lies sich eigentlich immer ein halbwegs gesunder Ton finden, der sich im Bandkontext ordentlich einfügte.
Wie wir Mucker aber nun mal so sind, haben wir uns eben dauerhaft nicht mit butterweichen Saiten, stumpfem "bummbumm" und "klickerklacker" zufriedengestellt, sondern forderten auch zunehmend einen deutlichen Zuwachs im akustischen Ton. Das haben sich einige Hersteller zu Herzen genommen und über die Jahre einige Alternativen zu Darm entwickelt, die sich durchaus hören und sehen lassen können.
Da ich im Speziellen ganz besonders an die Einsteiger in diesem Segment denken möchte, beschränke ich die Auswahl auf recht preisgünstige Sätze bis ca. 120 Euro, alle mit verhältnismäßig identischen Diametern und alle basieren mehr oder weniger auf einer Kunststoff-/Nylon-Basis. Den speziellen Aufbau im Einzelnen, sowie Besonderheiten und technische Daten (sofern verfügbar) etc. werde ich im jeweiligen Test gesondert erörtern.
Die Aufnahmen geschehen mit meinem heißgeliebten (und mittlerweile arg geschundenen) Micha Frick-Kontrabass. Eine massive ¾ Violine mit Ebenholz-Griffbrett.
Rein akustisch wird über ein t.bone SC-450 Großmembran mit Lowcut
über einen Behringer Tube Ultragain MIC-100 Preamp
in das Tascam Digital Portastudio DP-01 aufgenommen.
BTW: Die Klinkenbuchse der Pickups ist normalerweise nicht mit Gaffa-Tape am Saitenhalter befestigt, sondern mit Kabelbindern fest durch die Saitendurchführungen realisiert. Bei den kommenden Saitenwechseln jedoch wäre dieser Befestigungspunkt ein ziemliches Ärgernis, weswegen ich kurzerhand die "polnische Methode" gewählt habe.
Ich werde jeweils separat zu den einzelnen Sätzen (also pro Post) folgende Stichpunkte behandeln:
- Verpackung, Informationsgehalt im Inhalt oder der Webpage des Herstellers zu den Saiten und deren Einsatzbereich etc.
- Eindruck Verarbeitung, haptische Anmutung allgemein
- Technische Daten (Diameter, Aufbau der Saiten etc,)
- Stimmstabilität und Empfindlichkeit gegenüber äußeren Einflüssen
- Bespielbarkeit und Klang
Abschließend werde ich eine kurze Zusammenfassung mit meinem persönlichen Resümee zum gesamten Vergleich anfügen.
Desweiteren möchte ich anmerken, daß ich mit diesem kleinen Saitenvergleich niemandem auf die Füße steigen will, sollte mein Resümee evtl. auch Kritik enthalten. Es ist mein rein subjektiver Eindruck und keineswegs allgemeingültig, erst recht nicht mit Anspruch auf Vollständigkeit und oder Professionalität.
Weiterhin sehe ich natürlich die Diskrepanz, diese teils sehr günstige Alternativ-Besaitung in direkten Vergleich zu den bereits aufgezogenen Lenzner-Darmsaiten zu stellen. Im Vergleich zu den USA-Weedwacker zum Bleistift beträgt der Kaufpreis der Lenzner-Darmsaiten ziemlich genau das 15-fache!!! (je nach Dollarkurs ca. 16€ zu 240€)
Aber Darmsaiten sind nun mal die konkrete Referenz, die von den Nylonsaiten erreicht werden wollen/sollen. Daher legen wir genau da den Maßstab an. Inwiefern das unfair ist, lasse ich dahingestellt,denn ich kenne bereits einige Nylonsätze und vermute, daß es am Ende dieses Vergleiches die ein oder andere Überraschung geben dürfte.
Soviel sei vorweg genommen: Wenn mich meine Erinnerung nicht völlig in die Irre leitet, muß es keineswegs überaus empfindlicher und teurer Darm sein, wenn man seinen Kontrabass für hauptsächlich Slap und ein wenig Pizzicato fit machen möchte........
Let the games begin......
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