Mal meine Anmerkungen als Orgler dazu: Die Tipps mit dem klassischen 57er oder auch anderen Dynamikern haben sich auch aus meiner Sicht sehr bewährt. Im Tieftonbereich ist es klanglich fast egal - das kann man beim Leslie IMHO am EQ immer noch hinbiegen - nur pegelfest im Bassbereich sollte das Mikro sein.
Abnahme mit Kondensern oben kann man machen - wenn der Tontechniker damit besser zurecht kommt, gerne. Bringt aber in meinen Augen keinen wesentlichen Vorteil, weil aus so einem Leslie oberhalb von 8-10kHz nicht viel sinnvolles rauskommt. Das einzige, was man in den "Hifi-Höhen" erwischt, sind Windgeräusche bei naher Mikrofonierung, die dann vor allem in Spielpausen stören.
Abnehmen würde ich so ein Leslie allerdings
immer stereo, es sei denn, der Orgler wünscht es ausdrücklich anders. In die Mitte pannen, wenn man im Prinzip gerne die Front in mono fahren möchte, kann man trotzdem (hartes Panning ist übrigens auch bei stereo-Abnahme nicht sinnvoll - je nach Pult so 9 und 3 Uhr oder 10 und 2 Uhr ist meist ganz OK). Der Unterschied ist gewaltig: Die wahrgenommene Modulationsgeschwindigkeit bei naher Abnahme ist bei nur einem Mikro entspricht so ganz und gar nicht dem "üblichen" Lesliesound und auch nicht dem, was man in Natura in etwas Abstand hört. Den Stereo-Effekt braucht es dafür gar nicht mal, aber da eine der beiden "Tröten" nur ein Dummy als Gegengewicht ist, kommt das eine verbleibende Horn an nur einem Mikro zu selten vorbei.
EDIT: Ein zweiter wichtiger Grund für zwei Mikros am Horn ist, dass der eigentlich gewünschte Effekt (oder ein wichtiger Teil davon) der Chorusartige Effekt ist, wenn durch den Dopplereffekt gleichzeitig eine Erhöhung und eine Erniedrigung der Tonhöhe entsteht. Das klappt nur, wenn sich das Horn auf ein Mikro zu- und von dem anderen wegbewegt. Das ist auch mit der Grund, warum man ein "stereo" abgenommenes Leslie nicht ganz hart pannt. In größerer Entfernung ergibt sich das durch Gehäuse- und Raumreflexionen von selbst, beim Closemiking mit einem einzelnen Mikro kriegt man nur etwas Frequenzmodulation - das klingt aber eher "eirig" als nach Chorus.
Bei größerem Abstand, wie Jens schon schrieb, geht das wieder, weil die Reflexionen dazu kommen, und die Amplitudenmodulation des Horns nicht so stark mitspielt. Aber einen Meter oder mehr weg, das ist eigentlich nur im Studio praktikabel, und dann würde ich wiederum auch eigentlich das Leslie im Raum auch in stereo haben wollen.
Und wenn alles nicht geht, mache ich mich auf der Suche nach Line Outs, es stellt sich ja auch die Frage, ob man den Leslie-Effekt wirklich nach von transportieren muss.
Ouuu...
Da mach dich auf was gefasst. Das ist ungefähr so, als würdest du einem Gitarristen vorschlagen, sein Gitarrensignal vor dem Amp abzugreifen - mit dem Vorschlag wirst du dir bei den Organisten keine Freunde machen.
Mit Recht: Eine furztrockene Orgel ohne Leslie klingt meist echt schäbig und hat mit dem gewollten Hammond-Sound nichts zu tun. Die Doors haben sowas gerne gemacht, aber das klingt dann auch gleich
ganz anders.
Wenn du dir die Beziehung zu dem entsprechenden Keyboarder / Organisten nicht schon im ersten Moment dauerhaft verderben willst, dann würde ich solche Vorschläge gar nicht erst machen. Wenn ein echtes Leslie Schwierigkeiten macht, kannst du eher noch fragen, ob derjenige eine Leslie-Sim dabeihat und benutzen möchte. Die meisten Orgler besitzen sowas - ob sie die dabeihaben, steht auf einem anderen Blatt. Im Zweifel besser im Vorfeld abklären.
Wenn der Club wirklich klein ist, kann man als zweite Alternative evtl. auf die Abnahme ganz verzichten, die Waschmaschinen können ordentlich Pegel liefern.
Aber meiner Erfahrung nach ist eine Leslie-Abnahme für live nicht wirklich problematisch. Es mag nicht immer ganz einfach sein, den Geschmack des Keyboarders zu 100% zu treffen, aber wenn es nur ums laut machen geht, stellt man die 3 Mikros davor (oben 2 unten 1), pegelt die kurz ein und ab dafür. Sich nicht
zu sehr dazu verleiten lassen, die 1kHz rauszunehmen, die sind für den Hammond-Charakter recht essentiell. Das hohe "C" bei 888000000 muss richtig rausstechen. Ansonsten kann man nicht so viel falsch machen - Höhen und Tiefbässe darf man je nach Location großzügig cutten, wenn es da Probleme gibt. Immer noch besser eine nicht ganz perfekte Abnahme als ein Line-Out als Notlösung.
Ach ja: den Bassbereich einzeln DI abzunehmen klappt nicht - fast alle Leslies haben nur eine passive Weiche. Ausnahmen gibt es, nennenswert sind aber eigentlich nur die MotionSound-Modelle ohne echte Basstrommel - die haben dann eine Simulation für den Bass (inkl. DI out) und ein echtes Horn.