Randstimmvokale, Vollstimmvokale = Häh?

  • Ersteller Sanatorio
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Ein ungestrichenes e in "größtenteils Kopfstimme" kraftvoll und gut schwingend rauszubringen halte ich für ziemlich unmöglich. Da ist dann definitiv die Bruststimme am Werk.

Also um genau zu sein, gefragt habe ich die GL beim f, aber das e hat sich nicht gross anders angefühlt, also denke ich, gilt das, was sie mir beim f gesagt hat auch noch beim e.

"Kraftvoll" desweiteren ist dann natürlich relativ (abgesehen davon habe ich das Wort nicht gebraucht, sondern du ;)). Aber für mich war es schon ein wirklich klingender Ton. Dass eine tiefe Stimme da noch ganz andere Qualitäten hervorbringen könnte ist logischerweise unbestritten :)

Wieviel Prozent jetzt genau Kopfresonanz und wieviel Brustresonanz waren, kann ich natürlich nicht genau sagen, aber wenn meine GL sagt, dass es zu einem grossen Teil Kopfresonanz war, kann man davon ausgehen, dass das stimmt, sie hört nämlich sehr genau ;) Und dass sicher auch ein Teil Brustresonanz mit dabei war, habe ich ja bereits erwähnt.

Gefragt obs hauptsächlich bruststimmig sei, habe ich die GL übrigens v.a. deshalb, weil mich das selber sehr gewundert hätte. Haben schon verschiedene GLs versucht, mir die reine Bruststimme zu "entlocken" und ich erwies mich diesbezüglich immer als äusserst resistent. Wenn überhaupt, komme ich nur aus dem Rufen heraus in die Bruststimme, es braucht dabei immer mehrere Anläufe und wenn ich es dann tatsächlich mal schaffe, fühlt es sich für mich ganz seltsam und irgendwie "falsch" an. Wenn man ausschliesslich klassisch singt, das seit Jahren und zudem hoher Sopran ist, ist die Kopfstimme halt so stark und dominant geworden, dass man fast nicht mehr anders kann.

Und diese Übungen haben wir dann natürlich nicht so gemacht, dass wir gleich in diesen Wahnsinnstiefen gestartet sind, sondern wir haben uns langsam von oben heran getastet. Und scheinbar ist es mir dabei gelungen zu meiner "normalen Singstimme (=Kopfstimme) einfach genügend Brustresonanz hinzuzufügen, dass der Ton kräftig genug war und einen gewissen "Kern" hatte.
Ich wusste übrigens nicht, wo genau wir uns gerade befanden, hätte ich es gewusst, hätte ich wohl schon lange vorher dicht gemacht :rolleyes:
 
Ich wusste übrigens nicht, wo genau wir uns gerade befanden, hätte ich es gewusst, hätte ich wohl schon lange vorher dicht gemacht :rolleyes:
Ja, das ist echt übel wie stark manchmal der psychologische Effekt ist. Geht mir genauso, nur dann eben in der Höhe und nicht in der Tiefe. Wenn ich mich recht entsinne liegt gerade so bei f/g der Bereich, ab dem es theoretisch (!) möglich ist mit Dominanz der Kopfstimme zu singen. Das dürfte dann aber sehr gehaucht klingen. Natürlich ist es noch weit tiefer möglich, die Kopfstimme mit einzubauen, aber die Bruststimme ist dabei dominant.
 
Broeschies, das was du sagt mag vielleicht auf Männerstimmen zutreffen, aber Frauen müssen für Belts in der zweigestrichenen Lage immer in mixed voice gehen und können nicht ohne sich die Stimme zu schreddern in der Bruststimme bleiben.
Da liegt der Hund begraben.

Da Männer sowohl klassisch als auch contemporary vor allem vollstimmig singen, gelten in beiden Genres ungefähr die gleichen Tongrenzen. Bei Frauen ist es aber ein enormer Unterschied, ob randstimmiges Singen im jeweiligen Genre integriert ist, oder nicht.

aber das hängt wahrscheinlich auch mal wieder davon ab, wie man Belt und Mix definiert ;)
Für mich besteht da ein klanglicher Unterschied, allein weil ich das Wort "Belting" wörtlich nehme. Da wird eben "geschmettert", das ist im Mix aber eher nicht der Fall.

Ich persönlich kann besser belten als mixen.

Auch das mit dem ausgeprägterem Falsetto würde ich für mich selbst gelten lassen. Ich habe, wie viele tiefere Stimmen, eine relativ "kurze" Mittelstimme im klassischen Sinn
Das Schicksal der Mittelstimmen / tiefen Stimmen. ;)
 
Für mich besteht da ein klanglicher Unterschied, allein weil ich das Wort "Belting" wörtlich nehme. Da wird eben "geschmettert", das ist im Mix aber eher nicht der Fall.
Seh' ich genauso. Fühlt (und hört) sich für mich, wie gesagt, deutlich anders an.

@Tonja:
Ich denke auch, dass Du tiefe e und f vollstimmig singst, aber halt im klassischen Ansatz mit viel Kopfresonanz. Man KANN da unten zwar randstimmig singen, das klingt aber dünn und hauchig - wie isolierte Randstimme allgemein.

Ich gebe Dir völlig Recht, dass im Bereich Klassik immer Kopfresonanz gefordert ist, auch in der Tiefe (von Verismo-Arien mal abgesehen, und da vielleicht auch eher als Effekt). Nur kann's eben auch mal zuviel werden, und gerade bei tiefen Stimmen führt das dann eben oft zum überhellen Klang - das sind dann die Altistinnen, die "sopranig" klingen. Genau das war z.B. bei mir der Fall. Man muss da halt echt immer sehen, welchen Stimmtyp man vor sich hat, und das "Mischungsverhältnis" dementsprechend anpassen.

Ist halt, auch unter Gesangspädagogen, oft das alte Problem Kopfstimme/Brustimme vs. Randstimme (Falsetto)/Vollstimme (Modalstimme). Erstere sind phänemenologisch und v.a. resonanzbezogen (physiologisch mehr Ansatzrohrebene), letztere funktional (mehr Stimmbandebene). Keine gut klassisch ausgebildete Frau singt z.B. ein forte g2, oder auch kleine Oktave, in isolierter Randstimme. Sie singt die selben Töne allerdings mit "Kopfstimme"/"Kopfresonanz" ;)
Sollte sogar generell in Randstimme gesprochen werden, oder ist Vollstimmeinsatz unmöglich, liegt da an sich eine Pathologie vor, und das ist bei den Meisten doch eher nicht der Fall. Ist aber verbreitet, dass in der Höhe (oder allgemein) zu brustig, oder in der Tiefe (oder allgemein) zu kopfig gesungen wird.

Ich muss da selbst oft aufpassen, ganz einfach, weil die Terminologie so verbreitet ist und Bruststimme/Kopstimme den meisten einfach mehr sagt.

@Sanatorio: Videos gibt's eine ganze Menge, schau' Dich mal auf Youtube um, gebe aber vielleicht die englische Terminologie ein (modal voice/falsetto, oder thick folds/thin folds). Es gibt auch Videos zum Kauf - z.B. auf www.vocalprocess.co.uk oder der Schwesterseite http://www.voiceboxvideos.com. Gillyanne Kayes ist eine der führenden Gesangspädagogen/Stimmforscher hier in GB (ich nehme auch ab und zu supervisory sessions bei ihr), da kannst Du relativ sicher sein, dass da immer mit dem neuesten Stand gearbeitet wird.

Bücher gibt's auch etliche, wie schon gesagt v.a. von Titze, Sundberg und vielleicht auch noch Sataloff. Als Einstieg ist u.U. auch Christina Shewell's "Voice Work" zu empfehlen, gerade für Dich, weil sie aus dem SLT- Bereich kommt. Da werden sehr anschaulich alle Bereiche durchleuchtet und erklärt.
 
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Ich denke auch, dass Du tiefe e und f vollstimmig singst, aber halt im klassischen Ansatz mit viel Kopfresonanz.

Das kann gut sein, resp. ist wahrscheinlich so. Ich habe mich immer ausschliesslich auf die Resonanzen bezogen. Für mich: Kopfstimme=Kopfresonanz, Bruststimme=Brustresonanz, auch wenn das vllt etwas schlampig ausgedrückt ist. Und: wie viel oder wie wenig beim singen von den Stimmlippen jeweils grad mitschwingt ist mir ehrlich gesagt ziemlich egal.

Ist einfach so, dass ich bei singen normalerweise alles nur im Kopf spüre, bei diesen sehr tiefen Tönen hingegen tat sich (zusätzlich) auch was im Brustbereich. War aber anders (viel angenehmer und irgendwie "natürlicher") als wenn ich jeweils versuchte aus dem rufen heraus in die reine Bruststimme zu kommen, halt vermutlich eben weil immer noch sehr viel Kopfresonanz dabei war.

Und um das doch noch zu erwähnen, aber interessiert mich eben nur am Rande ;): randstimmig ist es ja wohl dann, wenn man p und pp Übungen (v.a. auf "u") macht. Ist ja wichtig so was zu können, um zB. Piano-Höhen zu singen. Würde mal schätzen, eine Stimme die das nicht mehr kann ist ziemlich abgesungen resp. beschädigt.

Nur kann's eben auch mal zuviel werden, und gerade bei tiefen Stimmen führt das dann eben oft zum überhellen Klang - das sind dann die Altistinnen, die "sopranig" klingen.

Ja, kann sein. Wobei ich persönlich noch kaum je sopranig klingende Altistinnen gehört habe. Echte Altistinnen sind ja eh selten und die klingen dann doch meist schon ganz anders als ein Sopran :) Was ich hingegen schon hörte, sind Mezzi, die wie ein Sopran klangen. Von einer bei der das so ist, weiss ich, dass sie eigentlich Sopran wäre, es aber nie geschafft hat, die Höhe wirklich aufzuschliessen. Schon recht tragisch für eine Profisängerin! Sie verdient jetzt halt ihre Brötchen mehr schlecht als recht als "Mezzo", leider völlig ohne Mezzo-Timbre.

Was mir im Gegenteil aber schon recht oft aufgefallen ist: tiefe Stimme die für mein Empfinden einseitig (zu) dunkel waren. Gerade vor ein paar Wochen in einem Konzert erlebt: ein tiefer Mezzo, sehr dunkel, eigentlich eine tolle Stimme, hat aber leider alles etwas mumpfig getönt. Die Sängerin hatte eindeutig zuwenig Vordersitz. Und da sie dann noch ausschliesslich barocke Literatur sang, hat es doppelt gestört, dass sie ihre Stimme nicht besser geführt hat.
 
Was mir bei den Thema noch einfällt ist eine TVS-Übung zum Stärken der Bruststimme bzw. besser gesagt zum integrieren von mehr Brustanteilen in der Kopfstimme, die geht etwa so.

- Such dir einen Ton aus, auf dem du die Brustanteile verstärken willst (in der Regel will man das auf den niedrigen Kopfstimmentönen)
- Dann setze weich auf einem "HA" an und halte den Ton
- Schließe dann den Mund, aber halte den Ton weiter, wodurch ein Summen entsteht
- Dann drückst du während du den Ton weiter hältst die Zungenspitze gegen die unteren Vorderzähne (nicht zu fest, aber auch nicht zu sanft)

Diese Übung soll die Bruststimmenmuskulatur stärken und hilft gleichzeitig etwas beim Absenken des Kehlkopfes. Man sollte es natürlich nicht stundenlang machen, weil halt einige wenige Muskeln gezielt trainiert werden, die auch irgendwann ermüden. Man kann nach dem Andrücken der Zunge den Mund auch wieder öffnen und bekommt dann einen "brustverstärkten" Ton.

Rob Lunte empfiehlt sogar, die Zunge permanent während des Singens wann immer möglich leicht gegen die unteren Schneidezähne zu drücken. Ich persönlich mache das aber nicht und ich denke auch, dass es für bestimmte Stilistiken die Bewegungsfreiheit der Zunge zu stark einschränkt. Die Übung funktioniert aber (zumindest bei mir) gut, um die absoluten Tiefen zu erschließen und tragfähig zu machen.
 
Könnten wir uns darauf einigen, nicht von "drücken" sondern vielleicht von "berühren" zu sprechen? ;) Druck impliziert gleich wieder, dass Kraft im Spiel ist, wo keine sein sollte.
 
- Dann drückst du während du den Ton weiter hältst die Zungenspitze gegen die unteren Vorderzähne (nicht zu fest, aber auch nicht zu sanft)

Eh. Nein. Gar nicht. Ich achte bestenfalls darauf, dass sie (freiwillig!) dort liegt. Alles andere endet nur in Druck, wo er nicht sein soll und resultierend daraus einem schlechten Ton.
 
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Eh. Nein. Gar nicht.

Ja, auf gar keinen Fall irgendeinen Druck mit der Zunge ausüben! Ist ganz schlecht. Die Zunge muss immer locker sein. Die Zungenspitze zwar beweglich und aktiv, damit möglichst viele Silben nur mit der Zungenspitze, dh. ohne zuviel unnötige Kieferbewegungen, gebildet werden können. Wenn sie aber "nichts zu tun hat" liegt sie locker im Mund mit leichtem (!) berühren (nicht drücken!) der unteren Schneidezähne.
 
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Könnten wir uns darauf einigen, nicht von "drücken" sondern vielleicht von "berühren" zu sprechen? ;) Druck impliziert gleich wieder, dass Kraft im Spiel ist, wo keine sein sollte.
Bei dieser Übung muss wirklich gedrückt werden (nicht zu feste, aber doch spürbar), sonst wirkt sie nicht. Natürlich sollte man mit diesem Druck nicht singen und wie gesagt zu lange sollte man die Übung auch nicht machen, es geht nur um die Gewöhnung an die Muskelaktivität, die im Kehlkopfbereich dadurch ausgelöst wird.
 
Bäh, ne. Halt ich gar nix von. Das klingt nur nach Zungen- und Kieferkrampf (actio = reactio ... die Kiefermuskulatur hält ja dagegen).

Wie moniaqua und Tonja schildern: die Zunge darf gerne die unteren Schneidezähne berühren, sofern sie nicht gerade mit artikulieren beschäftigt ist, das hat den Vortel, dass man den Zungengrund nicht zum Herunterdrücken des Kehlkopfes verwenden kann. Aber ich würde nie einem Schüler, dessen Zunge das nicht tut, sagen: "Leg die da hin!" Das wird in 90 % der Fälle zu nichts Sinnvollem führen. Lieber allgemein am Tonus der Zungenmuskulatur arbeiten, so dass sie irgendwann von ganz alleine dort landet, wo es bequem ist.
 
Bäh, ne. Halt ich gar nix von. Das klingt nur nach Zungen- und Kieferkrampf (actio = reactio ... die Kiefermuskulatur hält ja dagegen).

Wie moniaqua und Tonja schildern: die Zunge darf gerne die unteren Schneidezähne berühren, sofern sie nicht gerade mit artikulieren beschäftigt ist, das hat den Vortel, dass man den Zungengrund nicht zum Herunterdrücken des Kehlkopfes verwenden kann. Aber ich würde nie einem Schüler, dessen Zunge das nicht tut, sagen: "Leg die da hin!" Das wird in 90 % der Fälle zu nichts Sinnvollem führen. Lieber allgemein am Tonus der Zungenmuskulatur arbeiten, so dass sie irgendwann von ganz alleine dort landet, wo es bequem ist.

Ja, der Kiefer muss natürlich locker bleiben. Das ist nämlich der zweite Effekt, dass die Zunge dann den Kiefer leicht runterdrückt und den Kehlkopf in eine günstige, leicht gesenkte Position bringt. Wenn man mit der Zunge wirklich nach vorne drückt und nicht nach unten, kann man den Kiefer dadurch nur sehr leicht senken, was ein übermäßiges Senken des Kehlkopfes (wie es bspw. bei der "Gähnstellung" leicht passiert) verhindert. Der Kiefer ist ja so ziemlich der einzige Teil, der wirklich in jeder Situation komplett entspannt sein muss. Natürlich kann man die Übung auch falsch machen, narrensicher sind nur sehr wenige Übungen.
 
Das ist nämlich der zweite Effekt, dass die Zunge dann den Kiefer leicht runterdrückt

Sorry broeschies, aber bei einer solchen Aussage läuten bei mir alle Alarmglocken! :eek:

Der Kiefer sollte nie mit irgendwas runtergedrückt werden, sondern in der Grundposition einfach nur locker hängen. Wobei letzeres eben leider gar nicht so "einfach" ist, v.a. nicht in unseren Breitengraden, wo die Leute tagsüber stundenlang verkrampft vor dem PC hocken oder auch sonst häufig zu Verspannungen neigen. Wenn dazu dann noch Tipps kommen, denn Kiefer runter zudrücken: ojeh! Dein "leicht" rettet die Sache dann auch nicht mehr, denn drücken bleibt drücken und die Gefahr, dass sich bei solchen Anweisungen der Kiefer (noch mehr) verspannt, halte ich für enorm!


Der Kiefer ist ja so ziemlich der einzige Teil, der wirklich in jeder Situation komplett entspannt sein muss.

Äh, und was ist mir der Kehle? ;)


narrensicher sind nur sehr wenige Übungen.

Da hast du natürlich recht, aber diese Übung hier ist eine richtige Schlangengrube!
 
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Wie gesagt, bei mir funktioniert die Übung sehr gut und auf niedrigen Kopfstimmetönen kenne ich selbst jetzt keine andere Möglichkeit dem Ton mehr Bruststimme beizumischen ohne dabei zu belten.

Äh, und was ist mir der Kehle? ;)
Die entspannte Kehle ist mMn eher eine Art sensorische Täuschung (wobei es auch drauf ankommt, was genau du mit "Kehle" meinst. Da gehört ja ziemlich viel dazu). Der Kehlkopf kann ja alleine dadurch schon nicht entspannt sein beim Singen, dass die Stimmlippen gespannt werden müssen. Die Kehle fühlt sich trotzdem entspant an, weil es kein sensorisches Feedback von den Kehlkopfmuskeln gibt. Die Spannung, die man bei einer "nicht-entspannten" Kehle empfindet, entsteht mMn dadurch, dass die dann i.d.R. fehlende oder unausgeglichene Aktivität der Kehlkopfmuskeln durch andere Muskeln ausgeglichen wird, v.a. im Nacken und dem schon angesprochenen Unterkiefer.
 
Ich habe mich zuletzt etwas mehr mit dem Thema "Vokalangleichung" beschäftigt. Das ist wirklich sehr interessant, was man so alles damit machen kann. Vokalangleichung spielt ja seit jeher in der Klassik eine Rolle und kommt auch bei TVS, noch mehr aber bei CVT vor und eignet sich auch, um den Kehlkopf auf bestimmte Gesangsstile "einzustimmen".

Das Prinzip dabei ist immer dasselbe. Man wählt einen Grundvokal und versucht zu erfühlen, wo dieser Vokal natürlicherweise resoniert (dafür ist ein vorher sichergestellter Vordersitz wichtig). Dann versucht man alle anderen Vokale in den selben Resonanzraum zu denken und gleicht sie damit an den Grundvokal an. Verschiedene Grundvokale eignen sich zum Üben verschiedener Gesangseinstellung. Besonders deutlich gemacht wird das bei CVT. Die typischen Vokale sind im einzelnen:

U: Das ist der klassische Grundvokal. Alle Vokale an das U anzugleichen erzeugt eine klassische Klangfärbung mit erhöhtem Tilt und tiefer Kehlkopfstellung, gleichzeitig relativ geringem Twang

Ä: Das ist der Twang-Grundvokal. Er erzeugt einen starken Twang und damit den grundsätzlich besten Stimmbandschluss. Daher ist die Atemdruckanforderung auf diesem Vokal im vergleich zu den anderen Vokalen deutlich geringer.

A: Das A ist der Grundvokal für den von mir oft als "Mix-Belt" bezeichneten Modus (bei CVT "Curbing" genannt), er hat immer noch einen gewissen Twang, aber lässt mehr Raum für Atemdruck als das Ä. Er erzeugt eine dunklere Klangfärbung als das Ä, die einem "echten" Belt näher kommt.

O: Das O ist der Grundvokal für den Ruf-Belt (bei CVT "Overdrive", bei Estill einfach nur "Belt"). Das O ist der "vollstimmige Bruder" des Vokals U. Dieser Vokal hat genau wie das U einen geringen Twang und lässt damit viel Raum für "Atemarbeit". Im Gegensatz zum U gibt es aber wesentlich weniger Tilt (dickere Stimmlippen). Zusammengenommen sind das beste Voraussetzungen für einen Belt. Die niedrige Kehlkopfstellung des O bietet außerdem eine gute Schutzfunktion, um dem beim Ruf-Belt in der Höhe stark steigenden Kehlkopf entgegenzuwirken. Der höchste Ton, den man auf O noch belten kann ist ein guter Indikator dafür, wie hoch man überhaupt mit dem Ruf-Belting gehen sollte, denn auf höheren Tönen verkleinert sich beim Ruf-Belten das Instrument. Eine sehr gute Vokalise für das Ruf-Belten ist das von Bell hin und wieder genannte "Däy-O". Dort wird sozusagen in einer twangigen Einstellung (Ä) begonnen und dann erst in den Ruf-Belt geöffnet, was einen gewissen Schutz gegen das "Überblasen" der Stimmlippen liefert.

Zusätzlich muss man aber noch erwähnen, dass ein einzelner Vokal mit tiefer Kehlkopfstellung (A, O, U) nicht ausreicht, um die komplette Range zu erschließen. Denn in der hohen Kopfstimme muss der leicht ansteigen und der Twang erhöht werden. Der "hochkehlkopfige" Partner des U ist dabei in der Regel der Vokal I. Über ein "UIUIUIUI" z.B. kann bei klassischer Einstellung die Resonanzverschiebung zur hohen Kopfstimme hin "erfühlt" werden. Beim Ruf-Belt wird normalerweise zunächst vom O auf ein A übergegangen (also vom Belting zum Mix-Belting gewechselt) und danach in großer Höhe auf ein Ä (also vom Mix-Belting zum reinen Twang).

Es ist wirklich interessant mit den Vokalräumen ein bisschen "rumzuspielen" und die unterschiedlichen Klangfärbungen von quäkig (Ä) über voll (A,O) bis rund (U,I) auszuprobieren.
 
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