So provokativ Maria_Wolles Beitrag auch sein mag, so überzeugt bin ich auch davon, dass es in vielen Fällen leider so läuft. Zu viele Jugendlichen, die ich kenne, wollen einfach nur ein paar Songs "produzieren" um die dann irgendwo hochzuladen, den Freunden zu präsentieren und dann dafür gefeiert werden und cool sein. Das sind diejenigen die sich ein Plugin nach dem anderen kaufen, oder viel wahrscheinlicher noch klauen, denn sonst wäre das ja alles zu teuer, und dann auch Samples und Loops Gb-weise auf ihren Festplatten ansammeln. Damit ist der Track natürlich schnell zusammengenagelt. Wirkliche Ahnung vom Musik machen haben diese Leute dann nicht, was z.B. daran erkennbar ist, dass sie sich gerne mal ein wenig 1,5 cm dicken Noppenschaum um den Schreibtisch herum an die Wände kleben, eine Leidenschaft sowieso nicht und von ihnen muss man sich dann auch noch in den Foren anhören, dass die Arbeit an einem Song (vom leeren DAW-Projekt bis zum fertigen "Master") in der Regel nicht länger als 2-3 Stunden in Anspruch nehmen sollte. Das ist natürlich absoluter Unsinn, und wer, wie ich auch noch anfängt Synthesizer-Presets und Drums selbst zu schrauben, der kann auch mal locker eine Woche für einen Song einplanen.
Wie LibertinChanson schon ganz richtig sagt, mit Musik machen hat das Ganze nicht mehr viel zu tun, aber das ist leider auch ein Grund für die Überflutung mit musikalischem Material.
Wer wirklich ernsthaft Musik machen möchte, wer eine wirkliche Leidenschaft besitzt, der wird ein Vielfaches mehr an Zeit und Geld investieren. Das fängt damit an, dass man sich über Tutorials, Handbücher und Gesprächen mit Freunden und anderen Musikern über seine Produktionsmittel (DAW etc.) und die technischen Herangehensweisen des Sound-Designs, Mixings und Masterings informiert, dass man genügend Zeit in das Produzieren von Material steckt und auch bereit ist ein gewisses Maß an Geld zu investieren. Dazu kommen die Frustrationen, am Anfang nicht gleich so professionell zu klingen wie die eigenen Vorbilder und immer wieder auch Ideen verwerfen zu müssen, aber das gehört nun einmal dazu. Gerade wer wirklich versucht, seinen eigenen Sound zu kreieren und dabei sich soweit wie möglich von Presets und fertigen Samples und Loops ohne weitere Bearbeitung distanziert, wird unweigerlich frustriert sein, wenn er seine Werke mit jenen von Personen vergleicht, die nur Loops und Samples zusammengeklebt haben. Aber hinter letzterem stehen eben auch eine Menge erfahrener Leute, die die Samples und Loops zu dem gemacht haben, was sie sind. Und derjenige, der sie schließlich nur noch zusammenklebt hat so gut wie keine Anerkennung für eine eigene Leistung verdient.
Und bevor hier gleich einer einhakt: Ja, es gibt Genres, in denen das Zusammenkleben von Samples prägendes Merkmal ist, aber im überwiegenden Anteil der Musikgenres ist das nicht der Fall
InnerCircle würde ich in seiner Aussage ein wenig widersprechen. Natürlich bedienen sich immer mehr Künstler an Factory Presets und z.T. auch an Samples oder Loop-Teilen, aber das ausschließliche Zusammenkleben von Loops und Samples ist meiner Ansicht nach doch eher die Ausnahme. Schade finde ich es aber trotzdem, dass es z.B. in der aktuellen Clubmusik (mein Spezialgebiet
) kaum noch üblich ist, nicht mit Drum-Samples und Loops aus der Dose zu arbeiten. Die Arbeit am kompletten Beat liegt meist nur noch im Aussortieren unpassender Elemente (was natürlich auch eine gewisse kreative Leistung beinhaltet...). Auch die Uplifter und Downshifter-Effekte stammen weitgehend aus Sample Packs. Der ganze Rest (Melodie, Arrangement, Vocals) stammt weitgehend jedoch noch aus der eigenen Feder und lässt zum Glück noch genug kreativen Freiraum.
Auf Musotalk gab es vor längerer Zeit einen Monolog von Non Eric. Das Fazit war, dass heutzutage leider sehr viel mehr Musik gleich klingt, weil es mit den Preset-, Sample- und Loop-Massen einfach viel einfacherer geworden ist, einen fremden Sound zu kopieren, als es früher war. In Zeiten, wo Equipment noch deutlich teurer, limitierender und weniger weit verbreitet war, war es eben einfacherer und oft auch aus der Not heraus unumgänglich einen eigenen Sound zu kreieren, anstatt einen fremden Sound zu kopieren.
Die Diskussion läuft hier allmählich sehr in Richtung off topic, ich würde also vorschlagen, die ggf. in einem neuen Thread weiterzuführen. Spannend ist das Thema auf alle Fälle!