Unser letzter Probenraum (bis Anfang des Jahres), in dem die Band irgendwas zwischen 15 und 20 Jahre gewesen sein muß, war so lala.
Der war in einem Innenhof in einem Industrieareal mit Stahlgittertor davor. Gut 5 m lang, knapp 3 m breit, also Schlauch. Mit sechs Mann wird's eng, von laut mal abgesehen – wir haben zwar keine Amps, aber die bandeigene PA nebst Monitoren läuft immer.
Auf einer Langseite gab's drei (auf Bandwunsch von außen vergitterte) Fenster, die wir aber nicht nutzen konnten, die hätten nämlich die Akustik total verhagelt, hätten wir sie nicht mit Teppichresten abgehängt. Damit fiel auch Lüften flach, weil wir die Teppichreste nicht zur Seite hängen konnten. Vor ein paar Jahren waren die Fensterrahmen so durch, daß bei einem Fenster schon die Scheibe nach unten gerutscht war und oben ein Spalt offen war. (Gab trotzdem keine Luftzirkulation.) Die mußten also komplett getauscht werden, und weil das nicht ging, wenn wir unser Zeugs aufgebaut hatten, mußte das nach einem Gig stattfinden, während der Bandkram bei unserem Leadsänger/2. Keyboarder in der Garage eingelagert war.
Lüften war durch die abgehängten Fenster kaum möglich, so daß die Luft, sagen wir, unschön war. Wenn wir probten, hatten wir häufig die Raumtür offen stehen und einen Ventilator laufen; wenn ich mal alleine da war, hab ich auch den Ventilator angeschmissen, egal, was ich da wollte. Die verbrauchte Luft kam aber nicht raus. Hohe Luftfeuchtigkeit war nicht das Problem. Das dachten wir mal, aber dann hab ich, als ich mal alleine im Raum war, meinen Entfeuchter mitgebracht, angeschlossen, eingeschaltet, und das Ding sprang nicht an, weil die Luftfeuchtigkeit bei gerade mal 40% war. Auf Dauerbetrieb gestellt, und das Teil zog trotzdem keinen Tropfen Wasser aus der Luft. Ich schätze, das waren einfach Siff und Schimmel, die in der ganzen Zeit in die Tapeten gezogen waren.
Der Boden war Beton mit aufgeklebten Kunststoffplatten, die langsam wegbröselten. Folglich hätten wir nach dem Abbauen für jeden Gig staubsaugen und die Plattenbrösel entfernen können.
Die Wände waren generell verputztes Mauerwerk, zum Flur hin nicht mal besonders dick, und mußten mit Filzmatten abgehängt werden. Ich hatte hinter mir keine Matte; ich hab an sich ein Mikro, das schwer zum Rückkoppeln zu bringen ist, aber so dicht an der Wand koppelte es wie Sau, wenn ich nicht meine Birne davor hatte.
Die elektrische Installation war meh. Da kamen kaum 210 Volt aus der Dose, und viele Dosen gab's auch nicht.
Was geil war, war, daß der Raum ebenerdig im Erdgeschoß und direkt hinter der großen Gebäudetür war. Be- und Entladen für Gigs ging immer sehr gut. Mit dem Sprinter an die Tür, alles ruckzuck in die Karre verladen oder wieder raus, auch dann, wenn mal die PA mit mußte. Ich meine, die Band hatte auch mal einen Raum, der nur über eine enge Wendeltreppe zu erreichen war. Der damalige Hauptkeyboarder hatte eine Hammond und ein Leslie. Sagen wir mal, es war kompliziert.
Jetzt, nachdem unser aktueller Drummer, alter Hase im Business, von dem Raum so genervt war, daß er sich auf die Suche nach einem neuen begeben hat, haben wir einen bezogen in einem Keller, dieses Mal in einem reinen Gewerbegebiet. Okay, Gig-Logistik ist erschwert, aber es gibt einen einigermaßen funktionierenden Fahrstuhl, über den wir alles aus dem Keller und wieder rein schaffen. Und viel mehr Platz haben wir jetzt auch.
Der Raum war erst in einem ziemlich schrabbeligen Zustand, also Genehmigung vom Vermieter eingeholt, den renovieren zu dürfen. Teppich rein (Akustik!), alles schön weiß gestrichen und mit Stoff abgehängt (Akustik!), raumteilenden Vorhang rein, bestimmt 40 m an Kabelkanälen installiert, von denen wir nicht mal alles nutzen, sogar die elektrische Installation ist von unseren Leuten. (Erster Nachteil: Beim alten Probenraum hatten wir immer einen Bauschuttcontainer vor der Tür; nach der Renovierung mußten wir den Schutt zum alten Raum karren.) Die Fenster sind uralt und unschön, aber die sind auch abgehängt, und zwar so, daß man die Abhängung auch mal wegschieben und lüften kann, und dank vergitterter Lichtschächte kommt da auch keiner rein.
Heizung in dem Sinne gibt's nicht (im alten Raum hatten wir einen programmierbaren Thermostat am Heizkörper, so daß es bei Proben im Winter außerhalb der Reihe ziemlich kalt war), aber Warmwasserleitungen, die durch den Raum laufen und dasselbe bewirken. Hauptnachteil: Klo gibt's auch nicht, besser gesagt, nicht auf dem Stockwerk, sondern ein paar Etagen weiter oben, und man sollte zwei Schlüssel mitnehmen, sonst kommt man nicht in unseren Raum zurück. (Fragt nicht, was in dem Gebäude noch alles drin ist.) Das verkompliziert auch das Abwaschen der Kaffeekanne etwas. Dafür haben wir jetzt Platz für einen Kühlschrank und eine Sitzecke.
Gastronomische Angebote in der Nähe gibt's schon, aber die machen um 20 Uhr schon dicht, weil dann auch die letzten Büros Schicht machen. Die, die noch offen haben, sind etwas weiter weg als beim alten Raum, dafür aber in größerer Auswahl verfügbar und großenteils besser als vorher.
Zu Gruselgigs fallen mir eigentlich nur zwei von unseren drei Regengigs ein. Die hab ich beide schon im Live-Pannen-Thread geschildert.
Der erste: Stadtfest, große NDR-Bühne mit zwei Kameras und LED-Wand (ja, wirklich). Wir waren zwar am Sonntag die letzte Band und hatten nur ein Set mit 75 Minuten, das war unser mit Abstand kürzester Gig, aber trotzdem hätte alles so schön sein können – wenn es nicht seit Sonnabendmittag durchgeregnet hätte. Und durchgeregnet war da auch der Molton. Von der Riesenbühne waren nur etwa 28 m² nutzbar, nämlich die ersten zwei Meter vorne, dahinter schwamm alles, und der Drumriser. Einen halben Meter hinter meinem Rack – Winkelrack mit Submixer oben drin – lief ständig Wasser von der Bespannung auf den Bühnenboden; mit weiter hinten stehen war also Essig. Diese vorderen zwei Meter teilten wir mit den Monitoren.
Ganz stage right stand der Bühnenkameramann. Der hätte eigentlich auf der Bühne rumlaufen und für die LED-Wand auf uns halten müssen. Rumlaufen ging aber nicht mehr, er konnte nur noch über die Monitore klettern, was er mit der fetten Kamera auf der Schulter ungern tat. Hinter uns langgehen wollte er auch nicht, weil er uns nicht von hinten erwischen wollte und zwischen uns nicht viel Durchkommen war, außerdem schiffte es ja an diversen Stellen durch den Molton. Der Mann war so eingemauert, daß er häufig der Einfachheit halber auf mich – ich stand ganz stage right – oder auch mal meinen blinkenden Submixer hielt, weil er dafür nicht klettern mußte.
Wir haben an sich richtig geile Aufzeichnungen von dem Gig. Was es da aber nicht gibt, ist Applaus. Die normalen Stadtfestbesucher hatten sich alle ins Trockene verzogen, die Buden waren auch schon zu. Vor der Bühne harrten nur an die 20 Leute aus, die wir eingeladen hatten, und die klatschten nicht, weil sie mit einer Hand ihre Regenschirme festhalten mußten.
Dann hatten wir mal einen auf einem Campingplatz. Also das umgekehrte Ende der Professionalität. Aus Holz zusammengeschusterte Winzbühne, so eng, daß wir unsere PA daneben aufstellen mußten. War sowieso gaga, mit dieser PA open air spielen zu wollen, aber wir wollten nicht eigens eine wesentlich größere mieten, das hätte sich nicht gelohnt, und der Veranstalter wollte und konnte auch keine stellen.
Obendrein war die Bühne komplett unbeleuchtet, so daß wir nach Einbruch der Dunkelheit (es war Mai) kaum mehr zu sehen gewesen wären, hätte nicht unser damaliger Drummer und Bookingbeauftragter irgendwoher zwei Bauscheinwerfer organisiert. Fest installierte Beleuchtung wär eh schwierig gewesen, weil die Bühne nicht nur eng war, sondern auch niedrig, so daß zwischen unseren Köpfen und den Deckenträgern kaum Platz für PAR-Kannen oder so gewesen wär. Die Bespannung war zumindest schon mal Lkw-Plane und somit wasserundurchlässig. Das sollte beides noch wichtig werden.
Alles auf der Bühne hing zusammen mit dem daneben stehenden Getränkewagen an derselben 230-V-Kabeltrommel. Die Spannung war – das hatten wir zum Glück nur dieses eine Mal – noch niedriger als im Probenraum und so niedrig, daß bei meinem Kurzweil bei einem Mal Einschalten die Festplatte nicht anlief. Beim nächsten Versuch startete sie zum Glück.
Der Gig an sich war erstmal nicht mal ungeil. Dann sahen wir dicke Wolken aufziehen mit einem beeindruckenden Regenbogen davor. Und die Brühe kam in unsere Richtung. Ab Mitte zweites Set gab's dann fast eine Stunde lang Platzregen vom Übelsten. Erstmal mußten wir Müllsäcke über die PA-Satelliten ziehen, damit die nicht naß wurden (der Subwoofer war da weniger empfindlich). Dann war die Lkw-Plane nicht sehr stramm, und über uns sammelte sich darin ständig Wasser. Da war es wieder gut, daß die Bühnenkonstruktion so niedrig war, denn wir konnten so das gesammelte Wasser eigenhändig nach hinten schieben und entleeren, was wir bestimmt vier- oder fünfmal gemacht haben. Jedes Mal ging ein Sturzbach wenige Zentimeter hinter meinem Rack und noch vor der hinteren Bühnenbespannung zu Boden. Daß mein Submixer nicht überflutet wurde, war mehr Glück als sonstwas. Natürlich hatten wir dann auch kein Publikum mehr, aber hey. Der Getränkewagen machte auch zu – mehr Strom für uns. Kaum, daß der Wolkenbruch vorbei war, tanzten dann wieder ein paar Dutzend Leute auf der regennassen Tanzfläche vor der Bühne.
Das vierte Set hat der Veranstalter uns dann geschenkt. Tolles Timing: Als wir "in die Freiheit entlassen" wurden und abbauen konnten, fing es gleich wieder an zu schütten. Wie gut, daß wir mit dem Sprinter direkt an die Bühne fahren konnten. Scheiße nur, daß wir irgendwann mal unsere Verteilerleisten abziehen mußten, und dann wurde es zappenduster. Der Gitarrist mußte nach dem Gig seinen Floorboardkoffer mit nach Hause nehmen und trockenlegen.
Bei unserem dritten Regengig war nicht der Regen das Problem, sondern die Kombination aus Gastronomie und Zeitplan (wir hatten 30 Minuten für ein Mittagessen, das nach 28 Minuten kam) und das völlige Fehlen eines brauchbaren Backstage, so daß unsere Sängerin sich unerwarteterweise nicht umziehen konnte (hinter einer Glastür im selben Restaurant). Trotzdem standen letztlich drei Teeniemädels vor der Bühne im Regen und himmelten unsere dreimal so alte Sängerin an.
Martman