Genau, es ist eine Dienstleistung - die verpflichtet deinen Gesangslehrer aber nicht zur Seelenverwandschaft.
Dann geh eben zu einem anderen Lehrer, wenn diese/r dir nicht passt. Es zwingt dich ja niemand.
Da du allerdings selbst schon gesagt hast, dass es bei euch wenig Auswahl gibt, wirst du nunmal entweder mit dem Vorlieb nehmen müssen, was nunmal da ist, oder autodidaktisch weitermachen. Das muss dir nicht gefallen - aber es ist nunmal so.
Ich habe bei dir eher den Eindruck, dass du eben Feuer und Flamme fürs Singen bist (was ja gut ist!), aber in deinem Eifer etwas übersiehst, dass "richtig" Singenlernen viel mit Technik, Übung und manchmal auch stumpfen Wiederholungen zu tun hat. Da bist du nach deiner anfänglichen Euphorie vielleicht ein bisschen auf dem Boden der Tatsachen gelandet. Die Seele ist eine Sache - die Beherrschung die andere. Um ein geniales Endprodukt zu bekommen, braucht man beides. Die Kunst kommt erst, wenn das Handwerk im Schlaf beherrscht ist. Und solange das noch nicht der Fall ist, wird eben am Handwerk gefeilt. Du kannst dich doch in deiner Freizeit stimmlich austoben, wie du lustig bist, daran hindert dich ja keiner. Nur ist es die Aufgabe des GLs, dir das Handwerk zu geben, damit du es später eigenständig nutzen kannst. Soweit scheinst du momentan noch nicht zu sein - das ist kein Beinbruch, aber man sollte es akzeptieren, wenn man irgendwohin will mit seinen gesanglichen Fähigkeiten. Wenn dir das Üben zu emotionslos ist, tja... entweder findest du doch noch den perfekten Gesangslehrer, oder du machst mit deinem eigenen Gefühl weiter, dafür aber ohne stimmlich voran zu kommen.
Mein alter Reitmeister hat mal einen schönen Satz gesagt, im Bezug auf Mädels, die Pferde knuddeln wollen, und in der Reitstunde dann bemerkt haben, dass richtig Reitenlernen eben mehr ist als Heischibeischi und Mähne flechten:
"Alle wollen es können - aber kaum einer will es lernen." oder:
"Kunst kommt nicht von "Wollen", sondern von "Können" - sonst hieße es Wulst." oder:
"Vor die Kunst hat der Herr Gott den Schweiß gesetzt" und unzählige andere.
Mein Reitmeister war ein alter, kauziger Mann, bei dessen Aussagen über den "Sinn des Lebens" ich innerlich regelmäßig mit den Augen gerollt habe. Aber er war einfach der beste Pferdemensch, den ich jemals getroffen habe und ich habe unglaublich viel von ihm gelernt. Was ich damit sagen will: die frage ist, was du willst. Willst du einen "Sparringpartner", einen Kumpel - oder willst du was lernen? Jeder setzt seine eigenen Prioritäten, das ist ja auch in Ordnung. Wenn es dir allerdings darum gehen sollte, deine Stimme bestmöglich zu schulen, dann würde ich hauptsächlich nach der Kompetenz der GL gehen. In seiner restlichen Freizeit hat man ja schließlich noch genug Zeit, sich mit Freunden zu umgeben - nur wissen die meist nicht so viel von Gesangstechnik.
Ein Schreiner kann auch keine kunstvollen Intarsien schnitzen, wenn er nicht vorher in jahrelanger, mühseliger Wiederholung gelernt hat, wie er sein Werkzeug einzusetzen hat, bis ihm die Finger bluten.
Ansonsten würde ich einfach mal die Kirche im Dorf lassen und deine Anspruchshaltung etwas herunterfahren. Ansonsten wirst du meiner Meinung nach bis zum St. Nimmerleinstag nach dem perfekten Gesangslehrer suchen. Dein Frisör kann dir ja auch die Haare schön machen, ohne gleich dein allerbester Freund zu werden, oder? Ich würde jedenfalls lieber zu einem kauzigen Frisör gehen, der mir die Haare toll macht, als zu einem netten, bei dem ich hinterher wie ein Wischmopp aussehe.
Nicht, dass wir uns falsch verstehen: wenn man einfach eine große Antipathie gegen seinen Gesangslehrer hegt oder es menschlich absolut nicht passt, dann sollte man es lassen oder eben wechseln. Nur finde ich in deinem Fall die Beweggründe etwas überzogen und künstlich aufgebauscht.
Und zu meiner Lehrerin:
Bei "Hölle heiß machen" wärst du gegangen? Ich dachte, du stehst auf Battles und "Feuer im Po"?
Das war lediglich eine Anspielung darauf, dass man Temperament nicht unbedingt an der Ethnie festmachen sollte. Genauso wenig, wie man fachliche Kompetenz am persönlichen Temperament des Lehrers festmachen kann.