dead spot on the wallpaper

x-Riff
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Liebe Texter und Texterinnen,

nach längerer Zeit ist mir mal wieder ein Text in die Feder gerutscht.
Noch ganz frisch und so weiß ich - wie häufig - noch nicht ganz genau, was da aus mir geschrieben hat.

Wie immer bin ich auf Feedbacks jeglicher Art gespannt, sowohl was das Englische angeht als auch was Form und Inhalt bzw. die Wirkung, die der Text auf Euch hat.
Von der musikalischen Umsetzung her habe ich noch keine Vorstellungen, die tiefergelegten Gitarren mit dem bösen Quietschen werden aber vermutlich keine hervorragende Rolle spielen. :)

Zunächst der Text auf Englisch, dann wie von Jongleur vorgeschlagen und als generelle Erwartung von antipasti für dieses Forum angepinnt, die lineare Übersetzung in Deutsch.
Diese ist allerdings, da ich im Englischen denke, wenn ich auf Englisch schreibe, eher eine Rückübersetzung - ich bin nicht von einer deutschen Vorlage ausgegangen. Diese Übersetzung würde ich also als deutschen Text gar nicht eigenständig stehen lassen. Die Rückübersetzung hat mir dennoch etwas gebracht: einfach die Tatsache, den gleichen Inhalt in einer anderen Sprache auszudrücken, hat mir geholfen, den Text selbst besser zu verstehen und über ihn noch einmal anders nachzudenken. Ich hoffe auch, dass damit den Textinteressierten Feedbackern, deren Domäne das Englische nicht ist, eine Basis gegeben zu haben, ihr Feedback zu geben. Den im englischen versierten TexterInnen wiederum hilft es, einzelne Ausdrücke daraufhin abzuklopfen, ob sie dem entsprechen, was das Deutsche darlegt.

Genug gesagt - laßt Worte sprechen:

Dead spot on the wallpaper

Gimme a straight hand, gimme a smile
Gimme some love and then go
Fetch that bottle of tommorows milk
I won´t need it no more

He who pays the men of no honor
In this town of overwhelming disprospect
Pointed his finger on me
And then he turned away

Take that picture with you
The one with the flowers you like
It´ll leave a dead spot on the wallpaper
But I won´t see it no more

You can´t come with me, babe
Too much danger where I go
And besides: I don´t know
If I´ll be getting there anyway

Cause he who holds his hands onto
these roofs of constant sorrow
won´t let much time pass by
to let his will be done

don´t cry baby, you will live
and so will I if things turn out
to be as good as the stars
having brought us together

Gimme a straight hand, gimme a smile
Gimme some love and then go
Empty that bottle of tommorows milk
To make the full moon shine on both of us


Lineare Übersetzung:

Bleicher Fleck auf der Tapete

Gib mir eine starke Hand, gib mir ein Lächeln
Gib mir etwas Liebe und dann geh
Nimm die Flasche mit der Milch für morgen mit
Ich werde sie nicht mehr brauchen

Er, der die Männer ohne Ehre zahlt
in dieser Stadt überwältigender Aussichtslosigkeit
zeigte mit dem Finger auf mich
und dann drehte er sich weg

Nimm das Bild mit, Baby
das mit den Blumen, das Du magst
Es wird einen bleichen Fleck auf der Tapete hinterlassen
aber ich werde ihn nicht mehr sehen

Du kannst nicht mit mir kommen, Baby
zuviel Gefahr (ist) da wo ich hingehe
Und nebenbei: Ich weiß nicht
ob ich überhaupt dort ankommen werde

Denn er, der seine Hände über
die Dächer der dauernder Trauer hält
wird nicht viel Zeit verstreichen lassen
seinen Willen umgesetzt zu sehen

Weine nicht, Baby, Du wirst leben
so wie ich, wenn die Dinge
so günstig stehen wie die Sterne,
die uns zusammen brachten

Gib mir eine starke Hand, gib mir ein Lächeln
Gib mir etwas Liebe und dann geh
Leere die Flasche mit der Milch für Morgen
so dass der volle Mond uns beiden scheint

dead spot habe ich als Übersetzung für den bleichen Fleck gefunden: gemeint ist, dass wenn man ein Bild von der Tapete abhängt, das dort länger hin, dort die Tapete im Umriß des Bildes heller ist. Light spot (wenn es sozusagen keinen englischen Fachbegriff dafür gibt) wäre die Alternative: dead spot sagt mir aber wegen der dunklen Konnotation ganz gut in den Kram ...

Herzliche Grüße

x-Riff
 
Eigenschaft
 
Ich verbessere selten Texte, zu selten - noch dazu, wenn der Text mich beim ersten Lesen nicht gleich mitnimmt. Aber das hier, lieber x-Riff, ist doch ein willkommener Anlass (neben der Tatsache, dass ich krank bin und somit nicht selbst komponieren grad), um mal wieder etwas intensiver auf ein fremdes Werk einzugehen…

Keine klassische Struktur im Sinne Strophe-Refrain, was natürlich den Zugang nicht unbedingt erleichtert. Eine gewisse Form ist trotzdem zu erkennen: beginnend mit der direkten Aufforderung an sie, weiter zur Erklärung der Situation, dann im Mittelteil zwei Absätze lassen die Beziehung zwischen LI und sie wieder im Vordergrund stehen, noch einmal Erläuterung der Umstände, dann wieder die gemeinsame Beziehung erwähnt. Schließlich endet es mit einer Variation des ersten Absatz - ein ganz loser Kreis schließt sich.

Der Fokus liegt auf der Beziehung zwischen ihr und ihm bzw. wie diese in Anbetracht der nur unscharf beschriebenen Umstände besteht - oder eben nicht. Es hat einen Western-esquen Charakter, sehr fatalistisch, a man's gotta do what a man's gotta do (lineare Übersetzung: ein Mann muss tun, was ein Mann tun muss :p). Die ominöse dunkle Präsenz, die ihren Schatten auf diese Beiden wirft muss auch nicht näher charakterisiert werden - "holding his hands on the roofs" ist eine wunderbare Phrase, um alles zu sagen, was gesagt werden muss.

Der Schwerpunkt, wo also tatsächlich was passiert, liegt also in der Beziehung für mich. Das LI wirkt natürlich machohaft, Baby, tu dies, Babe, tu das nicht, und wenn die Sterne gut stehen, haben wir eine Chance, zerbrich dir nicht dein süßes Köpfchen… aber das passt durchaus, man darf auch mal in der Stimmung sein, denke ich persönlich, solange die Möglichkeit besteht, einen Song folgen zu lassen, wo sie ihm klar macht, was für einen Bullshit er teilweise redet. ;)

Mein größter Kritikpunkt liegt darin, dass ich erst nach wiederholten Lesen nachvollziehen konnte, was denn ungefähr passiert: sie scheint am nächsten Morgen wegzugehen, und zwar in die Arbeit vermutlich - er wird dann irgendwohin gehen, wo die Gefahr lauert, sie soll ihn nicht begleiten… es hat mich verwirrt, dass beide gehen sollen. Die Positionen waren nicht klar, und somit war dieses Kernstück, die Reaktion der Beiden auf erwähnten drohenden Schatten, nicht klar - und hat mich nicht erreicht.

Dabei sind erster und letzter Absatz ganz stark, hat mich sofort berührt - ich denke, wenn die Geschichte entweder vereinfacht oder einfach klarer gemacht wird, wirst du auch mich mitnehmen können mit diesem Text.
 
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dead spot habe ich als Übersetzung für den bleichen Fleck gefunden: gemeint ist, dass wenn man ein Bild von der Tapete abhängt, das dort länger hin, dort die Tapete im Umriß des Bildes heller ist. Light spot (wenn es sozusagen keinen englischen Fachbegriff dafür gibt) wäre die Alternative: dead spot sagt mir aber wegen der dunklen Konnotation ganz gut in den Kram ...

Ich kann mir vorstellen, dass Light spot doch die gängigere Beschreibung sein könnte. Dead spot kenne ich aus vielen Bereichen, wo die Beschreibung Sinn macht (Funklöcher, Gitarrenhälsen usw), aber diese Anwendung ist mir fremd.

Wissen tu ich es allerdings nicht.

Ansonsten gefällt mir der Text.
 
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habs auch 2 bis 3 mal lesen müssen bevor ich nen Zugang hatte. Dann gefällts mir aber echt gut. Als songtext wäre es mir etwas zu "sperrig", wobei es bestimmt eine musikalische Umsetzung gibt wo es passt; aber das wäre ja dann deine Aufgabe.
So als kleine "Novelle" passt es gut.

So vom Thema her kommt es ein bischen "Matchohaft" rüber, was hier gar nicht negativ gemeint ist.

Also das Schicksal oder "Gott" oder sonstwas meint es offensichtlich nicht gut mit unserem Hauptcharakter. Aber er will/muss da alleine durch, babe. :) - gut. Ein bischen Hoffnung gibts aber, die liegt, in den Sternen - ein bischen Kitsch - auch gut.

Also:

Als songtext würde ich mir generell weniger Wörter wünschen; da musst du dann halt die richtigen rauspicken; wenn du das machen würdest.

schöner Text - eine musikalische Umsetzung würde mich brennend interessieren.

Duggy
 
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Moin!

Blank space, bleached space, fiel mir zuerst ein. Aber halt: Man kann ja klauen. Another Cup of Coffee von Mike and the Mechanics enthält die Zeile "...while the picturess leave a clean space on the wall."

das wären drei Möglichkeiten. Spot geht m.E. nicht, ein spot könnte höchstens als Schatten des Nagels übrigbleiben. Kenne ich eher in dem Zusammenhang "gazing at a dead spot" im Sinne von "ins Leere starren".

Aber schöner Text ansonsten!

Gruß, 6f
 
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Hm, die Frage des "dead spot" würde ich in diesem Zusammenhang weniger als formal richtige Frage sehen, sondern eher als künstlerisch kreative... natürlich wird "dead spot" nicht die gängigste Beschreibungg sein, aber inmitten dieses doch recht aufrührenden Textes finde ich diese dramatische Formulierung passend... man kann ja auch als nicht-native versuchen ein bisschen mit der Sprache zu jonglieren. :)

Interessanter finde ich die Verwendung des Wortes "fetch", welches ich eigentlich nur mit Tieren assoziiert habe (fetch the ball = Balli holen) - ich hätte wohl das neutralere "get" verwendet an der Stelle.

Meine Bekannte aus Texas ist grad nicht online, kann sie aber auf jeden Fall auf Beides ansprechen. :)
 
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Lieber x-Riff,

zunächst meinen herzlichen Dank dafür, dass dein thread der erste ist, der zusätzlich eine lineare Übersetzung enthält.:)

Gerade in DIESEM Falle hat mich Deine Übersetzung bei der Stange gehalten. Ich hätte sonst schnell abgeschaltet, weil Deine Wortwahl teilweise für mich etwas zu kompliziert ist.

Das hängt natürlich zunächst damit zusammen, dass ich mein englischer Wortschatz höchstens als durchschnittlich bezeichnen würde. - Aber gerade DAS macht mich dafür sensibel, dass ich Meister wie Randy Newmann oder Bob Dylan fast ohne Wörterbuch lesen kann. (Im Gegensatz zu Textern wie Leonard Cohen, der ja auch eher von seinen "vertonten Gedichten" spricht.)

Das ist natürlich kein Plädoyer dafür, nur für Menschen mit eingeschränktem Wortschatz zu schreiben... obwohl.... von Goethe über Heine...Kästner... dem frühen Grönemeyer...den Rappern... so schnell sollte man den Gedanken nicht von der Bettkante stoßen....:cool:

Ich halte es mit dem Sprach-Papst Wolf Schneider, der mich zu folgenden Schreibgrundsätzen "verleitete":
- Von zwei verfügbaren Worten wähle das einfachere
- von zwei einfachen Worten wähle das deutsche
- von zwei deutschen Worten wähle das altere
- von zwei älteren Worten wähle das kürzere
- von zwei kurzen Worten wähle das bildhaftere

da halt ich mich natürlich nicht sklavisch dran, aber....

Außerdem teile ich seine Abneigung gegen das Adjektiv. Oft raubt ein Adjektiv, trotz kluger Absicht, dem nachfolgenden Substantiv die Wucht!

Wenn Du meinen Gedanken zu Deinen Adjektiven nichts abgewinnen kannst, dann ignoriere sie einfach. Ich werds überleben;)

Das als Einstieg.

Dead spot on the wallpaper

Warum das verkomplizierende, kopflastige "dead"? Warum nicht eines der Synonyme für "schmutzig", "grau" oder "dunkel" .
Wenn schon, fänd ich auch "blind" reizvoll.... blinde Flecken: die Teile unseres Ichs, die wir selber nicht erkennen können
Doch warum überhaupt ein Adjektiv? es lenkt mMn sträflich ab vom wunderbaren Bild " Von Deinem Bild bleibt ein Fleck an der Wand"
Gimme a straight hand, gimme a smile
"straight hand" ....hm.... würde ich als kräftigen, ehrlichen Händedruck lesen, ist das eine stehende Wendung?
Macht mir den Einstieg bereits schwer...
Gimme some love and then go
Fetch that bottle of tommorows milk
Warum "fetch"... warum nicht ein einfacheres Wort wie "take"
I won´t need it no more

He who pays the men of no honor
In this town of overwhelming disprospect
Für "disprospect" habe ich nirgendwo eine Übersetzung gefunden. Schreibfehler?
Warum kein einfacheres Wort wie "hopelessness" oder ein übertragenes wie "fog"
Warum überhaupt ein Adjektiv?
Pointed his finger on me
And then he turned away

Take that picture with you
The one with the flowers you like
It´ll leave a dead spot on the wallpaper
But I won´t see it no more

You can´t come with me, babe
ich glaube "Babe" ist ein veralteter Begriff. Und deshalb sehe ich nur einen älteren Herrn vor mir, der auf cool machen will.
Ich persönlich habe die letzten jahre vergeblich versucht, "babe" für einen Interpreten zu schreiben. Allgemeiner Aufschrei: verstaubt
Was meinst Du?

Too much danger where I go
And besides: I don´t know
If I´ll be getting there anyway

Cause he who holds his hands onto
these roofs of constant sorrow
Auch hier stört mich etwas das Adjektiv. Es klingt mir zu abstrakt, kopflastig. (Warum nicht "eternal" oder "everlasting")
won´t let much time pass by
to let his will be done

don´t cry baby, you will live
and so will I if things turn out
to be as good as the stars
having brought us together

Gimme a straight hand, gimme a smile
Gimme some love and then go
Empty that bottle of tommorows milk
To make the full moon shine on both of us

Zum Inhalt:

Ich finde den Gedanken, dass von dem Bild eines Menschen (schönes Wortspiel!) am Ende nichts bleibt als ein dunkler Fleck an der Wand, GENIAL!
Für mich wäre allein DAS einen ganzen Song, und nicht nur 3 kleine Neben-Zeilen wert.

Tja, was ist nun für mich das tonale Zentrum Deines Textes?

Ich verstehe es ungefähr so: da schickt ein Mann eine Frau fort, weil er allein in die Gefahr will. "High noon"...Finale...Amy steigt in die Kutsche und verläßt die Stadt....Kane schnallt sich den Revolvergurt um die Hüfte.... oder hat mich da Mondluchs schon verleitet;) Wie auch immer: das Ganze klingt in meinen Ohren etwas zu martialisch, um meinem Lebensgefühl zu entsprechen.

Warum soll ihn die Frau in der Not verlassen? Warum kann er sie nicht bitten, bei ihm zu bleiben? Welcher Kranke bittet seine Partnerin, ihn in auf seinem letzten Lebensweg zu verlassen?

Klar, ich kenn das auch. - Aber dahinter verbirgt sich bei MIR die Angst, jemand zu bitten, mir Beistand zu leisten. Das ist mE auch das wirkliche Thema von "High noon" und Dein Text wäre für mich, so gesehen nur eine Szene, die vom falschen Stolz handelt. Leider ohne doppelten Boden... oder doch?

Immer war Dein Text es mir wert, darüber zwei Stunden nach zu denken. Jawoll! Das ist er mir allemal wert:)

Lg
 
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Vielen Dank an Alle Feedbacker!

Die Frage des dead spot lasse ich zunächst noch offen. Die künstlerische Freiheit ist die eine Seite, die andere ist schon, die Leute nicht auf die falsche Fährte zu locken - da denke ich ist generell space in Verbindung mit light, blank oder bleached eher angemessen. Jongleur: gerade dead spot trifft am ehesten die Bedeutung, die Dir vorschwebt und die ich auch reizvoll finde: es ist der englische Begriff für den "toten Winkel", den man im Rückspiegel hat: das was man nicht sieht, obwohl man hinschaut. Es muss für mich aber zu dem bleichen Fleck passen.
Get oder Take statt Fetch - auch da Danke für den Hinweis: werde ich ebenfalls jetzt noch offen lassen, habe aber auch keine Probleme damit, das einfachere und verständlichere Wort zu nehmen.
Danke für die von Jongleur geposteten Grundsätze - teile ich allesamt. Der Text soll atmosphärisch sein, aber nicht durch "lyrische" oder gar komplizierte Worte.
Disprospect ist eine Neuschöpfung. Wobei (ich mache sowas ab und an gerne) ich mir durch einen native habe sagen lassen, dass man das gerade im Englischen gut machen kann. Hopelessness wäre das, was man im Wörterbuch finden kann - aber das mag ich nun gar nicht. Zum einen ist es mir zu sehr mit der Bedeutung auf den Kopf gehauen, zum anderen sprachlich und singmäßig unschön.
Babe: tja: altbacken, klar. Finde es aber im Setting des Textes stimmig: die ganze Situation ist western-like altbacken. Vielleicht gibt da Hinweise für andere Wendungen. my love ... hmmm - ich lass es mal sacken.
constant sorrow: da ist mir ein Dylansong durch´s Hirn geschossen (I´m a man of constant sorrow - noch mal populär geworden durch den Film Brother where Art Though ... wer noch mal reinhören möchte: http://www.youtube.com/watch?v=TIKz1phnuCc ), zumindest finde ich constant keine weniger gebräuchliche Vokabel als endless, aber auch da überlege ich noch mal ... wie generell bei der Adjektiv-Geschichte ...

Durch das Feedback habe ich für mich das beruhigende Gefühl, dass der Kern der story, der Atmosphäre und des Themas angekommen ist. Ebenso wichtig ist mir, dass die gewisse Ungreifbarkeit oder Unschärfe der Personen und Umstände nicht als Mangel empfunden wird. Das "western-like-feeling" mit existenziellen Situationen, wenig Worten, klaren Entscheidungen (und sofern sie dann Männer betreffen, etwas macho-haftes) wollte ich haben, ohne gleich zu sehr in die historischen Western oder das Genre reinzugehen (keine Pferde, Saloons, Pistolen ...).

Wichtig finde ich in dem Zusammenhang den Hinweis, dass es nicht ohne weiteres verständlich ist, dass gen Morgen beide (Frau und Mann) gehen. Mein Setting war, dass dies in dem gemieteten Raum/der Wohung des Mannes stattfindet - sie ist auf Besuch. Es ist keine gemeinsame Wohnung, sonst wäre die Sache mit dem "Nimm das Bild, was Du magst" unsinnig. Sie soll vor ihm gehen, er räumt danach das Feld - so ähnlich (wobei die zeitliche Reihenfolge egal ist, aber für mich ist das stimmiger). Braucht es da noch einen Hinweis? Bin mir unschlüssig, ließe sich bestimmt machen.

Wichtig finde ich auch, dass es eben nicht um ein "high noon" geht sondern um die Vermeidung desselben. Aus welchen Gründen auch immer sieht das Lyrische Ich für sein Verbleiben in der Stadt keine Möglichkeit und auch keine Möglichkeit, die Situation mit einer Aktion, einem Duell klären zu können. Wichtig ist mir auch, dass das LI dadurch aber nicht als Feigling gekennzeichnet wird: er trifft seine Entscheidung auf der Basis, wie er die Dinge sieht und einschätzt.

Das ist das gleiche in Bezug auf die Beziehung: Er trifft die Entscheidung auf der Grundlage wie er die Dinge sieht. Damit kennzeichnet er auch eine Hirarchie: er trifft diese Entscheidung zu gehen, seine Einschätzung ist, dass es für sie zu gefährlich ist - als Konsequenz bleibt die Trennung (aus seiner Sicht zum Wohl beider). Sie ist die, welche mit seiner Entscheidung zu leben hat. (Zumindestens erfahren wir nicht, wie sie reagiert oder was sie letztlich tut.) Er hat sich auch entschieden, wie er die letzten Stunden mit ihr verbringen will - was er überhaupt noch von ihr will: einen starken Händedruck (für mich ein Zeichen, dass auch sie Stärke zeigt oder zeigen soll), ein Lächeln (als Zeichen, dass sie damit klarkommt), ein bißchen Liebe (als letzter Ausdriuck dessen, was sie geteilt haben).
Vielleicht ist es auch das, was dem Lyrischen Ich durch den Kopf geht, bevor der Abschiedsabend kommt? Vielleicht schmeißt sie mit Tellern um sich? Vielleicht besteht sie drauf, mitgenommen zu werden oder reitet ihm heimlich einfach nach? Vielleicht verrät sie ihn?
All das soll offen bleiben. Letztlich auch, warum er seine Entscheidung trifft wie er sie trifft: Nimmt er sie in Schutz oder sich? Wäre die Flucht für sie gefährlich oder würde sie es für ihn gefährlicher machen? Ist es vielleicht ein Anlass, die Beziehung "ehrenvoll" zu beenden? Ist es falscher Stolz in dem Sinne, dass er unfähig ist, ein gemeinsames Gespräch und eine gemeinsame Entscheidung zu suchen? Ist es falscher Stolz in dem dem Sinne, dass er sich schadet, beschneidet?
Wir wissen es nicht. Vielleicht liegt mir daran, dass die LeserInnen und ZuhörerInnen sich genau diese Fragen stellen? Sich auch fragen, was sie tun würden? Das wäre auf jeden Fall etwas, das mich freuen würde.


Was die musikalisch Umsetzung und die textliche Form angeht: auch hier fühle ich mich verstanden - es gibt keine gesetzte Strophe-Refrain-Abfolge, aber eine Aufteilung nach Themen und einen nicht ganz geschlossenen Kreis, da Eingangs- und Endstrophe nicht gänzlich gleich sind, sich aber aufeinander beziehen. Ich denke, musikalisch läßt sich das gestalten - die beiden Strophen mit dem bedrohlichen "He" können sich auch musikalisch absetzen.

Bin ja selbst gespannt, wie es wird ... :)
 
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Ich kann Texte ganz schlecht analysieren/interpretieren, aber eines kann ich sagen: Mir gefällt er! ;)
 
@jongleur


Mit dem "dead" spot hast du eigentlich genau recht. Wieso so ein bedeutungsschwangeres Adjektiv - wieso überhaupt eins. Das zieht sich ein bischen durch das gesamte Gedicht; das mach es nicht schlechter, ich würde es aber anders machen.

Aber es ist schon richtig, dass man sich mit diesem Text gut auseinandersetzen kann - das ist ja das wichtigst überhaupt :)
 
@x-Riff

Wichtig finde ich in dem Zusammenhang den Hinweis, dass es nicht ohne weiteres verständlich ist, dass gen Morgen beide (Frau und Mann) gehen..... Sie soll vor ihm gehen, er räumt danach das Feld - so ähnlich (wobei die zeitliche Reihenfolge egal ist, aber für mich ist das stimmiger). Braucht es da noch einen Hinweis? Bin mir unschlüssig, ließe sich bestimmt machen.

Warum ist DAS für dich so wichtig? - Ich würde sagen, es ist völlig unwichtig. Von mir aus könnte er in seiner Bude bleiben und eine Flasche Wodka kippen. Irgendwann muss halt jeder raus auf die Straße.

Vielleicht aber beschäftigt Dich diese Frage, weil Du die Aufgabe, vor der ER steht, im Dunkeln läßt. Nehmen wir an, er muss vor Gericht, oder er trifft sich mit dunklen Existenzen, oder er hat einen überlebenswichtigen Arzttermin, oder er trifft sich mit einer anderen Frau...was auch immer....wen interessiert in diesem Zusammenhang noch, WANN wer geht?

in diesem Zusammenhang gehört für mich auch das Folgende:

Hopelessness wäre das, was man im Wörterbuch finden kann - aber das mag ich nun gar nicht. Zum einen ist es mir zu sehr mit der Bedeutung auf den Kopf gehauen, zum anderen sprachlich und singmäßig unschön.

Nun hab ich mich ja sowieso als Gegner einer adjektivischen Schreibe geoutet.
wink.gif


Ich würde eine Bild wählen. Ein Substantiv, das entweder für eine nebulöse oder eine konkrete Gefahr steht. Oder ich würde dem einen breiteren Raum einräumen. Je nachdem, wie wichtig mir erscheint, dass sich der Hörer von der konkreten Gefahrensituation ein Bild machen muss. - Ich glaube, ich würde dem eine große Bedeutung einräumen, um nicht zu banal zu werden.

Wobei (ich mache sowas ab und an gerne) ich mir durch einen native habe sagen lassen, dass man das gerade im Englischen gut machen kann.

Du schriebst in deiner Einleitung (und das hat mich dann auch brennend interessiert):

da ich im Englischen denke, wenn ich auf Englisch schreibe,

Das verleitete mich zu der Spekulation, Du seist 2sprachig aufgewachsen. Was brächte dich sonst zu der Annahme, Du würdest englisch (also nicht deutsch) denken, wenn Du englisch schreibst?
 
@jongleur: Nur kurz:
Ich war mal in ner Englisch-Freizeit in England, hatte mehrere nativespeakers-Freunde, lese immer zwischendurch englische Bücher, das einschneidendste war aber ein mehrmonatiger Aufenthalt in Sambia (englischsprachig), wo ich nach einer Weile angefangen habe, auf englisch zu träumen: dh die Leute in meinen Träumen haben wie ganz selbstverständlich englisch gesprochen - alles war auf englisch; dazu kam viel englische Fachliteratur und auch das Verfassen von englischen Texten und Artikeln. Irgendwie bin ich immer am Englischen dran geblieben.

zweisprachig aufgewachsen bin ich nicht, aber dieses auf englisch denken wenn ich auf englisch schreibe oder in konversation bin, ist seit Sambia geblieben.
 
@x-Riff

danke für deine Antwort. Jetzt verstehe ich deine Einleitung etwas besser:)

Lg
 
Hi x-Riff,

I hope it's not too late to give you my 2 cents. Thanks a million for adding the translation, it is a lot more interesting to comment with it at hand. More fun too :)

Dead spot on the wallpaper

Ich verstehe warum dir dead spot besser gefällt als Alternativen wie clean spot oder clean space und da ich ein grosser Fan von "twists" und Doppeldeutigkeiten bin, gefällt es mir hier auch. Leider nimmt das Wort wallpaper den twist wieder raus. Dead spot on the wall würde mMn ausreichen.

Gimme a straight hand, gimme a smile

Das klingt wie die Bitte nach einem Satz guter Karten beim Poker. Ich weiss man sagt he/she needs a straight hand aber die Bitte danach klingt wiederum sehr deutsch. Ich würde firm hand nehmen, um das deutlicher auszudrücken. Sowieso empfehle ich Vorsicht bei der Benutzung von Worten wie gimme und baby etc. Die Linie zwischen Lässigkeit und Lächerlichkeit ist hauchdünn. Erst heute morgen hab ich wieder Lied im Radio gehört (von Fool's Garden) mit Gimme im Titel, das leicht an meinen Backenzähnen zog. Für deutsche Sänger ist es oft besser, give zu lassen und das "v" beim Singen leicht zu vernuscheln.

Fetch that bottle of tommorows milk

Wenn die Milch schon da steht und mitgenommen werden soll, geht fetch nicht, denn es hat die Bedeutung von holen gehen, abholen gehen.

Pointed his finger on me
And then he turned away

Pointed his finger at me. Das "and" könnte man durch "before" ersetzen, klänge flüssiger, was meinst du?

Take that picture with you
The one with the flowers you like

Welche Art Bild meinst du. Foto wäre photo und gemaltes Bild eher painting. Poster eben poster. Picture kann einfach alles sein, es ist eins dieser allgemeinen Worte, das nicht wirklich gut beschreibt was genau gemeint ist.

Bei Bezug auf das Bild: the one you liked, with the flowers.

If I´ll be getting there anyway

Klingt sehr konstruiert, warum nicht If I will ever get there?

Cause he who holds his hands onto
these roofs of constant sorrow

Cause he who holds his hands over, nicht onto. Und warum nicht einfach roofs of sorrow?

won´t let much time pass by
to let his will be done

Erster Satz zu konstruiert, beim zweiten geht let nicht. Will not let time pass by before his will is done. Wäre eine Möglichkeit. Will not sit and wait before his will is done. Oder so ähnlich.

having brought us together

That/which brought us together.

Empty that bottle of tommorows milk
To make the full moon shine on both of us

Tomorrow's. Klingt verdreht und verdreht ist immer gut, ich nehme an du hast dir was dabei gedacht. The two of us würde mir besser gefallen.

Das wars von mir. Ich find den Text schön, wäre aber versucht, das eine oder andere Bild einzufügen, um die für mich nur ansatzweise entstehende Stimmung zu verstärken und eben für etwas mehr Verdrehtheit.

Hope it helps, TTYS, Annette
 
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So, nach Konsultation mit meiner lieben Freundin aus Texas sind drei Punkte erwähnenswert:

"fetch that bottle of tomorrow's milk"
"fetch"; wird tatsächlich eher bei Hunden verwendet - man versteht schon, was gemeint ist, aber sie meinte, es wirkt aberwertend auf sie, weil man die Frau wie einen Hund behandelt.

"disprospect";
Das Wort hat sie sehr irritiert - sie ist jetzt keine große Dichterin, deswegen würde ich nicht sagen dass es komplett fehl am Platz ist, aber bei einem Song, der zumindest thematisch so "einfach" gehalten ist, würde ich es schon bedenklich finden, wenn er dann nicht so einfach rüberkommt…

"finger on me"
Wenn der Typ dich nicht gerade tatsächlich berührt, sondern nur auf dich zeigt, heißt es "at me".

Allgemein hat sie gesagt, dass der Text schon funktionieren kann, für ihren Geschmack etwas zu "poetisch" - der "dead spot on the wallpaper" hat sich ihr nach ein paar mal Lesen und Nachdenken erschlossen, denke, das ist in deinem Sinn, dass man darüber nachdenken muss.

Hoffe, das hat geholfen. :)
 
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@x-Riff,

Habe wohl in deiner Antwort auf meine Frage überlesen, dass du einen entgültigen Abschied vor Augen hattest.

Irgendwie habe ich Schwierigkeiten, mir einen entgültigen Abschied voller Liebe und Respekt vor zu stellen. Ausser natürlich, wenn es ans Sterben geht. - Oder vielleicht eine Trennung, wo ein Verheirateter aus mit Mitleid oder Reue zu seiner Familie zurück kehrt. Aber in diesem Falle wird das mit der Liebe und dem Respekt doch eher suspekt.... Vielleicht meint "dead spot" genau das...

Ansonsten sollte eine grosse Liebe alle Schwierigkeiten überwinden. Oder sie ist eben nicht geworden, was sie versprach. Leider finde ich DARAUF keinen Hinweis.... Muss ja nicht sein, aber Gefahr als einzigen Trennungsgrund bringt mich immer wieder zu "high noon".
 
Vielen Dank noch mal an Alle!

Und hier ist der überarbeitete Text:

Dead spot on the wall

Give me a firm hand, give me a smile
Give me some love and then go
Take that bottle of tommorows milk
I won´t need it no more

He who pays the men of no honor
In this town of no hope
Pointed his finger at me
before he turned away

Take that painting with you
The one you like, with the horses
It´ll leave a dead spot on the wall
But I won´t see it no more

You can´t come with me, babe
Too much danger where I go
And besides: I don´t know
If I will ever get there (anyway)

Cause he who holds his hands over
these roofs of sorrow
wants his will (to) be done
before the next high noon

don´t cry, you will live
and so will I if things turn out
to be as good as the stars
which brought us together

Give me a straight hand, give me a smile
Give me some love and then go
Empty that bottle of tommorows milk
To make the full moon shine on both of us

generell habe ich verschlankt und will mal die adjektivlosigkeit erproben ... gefällt mir ganz gut (wobei der gesang auch noch ein wörtchen mitzureden haben wird - wie im übrigen auch bei den gimme und babe-streichungen: da ist ja entscheidend, ob es authentisch rüberkommt und das ist dann sache des sängers) ... auch dead spot ist noch auf dem prüfstand (im sinne von "dead" streichen) - momentan überwiegt aber noch das etwas düstere und zweideutigere ... die umformulierung (und entschlankung), die zu diesem before the next high noon führte, hat noch den vorteil, die zeit zu verdichten: es scheint nun offensichtlich, dass bis zum morgen eine lösung her muss: es gibt keine zeit mehr für große pläne und aussprachen (die, wer weiß, das LI eh nicht gesucht hätte - aber hier paßt nun der äußere rahmen besser zur inneren dramatik) ... (by the way: before he turned away stand in meiner ganz ersten fassung, das habe ich dann auf annettes bemerkung wieder mit reingenommen - und es unterstützt so die jeweiligen doppelungen/bezugnahmen im text - so auch mit high noon und full moon, wie ich hoffe) ... disprospect: auch eher einer meiner lieblinge: aber auch hier galt: verschlanken und einfacher im sinne von verständlicher machen: no hope muss hier reichen ... beim both in der letzten zeile möchte ich allerdings bleiben: denn dies drückt mir einen doch noch imaginierten zusammenhalt treffender aus als ein two of us (wie ich zumindest hoffe) ...

mein erster eindruck ist: der text hat gewonnen: an wenigen stellen zwar, aber an den rechten und dort mit wenigen eingriffen recht effektiv ...

einige aufgeworfene fragen wie die von jongleur, ob eine große liebe nicht einer solchen bedrohung standhält, beantworte ich vielleicht später, wenn ich eine antwort habe: zunächst habe ich eher die gegenfrage, ob sich nicht anhand dieser bedrohung erst zeigt, wie groß die liebe ist und wie weit sie trägt? wer weiß schon, wie lange sie schon zusammen sind und wie stark für sie die bindung angesichts anderer bindungen (für sie vielleicht die stadt, für ihn vielleicht die freiheit) ist?

ich lass es jetzt erst mal eine weile auf mich wirken, bin aber gespannt auf eure rückmeldungen ...

x-Riff
 
ich schau bei gelegenheit nochmal genauer drüber; aber so beim 1. lesen ist es viel flüssiger...ja, ich finde es jetzt noch besser :)
 
Danke, DugDanger, für Deinen ersten Eindruck ...

In der letzten Strophe, erste Zeile soll es übrigens auch "firm hand" statt "straight hand" heißen.
Habe einen Anflug davon, wie es musikalisch sein könnte - reduziert, in Richtung Jonny Cash ... das ist aber sozusagen noch ne Art Wolke, die ich mal kurz erblickt habe ...
 
Hi x-Riff,

Klingt echt gut, Stimmung entsteht auch. Ich spiele mit ein paar Stellen rum. Willst du lesen? Just can't help it :) Z. B ein Einstieg der Art:

Let's part with a handshake and a smile
And give me some love before you leave

Ich spiel ja immer ganz gerne rum mit den Phrasen und schieb die hin- und her, wenn ich am Ende auch meist bei einer der ersten Versionen bleibe. Wenn das nicht dein Ding ist, einfach sagen, dann behalt ich meine Spielereien für mich :rolleyes:.

LG, Annette
 
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