Ein paar Worte zu Vietnam, HCMC und Guitar Street.
Vietnam ist anscheinend wohl noch einer der boomenden Staaten. Was wenig verwunderlich ist, denn nach dem 2. Weltkieg, dem französischem Indochinakrieg, dem Vietnamkrieg und dem kurzfristigen Bürgerkrieg nach Abzug der USA war hier tatsächlich das eingetreten, was LBJ (President Lyndon B. Johnson) mal so umschieben hat "... wir bomben die in die Steineit zurück!"
Der Steizeit-Sozialismus der KPV hat dann das Land bis zum Ende des sozialistischen Machtblockes in diesem Zustand konserviert und erst nach 1990 hat hier ein Wandel begonnen, der jetzt richtig Fahrt aufgenommen hat. Wirtschaftlich ist hier wohl schon viel passiert, politisch leider weniger. Die KPV ist immer noch die einzig erlaubte Partei und der Personenkult um "Onkel Ho" Chi Minh spürbar.
Ho Chi Minh City - oder Saigon, wie es die hier lebenden Einwohner immer noch nennen - ist eine unglaubliche Stadt. 9 Millionen Menschen, 5 Millionen Motorroller und schaetzungsweise doppelt so viele Fahrraeder, immer mehr Autos, obwohl zum Glueck Autos noch selten sind, ergeben zusammen eine Stadt die Dich permanent in die sensorische Überlast treibt. Ich bin schon ein bisschen 'rumgekommen auf diesem Planeten, aber gegen Saigon scheinen New York, Los Angeles, Rom, Paris im Zustand dauernder Zeitlupe zu verharren. Der Ansturm von optischen, akustischen, haptischen und leider oft auch olfaktorischen Eindrücken ist gigantisch. Es passiert mehr, als man wahrnehmen kann und man kann es nicht beschreiben, man muss es erlebt haben.
ehrlich, mir passiert das selten, aber in Saigon komme ich nicht zum Fotografieren und/oder zum Videografieren, es passiert zu viel und weil ich leider nur so lurz hier in Saigon bin, will ich so viel wie möglich selber erleben.
Grosser Fehler, nur 2 1/2 Tage Saigon eingeplant zu haben. Ich denke, da hätte ich vielleicht woanders noch den einen oder anderen Tag sparen können, den ich lieber in Saigon verbracht hätte. Oder auch nicht? Wir werden sehen.
In Vietnam gibt es eine merkwürdige Organisation des Handels und der Gewerbe. Obwohl nicht zünftig oder in Gilden organisiert, scheint es doch so zu sein, dass bestimmte Gewerbe eher zusammenhängen. So gibt es das Möbelviertel, wo es dann ganze Strassenzüge mit Schränken, andere Strassen mit Tischen und Stühlen, andere mit Büroausstattung usw. gibt. Es gibt die Taschen- und Rucksackstrasse, die Kochtopfstrasse und eben auch die Gitarrenstrasse. Eigentlich ganz praktisch, wenn man einen einzelnen Artikel sucht. Braucht man mehrere Dinge, dann kann das auch schon mal in einen Zustand ausarten, denn der Verkehr hier ist atemberaubend. Leider auch im wahrsten Sinne des Wortes, denn die Moppedmotoren ohne Katalysator und in einem besch....eidenen Wartungszustand stinken wie die Pest.
in der Gitarrenstrasse gibt es so ciirca 20 Gitarrenbauer, die ihre Modelle ausstellen. Grob kann man die in drei Kategorien einteilen.
Erstens die, die für den einheimischen Markt produzieren. Meist sehr mässige Qualität aber für
Thomann-Geld bekommt man hier schon massive Decken. Nur würde ich die nicht ausser Landes bringen wollen, denn die Gitarren sind eher zurechtgezimmert und "grob behauen".
Zweitens die, die für die Touris bauen. Deren Läden sind erheblich "westlicher", also keine Reparatur- und Einstellarbeiten auf dem gefliesten Boden, sondern of schon klimatisierte Läden mit Glasvitrinen und Verkaufspersonal. Die Gitarren sehen beeindruckend aus, wenn der asiatische Stil gefällt, und kosten nicht die Welt. Die Dread mit den Abalone-Intarsien im Boden in meinen Fotos kostet umgerechnet 650.
Allerdings befürchte ich, dass hier auch chinesische Massenware im Handel ist, denn viele der Gitarren erscheinen CNC-gefertigt zu sein, oder CNC-gefertigte Komponenten zu haben und - vielleicht täusche ich mich hier auch - strahlen eine gewisse "Industriequalität" aus. Abgesehen davon ist Bespielbarkeit und Klang eher mäßig. Mehr Schein als Sein.
Die dritte Gruppe sind die Handwerker. Die haben Läden eher so dazwischen, meist ein breiteres Angebot und Binh gehört dazu. Meist hat es zwei oder drei beleuchtete Vitrinen, in denen die "besseren" Stücke stehen und Wände und Decken hängen voll mit Instrumenten in verschiedenen Fertigungsstufen. Die handwerkliche Arbeit ist oft bestechend gut und der Preis sehr niedrig im Vergleich. Binh und sein Bruder Minh scheinen hier die "top dogs" zu sein.
Eines muss man aber klar sagen, es ist kein Gitarren-Supermarkt hier. Die Touri-Händler haben zwar meist 30-50 Gitarren da, aber wie gesagt, die Qualität scheint eher mäßig. Nicht schlecht, aber halt Pac-Rim. Bei den Handwerkern ist es umgekehrt. Die haben nur ein paar wenige Ausstellungsstücke da, denn die "guten" Instrumente sind custom-made. Einzelstücke nach Kundenauftrag. Und die guten Meister - ich zähle da Binh und Minh dazu - haben ein durchaus akzeptables Niveau. Gemessen am Preis für die "Inlandsware" bezahlt man als "Westerner" eher doppelt so viel wie ein Vietnamese, aber trotz der relativen Abzocke sind Preis und Leistung immer noch unschlagbar. Mein neuer Bau, basierend auf einer Taylor 814ceN und einer 814ce wird je ca. $850 kosten, was in custom-Land eher Kleingeld ist.
gleich geht's nochmal zu Binh und dann mache ich ein paar Fotos von dem neuen Auftrag und stelle die entweder hier oder in das oben verlinkte Album ein.