Funktional versus Nicht Funktional im Gesangsunterricht

Es geht da sicher auch um Muskeltraining. (Kehlkopf, Gaumen, natuerlich auch Atemmuskulatur. Die einen konzentrieren sich vielleicht auf den Atem und das andere kommt nebenbei, die anderen umgekehrt. )
Aber vielleicht viel mehr auch um ein "Umschalten". "Aha, so muss das sein/sich anfuehlen etc.!" Also gezielt und so bewusst wie eben moeglich eine bestimme Einstellung zu erreichen.
Es ist denke ich nicht so, dass ein Nicht Saenger auf einmal stundenlang durchsingen kann, nur weil er den richtigen Ansatz bei Kehle oder Atem gefunden hat. Ich denke wir koennen die richtige Einstellung finden, aber wenn das lange nicht genutzt wurde, dann muessen die Muskeln auf diese spezielle Beanspruchung hin erst trainiert werden. Auch die Stimmbaender und die sie umggebenden Muskeln. Ich bin ja jetzt kein Funktionaler oder auch nur irgendwas, finde Atemtraining jetzt auch nicht verkehrt oder so. (Kommt aber meiner Meinung nach einfach von selber, wenn man lang singt. Aber fuer mich persoenlich ist zum Beispiel klar, dass das Hand in Hand geht.)
Nur weil unser hypothetischer Funktionaler den Atem nicht isoliert trainiert, heisst das ja nicht, dass er ihn fuer unwichtig haelt oder den Gesang nicht gesamtheitlich betrachtet.

Persoenlich finde ich, dass man auch ruhig versuchen kann, die Einstellung in der Kehle etwas direkter zu vermitteln. Man spuert da vielleicht nur indirekt, aber man kann es ja aktiv beeinflussen.
Ich bin aber auch insoweit vorbelastet, dass ich den etwas esoterisch angehauchten "Gesangsunterricht" und das Atemtraining in der Schule nicht so mochte. Heute bin ich da offener.

Bei einem der eh schon viel singt, kann es dagegen in bestimmten Bereichen auch einfach mal "Klick" machen. (Das sollte irgendwo da oben zum Muskeltraining, aber ich bin jetzt zu faul das da einzupflegen. ;) )


- Wodurch entsteht ein Ungleichgewicht in der Kehlkopfmuskulatur? Durch zuvor falsches Sprechen und Singen? Oder von Natur aus?
Ich glaube das ist ein grundsaetzliches Missverstaendnis. Es geht nicht darum, dass da irgendwas "kaputt" ist. Es geht darum, dass was anders gemacht wird.
So wie in Deinem Beispiel mit dem mangelnden Stimmbandschluss. (Weiss jetzt nicht, ob Du das noch verlinkt hast, ich interpretiere das jetzt mal in meinem Sinne.) Oder wir nehmen das aktuelle Beispiel hier. Da haben wir am Anfang ja auch einen "mangelhaften" Stimmbandschluss und da wirst Du jetzt wahrscheinlich protestieren.
Und man kann sich jetzt streiten, ob es paedagogisch klug ist zu sagen, dass da etwas mangelhaft ist, oder ob man sagen soll "trau Dich mal was" oder "sei mal etwas lauter" oder eben auf eine von vielen moeglichen Arten da rangeht, wie zum Beispiel die recht spezifische von Coernel oder auch Deine.
Aber es soll eben - so wie ich das verstehe - nicht heissen, dass da was koerperlich grundsaetzlich nicht in Ordnung ist.
Dass man sich was falsch angewoehnt hat, kann wiederum schon sein.

- Wie lange muss die Schülerin dann diese hääää Übung machen? Muskeltraining muss man ja eigentlich konstant machen (so auch das Atemtraining), weil sich die Muskelkraft-, oder Flexibilität sonst wieder abbauen würde. Muss diese Schülerin nun ihr ganzes sängerisches Leben lang die hääää-Übung machen, um einem ihr gegebenen Ungleichgewicht in der Kehlkopfmuskulatur entgegenzusteuern?
Das kann Coernel sicher besser beantworten, aber ich denke nicht, dass das was ist, was man stundenlang machen muss im Sinne von "Training". Ich verstehe das eher als was, was man hin und wieder einstreut oder beim Einsingen macht, um die richtige Einstellung zu finden. Und frueher oder spaeter kann man dann diese Einstellung gezielt einsetzen. Man singt dann anders und das ist dann das Training. (Und die Atmung wuerde dann quasi mittrainiert.)
Aber ich kann mich auch irren und das ganze ist tatsaechlich als "Training" gedacht.
Aber eben nicht im Sinne von: "Diese Stimme ist im Ungleichgewicht und wird ihr Leben lang dagegen ankaempfen muessen."
 
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Als jemand, der keinen bestimmten Ansatz verfolgt und dem noch dazu das Wort Methode im Unterrichtszusammenhang kalte Schauer über den Rücken laufen läßt, werfe ich einfach mal in die illustre Runde: Beide Ansätze sind gleich richtig und gleich falsch, haben Vor- und Nachteile und die Wahrheit (im übertragenen Sinne) liegt - wie immer - irgendwo dazwischen. Übrigens enthält der zweite Ansatz den ersten zum Teil und erscheint mir persönlich umfassender und logischer.
Ich halte es für nicht zielführend, mit reiner Physiologie daherzukommen, Muskel- und Nervennamen um sich zu schmeißen und so zu tun, als wisse man als Einziger, wo's langgeht. Aber es kommt natürlich darauf an, welches Ziel man sich gesetzt hat ;)

Umgekehrt muß man als jemand der unterrichtet, natürlich in gewissem Maße über die Physiologie Bescheid wissen, um Zusammenhänge, Defizite etc. erkennen und vermitteln und evtl. beheben zu können - keine Frage. In jedem guten Lehrer steckt also ein bestimmtes Funktional-Maß. Aber das bestreitet wohl auch niemand wirklich. Während allerdings die "Funktionalen" ihren Ansatz als der Weisheit letzten Schluß anzusehen scheinen, halte ich es für einen Teil des Fundaments - nicht mehr und nicht weniger; sozusagen Spielregeln, die man kennen sollte, von derem genauen Wortlaut man sich aber früher oder später löst, um sich auf das Spiel zu konzentrieren. Die Regeln sind im Hintergrund, man richtet sich danach, aber sie spielen nicht die Hauptrolle. Nehmen wir die Sprache als Vergleich. Man braucht die Spielregeln (Grammatik), um sich vernünftig ausdrücken zu können. D.h. verinnerlichen und dann weg damit. Wenn ich nur an Grammatik denke, kann ich mich mit niemandem unterhalten, keinen brauchbaren Satz bilden. Die Spielregeln treten in den Hintergrund, damit Platz für die Inhalte ist. Und übrigens lernen wir die Grammatik nicht in der Schule (dem funktionalen Sprachunterricht, wenn man es so will), sondern wir können sprechen, Sätze bilden, Unterhaltungen führen, noch bevor wir eine einzige Grammatikregel gehört haben. D.h. für den Lernenden (uns als Kinder), tauchen die Spielregeln überhaupt nicht auf, sie bleiben ausschließlich im Verborgenen - trotzdem lernen wir sprechen.
Ich kenne viele hervorragende Musiker und Instrumentallehrer, glaube aber, keiner davon könnte mir tatsächlich sagen, wie die Muskeln im Arm, der Hand etc. heißen. Wozu auch? Genügt es doch zu wissen, daß es Muskeln gibt und wie sie ungefähr funktionieren. Die richtigen Cracks wissen sogar, daß es verschiedene Muskelfasern gibt, die man auf verschiedene Weisen trainieren kann - damit man Feingefühl, Tempo und Präzision erreicht, anstatt rohe Gewalt. Aber das war's.

Ich konnte mal die stimmrelevanten Muskeln samt den Nerven, von denen sie innerviert werden, aufsagen; habe sogar mal einen echten Kehlkopf mit Skalpell auseinandergebastelt und mir die entsprechenden Vorlesungen dazu angetan. Heute kenne ich keinen dieser Namen mehr - warum? - weil ich es nie gebraucht habe. Und wenn ich es tatsächlich einmal bräuchte, kann ich es jederzeit nachschlagen. Nicht falsch verstehen, früher dachte ich auch, das sei der einzige Weg (deswegen hab' ich mich ja so ausgiebig damit beschäftigt und mich als angeblicher Medizin-Student in die Uni gemogelt :eek: ). Heute sieht das anders aus und mein Unterricht ist wesentlich besser geworden seit der Theoriekrempel in den Hintergrund gewandert ist und ich ihn erfolgreich von meinen Schülern fernhalte.

Es kann ja jeder tun, lassen und denken was er will - aber die Einstellung, eine Lehre sei richtiger als eine andere, halte ich für problematisch. Schlaue Leute haben sich unabhängig voneinander unterschiedliche Dinge ausgeknobelt. Der eine meint, seins sei die Wahrheit - der andere meint dasselbe von seinem. Wer hat nun rechter? Natürlich keiner von beiden. Es ist ein Supermarkt, man pickt sich das raus, was einem nützt - vom einen, vom anderen, von jedem, von niemandem. Dem einen Schüler nützt die Vorstellung, der Kehlkopf spiele die Hauptrolle, der andere kann viel mehr damit anfangen, sich auf den Atem zu konzentrieren. Nichts ist so kompliziert wie die Wahrnehmung, jedem fällt eine andere Vorstellung leichter und darauf muß ich mich einstellen können. Ein Schema zu nehmen und es jedem aufzudrücken ist meiner Ansicht nach schlechter Unterricht. Während dem einen ein "häääääää" helfen mag, schafft es beim anderen evtl. noch mehr Probleme, selbst wenn die Ausgangssituation dieselbe zu sein scheint. Der Schüler bringt mir genausoviel bei wie ich ihm. Das Ganze befindet sich im ständigen Fluß, alleine deshalb sind feste Gerüste nicht das Mittel der Wahl.

Übrigens ist die Technik nur ein Werkzeug - meinetwegen ein kompletter Werkzeugkasten - einen guten Sänger macht aber noch viel mehr aus. Insofern kann ein funktionaler Ansatz immer nur Teil des Unterrichts sein. Nicht mehr und nicht weniger.
 
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Das mit dem "hinten unten" ist aber nur eine Vorstellung, denn eigentlich ist doch alles irgendwie "hinten-unten" was im Kehlkopf passiert. Der Ton wird auch nicht zwischen den Schultern produziert. Was daran soll physiologisch sein? Macht ja auch nichts, wenn es gelingt.
Naja, es wird auf Stimmlippenebene schon etwas ändern, ich kann es leider nicht genau benennen.

Aber warum dann nicht gleich von der Atmung ausgehen? Ist doch viel naheliegender und einfacher?
Wieso ist es naheliegender? Da interessiert mich eine Begründung. Wenn ich den Atem verstärke, dann werden doch die Stimmlippen noch weiter aufgesprengt. Mir ist schon klar, du gehst davon aus, dass dadurch die automatisch mehr dagegenhalten.

Die häääää Übung ist nicht schlecht. Habe es gerade eine Schülerin machen lassen. Es scheint mir z.B. als Belt-Vorübung tauglich, da es den Klang sehr verdichtet. Aber die Schülerin hat die Atemverbindung ja schon richtig drauf und klingt von daher sowieso schon nicht mehr hauchig.
Ja, aber vorsicht. Auch das ä muss kopforientiert sein. ein i halte ich für besser - heute mit einer Studentin praktiziert.

Aber es scheint meiner Meinung nach eben oft durch, dass Du den funktionalen Ansatz sehr eng siehst und in gerne in einer klinischen, kalten, klangfeindlichen Ecke haettest. Dabei ist er soweit ich das verstehe einfach nur ein Grundgeruest, auf dem dann eben auch mit Bildern etc. gearbeitet werden kann.
Sowohl Du, als auch der funktionale Leher ihr stellt beide eine "Diagnose". Jeder auf seine Art.
Das ist absolut richtig. Der funktionale Ansatz ist ein WERKZEUG, wo ich direkt an Fehleinstellungen der Muskulatur rumschrauben kann. Mehr zu den "Fehleinstellungen" unten. Mein Hauptlehrer ist übrigens NICHT Reid-funktional, aber hat doch sehr gute Erfolge bei den Schülern. Ich bediene mich überall auf dem Buffet der Gesangslehrer, wo es was leckeres gibt und setzte dieses um, wenn ich unterrichte! Die künstlerischen Aspekte hole ich mir eher von meinem Hauptlehrer.

Ansatz a: Geht davon aus, daß es innerhalb des Kehlkopfes muskuläre Defizite gibt. Daher ist es logisch, eben dort anzusetzen, um Gleichgewicht und Harmonie zu erzeugen. (Wie im Fitnessstudio: Der Bauchmuskel ist im Verhältnis zum Rückenstrecker untertrainiert, also heisst es "Situps" machen. Das Ungleichgewicht erzeugt Haltungsfehler und z.B. Rückenschmerzen)
Grundannahme: Das "Instrument" ist der Kehlkopf, seine Funktionen sind die Teile des Ganzen und ihr Zusammenspiel und die aktive Wahrnehmung dessen wird gelehrt. Singen wird dadurch gelernt/gelehrt indem die Kehlkopfmuskulatur zu ihrer idealsten funktionellen Harmonie gebracht wird.
Absolut korrekt!

Ansatz b: Geht davon aus, daß die gesamte empfindliche Kehlkopfmuskulatur entlastet werden sollte, damit die Sängerin dort - trotz Höchstleistungen beim Singen - gar nichts spürt - und konzentriert sich von daher eher auf das Training des großen Atemkomplexes, um von daher zu einem leichtgängigen Zusammspiel von Atem und Kehlkopfmuskulatur zu kommen.
Wie findet diese Entlastung statt? Wenn ich es in ein anderes Bild setze heißt das: Ich habe einen Schnellkochtopf und entlaste das Überdruckventil, indem ich den Druck im Kessel erhöhe!
Grundannahme: Das "Instrument" besteht aus Atem, Kehlkopf und Ansatzrohr. Ein Zusammenspiel dieser drei Bereiche wird gelehrt. Das Singen wird verstanden als ein Gesamtkörperlicher Vorgang. Die Schülerin lernt, mit ihren individuellen körperlichen Gegebenheiten (auch auf Kehlkopfebene) bestmöglichst so umzugehen, daß schöner Gesang entsteht. Ich sage z.B. immer zu den Schülern: "Dein Ton (Gesang, Song) kann nur schön klingen, wenn du ihm die besten Möglichkeiten zur Verfügung stellst".
Aber das ist genau so auch Teil von Ansatz a!
Vielleicht kommt es am Ende gar nicht auf die schönste Harmonie in der Kehlkopmuskulatur an, sondern viel eher auf den individuellen gesanglichen Ausdruck einer bestimmten Person mit all ihren Besonderheiten, Stärken und auch Defiziten?

Ich würde fragen:

- Wodurch entsteht ein Ungleichgewicht in der Kehlkopfmuskulatur? Durch zuvor falsches Sprechen und Singen? Oder von Natur aus?
Es entsteht nicht, es ist da. Wir haben ein Blutpumporgan. Hallo, du Herz, du pumpen Blut. Herz: OK. Mach ich. Wir haben aber kein Gesangsorgan sondern ein Organ für: Du machen Essen in Magen und Luft in Lunge. Die Koordination, die fürs singen gebraucht ist, ist eine unnatürlich. D.h. in der Regel haben wir alle eine Imbalance, die erst durchs Training ausgeglichen wird. Naturstimmen haben durch Zufall eine Balance.

- Wie lange muss die Schülerin dann diese hääää Übung machen? Muskeltraining muss man ja eigentlich konstant machen (so auch das Atemtraining), weil sich die Muskelkraft-, oder Flexibilität sonst wieder abbauen würde. Muss diese Schülerin nun ihr ganzes sängerisches Leben lang die hääää-Übung machen, um einem ihr gegebenen Ungleichgewicht in der Kehlkopfmuskulatur entgegenzusteuern?
Klar, immer wieder, aber auch mal eine huuhh Übung! Ich muss als Lehrer immer hören: Welches Register ist dominant und dann steuer ich dagegen. Ich selbst darf fast gar kein äää machen, weil das sowieso schon extrem stark ist.

Es geht da sicher auch um Muskeltraining. (Kehlkopf, Gaumen, natuerlich auch Atemmuskulatur. Die einen konzentrieren sich vielleicht auf den Atem und das andere kommt nebenbei, die anderen umgekehrt. )
Aber vielleicht viel mehr auch um ein "Umschalten". "Aha, so muss das sein/sich anfuehlen etc.!" Also gezielt und so bewusst wie eben moeglich eine bestimme Einstellung zu erreichen.
Es ist denke ich nicht so, dass ein Nicht Saenger auf einmal stundenlang durchsingen kann, nur weil er den richtigen Ansatz bei Kehle oder Atem gefunden hat. Ich denke wir koennen die richtige Einstellung finden, aber wenn das lange nicht genutzt wurde, dann muessen die Muskeln auf diese spezielle Beanspruchung hin erst trainiert werden. Auch die Stimmbaender und die sie umggebenden Muskeln. Ich bin ja jetzt kein Funktionaler oder auch nur irgendwas, finde Atemtraining jetzt auch nicht verkehrt oder so. (Kommt aber meiner Meinung nach einfach von selber, wenn man lang singt. Aber fuer mich persoenlich ist zum Beispiel klar, dass das Hand in Hand geht.)
Nur weil unser hypothetischer Funktionaler den Atem nicht isoliert trainiert, heisst das ja nicht, dass er ihn fuer unwichtig haelt oder den Gesang nicht gesamtheitlich betrachtet.
Absolut korrekt. Ich habe heute der Studentin erst einmal gesagt, sie solle nichts mit dem Bauch oder irgendwas mit "Stütze" machen. Und hui... wurde ihr auf einmal warm, weil die Atemmuskulatur auf einmal arbeiten musste wie sau. Ohne Atemübung. Der Atem gehört dazu!
Ich glaube das ist ein grundsaetzliches Missverstaendnis. Es geht nicht darum, dass da irgendwas "kaputt" ist. Es geht darum, dass was anders gemacht wird.
So wie in Deinem Beispiel mit dem mangelnden Stimmbandschluss. (Weiss jetzt nicht, ob Du das noch verlinkt hast, ich interpretiere das jetzt mal in meinem Sinne.) Oder wir nehmen das aktuelle Beispiel hier. Da haben wir am Anfang ja auch einen "mangelhaften" Stimmbandschluss und da wirst Du jetzt wahrscheinlich protestieren.
Absolut korrekt. Und es ist ein mangelnder Stimmlippenschluss, weil der Ton leise und hauchig ist, zu lauterer Qualität nicht fähig war. Natürlich auch damit einhergehend fehlende Masse der Stimmlippen.
Und man kann sich jetzt streiten, ob es paedagogisch klug ist zu sagen, dass da etwas mangelhaft ist, oder ob man sagen soll "trau Dich mal was" oder "sei mal etwas lauter" oder eben auf eine von vielen moeglichen Arten da rangeht, wie zum Beispiel die recht spezifische von Coernel oder auch Deine.
Aber es soll eben - so wie ich das verstehe - nicht heissen, dass da was koerperlich grundsaetzlich nicht in Ordnung ist.
Dass man sich was falsch angewoehnt hat, kann wiederum schon sein.
Auch absolut korrekt. Es ist alles in Ordnung. Nur weil ich keine 50 kg heben kann heißt es ja nicht, dass ich kaputt bin, kann es aber trainieren. Ich würde auch nicht zwingend einem Schüler sagen, dass es ein mangelnder Stimmlippenschluss ist, wobei mir mein Lehrer damals sagte: Dein Cricothyrideus ist unterentwickelt. Bin immer noch bei dem Lehrer und sehr zufrieden.

Das kann Coernel sicher besser beantworten, aber ich denke nicht, dass das was ist, was man stundenlang machen muss im Sinne von "Training". Ich verstehe das eher als was, was man hin und wieder einstreut oder beim Einsingen macht, um die richtige Einstellung zu finden. Und frueher oder spaeter kann man dann diese Einstellung gezielt einsetzen. Man singt dann anders und das ist dann das Training. (Und die Atmung wuerde dann quasi mittrainiert.)
Aber ich kann mich auch irren und das ganze ist tatsaechlich als "Training" gedacht.
Aber eben nicht im Sinne von: "Diese Stimme ist im Ungleichgewicht und wird ihr Leben lang dagegen ankaempfen muessen."
Es ist Training gegen ein unterentwickeltes Brustregister. Aber irgendwann hat man es dann raus und muss ab und zu nur noch wecken, aber nicht mehr kämpfen.

Übrigens ist die Technik nur ein Werkzeug - meinetwegen ein kompletter Werkzeugkasten - einen guten Sänger macht aber noch viel mehr aus. Insofern kann ein funktionaler Ansatz immer nur Teil des Unterrichts sein. Nicht mehr und nicht weniger.
Ja, so ist es!
 
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Ich glaube, Ihr beiden geht einfach von gegensätzlichen Polen auf die Sache zu.

Ich weiss nicht, ob es korreliert, dass hauchige Stimmen anscheinend besser mit dem Kehlkopf arbeiten, während das Gegenteil sich besser auf die Atmung fokussiert? Wobei "auf Atmung fokussieren" aber eben nicht bedeutet, man würde diese verstärken!

Cörnel;5889627 schrieb:
Wieso ist es naheliegender? Da interessiert mich eine Begründung. Wenn ich den Atem verstärke, dann werden doch die Stimmlippen noch weiter aufgesprengt. Mir ist schon klar, du gehst davon aus, dass dadurch die automatisch mehr dagegenhalten.

Ich glaube nicht, dass Shana davon ausgeht. Ich glaube auch nicht, dass sie will, dass ihre Schüler den Atem(druck) verstärken. Sondern genau im Gegenteil, zumindest bei Schülern, die nicht hauchen, sondern eben drücken - die sollen die Atmung in den Griff kriegen, dass dosiert Luft auf den Kehlkopfbereich kommt.


Cörnel;5889627 schrieb:
Wie findet diese Entlastung statt? Wenn ich es in ein anderes Bild setze heißt das: Ich habe einen Schnellkochtopf und entlaste das Überdruckventil, indem ich den Druck im Kessel erhöhe!

Nein, eben gerade nicht! Nochmal, ich gehe hier von Leuten aus, die nicht hauchen. Wie hauchige Leute behandelt werden, weiss ich nicht, ich komme vom anderen Ende. Anyway, ich entlaste beim Schnellkochtopf das Überdruckventil, indem ich _unten_ Druck wegnehme (beim Schnellkochtopf, indem ich die Herdplatte runterschalte - das Beispiel hinkt hier ein klein bisschen). Wenn ich das so überlege: wenn es brennt, dann atme ich kurz aus => Überdruckventil springt an, aber gleichzeitig arbeite ich daran, dass ich unten eben weniger Druck von Haus aus gebe (nicht so stark einatmen). Ich entlaste das Überdruckventil keinesfalls damit, dass ich noch zusätzlich einatme, das wäre ja kontraproduktiv. Ich arbeite daran, reflektorisch genau so wenig Luft einzuatmen, wie ich benötige. Und nicht mehr. Das Überdruckventil sollte gar nicht erst in Versuchung geführt werden, anzuspringen.


Cörnel;5889627 schrieb:
Absolut korrekt. Ich habe heute der Studentin erst einmal gesagt, sie solle nichts mit dem Bauch oder irgendwas mit "Stütze" machen. Und hui... wurde ihr auf einmal warm, weil die Atemmuskulatur auf einmal arbeiten musste wie sau. Ohne Atemübung. Der Atem gehört dazu!

Wenn Du das bei mir machen würdest, würdest Du scheitern. Mir wird immer warm, wenn ich mich auf den Bauch und die Atmung fokussiere. Wir machen zwar keine isolierten Atemübungen in der Stimmbildung, aber Atmung ist immer mit betrachtet. Über Bilder.

Wenn ich mich auf den Hals konzentrieren soll (was mein GL schon gar nicht von mir verlangt hat am Anfang, das kam sehr, sehr dosiert erst später), geht es mit ziemlicher Sicherheit schief. Dann verspanne ich und übe genau noch mehr Druck auf den Kehlkopf aus. Es geht inzwischen, dass ich kurz(!) das Gefühl im Hals checke und entsprechend gegensteuere ggf. Das Gegensteuern geht aber wieder über die Atem-/Bauchschiene.


Cörnel;5889627 schrieb:
Es ist Training gegen ein unterentwickeltes Brustregister. Aber irgendwann hat man es dann raus und muss ab und zu nur noch wecken, aber nicht mehr kämpfen.

Hattest Du auch schon SchülerInnen mit überentwickeltem Brustregister im Vergleich zum Kopfregister? Und hast Du diese erfolgreich unterrichtet? Wenn ja, wie hast Du das gemacht?
 
Hattest Du auch schon SchülerInnen mit überentwickeltem Brustregister im Vergleich zum Kopfregister? Und hast Du diese erfolgreich unterrichtet? Wenn ja, wie hast Du das gemacht?
Klar! Unkoordiniertes, isoliertes Falsett ist hier die Lösung. Bitteschön, extra für dich aufgenommen:
http://soundcloud.com/popchorleiter/unkoordiniertes-isoliertes
 
Cörnel;5889627 schrieb:
Wieso ist es naheliegender? Da interessiert mich eine Begründung. Wenn ich den Atem verstärke, dann werden doch die Stimmlippen noch weiter aufgesprengt. Mir ist schon klar, du gehst davon aus, dass dadurch die automatisch mehr dagegenhalten.

Bei diesem Punkt bist du wohl derjenige, der zu eingeschränkt denkt ;-) Das Atemtraining beinhaltet Ausatemtraining, aber auch - und das ist ganz wichtig - das effektive Abspannen. Die Atempower muss sich den Gegebenheiten anpassen. Das bedeutet, daß in der Tiefe und Mittelllage die Atemanbindung eher leicht ist, sich der Atem aber zur Höhe hin verstärken kann. Oder wenn gebeltet wird, also viel schwingende Masse im Spiel ist. Ein passender Vergleich ist hier das Fahrradfahren den Berg hinauf. Wenn du im dritten Gang fährst und die Steigung lang ist brauchst du starke Beinmuskeln. (=Starke Atmung) Oder du verkleinerst den Gang(=Singen in Kopfstimme oder Mix) oder du steigst ab (Gar keine Höhen oder Belt).
Die Dampfkessel-Analogie passt eher nicht so gut, denn du kannst ja nur die Flamme kleiner oder größer stellen. Das wäre jetzt meinetwegen der Atem im übertragenden Sinne, aber beim Singen kannst du ja auch die schwingende Masse verändern. Beides wirkt zusammen.
Auf Fachchinesisch heisst das der "myoelastisch-erodynamische Effekt. ;-) Aber darüber haben wir hier schon so oft debattiert, das findet sich sicherlich in anderen threads.


Cörnel;5889627 schrieb:
Ja, aber vorsicht. Auch das ä muss kopforientiert sein. ein i halte ich für besser - heute mit einer Studentin praktiziert.

Interessant. I intensiviert den Stimmlippenschluss. Das setze ich auch ein, wenn eine Stimme stark überhaucht ist. und wie gesagt: Die ääää-Übung ist auch praktikabel, nur eben für mich nur in Zusammenspiel mit der Atemverbindung.

Cörnel;5889627 schrieb:
Wir haben aber kein Gesangsorgan sondern ein Organ für: Du machen Essen in Magen und Luft in Lunge. Die Koordination, die fürs singen gebraucht ist, ist eine unnatürlich.

Das ist natürlich richtig. Die Stimmlippen sind eigentlich erst tertiär Gsangsinstrumente. Primär sind sie Verschlussventile, damit kein Essen in die Luftröhre gelangt. Die sekundäre Funktion ist die Sprache. Ich stimme dir zu, daß Gesang - sofern er nicht aus einem Naturtalent entspringt - gelernt werden muss.


Gut, da bin ich ja schon mal froh, daß ich die funktionale Grundannahme richtig wiedergegeben habe.
Dieser thread trägt doch wesentlich zu einem besseren Verständnis bei finde ich :) Es ist ja auch nicht so, daß ich - oder andere - gar niemals eine funktionale Übung machen würden. Nur liegt dem zugrunde eben eine andere Ausgangsbasis.
 
Marketingstrategie. Nimm etwas bekanntes, damit die Leute sich sicher fühlen, nimm etwas Neues, damit ein gewisser Reiz ist. Wie beim komponieren.


hhmmmm.... finde ich nicht. ich habe cvt gemacht und hatte eher das gefühl, dass es reine "vorsicht" ist- cvt geht in solch extreme richtungen, dass sadolin wahrscheinlich vermeiden wollte, dass die leute zu dick schließen, indem sie schieben.
dass bei spannung unten auch spannung oben entsteht, hab ich erst hinterher rausgefunden. deswegen bin ich komplett davon weg, irgendeine atemart als usus anzusehen sondern mache mit erst zuallerletzt gedanken darum, falls was nciht stimmt.
 
Also, ich verstehe den ganzen Hokus-Pokus um die unterschiedlichen Ansätze nicht so ganz. Kann mir mal bitte einer erklären, was überhaupt der Unterschied sein soll zwischen funktional und nicht-funktional. In Wiki steht nur folgendes:
Als Funktionale Stimmbildung wird die Richtung der Gesangsbildung bezeichnet, die ihre Schüler über die physischen Zusammenhänge der Stimme und des Körpers aufklärt. Die Stimmbildner gehen von den biologischen Gegebenheiten der Stimme aus, um deren Entwicklung zu fördern. Die zwei Hauptrichtungen der funktionalen Stimmbildung sind das Lichtenberger Institut und das Rabine-Institut. Andere Richtungen der Stimmbildung wenden sich gegen diese Methode. Sie plädieren für die Aktivierung von Vorstellungen, die Veränderungen bewirken sollen (z.B. Bilder wie "an einer Blume riechen", "über das Wasser laufen").
Für mich ist das ziemlich viel Trara um eigentlich gar nicht so große Unterschiede. Letztendlich läuft Singen lernen doch grundsätzlich immer gleich ab. Eigentlich niemand kann von Natur aus die physiologischen Vorgänge willentlich beeinflussen. Wenn man einem Anfänger sagt "Senke mal deinen Kehlkopf" oder "Schließ mal die Stimmlippen stärker", wer kann schon was damit anfangen?

Das Training dieser Vorgänge läuft dann letztendlich immer gleich ab. Durch bestimmte Übungen induziert man sozusagen zwangsläufig die gewünschten Vorgänge (z.B. Gähnstellung oder "mom" "mom" "mom" für tieferen Kehlkopf). Dadurch trainiert man dem Schüler das gewünschte Verhalten an. Der Schüler wird dadurch gewissermaßen auf diese Vorgänge konditioniert. Wenn man oft genug "mom" "mom" "mom" gesungen hat, wird man sich irgendwann antrainiert haben auch beim Singen anderer Vokale den Kehlkopf tendenziell tief zu halten.

Dabei ist es zunächst völlig egal, ob man dem Schüler gleichzeitig erklärt, was da physiologisch bei ihm vorgeht. Wichtig ist, dass die Übungen bei ihm die gewünschten physiologischen Vorgänge induzieren und, dass er dadurch lernen kann diese Vorgänge hinterher wieder abzurufen. Dabei ist es egal, ob man jetzt Übungen verwendet oder ob man gewisse Bilder (weit denken, Stimme trinken, usw.) verwendet oder sonstwas. Die Qualität einer Übung liegt erstmal darin, gezielt und möglichst universell (also bei unterschiedlichen Personen) einen physiologischen Effekt hervorzurufen, der für das Singen nützlich ist. Letztlich gilt bei den Übungen natürlich ausprobieren, d.h. die richtige Übung für den richtigen Schüler zu finden. Ein guter GL muss hören, ob eine Übung bei einem bestimmten Schüler gut funktioniert oder nicht, ob z.B. einem Schüler die Vorstellung vom Gähnen mehr hilft oder eher das ständige Üben von "mom".

Die Physiologie dahinter wird meiner Meinung nach dann recht nützlich, wenn der Schüler viele unterschiedliche Stilistiken verwenden möchte. Wenn man die Vorgänge kennt, dann kann man sich gut erschließen bzw. lernen, dass z.B. Übungen auf "mom" (tiefer Kehlkopf) und Übungen auf "näi" (Twang, hoher Kehlkopf) zwei unterschiedliche Extrema desselben Konzepts darstellen. Dann kann man auch leichter lernen sich auf dem Kontinuum dazwischen zu bewegen bzw. die "Höheneinstellung" des Kehlkopfes als Ausdrucksmittel zu verwenden. Es wird wohl kaum einer Übungen erfinden können die alle physiologisch möglichen Kehlkopfstellungen durchtrainieren. Aber wenn man die Extrema Twang und Klassiche Kehlkopfstellung trainiert, ist es möglich sich dazwischen zu bewegen.

Aus diesem Grund denke ich auch, ist der funktionale Ansatz wesentlich nützlicher für Contemporary-Gesang als für Klassik-Gesang, wenn man einem Schüler nämlich zeigen kann: "Hier du kannst so singen mit tiefem Kehlkopf, das klingt dann voller und voluminöser oder mit hohem Kehlkopf, das klingt dann schneidender und fokussierter". Ohne den physiologischen Zusammenhang ist sowas schwieriger zu erklären. In der Klassik gibt es halt nur "die eine" Gesangseinstellung, die als ideal angesehen wird und stilistische Mittel wie Twang, Scream, ... usw. sind weitestgehend verboten, daher braucht man solche Konzepte in dem Fall nicht.

Zu der Atemanbindung muss ich sagen, dass ich nicht glaube, dass sich das jetzt kategorisieren lässt in funktional oder nicht-funktional. Letztendlich ist es irgendwie ein "Henne-Ei-Prinzip", ob nun die richtige Atemanbindung automatisch einen gute Kehlkopfkonfiguration erzeugt oder ob es doch umgekehrt ist. Ich denke, das ist auch verschieden von Schüler zu Schüler. "Naturbelter" (meist Männer) haben eine starke Fixierung auf die Vorgänge der "Atem-Rückhaltemuskulatur", dadurch können sie intuitiv schon ganz gut belten ohne dabei allzu viel zu pressen. Hier lohnt es sich wahrscheinlich eher am Ausdünnen bzw. am stärken der Kopfstimme zu arbeiten. Sehr kopfig veranlagte Leute (meist Frauen) haben eher eine Fixierung auf die Vorgänge am Kehlkopf, da können dann Atemübungen helfen für ein wenig mehr Power zu sorgen. Schließlich gibt es noch die Leute, die in beidem nicht so gut sind. Das sind die, die zu stark verbrusten und dann schnell zum Pressen neigen. Anders als bei Naturbeltern springt bei diesen Leuten die "Atem-Rückhaltemuskulatur" nicht automatisch an.

Ich finde eine Generalisierung wie "Die Atmung muss immer trainiert werden" oder "Die Atmung muss nie trainiert werden" ist völlig fehl am Platze, von daher bin ich schonmal überhaupt kein Fan von "Konzepten" oder "Methoden" im Allgemeinen. Das halte ich auch eher für Marketing. Man sollte vielmehr ein sehr breit gefächtertes Arsenal an Übungen parat haben, mit denen man individuell auf bestimmte Probleme eingehen kann. Deshalb kann ich auch die Kategorisierung in "funktional" oder "nicht-funktional" nicht so recht verstehen, denn ob man dem Schüler die physiologsichen Vorgänge erklärt oder nicht ist nur ein kleiner Baustein von vielen, der einigen hilft und anderen halt nicht, aber weiß Gott kein so grundlegendes Konzept, dass man dadurch ein breites Feld von verschiedenen "Methoden" in zwei Bereiche aufteilen kann.
 
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