gibt es schon ein Lieferdatum, das ernst zu nehmen ist?
Dazu kann ich leider absolut nichts sagen. Meine persönliche Schätzung wäre, dass das Pult zur Musikmesse/PLS 2012 in Deutschland erscheinen _könnte_ sofern denn die Produktion entsprechende Stückzahlen liefern kann, die das tun was sie sollen.
Ob es mit den aktuellen Demopulten (die keine handgefertigten Prototypen mehr sind) noch irgendwelche Probleme gibt, wird sich zeigen. Darüber darf ich allerings weder hier noch sonstwie Auskunft geben, denn ich habe eine diesbezügliche Verschwiegenheitsvereinbarung unterschrieben.
Zeigen und Lobpreisen geht aber
Der Vollständigkeit halber und einiger potenzieller Stasimitarbeiter wegen, die mir ansonsten gleich wieder irgendwas andichten wollen: Nein, ich arbeite nicht bei/für Behringer oder die Music Group. Nein, man hat mir das Pult nicht geschenkt damit ich es in den höchsten Tönen lobe (und auch so werde ich es wohl nicht behalten dürfen sondern muß es bei Gefallen selbst ganz offiziell bei irgendeinem Händler zum regulären Preis kaufen). Ich bin lediglich einer von aktuell wohl 11 Beta-Testern, die derzeit Demo-Pulte im (hoffentlich) produktiven Einsatz haben, um potenzielle Bugs zu finden, die sich bisher versteckt haben.
Das gleiche habe ich bereits für das PreSonus StudioLive 16.0.2 hinter mir und auch da hat man mir das Pult leider nicht geschenkt
Kommen wir zum Wesentlichen, dem ersten Eindruck von gut zwei Stunden Spielerei am Demopult.
Mit einem Wort: OVERGREAT!
Etwas ausführlicher: Das X32 wird - wie schon mehrfach vermutet - den Markt der erschwinglichen Digitalpulte massiv aufmischen.
Preamps und Effekte[1] klingen für meine Begriffe hervorragend. Die EQs (4-Band parametrisch in den Inputs, 6-Bänder in den Ausspielwegen) tun was sie sollen und erlauben neben sehr gut klingenden breitbandigen Anhebungen auch minimal-invasive Eingriffe an schwierigen Patienten mit der nötigen Präzision ohne zu viel vom Signal zu versauen.
Durch die 6-Band Parametrik in den Ausgangsbussen wird man oftmals ohne Einsatz der Terzband-EQs auf Aux-Wegen und Master auskommen, was mir schon mal sehr gut gefällt - denn somit bleiben mehr Effektslots für Insert-Effekte frei
[1] Da gibt es mindestens vier verschiedene Hallmaschinen/Plates, zwei oder drei Delays, Chorus, Flanger, Phaser, Ampsimulationen, eine Art Transient Designer, Limiter, Zerren und EQs als Insert.
Die Motorfader (Eigenentwicklung) laufen satt und sanft - ehrlich gesagt die besten Fader, die ich je in einem Behringer-Pult begrabbeln durfte und absolut kein Vergleich mit früheren Modellen.
Auch Encoder und Taster verfügen über gute Druckpunkte und Rastungen, die sofort ein taktiles Feedback darüber geben was man gerade macht.
Die Displays (sowohl 7" Farbdisplay als auch Channel-LCDs) sind gut ablesbar und - ebenso wie LEDs und Pultleuchte - getrennt in der Helligkeit regelbar.
Allgemein ist übrigens die Verarbeitung für ein Pult dieser Klasse hervorragend gelungen. Sicherlich nicht ganz so wertig wie Yamaha oder Midas, dennoch stabil und nett anzufassen, ohne dass man Angst haben müsste, irgendwas zu zerbrechen. Selbst PreSonus hätte da in meinen Augen zumindest bei den Fadern noch eine Kleinigkeit nachzuholen ;-)
Wichtig in meinen Augen: Auch ohne vorheriges Studium des nicht vorhandenen Manuals ist das Pult mit ein wenig Einarbeitungszeit (fast) selbsterklärend und vor allem sofort einsetzbar, sofern man mit den bereits vorgegebenen Effekten und dem Routing so klarkommt. Ohne irgendwas geroutet zu haben, gehen alle Kanäle erstmal auf den Master - hier also schon mal keine bösen Überraschungen.
Etwas tricky gestaltete sich (zumindest ohne Handbuch) die Einrichtung der Mute-Gruppen, Aux-Wege für's Monitoring und das Routing der FX-Returns in meinem Fall über Subgruppen und DCA-Groups auf den Master, um auch noch im FX-Return EQ und Dynamics zur Verfügung zu haben. Das ist aber zugegebenermaßen schon ein recht spezielles Routing, auf das man im Normalfall wird verzichten können.
Netterweise führen beim X32 fast immer mehrere Wege zum Ziel. So lassen sich Kanäle im Home-Screen jedes Kanals DCA- und Mute-Gruppen zuordnen (mittels Encoder als "Soft-Key"), aber auch über den Weg, eine DCA-Select-Taste gedrückt zu halten und dann alle gewünschten Kanäle vermittels ihrer Select-Taster in diese Gruppe zu bringen oder herauszunehmen.
Auf die gleiche Weise lassen sich Kanäle und Busse den Mute-Groups zuordnen, nachdem man den Taster "Mute Groups" neben dem Display betätigt hat. Man sollte nur nicht vergessen, diesen Taster wieder zu deaktivieren, sonst arbeiten die Mute-Master natürlich nicht, weil sie immernoch im Assign-Modus sind ;-)
Ein weiterer Clou für mich:
Bei der Erstellung von Monitormixen lassen sich nicht nur einzelne Kanäle in einen Aux-Send schrauben, sondern auch (unabhängig von Master, Gruppen und anderen Aux-Sends!) einzeln und ausschließlich auf diesen Aux bezogen muten.
So lässt sich übrigens auch effektiv vermeiden, eine elektronische Feedbackschleife zu erstellen, indem man den FX-Return stumpf für seinen eigenen Send mutet. So ist es also nicht möglich, den Ausgang wieder an den Eingang einer Effektmaschine zu senden, selbst wenn man im Eifer des Gefechts mal den falschen Send erwischen sollte.
Und der absolute Hammer (zumindest für mich persönlich): Das Aux-Mixing.
Hier hat sich der Entwickler wirklich Gedanken gemacht, wie man alle erdenklichen Vorgehensweisen frei wählbar in einem einzigen Pult unterbringen kann. Seit M7CL und LS9 bemängele ich ja bei Yamaha die Fixierung auf Sends-on-Fader. Ok, man konnte auch schon beim M7 die Encoder neben dem Display nutzen, das ist mir aber immernoch zu unübersichtlich und ich habe oft ein Signal in den falschen Aux geschoben. Abgesehen davon kann ich hier immer nur das Signal von einem (dem ausgewählten) Kanal in einen Mix schieben. Für einen kompletten IEM-Mix muß ich also fast zwangsweise Sends-on-Fader benutzen oder mich durch alle Kanäle durchklicken.
Der zweite Ansatz, einen Aux-Mixer über die LED-Ketten und Mix-Buttons zu bauen, wie das beim StudioLive der Fall ist, gefällt mir schon besser: Ich wähle einen Aux-Master und kann den kompletten Mix für diesen Bus ohne Umschalten von Layern oder Durchklicken durch alle Kanäle zusammenbauen.
Vielen Anwendern fehlt hier die Möglichkeit, Sends-on-Fader zu benutzen. Für meine Begriffe bei dem Bedienkonzept überflüssig, aber ich habe auch Verständnis für anderweitige Bedürfnisse. Im reinen Monitoreinsatz kann Sends-on-Fader nämlich durchaus praktisch sein.
Dritte, klassische Möglichkeit: ein Poti pro Aux in jedem Kanal, wie von analogen Pulten gewohnt. Übersichtlich, solange man nicht gerade mit 18 Auxen arbeiten muß/darf, aber auch platzintensiv und nicht gerade kostendrückend.
Beim X32 hat man (endlich!) eine Kombination aus allen drei Möglichkeiten geschaffen, die ich in dieser Klasse niemals für möglich gehalten hätte.
Für den Yamaha-User gibt es Sends on Fader "classic":
- Aux-Mix auf der rechten Faderbank auswählen
- Sends on Fader Taste drücken
- gewünschte Kanäle, FX-/Aux-Returns in den Mix fadern
- Sends on Fader deaktivieren, fertig.
Für die analogen Klassiker:
- Kanal mittels Select-Taster auswählen
- Gewünschten Viererblock der Sends oben links neben dem Display wählen
- Mix zusammenkurbeln
- nächsten Kanal wählen...fertig
Und dann - für mich der Bringer, und bestens für meine Arbeitsweise passend - Sends on Fader "falschrum":
- Sends on Fader Taster drücken
- Zu
sendenden Kanal mit Select auswählen
- Den Fader des passenden Ausgangsbusses auf den gewünschten Pegel schieben.
Hierbei arbeiten die Fader der rechten Bank als Send ausschließlich für den ausgewählten Kanal, nicht als Busmaster!
Dieses Vorgehen ist für mich dann sehr praktisch, wenn es z.B. darum geht, einen Monitormix schnell passend zu bekommen. Da frage ich dann nicht "was willst Du, Musiker A, auf Deinem Monitor haben?", sondern "wer braucht noch Vocals auf seinem Monitor?". Schreien dann (wie üblich alle außer dem Gitarristen) "hier", hat man den gerade bearbeiteten Lead-Vocal Kanal eh noch selektiert, drückt eben Sends on Fader und schiebt in alle Monitore pauschal n dB Vocals.
Effektiver und schneller geht's nicht. Praktischerweise baut man also den Monitormix schon, wenn man die einzelnen Inputs checkt quasi nebenbei, weil man zu diesem Zeitpunkt idR. nicht an den Sub- oder DCA-Gruppen schrauben muß und die Busmaster eh in 0dB-Position stehen sollten.
Soviel erstmal zum ersten Eindruck. Ein ausführliches Review möchte ich erst schreiben, wenn Exemplare aus laufender Produktion verfügbar sind und ich mich noch eingehender mit dem Pult beschäftigt habe.
Die Möglichkeiten die das X32 bietet, muß ich erst noch ausloten und ausprobieren, um die Praxistauglichkeit noch besser einschätzen zu können.
Im Zuge dessen wird es übrigens nunmehr am
Samstag, 28.01.2012 einen ersten Produktiveinsatz geben, zu dem ich interessierte MBler herzlich einladen möchte.
Der Einfachheit halber nehme ich das Pult mit zu einem öffentlichen Gig mit "Craggy Island" (siehe Signatur) im
Jugendzentrum HorizOnT, Willy-Brandt-Ring 42, 41747 Viersen.
Einlass: 20:00
Beginn: 20:30