Armin H.
NP Custom Guitars
Vorgeschichte:
Nachdem ich mir im letzten Jahr, nach vielen Jahren als Kitty Hawk User, wegen chronischer Rückenprobleme einen Engl Thunder 320 angeschafft hatte, mit dem ich allerdings nie richtig warm wurde, begab ich mich schon bald wieder auf die Suche nach meinem ganz persönlichen "heiligen Gral". Eigentlich war ich mit meinen beiden Kitty´s, die ich fast 25 Jahre lang zusammen mit einer Thiele Box gespielt hatte, immer sehr zufrieden.
Aber wenn das Rentenalter immer näher rückt und man zudem im 3ten Stock Altbau ohne Aufzug lebt, wird eine solche Vorliebe immer mehr zur Belastung. Der Engl gefiel mir Anfangs, wegen seinem einfachen Aufbau und dem geringen Gewicht ganz gut, aber nach relativ kurzer Zeit war mir klar: das ist er nicht. Ein letzter Versuch den Silberling durch Speakerwechsel und ein paar kleinen Modifikationen an der Schaltung auf die rechte Bahn zu bringen, brachten nicht das gewünschte Resultat. Nach einem Motorradunfall im letzten Herbst, bei dem mein linkes Handgelenk dreimal gebrochen war und es ohnehin fraglich war, ob ich überhaupt noch einmal der zweitschönsten Sache der Welt frönen würde, hatte ich zumindest genug Zeit, um mich musikalisch neu zu orientieren.
So schlenderte ich den ganzen Winter durch diverse Gitarrenläden, las unendlich viele Testberichte und Reviews, um dann festzustellen, dass es doch nicht der "Richtige" war. Der entscheidende Tipp kam von der deutschen Küste. Von hier berichtete mir ein befreundeter Gitarrenkünstler, auf dessen Meinung ich großen Wert lege, mit viel Enthusiasmus von einem neuen Amp, den sich sein Mitstreiter vor kurzem zugelegt hatte und den ich mir unbedingt einmal ansehen sollte. Der Name war mir bis dahin völlig unbekannt. Zufälligerweise brachte G&B in der Februar Ausgabe einen Test über das kleinere Modell, den Rebel 20, aber die Empfehlung für mich lautete: Egnater Renagade 112.
Der Amp:
Eigentlich habe ich mir noch nie "blind" ein Instrument gekauft, aber die Firma Egnater wird in Deutschland z.Z. nur vom großen T vertrieben. Außerdem war ich der Meinung, dass mein Küstenfreund schon recht gut wusste, wonach ich suchte und so wurde der "Überläufer" genauso schnell geliefert wie er bestellt worden war. Im Nachhinein erwies sich meine Eile als durchaus berechtigt, der Renagade war inzwischen vergriffen und nach telefonischer Auskunft erst frühestens in 2 Monaten wieder lieferbar. Als ich nach Hause kam stand der große Karton noch leicht unterkühlt im Flur. Die erste Überraschung erwartete mich unmittelbar nach dem Öffnen, denn man hatte dem Amp einen schicken und gut gepolsterten Frack aus schwarzem Cotton verpasst, auf dem mit weißen Lettern Egnater Custom Amplification eingestickt war.
Hilft man ihn aus dem Dress, erscheint der Renegade in einem smarten Ocker-schwarzem Tolex, die Lautsprecherbespannung ist in den gleichen Farben gehalten. Das Gehäuse ist aus Birke und bietet dem Amp und seinem von Celestion gebauten Elite 1000 12 Zoller ein stabiles Heim. Das zeitlose Design des Renegade sucht wirklich seinesgleichen und schmückt ein funktionelles Studio genauso wie Omi´s 50er Jahre Wohnzimmer mit Nierentischchen und Ohrensessel.
Die Technik:
Der Egnater Renagade ist ein reinrassiger Zweikanaler und mehr als das, aber dazu später. Das Bedienfeld der beiden völlig getrennten Kanäle ist im Grunde identisch, bis auf die Tatsache, dass der erste Kanal für den Cleansounds und dem Zweiten die verzerrten Klänge zugedacht sind. So findet man nach den Guitarinput jeweils ein 65/18 Watt-, ein Tight/ Deep- und ein Bright/ Normal-Kippschalter, Gain, Bass, Middle, Treble, Tube Mix und ein Volumenpoti pro Kanal. Neben dem identisch aufgebauten Kanal 2 folgt die Masterabteilung mit sechs Drehreglern: Channel 1Rev, Channel 2Rev, Density, Presence, Main 1 und Main 2. und die obligatorischen Power- und Standby-Schalter. Während die 65 Watt Option für mehr Headroom sorgt, geht der Amp im 18 Watt Modus schneller in die natürliche Endstufenzerre.
Der wahre Gimmick besteht jedoch aus dem Mix von je 2 EL34 und 2 6L6 Endstufenröhren, die zudem für jeden Kanal separat gewählt, bzw. miteinander gemischt werden können. Außer den vier Endstufenröhren kommen noch sechs 12 AX7 Vorstufenröhren zum Einsatz. Während sich der Cleankanal selbst bei aufgedrehtem Gain kaum in die Zerre treiben lässt hat der zweite Kanal größere Gainreserven. Hier lassen sich die einzelnen Kanäle durch die jeweils separaten Tight/Deep Schalter nochmals schlanker im Bassbereich, bzw. in fette Rocksounds treiben. Wird der Bright Schalter aktiviert werden dem Sound mehr Höhen zugegeben.
Durch den Tube Mix Regler lässt sich so zwischen amerikanischem 6L6 und britischem EL34 Marshallsound wählen. Durch die zusätzlichen Masterregler lassen sich die Lautstärke der beiden Kanäle wunderbar aufeinander abstimmen. Zudem besitzt jeder Kanal einen eigenen Hall, der auch durch den Fußschalter schaltbar ist und beim Ausschalten als Spillover ausklingt. Während der Density Schalter für mehr Dichte im Bassbereich sorgt, bringt der Presence Regel mehr Obertöne. Hier sind die Regler jedoch für beide Kanäle zuständig.
Auch der robuste Fußschalter, mit dem sich nicht nur Channel, Effects, Reverb und Main 2 schalten lassen, mit einem Minischalter lässt sich festlegen, ob sich der Schaltvorgang Kanal 1, 2 oder beide beinhaltet. Möchte man z.B. nur auf dem Cleankanal Reverb haben, auf den Zweiten aber keinen, so lässt sich das mit dem Minischalter einrichten. Das gleiche gilt für den Fall, dass der Leadkanal beim Solieren etwa lauter sein soll.
Hier macht es sich sicherlich bezahlt, dass es sich bei Mister Egnater um keinen reinen Techniker handelt, sondern seine Wurzeln in einer langen Gitarristenkarriere zu suchen sind. Ähnlich wie Peter Diezel hat er sich seine ersten Brötchen im Verstärkerbau durch das Modifizieren von Marshall Tops und anderen Amps verdient. Wer anders als ein guter Gitarrist kann wissen, was ein solcher wirklich braucht.
Die Rückseite des Renagade ist mindestens genauso gut durchdacht wie umfangreich. Hier befindet sich zuerst einmal der Power Tube Bias Regler. Im übersichtlichen, aber leider nur englischsprachigen Owner´s Manual, ist eine Liste der möglichen Röhrentypen aufgelistet. So lässt sich der Renagate mit 6L6/5881, EL34/6CA7, E34L, 6550, 6V6 (JJ only !!!), KT66 und KT77 ausrüsten. Solche Möglichkeiten waren mir zumindest bisher unbekannt. Allerdings würde ich als technisch Unbegabter solche Arbeiten immer einem Fachmann überlassen.
Für den Fußschalter sind zwei Klinkeneingänge vorgesehen. Für Zusatzspeaker steht ein Impedanz Wahlschalter mit 4, 8 und 16 Ohm ebenso zur Verfügung, so zwei zusätzliche Speakereingänge. Für Record und Line Out steht ein Ausgang zur Verfügung, ebenso ein Effects Loop Return und Send. Das ist eine Menge gut durchdachter Features, die man hier für sein Geld bekommt. Obwohl ich mit Sicherheit kein technisches Genie bin und nicht einmal meinen DVD Recorder programmieren kann, waren mir alle Funktionen nach kurzer Zeit geläufig.
Der Sound:
Das ist für mich immer der schwierigste Teil eines Reviews. Als wäre es nicht schon schwer genug einen Klang zu umschreiben, beschreibt doch jeder subjektiv seinen eigenen Sound, mit seinen eigenen Worten. Als Testgitten dienten mir eine alte Tokai Telecaster und eine Stratocaster mit dem Seymour Duncan "Everything Axe Set" mit 3 Humbuckern. Mein erster Eindruck kam vom Lüfter. Direkt nach dem Einschalten stellte sich ein leises Summen ein, dass ich von meinen PC´s kenne. Nicht wirklich störend und im Bandbetrieb sicherlich unhörbar spitzte ich trotzdem die Ohren. Mit einem Lüfter hatte ich nun nicht gerechnet. Aber ein kurzer Anruf beim Verkäufer beruhigte mich umgehend. Da die Rückwand geschlossen ist, sorgt ein leiser Lüfter für die nötige Kühlung der Endstufen. Die Telecaster angekabelt und zuerst einmal die Lautstärke angepasst. Mein Gott, können 65 Watt laut sein. Zuerst fiel mir die direkte Ansprache auf. Im Manual gibt es einige Vorschläge für verschiedene EQ Einstellungen. Ich habe zuerst einmal alles auf 12 Uhr belassen und war beeindruckt wie ausgeglichen der Amp bei kleinen und mittleren Lautstärken eingestellt ist. Über den Bridge PU hatte ich im Handumdrehen einen wunderbar glockigen Sound.
Die 6L6 bringen mit sachtem Reverb den typischen Fendersound. Besser kann es auch kein Twin Reverb. In der Zwischenstellung brauchte ich nicht lange nach dem allseits bekannten Twang zu suchen. Eine leichte Übung für Telly und Renagade. Ich habe ein bisschen mit dem Tube Mix gespielt und musste feststellen, dass er mir hier in der Mittelstellung am besten gefiel. That´s Funk. Mit dem Halstonabnehmer wird es dann fast schon jazzig. Jetzt klingt die Tele schon fast nach Paula, mit samtweichen Mitten. Der Engl guckt nur dumm aus der Wäsche und das Chrom scheint vor Wut anzulaufen.
Ich versuche ich mit dem Tube Mix deutliche Soundveränderungen zu erreichen, aber es ist nicht so, dass beim Schrauben von 6L6 auf EL34 plötzlich das volle Marshallbrett da ist. Der Übergang ist wesentlich sanfter als ich angenommen hatte, aber durchaus hörbar. Der Ton wird rauer und rotziger, aber alles in Grenzen. Beim Umschalten auf den zweiten Kanal wird schon klarer was Sache ist und die Tele liefert mit ein wenig Schrauberei amtliche Leadsounds. Beim zusammenschalten der beiden Kanäle kann es ganz schnell brachial werden und ich finde es erstaunlich welchen Einfluss die Tight/ Deep und Bright/Normal-Kippschalter auf den Gesamtsound haben.
Die "Schmitz Strat" mit ihren drei Humbuckern bringt jetzt schon ein ganz anderes Pfund auf die Waage. Der Renagade lässt seine Muskeln spielen, von sweet & bluesy Overdrive bis zum brachialen Iron Maiden Riff ist hier alles ohne große Mühe abrufbar. Anfangs haben mich die vielen Soundmöglichkeiten fast erschreckt, jetzt macht es nur noch Spaß. Man muss sich fast schon anstrengen, um diesen Amp mies klingen zu lassen. Ein ganz großes Dankeschön an Rainer, ich war schon kurz davor bei Gregor Hilden einen Kitty zu ordern. Nicht auszudenken was mir da entgangen wäre. Sicherlich sind 1200 Taler kein Pappenstiel, aber ich hatte schon wesentlich teurere Kisten am Kabel und ich bin mir sicher, dass ich noch lange nicht alles ausgereizt habe, was dieser Egnater zu bieten hat.
Fazit: Der Egnater Renagade ist ein außergewöhnlicher und vielseitiger Amp. Der Entwickler ist hier neue Wege gegangen, weit weg von Computerchips und diversem Bits und Bites. Ich bin mir sicher, dass man noch viel von diesem Hersteller hören wird. Hier wurde alte Probleme neu überdacht und den Mut aufgebracht nicht den 23sten Boogie oder Marshall zu klonen. Blueser, Jazzer & Rock ´n Roller und sicherlich auch die Fans der etwas härteren Gangart werden ihren Spaß am Renegade und seinen Kollegen haben .
Nachdem ich mir im letzten Jahr, nach vielen Jahren als Kitty Hawk User, wegen chronischer Rückenprobleme einen Engl Thunder 320 angeschafft hatte, mit dem ich allerdings nie richtig warm wurde, begab ich mich schon bald wieder auf die Suche nach meinem ganz persönlichen "heiligen Gral". Eigentlich war ich mit meinen beiden Kitty´s, die ich fast 25 Jahre lang zusammen mit einer Thiele Box gespielt hatte, immer sehr zufrieden.
Aber wenn das Rentenalter immer näher rückt und man zudem im 3ten Stock Altbau ohne Aufzug lebt, wird eine solche Vorliebe immer mehr zur Belastung. Der Engl gefiel mir Anfangs, wegen seinem einfachen Aufbau und dem geringen Gewicht ganz gut, aber nach relativ kurzer Zeit war mir klar: das ist er nicht. Ein letzter Versuch den Silberling durch Speakerwechsel und ein paar kleinen Modifikationen an der Schaltung auf die rechte Bahn zu bringen, brachten nicht das gewünschte Resultat. Nach einem Motorradunfall im letzten Herbst, bei dem mein linkes Handgelenk dreimal gebrochen war und es ohnehin fraglich war, ob ich überhaupt noch einmal der zweitschönsten Sache der Welt frönen würde, hatte ich zumindest genug Zeit, um mich musikalisch neu zu orientieren.
So schlenderte ich den ganzen Winter durch diverse Gitarrenläden, las unendlich viele Testberichte und Reviews, um dann festzustellen, dass es doch nicht der "Richtige" war. Der entscheidende Tipp kam von der deutschen Küste. Von hier berichtete mir ein befreundeter Gitarrenkünstler, auf dessen Meinung ich großen Wert lege, mit viel Enthusiasmus von einem neuen Amp, den sich sein Mitstreiter vor kurzem zugelegt hatte und den ich mir unbedingt einmal ansehen sollte. Der Name war mir bis dahin völlig unbekannt. Zufälligerweise brachte G&B in der Februar Ausgabe einen Test über das kleinere Modell, den Rebel 20, aber die Empfehlung für mich lautete: Egnater Renagade 112.
Der Amp:
Eigentlich habe ich mir noch nie "blind" ein Instrument gekauft, aber die Firma Egnater wird in Deutschland z.Z. nur vom großen T vertrieben. Außerdem war ich der Meinung, dass mein Küstenfreund schon recht gut wusste, wonach ich suchte und so wurde der "Überläufer" genauso schnell geliefert wie er bestellt worden war. Im Nachhinein erwies sich meine Eile als durchaus berechtigt, der Renagade war inzwischen vergriffen und nach telefonischer Auskunft erst frühestens in 2 Monaten wieder lieferbar. Als ich nach Hause kam stand der große Karton noch leicht unterkühlt im Flur. Die erste Überraschung erwartete mich unmittelbar nach dem Öffnen, denn man hatte dem Amp einen schicken und gut gepolsterten Frack aus schwarzem Cotton verpasst, auf dem mit weißen Lettern Egnater Custom Amplification eingestickt war.
Hilft man ihn aus dem Dress, erscheint der Renegade in einem smarten Ocker-schwarzem Tolex, die Lautsprecherbespannung ist in den gleichen Farben gehalten. Das Gehäuse ist aus Birke und bietet dem Amp und seinem von Celestion gebauten Elite 1000 12 Zoller ein stabiles Heim. Das zeitlose Design des Renegade sucht wirklich seinesgleichen und schmückt ein funktionelles Studio genauso wie Omi´s 50er Jahre Wohnzimmer mit Nierentischchen und Ohrensessel.
Die Technik:
Der Egnater Renagade ist ein reinrassiger Zweikanaler und mehr als das, aber dazu später. Das Bedienfeld der beiden völlig getrennten Kanäle ist im Grunde identisch, bis auf die Tatsache, dass der erste Kanal für den Cleansounds und dem Zweiten die verzerrten Klänge zugedacht sind. So findet man nach den Guitarinput jeweils ein 65/18 Watt-, ein Tight/ Deep- und ein Bright/ Normal-Kippschalter, Gain, Bass, Middle, Treble, Tube Mix und ein Volumenpoti pro Kanal. Neben dem identisch aufgebauten Kanal 2 folgt die Masterabteilung mit sechs Drehreglern: Channel 1Rev, Channel 2Rev, Density, Presence, Main 1 und Main 2. und die obligatorischen Power- und Standby-Schalter. Während die 65 Watt Option für mehr Headroom sorgt, geht der Amp im 18 Watt Modus schneller in die natürliche Endstufenzerre.
Der wahre Gimmick besteht jedoch aus dem Mix von je 2 EL34 und 2 6L6 Endstufenröhren, die zudem für jeden Kanal separat gewählt, bzw. miteinander gemischt werden können. Außer den vier Endstufenröhren kommen noch sechs 12 AX7 Vorstufenröhren zum Einsatz. Während sich der Cleankanal selbst bei aufgedrehtem Gain kaum in die Zerre treiben lässt hat der zweite Kanal größere Gainreserven. Hier lassen sich die einzelnen Kanäle durch die jeweils separaten Tight/Deep Schalter nochmals schlanker im Bassbereich, bzw. in fette Rocksounds treiben. Wird der Bright Schalter aktiviert werden dem Sound mehr Höhen zugegeben.
Durch den Tube Mix Regler lässt sich so zwischen amerikanischem 6L6 und britischem EL34 Marshallsound wählen. Durch die zusätzlichen Masterregler lassen sich die Lautstärke der beiden Kanäle wunderbar aufeinander abstimmen. Zudem besitzt jeder Kanal einen eigenen Hall, der auch durch den Fußschalter schaltbar ist und beim Ausschalten als Spillover ausklingt. Während der Density Schalter für mehr Dichte im Bassbereich sorgt, bringt der Presence Regel mehr Obertöne. Hier sind die Regler jedoch für beide Kanäle zuständig.
Auch der robuste Fußschalter, mit dem sich nicht nur Channel, Effects, Reverb und Main 2 schalten lassen, mit einem Minischalter lässt sich festlegen, ob sich der Schaltvorgang Kanal 1, 2 oder beide beinhaltet. Möchte man z.B. nur auf dem Cleankanal Reverb haben, auf den Zweiten aber keinen, so lässt sich das mit dem Minischalter einrichten. Das gleiche gilt für den Fall, dass der Leadkanal beim Solieren etwa lauter sein soll.
Hier macht es sich sicherlich bezahlt, dass es sich bei Mister Egnater um keinen reinen Techniker handelt, sondern seine Wurzeln in einer langen Gitarristenkarriere zu suchen sind. Ähnlich wie Peter Diezel hat er sich seine ersten Brötchen im Verstärkerbau durch das Modifizieren von Marshall Tops und anderen Amps verdient. Wer anders als ein guter Gitarrist kann wissen, was ein solcher wirklich braucht.
Die Rückseite des Renagade ist mindestens genauso gut durchdacht wie umfangreich. Hier befindet sich zuerst einmal der Power Tube Bias Regler. Im übersichtlichen, aber leider nur englischsprachigen Owner´s Manual, ist eine Liste der möglichen Röhrentypen aufgelistet. So lässt sich der Renagate mit 6L6/5881, EL34/6CA7, E34L, 6550, 6V6 (JJ only !!!), KT66 und KT77 ausrüsten. Solche Möglichkeiten waren mir zumindest bisher unbekannt. Allerdings würde ich als technisch Unbegabter solche Arbeiten immer einem Fachmann überlassen.
Für den Fußschalter sind zwei Klinkeneingänge vorgesehen. Für Zusatzspeaker steht ein Impedanz Wahlschalter mit 4, 8 und 16 Ohm ebenso zur Verfügung, so zwei zusätzliche Speakereingänge. Für Record und Line Out steht ein Ausgang zur Verfügung, ebenso ein Effects Loop Return und Send. Das ist eine Menge gut durchdachter Features, die man hier für sein Geld bekommt. Obwohl ich mit Sicherheit kein technisches Genie bin und nicht einmal meinen DVD Recorder programmieren kann, waren mir alle Funktionen nach kurzer Zeit geläufig.
Der Sound:
Das ist für mich immer der schwierigste Teil eines Reviews. Als wäre es nicht schon schwer genug einen Klang zu umschreiben, beschreibt doch jeder subjektiv seinen eigenen Sound, mit seinen eigenen Worten. Als Testgitten dienten mir eine alte Tokai Telecaster und eine Stratocaster mit dem Seymour Duncan "Everything Axe Set" mit 3 Humbuckern. Mein erster Eindruck kam vom Lüfter. Direkt nach dem Einschalten stellte sich ein leises Summen ein, dass ich von meinen PC´s kenne. Nicht wirklich störend und im Bandbetrieb sicherlich unhörbar spitzte ich trotzdem die Ohren. Mit einem Lüfter hatte ich nun nicht gerechnet. Aber ein kurzer Anruf beim Verkäufer beruhigte mich umgehend. Da die Rückwand geschlossen ist, sorgt ein leiser Lüfter für die nötige Kühlung der Endstufen. Die Telecaster angekabelt und zuerst einmal die Lautstärke angepasst. Mein Gott, können 65 Watt laut sein. Zuerst fiel mir die direkte Ansprache auf. Im Manual gibt es einige Vorschläge für verschiedene EQ Einstellungen. Ich habe zuerst einmal alles auf 12 Uhr belassen und war beeindruckt wie ausgeglichen der Amp bei kleinen und mittleren Lautstärken eingestellt ist. Über den Bridge PU hatte ich im Handumdrehen einen wunderbar glockigen Sound.
Die 6L6 bringen mit sachtem Reverb den typischen Fendersound. Besser kann es auch kein Twin Reverb. In der Zwischenstellung brauchte ich nicht lange nach dem allseits bekannten Twang zu suchen. Eine leichte Übung für Telly und Renagade. Ich habe ein bisschen mit dem Tube Mix gespielt und musste feststellen, dass er mir hier in der Mittelstellung am besten gefiel. That´s Funk. Mit dem Halstonabnehmer wird es dann fast schon jazzig. Jetzt klingt die Tele schon fast nach Paula, mit samtweichen Mitten. Der Engl guckt nur dumm aus der Wäsche und das Chrom scheint vor Wut anzulaufen.
Ich versuche ich mit dem Tube Mix deutliche Soundveränderungen zu erreichen, aber es ist nicht so, dass beim Schrauben von 6L6 auf EL34 plötzlich das volle Marshallbrett da ist. Der Übergang ist wesentlich sanfter als ich angenommen hatte, aber durchaus hörbar. Der Ton wird rauer und rotziger, aber alles in Grenzen. Beim Umschalten auf den zweiten Kanal wird schon klarer was Sache ist und die Tele liefert mit ein wenig Schrauberei amtliche Leadsounds. Beim zusammenschalten der beiden Kanäle kann es ganz schnell brachial werden und ich finde es erstaunlich welchen Einfluss die Tight/ Deep und Bright/Normal-Kippschalter auf den Gesamtsound haben.
Die "Schmitz Strat" mit ihren drei Humbuckern bringt jetzt schon ein ganz anderes Pfund auf die Waage. Der Renagade lässt seine Muskeln spielen, von sweet & bluesy Overdrive bis zum brachialen Iron Maiden Riff ist hier alles ohne große Mühe abrufbar. Anfangs haben mich die vielen Soundmöglichkeiten fast erschreckt, jetzt macht es nur noch Spaß. Man muss sich fast schon anstrengen, um diesen Amp mies klingen zu lassen. Ein ganz großes Dankeschön an Rainer, ich war schon kurz davor bei Gregor Hilden einen Kitty zu ordern. Nicht auszudenken was mir da entgangen wäre. Sicherlich sind 1200 Taler kein Pappenstiel, aber ich hatte schon wesentlich teurere Kisten am Kabel und ich bin mir sicher, dass ich noch lange nicht alles ausgereizt habe, was dieser Egnater zu bieten hat.
Fazit: Der Egnater Renagade ist ein außergewöhnlicher und vielseitiger Amp. Der Entwickler ist hier neue Wege gegangen, weit weg von Computerchips und diversem Bits und Bites. Ich bin mir sicher, dass man noch viel von diesem Hersteller hören wird. Hier wurde alte Probleme neu überdacht und den Mut aufgebracht nicht den 23sten Boogie oder Marshall zu klonen. Blueser, Jazzer & Rock ´n Roller und sicherlich auch die Fans der etwas härteren Gangart werden ihren Spaß am Renegade und seinen Kollegen haben .
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