Kreativität- unglückliche Menschen schreiben bessere Songs?

  • Ersteller oasis 8
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Kreativität hat nichts mit Glück oder Unglück zu tun. Wie kommst Du überhaupt auf die Idee?

Kreativität ist die Fähigkeit das Vorhandene neu zu kombinieren um daraus Neues zu erschaffen. Dazu gehört eine gute Beobachtungsgabe und das Bedürfnis überhaupt etwas zu erschaffen.
Manche Menschen schauen aus dem Fenster und sehen, dass es schifft.
Andere hingegen sehen wie Regentropfen auf der Glasscheiben um die Wette der Schwerkraft nachgeben. Sie hören die Musik, die entsteht wenn die Regenrinne von den Wassermolekülen bombardiert wird. Sie nehmen den Duft des feuchten Rasen wahr und sie fühlen die frische Luft, die die Schwüle des Tages abwäscht. Und sie spüren den Drang diese Beobachtung in Kunst zu fassen.
Wenn sie sich dabei mies fühlen, weil das Wetter ihre Gefühlslage nach einer verlorenen Liebe beschreibt, dann wird es vielleicht eine traurige Ballade. Wenn sie dabei Fernweh bekommen, dann wird es vielleicht ein Lied voller Hoffnung. Wenn sie aber froh sind, dass es jetzt kühler wird, dann wird es ein Lied der Befreiung. Usw. usf.

:cool: Versteh schon was du meinst.
Aber das hat mMn eher etwas mit Lyric zu tun, als mit der Musik.
Es gibt viele, denen es in der Musik, nur um die Musik geht, und der Text egal ist (z.B. Noel Gallagher).

Und auf die Idee bin ich aus eigener Erfahrung und den Spruck im ersten Beitrag gekommen.
Trotzdem, bleib dabei, dass mMn ein großer Teil der Kreativität angeboren ist.
 
Manche Menschen schauen aus dem Fenster und sehen, dass es schifft.
Andere hingegen sehen wie Regentropfen auf der Glasscheiben um die Wette der Schwerkraft nachgeben. Sie hören die Musik, die entsteht wenn die Regenrinne von den Wassermolekülen bombardiert wird. Sie nehmen den Duft des feuchten Rasen wahr und sie fühlen die frische Luft, die die Schwüle des Tages abwäscht. Und sie spüren den Drang diese Beobachtung in Kunst zu fassen.
Wenn sie sich dabei mies fühlen, weil das Wetter ihre Gefühlslage nach einer verlorenen Liebe beschreibt, dann wird es vielleicht eine traurige Ballade. Wenn sie dabei Fernweh bekommen, dann wird es vielleicht ein Lied voller Hoffnung. Wenn sie aber froh sind, dass es jetzt kühler wird, dann wird es ein Lied der Befreiung. Usw. usf.

Als ich noch nicht gut spielen konnte, dachte ich auch dass ich diesen pseudo-romantischen Kram brauche um als Musiker was wert zu sein. Heute guck ich aus dem Fenster - und es SCHIFFT! Und meine Mucke ist besser als je zuvor.
 
Als ich noch nicht gut spielen konnte, dachte ich auch dass ich diesen pseudo-romantischen Kram brauche um als Musiker was wert zu sein. Heute guck ich aus dem Fenster - und es SCHIFFT! Und meine Mucke ist besser als je zuvor.

es war nur ein (pseudo-romantisches) Beispiel. Auch Du als Musiker wirst aber irgendwelche Eindrücke verarbeiten und sie neu formen. Ob bewußt oder unbewußt. Beim Singen (Du bist doch Sänger, oder?) versetzt Du Dich ja auch in irgendwelche Gefühlslagen. Wenn Du ein Rocklied brüllst, denkst Du bestimmt nicht gerade an eine Blumenwiese, sondern an irgendwas, was Dich wütend macht und dazu verleitet eben diesen Rocksong zu brüllen (es sei denn, Du hast nen Hass auf Blumenwiesen, weil Du Allergiker bist ;)).
Oder willst Du wirklich behaupten, dass Du völlig distanziert irgendwas von Dir gibst und dabei noch einmal Deine Einkaufsliste durchgehst oder ob Du den Herd ausgemacht hast?
 
es war nur ein (pseudo-romantisches) Beispiel. Auch Du als Musiker wirst aber irgendwelche Eindrücke verarbeiten und sie neu formen. Ob bewußt oder unbewußt. Beim Singen (Du bist doch Sänger, oder?) versetzt Du Dich ja auch in irgendwelche Gefühlslagen. Wenn Du ein Rocklied brüllst, denkst Du bestimmt nicht gerade an eine Blumenwiese, sondern an irgendwas, was Dich wütend macht und dazu verleitet eben diesen Rocksong zu brüllen (es sei denn, Du hast nen Hass auf Blumenwiesen, weil Du Allergiker bist ;)).
Oder willst Du wirklich behaupten, dass Du völlig distanziert irgendwas von Dir gibst und dabei noch einmal Deine Einkaufsliste durchgehst oder ob Du den Herd ausgemacht hast?

Wenn ich ein Rocklied singe, denke ich an irgendwas.
Bei mir gehts um die Musik.
Um den Song. Um den Bass. Ums Gitarrensolo. Um den geilen Röhrensound.
Ich denke nicht an irgendetwas, was mich aufregt wärend eines songs.
Bei der Musik kann ich alles vergessen.
Alle Probleme.
 
es war nur ein (pseudo-romantisches) Beispiel. Auch Du als Musiker wirst aber irgendwelche Eindrücke verarbeiten und sie neu formen. Ob bewußt oder unbewußt. Beim Singen (Du bist doch Sänger, oder?) versetzt Du Dich ja auch in irgendwelche Gefühlslagen. Wenn Du ein Rocklied brüllst, denkst Du bestimmt nicht gerade an eine Blumenwiese, sondern an irgendwas, was Dich wütend macht und dazu verleitet eben diesen Rocksong zu brüllen (es sei denn, Du hast nen Hass auf Blumenwiesen, weil Du Allergiker bist ;)).
Oder willst Du wirklich behaupten, dass Du völlig distanziert irgendwas von Dir gibst und dabei noch einmal Deine Einkaufsliste durchgehst oder ob Du den Herd ausgemacht hast?

In der Regel bin ich einfach bei der Sache. Mich reizt der qualitative Fortschritt und mich treibt die Rastlosigkeit meinen Jugendtraum erfolgreich abzuschliessen, bevor ich in den Hobby-Modus umschalte und mich anderen Lebensaufgaben widme. Ich fühle beim musizieren hauptsächlich Ehrgeiz. Lediglich die Texte nötigen mich dazu, mich mit anderen Dingen auseinanderzusetzen. Da es auf meinem Weg der Selbstverwirklichung genug emotionale, soziale und gesellschaftliche Hürden gibt, geht mir der Stoff angepisst zu sein aber nie aus. Naive Emotionalität kenne ich eigentlich nicht mehr. Und wenn sowas mal anfliegt, dann stört es eher, als dass es der Sache dienlich wäre.
 
was heisst schon unglücklich .. van goghs melancholie und sucht wurde bestimmt nicht durch finanziele schwierigkeiten verursacht ...nein man die genies sind allesammt schizophren oder haben sonstige psychische krankheiten
 
möchtegernbach;5355585 schrieb:
was heisst schon unglücklich .. van goghs melancholie und sucht wurde bestimmt nicht durch finanziele schwierigkeiten verursacht ...nein man die genies sind allesammt schizophren oder haben sonstige psychische krankheiten

Der Meinung der Genies und den psychischen Krankheiten teile ich auch.
Wie gesagt, angeboren. Wahrscheinlich so eine Art Schicksal.

Haha :D Illuminati Pyramide...
 
man darf allerdings nicht vergessen, dass Kreativität alleine auch noch nicht ausreicht um Songs zu schreiben. Man braucht nämlich noch einen Grund um einen Song zu schreiben.
Liebeskummer kann so ein Grund sein. Man fühlt sich verlassen und allein und muss es sich von der Seele schreiben. Ein glücklicher Tag kann einen vielleicht weniger dazu motivieren, da geht man lieber mit ein paar Freunden ein Bier trinken ;).

mozart hat auch musik geschrieben um über die runden zu kommen nicht unbedingt weil er liebeskummer hatte .. solche primitiven bedürfnisse reichen höhstens aus um einen mitellmäßigen mainstreampopsong zu schreiben
 
Geld kann ja auch ein Grund sein.
 
Ich schreibe nun vielleicht keine Songs, aber wenn das Unglück eines Menschen als Gradmesser zum Gegenstand vollendeten Kunststrebens herangezogen werden soll, dann dürfte ich mich, welch Ironie, glücklich schätzen, im höchsten Besitz ebenjener Kräfte zu sein. Aber es ist nicht meine Art, der Sentimentalität meine Existenz zu opfern. Bin ich in einem tatsächlichen Kompositionsfluss und schreibe Musik undenkbaren Grauens und Wahnsinns, dann nur, weil ich in ebendiesen Momenten in Wirklichkeit in einem Zustand höchster Manie, höchsten Glücksgefühls bin und auf gemeinste und perverseste Art den größten nur denkbaren Gefallen an der Verkommenheit meiner Gedanken finde und diese missbrauche und entwurzle und letztendlich ohne jeden Respekt lachhaft mache. Wenn ich jedoch tatsächlich traurig und verzweifelt und gelähmt in allem bin, dann schreibe ich ja alles mögliche, nur keine gute Musik, dann schreibe ich noch nicht einmal schlechte Musik, weil mir vor dem Gedanken, in ebendiesen Augenblicken zu einem Blatt Papier zu greifen, in aller Scheußlichkeit und Deutlichkeit des Wortes graust, wie es mir auch vor mir selbst grausen würde, mehr noch als in überschwänglicher Euphorie, verpackte ich meine eigene Unzulänglichkeit auf so eine schamlose und widerwärtige Art und Weise in ein Kunstprodukt, das doch letzten Endes nur ein vorgetäuschtes wäre, mit dem ich die Welt belügen und hintergehen würde, mehr noch als sonst, wenn ich glücklich (traurig!) schreibe, und was ja letztendlich doch nur ein Beweis dafür wäre, dass ich in all meinem Unglück doch in Wahrheit glücklich bin, oder wäre, besser gesagt, denn tatsächlich bin ich ja nicht glücklich und also auch gar nicht fähig, ein vollendetes Kunstwerk zu schaffen, wie auch alle Künstler und überhaupt ein echter Künstler gar nicht fähig sein können, ein vollendetes Kunstwerk zu schaffen und wir alle ausnahmslos auf das Scheitern angewiesen sind.

---------- Post hinzugefügt um 23:22:43 ---------- Letzter Beitrag war um 23:09:08 ----------

Warum schreibe ich eigentlich Musik? Was will ich der Welt mitteilen? Logischerweise muss es etwas Neues sein, es machte ja keinen Sinn, etwas zu sagen, dessen Schlussfolgerung von Beginn an bekannt ist. Wenn die Popularmusik etwas auszeichnet, dann die Tatsache, dass die den Menschen das sagt, was sie immer schon gedacht haben: dort, wo sich Ungewissheit auftun könnte, steht die Wiederholung eingreifend bereit, am Anfang ein eine noch nicht getätigte Aussage bestätigender Akkord und am Ende permutierte Formen der Kadenz, die bekräftigen. Die Menschen kennen die Mär der G'schicht und hören sich selbst beim Denken zu, oder sie hören aus Gleichgültigkeit gar nicht.
 
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Will man etwas der Welt mitteilen? Ich glaube nicht an die Kraft von Wörtern, an magische Formeln, die tatsächlich beim Zuhörer ankommen, die als neu, als gut verstanden werden. Ich schreibe meine Lieder (und komponiere meine kleinen Jazzstücke) ohne den Anspruch des "Großen", des "Unglaublichen", wo, wenn richtig vorgetragen, jeder Zuhörer verharrt und nichts Anderes als "Wow, das war wirklich... wow" oder ähnliches hervorbringen kann. Auch wenn ich mich tatsächlich zum vorwiegenden Teil im Populären bewege, und auch die Beziehung zwischen Interpret und Konsument als eine der spannendsten betrachte, ist das doch nicht der Hauptzweck, warum ich meine Musik schreibe.

Warum also habe ich dann meine (bisher 199) Lieder geschrieben?

Aus dem selben Grund, warum ich diesen Beitrag hier verfasse: aus dem Selbstzweck heraus. Ich mag die deutsche Sprache, mag es, Formulierungen aneinander zu reihen, einen Ryhthmus zu entwickeln, fühle es fließen und mich mitnehmen, wenn ich so wohlgeschliffene (oder zumindest andeutungsweise bearbeitete ;)) Wörter niederschreibe. Inspiriert durch einen schönen Beitrag wie von dir, Stadtmensch, verspüre ich selbst die Lust, mich etwas ausladender auszudrücken und so meine alte Leidenschaft zu huldigen. Ich erwarte nicht, dass ich hier jemandem "die Augen öffnen" kann, hoffe nicht auf viele "Likes" anderer User - nein, ich genieße es einfach, mich zu spielen und meine Gedanken in einer Art und Weise zum Ausdruck zu bringen, dass es Spaß macht.

Und höre ich nun Musik, so will ich selbst Musik machen, und ich schreibe ein Lied namens "Rauchen wie Tom Waits", wo ich auf mein Lieblingslied von ihm Bezug nehme. Und ich schreibe "Halb Vier", wo ich eine Idee von Judit Holofernes in eigene Gedanken packe. Dann bin ich verliebt und schreibe Liebeslieder, vorwiegend auf Deutsch, spiele sie mir und auch ihr vor - wobei ihre Reaktion nicht so überschwänglich ausfällt, natürlich nicht, es ist wohl schwer möglich für andere, meine Songs mehr als ich zu lieben. Dann hab ich englische Zeilen, "I know the Girl with the Golden Pockets" und "Sweet Dollar Honey", wo ich bereits eine Melodie höre, die dazu passt, ich schreibe es nieder und freue mich daran, die Energie in diesen schnelleren Sachen zu spüren.

Und schließlich bin auch schlecht drauf, traurig - und schreibe Lieder, um mich zu trösten. "Über mir", um mit dem Tod meines Großvaters umzugehen, "Des Loch", wo ich mich den negativen Gefühlen in mir sowohl musikalisch als auch textlich zur Gänze hingeben kann - und schließlich auch "Cry, Boy, Cry", um mich daran zu erinnern, dass man die Scheiße in sich rauslassen muss. Lieder, wo negative Gefühle im Entstehungsprozess verwickelt waren - doch immer ist da auch das Licht am Ende des Tunnels. Ich werde vielleicht mal ein Lied schreiben ohne Licht, doch ist dann die Frage, wie mir das gefallen könnte - würde ich so etwas so ernst meinen wie meine anderen Stücke, dann müsste ich mich tatsächlich umbringen, oder zumindest eine ernsthafte Therapie angehen.


Mich würde bei den Befürwörtern der Theorie, dass unglückliche Menschen bessere Musik machen, die konkreten Beispiele interessieren: welche Werke sind es, die euch vorschweben, wo ihr sagt, dass kein glücklicher Mensch so etwas Großartiges hätte machen können?
 
welche Werke sind es, die euch vorschweben, wo ihr sagt, dass kein glücklicher Mensch so etwas Großartiges hätte machen können?

IMHO ganz klar: Blues. Der altbekannte Blues-Primer übertreibt's natürlich, aber der Kern stimmt: Blues ist der Klang der gescheiterten Existenz. Und es gibt auch in der Klassik einige Werke, die am Rande des Existenziellen geschrieben wurden; Mozarts Requiem z.B. . Ich denke, daß ein glücklicher 35jähriger Komponist mit Lebensperspektive nicht so ein tiefgehendes Werk geschrieben hätte. In der NZZ-Online ist ein interessantes Porträt über eine russische Komponistin, die ebenso ihre bedrängte Lebenssituation in Musik umgesetzt hat:
"Eine andere Wurzel ihres Schaffens ist die lebenslange Einsamkeit, an der sie seit ihrer Kindheit leidet. Ustwolskajas Musik hat eine zutiefst existenzielle Dimension, in ihr verkörpert sich das Drama des Seins. Die inneren Notlagen, die wir alle kennen, sind bei ihr hörbar. So zu leben wie Diogenes im Fass, das wäre für sie eine adäquate Lebensform, meinte sie einmal lakonisch."

Ohne die Lebenssituation der Komponistin jetzt detailliert zu kennen, scheint hier tendeziell schon der Fall vorzuliegen, daß kein glücklicher Mensch so hätte komponieren können.

Ich glaube nicht an die Kraft von Wörtern, an magische Formeln, die tatsächlich beim Zuhörer ankommen, die als neu, als gut verstanden werden.

Kleiner grundsätzlicher Einwurf in die Diskussion: ich glaube selten an die Kraft von Wörtern, weil Sänger oft unverständlich singen und Tontechniker oft so mischen, daß der Text nicht verstehbar rüberkommt. Viele Texte in der Popularmusik versanden (geplant oder ungeplant) und kommen als Ansammlung von Lauten beim Hörer an. Im Durchschnittspopsong bekommt man zwar den Sound einer Gesangsstimme "geliefert" (weil die Hörgewohnheiten es eben so verlangen), aber der Gesang wird in der Regel zum Instrument degradiert.

(bisher 199) Lieder

Respekt!

Harald
 
Scheisse, so viel will ich nicht lesen... :D:bang:
 
Danke für deine Antwort, Harald. :)

Das sind gute Beispiele. Tatsächlich ist mir ein Video vom Eckhart von Hirschhausen eingefallen, wo er erzählt, dass Musik zur "Verarbeitung von Trauma" eingesetzt wurde, große Werke auch deswegen entstanden sind. Und auch mein Beispiel vom Licht am Ende des Tunnels, das die Musik für mich manchmal ist, funktioniert nicht ohne einen Tunnel. ;)

Glückliche Menschen brauchen diese "Behandlung" natürlich nicht so - da hat man nicht das Bedürfnis, dass man sich mit Musik oder etwas Ähnlichem glücklich machen muss. ABER: es gibt eben auch Musik, die vor Lebensfreude nur so strotzt und die schön ist! Denn ein "We are the Champions" entsteht nicht aus dem Zweifel heraus, ob man sich den Sieg wirklich verdient hat - nein, man ist stolz auf sich selbst, voller Glückgefühle! Hymnen, egal welcher Art, beruhen auf diesem Prinzip, und sind sicherlich zu den größten musikalischen Werken (egal welchen Genres) zu zählen.

"The Show Must Go On" hätte von Freddy Mercury wohl zu keinem früheren Zeitpunkt seines Lebens in dieser starken Form geschrieben werden können - und "We will rock you" in seiner lebensbejahenden Klarheit wohl auch nicht viel später. Über Geschmäcker kann man streiten, doch will ich festhalten: sowohl Musik die aus Glück, als auch aus Unglück entsteht, muss gleichberechtigt nebeneinander stehen können.

Wobei das natürlich Übertreibungen sind - was ist schon glückliche, was unglückliche Musik? Zwei Beispiele, die ich persönlich nicht einordnen könnte, wobei ich beide Lieder sehr mag.

http://www.youtube.com/watch?v=3DI-W3wEhCU
http://www.youtube.com/watch?v=Ey2fDxvwr0c
 
"The Show Must Go On" hätte von Freddy Mercury wohl zu keinem früheren Zeitpunkt seines Lebens in dieser starken Form geschrieben werden können

Sehr richtig.

"Inside my heart is breaking
my make up may be flaking
but my smile
still stays on."
 
Um etwas textlich auszudrücken, brauche ich ein Thema, welches mich emotional so stark betrifft, dass es danach drängt, ausgedrückt zu werden. Das lässt sich nur begrenzt bewusst machen oder steuern. Das Empfinden von Unglück ist oftmals ein solcher Anlass - es sind aber auch viele andere denkbar.

Alex
 
Es kann sich aber auch umkehren.
Ich bin primärpersönlich eher tiefenentspannt und meine Texte sind nicht selten ziemlich aggressiv. Kompensation?
Ich habe mal in einem Zustand ziemlicher Verknalltheit einen Text über Trennung geschrieben, sodass die Band gefragt hat, ob denn was nicht stimme.
In gesellschaftlich schwierigen Lagen verkaufen sich platte Fröhlichkeiten deutlich besser als im Wohlstand und es werden auch mehr davon geschrieben.
Menschen, die wohlhabend sind und viel reisen können, nennen ihre Kinder Paul, Karl und Mathilde, und die, die zu arm dazu sind, nennen ihre Kinder Jaqueline, Ives, Marvin und Fabienne.

Ich glaube nicht, dass die Aussage eines Textes zwingend mit dem Zustand des Texters korreliert.
Ich glaube aber schon, dass man sich in schlechtem Zustand Zeit nimmt, Worte für Gefühle zu finden und wer textet, schreibt's halt schon mal auf.
 
Will man etwas der Welt mitteilen? Ich glaube nicht an die Kraft von Wörtern, an magische Formeln, die tatsächlich beim Zuhörer ankommen, die als neu, als gut verstanden werden.

Um Missverständnissen vorzubeugen sei an dieser Stelle erwähnt, dass ich eine Mitteilung in meinem Kunstverständnis allgemein als eine Vermittlung von Rationalität in der Kunst durch das Medium Kunst betrachte (wobei man hier anmerken muss die Frage, ob eine Sache wie die Musik, die nach dem rar gewordenen Verständnis der sogenannten absoluten Musik in erster Linie Aussagen über sich selbst und mitnichten die Welt macht und, dem etwas reaktionären Herrschaftsanspruch dieser Denkrichtung folgend, der ich ja auch angehöre, auch machen sollte, zumindest wenn sie Kunst sein will, ob man diese Sache also dann tatsächlich als ein Medium im Sinne des Wortes benennen darf) und weniger von Wörtern, welche Musik vielleicht ganz gut umschmücken können, aber ihren Gehalt tatsächlich auf einer völlig anderen Ebene (nämlich jener sprachlicher Zeichen im linguistischen Sinne: etwas steht für etwas) vermitteln, wie es sich ja mit Film und Musik recht ähnlich verhält. Wenn ich also sage, dass ich der Welt etwas mitteilen will, sofern ich ihr überhaupt etwas mitteilen will und mitzuteilen habe, dann im Kontext von Musik als Medium von Rationalität, oder besser: Vernunft.

Ich will mit Musik den Menschen etwas Neues mitteilen, und gerne dürfen sie Gedanken, die sie sich durch aktives Hören bereits zu eigen gemacht haben, in einigem auch wiederfinden - doch letztendlich existiert der tatsächliche Kunstgehalt in denjenigen Dingen, die einen offenen Geist mit der Bereitschaft, sich Neuem zu erschließen, erfordern.

Aus dem selben Grund, warum ich diesen Beitrag hier verfasse: aus dem Selbstzweck heraus. Ich mag die deutsche Sprache, mag es, Formulierungen aneinander zu reihen, einen Ryhthmus zu entwickeln, fühle es fließen und mich mitnehmen, wenn ich so wohlgeschliffene (oder zumindest andeutungsweise bearbeitete ;)) Wörter niederschreibe. Inspiriert durch einen schönen Beitrag wie von dir, Stadtmensch, verspüre ich selbst die Lust, mich etwas ausladender auszudrücken und so meine alte Leidenschaft zu huldigen. Ich erwarte nicht, dass ich hier jemandem "die Augen öffnen" kann, hoffe nicht auf viele "Likes" anderer User - nein, ich genieße es einfach, mich zu spielen und meine Gedanken in einer Art und Weise zum Ausdruck zu bringen, dass es Spaß macht.
Das kann ich gut nachvollziehen, wobei ich immer in der Gewissheit schreibe, egal ob Worte oder Noten, letzten Endes doch nur Unsinn zu schreiben, was zwar teils enorme Überwindung kostet, sprengt man mit dem bewussten Hinwegsetzen über dieses Wissen doch letztendlich jegliche Grenzen moralischen Anstandes gegenüber seinen Mitmenschen und missbraucht diese auf diese gemeinste Art und Weise für eigene Zwecke, doch letztendlich die wirklich und absolut einzige Möglichkeit bietet, weiterzukommen und tatsächlich vielleicht ja auch der Grund ist, warum wir der Hybris anheimfallen und glauben, der Welt unsere Musik aufdrängen zu müssen. Hätten Komponisten Anstand, dann würden sie nicht komponieren, und tatsächlich trifft man ja auch immer nur in den eben nicht komponierenden Interpreten, den Antikünstlern schlechthin, die anständigsten Leute. Aber das ist ein anderes Thema. Um jedoch diese Form zu einem schönen Ende zu bringen: würde ich heute diesen Unsinn nicht schreiben, würde ich ihn morgen schreiben, und schrieb ich ihn nicht morgen, schrieb ich ihn übermorgen. Unser aller höchstes Ziel muss also das sein, rücksichtslos gegen unsere Umwelt zu jedem nur erdenkbar möglichen Zeitpunkt jeden nur erdenkbar möglichen Unsinn zu schreiben und auch zu reden um uns letztendlich die Möglichkeit zu erschließen, uns über uns selbst zu erheben.

:D

Und das ist es ja auch, was das Scheitern für den Künstler so wichtig macht und ein tatsächlich gelungenes Kunstwerk das schlimmstvorstellbarste Unglück für einen tatsächlichen Künstler werden lässt.
 
Als ich ein paar Jährchen jünger & wilder war, bin ich mehrmals in verschiedenen Musiker-Foren gesperrt worden (u.a. hier), weil ich inmitten all der hohlen Equipment-Fachsimpelei auf provokative Art und Weise einen Austausch wie diesen eingefordert habe. Besser spät als nie :D Danke für den etwas anderen Thread und speziell @stadtmensch für dir hervorragenden Beiträge.
 
Tja, wer Victor Laszlo auf dem Avatar hat... ;)

Interessante Gedanken. Aber sind Nichtkünstler tatsächlich die anständigeren Menschen? Und sind Texter tatsächlich keine Musiker? Und sind nichtkomponierende Sänger tatsächlich keine Künstler?

Sinn kann ich als selbsternannter Künstler nicht einfach aus einer Handvoll Noten und Worte erschaffen und der Um- und Nachwelt aufdrängen. Dann wäre ich Prediger. Aber wenn mir eine Freundin sagt, dass es ihr an schweren Tagen hilft, den einen oder anderen meiner Songs zu hören, dann erschafft sie sich selbst einen Sinn damit, und ich müsste bescheuert sein, mich darüber nicht wie eine Zahnpastareklame zu freuen.

Peace and Love :)

Alex
 

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