Martman
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Das scheint auch dafür zu sorgen, daß generell "Coverband" und "Top40" mittlerweile für viele dasselbe zu bedeuten scheinen, nämlich totgedaddelter Pop-Einheitsbrei. Wenn man sagt, man covert, dann wird man ganz schnell mit denen in einen Topf geworfen, die zu 80-90% dasselbe Repertoire haben, weil das in den letzten n Jahren mit dem geringsten Aufwand am besten funktioniert hat. Wie du schon sagst, diese Bands gibt's inzwischen im Überfluß.Hmmmmm. Ersteres vielleicht, es gibt wirklich eine Schwemme von Tribute- und Top-40-Bands. Aber andererseits haben die wirklich guten Tribute-Bands auch volle Terminkalender, und die spielen da nicht nur vor 100 Leuten. Mag aber trotzdem sein, dass das den Leuten generell ein bisschen zu viel wird.
Gut, gerade hier in Hamburg, einer der Indie-Brutstätten überhaupt und gleichzeitig einem Schmelztiegel internationaler Musik und Musiker verschiedenster Genres (die meist übrigens kein Pop sind), fällt das natürlich besonders stark ins Gewicht.
Ähnliches hab ich auch beobachten können bei unserem letzten Gig. War zwar nur eine Privatveranstaltung, aber das Publikum zog sich durch diverse Altersschichten inklusive jünger als ich, und die Leute gingen bei unserer Musik (hauptsächlich Soul, R&B und Funk von Mitte der 70er an) ab wie Zäpfchen. Ohne Lightshow, ohne Choreographie, einfach nur gute Musik und eine Rampensau von Leadsänger. Und wenn ich mal auf irgendeine Party oder so geh, spielt früher oder später definitiv was aus unserem Repertoire. Eine Zeitlang hatten wir vor wenigen Jahren bei Firmenweihnachtsfeiern einen DJ, der am Anfang ca. 30% Kool & the Gang gespielt hat. Das kam nicht mal schlecht.Bei Letzterem würde ich aber widersprechen: Eigentlich müssten wir mit unserer 70er- und 80er-Show ja am ehesten eine Klientel ab 40 aufwärts ansprechen, also nicht unbedingt das Partygänger-Publikum. Aber zum einen kommen genau diese Leute dann umso lieber zu einem Live-Konzert, einfach weil sie das "von früher so gewohnt" sind, und zum anderen sind die lautesten im Publikum bei uns regelmäßig die Teenies und jungen Twens, die am Wochenende sowieso weggehen und die "alten Songs ihrer Eltern" für sich neu entdecken.
Das macht Hoffnung. Auch schon deshalb, weil ich glaube, daß Bands nur sehr langsam und zögerlich anfangen, sich solche Konzepte und Identitäten zuzulegen und damit ihre universelle Einsetzbarkeit aufzugeben. Machen wir uns nichts vor: Wir könnten nie einen Galaabend spielen und eine Hochzeitsfeier auch nur bedingt.Ich glaube nicht, dass die Zielgruppe für Coverbands langsam älter wird und zu Hause bleibt, einfach weil ich bei unseren Gigs etwas anderes sehe.
Ich glaube eher, dass das Publikum - bedingt durch das mittlerweile riesige Angebot - sehr viel wählerischer geworden ist. "Nur noch" auf der Bühne stehen und die beliebtesten Songs runterspielen reicht einfach nicht mehr, das machen mittlerweile zu viele. Eine riesige Lightshow im Hintergrund reißt es dann auch nicht mehr raus.
Wer als Coverband wirklich erfolgreich sein möchte, sollte ein eigenes (!) Konzept haben, dass sich von anderen Coverbands deutlich abhebt. Etwas, was das Publikum überrascht, und das es im Gedächtnis behält. Irgendeine Besonderheit, wo die Leute sofort sagen "das sind doch die mit...".
Wie so ein Konzept konkret aussehen könnte, kann ich auch nicht sagen. Da ist dann die Kreativität (und der Marketing-Instinkt) der jeweiligen Band gefragt.
Auch wenn ich Dieter Bohlen wirklich nicht leiden kann, in einem Punkt hat er recht: Das Gesamtpaket muss stimmen. Dann klappt's auch mit den Gigs.
Richtig, Show kann viel bedeuten. Eine bombastische Bühnenshow (siehe Rolling Stones), eine originelle musikalische Darbietung (siehe Insterburg & Co), der Rampensau-Faktor (siehe Robbie Williams)... Es darf nur nicht aufgesetzt und gezwungen wirken. Das merkt das Publikum nämlich.Legato hat schon Recht, ein eigenes, einzigartiges Konzept muß her, aber sind wir doch ehrlich: Was hat es konzeptionell in der Branche noch nicht gegeben? Wenn Legato´s Band auf den Showaspekt mit Kostümen, Disco-Funk und Lightshow setzt (vereinfacht), ist es ja nicht so, daß es dies nicht schon gegeben hätte. Aber es funktioniert! Trotzdem, wer von uns hat die Möglichkeiten, so eine Show aufzuziehen?
Das merkt das Publikum auch, genau. Es ist eine Sache, wenn Musiker "abliefern" (Zitat Heinz Strunk), weil sie sich damit ihre Brötchen verdienen, und eine ganz andere, wenn Musiker mit Leib und Seele dabei sind. Nicht selten kommt deshalb die ambitionierte, stilistisch spezialisierte Amateurband mit ihrer Handvoll Gigs pro Jahr besser rüber als die perfekt choreographierte Bühnenshow der Vollprofi-Top40-Band, die davon leben und ihr Monsterbudget irgendwie wieder reinspielen muß. So ganz, ganz allmählich scheinen auch die Veranstalter das zu kapieren. Natürlich trauen sie sich nach wie vor nicht, Amateur- oder Semipro-Hobbybands auf die ganz großen Bühnen zu booken.Ein zweiter Aspekt, den ich häufig und zunehmend verärgert zur Kenntnis nehme: Viele unserer Mitmusikanten sehen sich nur noch als Dienstleister (der Sie ja auch sind) und vermitteln dem Zuschauer den Eindruck, nur einen Job abzureißen. Wenn ich als Musiker auf der Bühne keinen Spaß habe, werde ich mit noch so viel musikalischer Befähigung niemanden zu Beifallstürmen hinreißen.
Ja, den Laden kenn ich, kaum mehr als 10 Fußminuten von hier. Ist leider ein bißchen zu eng für uns sechs und auch fürs Publikum zum Tanzen, sonst hätte ich da längst eine Bewerbung eingereicht. Selbst wenn wir da nichts verdient hätten (und das hätten wir nicht), hätte man das immer noch als Promo-Auftritt betrachten können, denn Gigs ziehen bekanntlich Gigs nach sich.Ein gutes Beispiel ist das Consortium in Hamburg. Da ist von Dienstag bis Sonntag jeden abend live-musik. Gage? - Keine. Die lassen den Hut rumgehen. So viel dazu. Und es gibt genug Bands, die sich darauf einlassen. Wenn man dort spielen will, muss man sich Monate vorher schon anmelden. Cleveres Management? Ich denke schon. Das positive daran: Es ist immer was los, der Laden ist immer gut besucht. Also wäre es eigentlich fair, wenn er eine Gage zahlen würde, und wenn's eine geringe ist, die dann meinetwegen durch den Hut ergänzt wird. Macht er nicht. Warum? Warum sollte er?
Aber das mit den Wartezeiten von mehreren Monaten, das ist zumindest hier in Hamburg vollkommen normal. Die meisten Locations, die auch so was wie ein Publikum oder gar einen Namen haben, sind grundsätzlich auf Monate ausgebucht, selbst wenn sie wie das Live oder eben das Consortium so ziemlich jeden Tag auf haben. Das Musikkneipensterben der letzten Jahre, das insbesondere auf dem Kiez* einige Opfer fand, tat sein Übriges dazu, denn die Bands sind nicht weniger geworden, im Gegenteil.
*Für die Quiddjes: Mit dem Kiez ist das Umfeld der Reeperbahn gemeint, also alles zwischen Bernhard-Nocht-Straße, Simon-von-Utrecht-Straße, Millerntor und Holstenstraße.
Martman