DrScythe
Endorser der Herzen
Hallo mal wieder!
Der ein oder andere hat meinen Nick vielleicht noch im Kopf im Zusammenhang mit dem großen, sehr großen Review zum Line6 Vetta II Combo inklusive des Armin-Upgrades. Aus diversen Gründen musste der Vetta wieder weg und ich habe mir ein Roland VG-99 angelacht. Zuerst hier noch einmal die Bitte an alle Generell-Modelling-Miesmacher: Lest doch gar nicht erst weiter und spammt hier nicht rum, wenn es euch gar nicht interessiert. Da ist die Tür: TÜR Danke.
Vorgeschichte
Zusammen mit drei Gitarren, zwei davon in Standard-D oder Dropped-C Stimmung war der Vetta vorher ziemlich ideal in meiner Hauptband. Es fehlten zwar akustische Akzente, aber ich hatte mir da vorgenommen zu sparen...ha ha
Nun jedoch sollte zur Folk Rock Band ein eher abgedrehtes Metal-Industrial-Spektakel in einem anderen Ort dazukommen. Und irgendwie meldete sich da mein Verstand: Ey, du hast doch bestimmt keine Lust die über 30kg-Kiste jede Woche ein paar Mal rumzuschleppen?!
Da meine Kasse seitdem ich studiere gleich null ist (Studiengebühren fressen alles auf) war die Lösung: kaufste dir zusätzlich nen POD und fertig ist die Laube! nicht machbar. Also musste eine andere Lösung her. Variante zwei: "verkaufste den Vetta und holst dir dafür einen POD/GT-X..." - da kam dann der Hintergedanke auf: wieso nicht auch noch eine der Gitarren für mehr Geld verkaufen, dann kannst du dir gleich ein VG-99 holen, hast immer noch alle Tunings, sogar mehr als vorher, hast akustische Instrumente...
GAS hatte zugeschlagen. Also schnell meine BC Rich undden Vetta feilgeboten, Gesuch für das VG-99 erstellt und markfast verkaufte just sein VG-99 rundum-sorglos-Paket mit FC-300 (der große MIDI-Controller), PDS (der SEHR solide Ständer) und einem GK-3 (hexaphonischer Pickup). Zudem war er kulant genug zu warten, bis ich meine Sachen verkauft hatte - ausgesprochen netter Verkäufer
Erster Eindruck (oder: Montage des GK-3)
Riesiges Paket auspacken vor Weihnachten - besser gehts doch kaum oder?
Nachdem ich alles aus seinen Kartons gepellt hatte sah alles schonmal sehr solide aus. Insbesondere das FC-300 erweckt den Eindruck unendlicher Lebensdauer. Taugt notfalls auch als Waffe. Das VG-99 ist optisch 1:1 identisch mit all den kursierenden Internetbildern. Deshalb poste ich nun keine expliziten Fotos, die sehen alle gleich aus. Zuerst hab ich mal den Treiber installiert und das Teil direkt mit meinem PC verkabelt um den Editor zu sehen, die Bildchen davon waren auch schon immer sehr verlockend. Und tatsächlich ist der Editor wirklich der Knüller. Einfacher und schneller kann man wohl kaum einen Modeller bedienen, insbesondere einen, der alles abdeckt. Kurz noch gecheckt, ob überhaupt Töne rauskommen, einen normalen Gitarren-Input gibt es ja auch - es kommen Töne raus! Und zwar sehr nette.
Dann hielt mich nichts mehr und weil schon ein zweiter GK-3 auf dem Weg zu mir war, wollte ich zuerst einen auf meine Epiphone The Dot montieren.
Montage von GK-3-Pickups
Es ist nicht so, dass die Montage nicht in fünf Minuten machbar wäre. Wenn man das System verstanden hat, dürfte es auf einer Les Paul 3min+Saitenwechsel oder Saiten-Spannen dauern, auf einer Strat theoretisch sogar noch weniger.
Auf meiner The Dot kam es zu Schwierigkeiten. Ich habe zur Sicherung der Tuningstabilität meines Duesenberg-Bigsbys eine Schaller Rollerbridge installiert, die nicht gleich mit einer normalen Tune-O-Matic Bridge ist. Recht ätzend, denn das extra mitgelieferte Metallteil passt nicht direkt unter die Bridge. Ich habe dann Unterlegscheibchen an den Schrauben gebracht und dann die Pickup-Halterung eingeklemmt - das funktioniert tadellos.
An alle Ibanez-Benutzer: Wenn ihr eine RG mit ganz flachem Griffbrettradius habt, wird die Justage des Pickups ein wenig fummelig, die mittleren Saiten werden immer lauter sein als die äußeren. Das ist zwar alles ausbalancierbar im VG-99, aber dennoch einfach blöd gelöst, denn der Radius des Pickups ist einstellbar. Nur nicht flach genug.
Funktionsumfang
Aus Platzgründen werde ich hier nicht sämtliche Funktionen und Modelle einzeln Auflisten. Wen das interessiert, der findet auf der Roland Homepage mehr Informationen.
http://www.roland.com/products/en/VG-99/index.html
Im putzigen, 10MB großen Manual findet ihr ab Seite 104 die Model-Listen (Kapitel 9)
http://lib.roland.co.jp/support/en/manuals/res/1810904/VG-99_e4.pdf
Um aber mal kurz zu umreißen, was geht:
(ab hier doppelt)
- Instrumentmodelling (E-Gitarre, A-Gitarren, Banjo, Sitar, Synths, Bässe und mehr)
- dabei Tuningsmodelling, je Saite bis zu zwei Oktaven rauf oder runter. Nach oben wirds aber irgendwann synthy - logischerweise)
- FX - (Alles was das Herz begehrt und die Modulationseffekte sogar doppelt)
- Ampmodelling (von Clean über Crunch bis total überzogene Zerre - sogar "Custom" und mit schicker Speakerauswahl uuund Custom-Boxen))
Einmalig, d.h. für einen der beiden Kanäle:
- Poly FX. Effekte, die pro SAITE funktionieren. Interessant insbesondere bei stereoeffekten (panning pro Saite!) und bei Distortin (harmonischer und klarer).
Global:
- EQ, Reverb, Mixer, Delay...interessant speziell für Leute, die zwei Sounds benutzen aber eine einzelne Raumakustik wünschen
Das ist eine Menge, wirklich eine MENGE. Es gibt imho kaum ein zweites Gerät, dass einen vergleichbaren Funktionsumfang hat. Daher kann ich hier gar nicht beschreiben, was im Genauen das Gerät kann, sonst würde der Thread alleine auf den ersten zwei Seiten nur mit meinen Beiträgen gefüllt werden.
Bedienung
Die gesamte Bedienstruktur des VG ist wahnsinnig einfach. Alle Knöpfe führen sofort zu der beschrifteten Funktion. Unterseiten können mit den Page-Knöpfchen durchblättert werden. Die Reihe der F-Knöpfe ist mit Sofortzugriffen belegt, überwiegend Amp-Funktionen, man kann sie aber auch umstellen. Ich benutze sie nur in den Untermenüs um ehrlich zu sein.
Denn unter'm Strich ist die Bedienbarkeit am Gerät zwar selbsterklärend und gut strukturiert, aber auf Grund des enormen Funktionsumfangs einfach extrem zeitaufwendig. Viele Menüpunkte enthalten gut und gerne 6 Sub-Seiten, allesamt mit wichtigen Einstellungen. Man merkt sich schnell wo was ist bzw. findet es sehr schnell heraus. Wenn man aber nun z.B. einmal ein MetalPreset mit zwei verschiedenen Gitarren, einem Custom-Tuning, zwei Amps, vier Effekten plus zusätzliche EQs und dem Master-Mix erstellen will, ist man mit dem groben Anwählen schon gut und gerne eine Viertelstunde zugange. Die Leute bei Roland haben hier vermutlich wirklich ihr Bestes gegeben, aber man kann nunmal nicht so viele Funktionen auf einmal bedienbar machen ohne eine GUI.
Am PC dauert das vielleicht 2 Minuten schon mit grobem EQing. Deshalb hier wirklich ein Rat: Wer sich das VG-99 zulegen will sollte es auf jeden Fall im Zusammenhang mit einem PC/Laptop oder ähnlichem verwenden können. Live/bei Proben ein paar Korrekturen, das geht auch am Gerät. Aber richtig nette Presets erstellen, mit viel Fummelei, das ist mit dem Editor einfach einfacher. Zwei, drei Klicks und sämtliche Optionen stehen zur Verfügung. Durch die Grafiken wirkt das Ganze auch noch vertraut und noch zugänglicher, weil man die Fenster allesamt zuordnen kann.
Sound
Das VG-99 ist, wie alle Modeller, extrem davon abhängig, was an Verstärkung folgt. Über Kopfhörer, über PC-System, über PA, über Röhrenendstufen, über kleine Transistorcombos - über alle Möglichkeiten klingen sie anders. Und dann ist auch noch die Qualität der Geräte entscheidend. Eine 200 Euro PA aus zwei aktiven Tops + Subwoofer ist eigentlich nicht mit einer mehreren Tausend Euro Anlage vergleichbar. Daher ist die Erfahrung, wie ein Modeller klingt immer individuell abhängig von den Umständen.
Ich habe einen AKG K512 Kopfhörer für daheim und eine alte dicke Solton Craaft PA im Proberaum. Ich muss für beides schon unterschiedliche Presets erstellen, weil das Wiedergabeverhalten der PA viel klarer, differenzierter und kraftvoller ist. Dies bedeutet, dass die PA-Presets mehr Gain benötigen um den gleichen Klang zu erreichen und weitaus mehr Höhen abkönnen.
Das Signal über USB ist ähnlich dem der PA. Hier ist aber die Abhörlautstärke relevant. Leise kann auch Crunch wie Matsch klingen. Aber das gilt ja auch für CDs. Irgendwann erkennt man einfach nichts mehr
Im direkten Vergleich mit dem Vetta hatte ich das VG ja nicht, allerdings kann ich sagen: Das VG-99 klingt "besser". Wenngleich mir ein paar Modelle fehlen, so sind die vorhandenen doch weit detailreicher und von Haus aus schon fetter. Insbesondere 100% Cleane Modelle kann man richtig gut erstellen und benutzen, was mit dem Vetta schon ein wenig Getrickse war.
Die Gitarrenmodellings sind sehr gelungen, man erkennt den "typischen" Charakter der Instrumente. Es sind nun nicht spezifische Modelle gemodelt, sondern eher ein "this is a strat." und "this is a LP." Man erkennt schon, wo's langgeht. Auch mit diversen Tuningorgien nach unten kommen die Modelle gut klar. Die Akustiksektion ist auch wirklich sehr gut geraten, die einzelnen Western-Gitarren klingen auch wirklich unterschiedlich. Ebenso Nylons, Archtops, Banjos...
Es macht Spaß sich Instrumente zu "bauen" beispielsweise die Tele vom Palmen-Keith. Einfach mal Open-G, tiefste Saite ausschalten und schon läufts. Oder eine Irish Bouzouki. E und A Saite auf stumm schalten, die anderen zurechtstimmen, Zwölfsaitersimulation angeschmissen und schon kann ge"reel"t werden. Generell sind die 12-Saiter des VG-99 denen der Variax haushoch überlegen. Wobei hier das Fine-Tuning (die Funktion) sehr wichtig ist. Wer alle Saiten EXAKT eine oktave höher bzw. gleich stimmt, der bekommt fast Synthie-artige Sounds. Glücklicherweise kann man aber pro Seite einige Cent verstimmen, so dass die wunderbaren sphärischen Klänge natürlich daherkommen und nicht wie eine zweite Gitarre.
Bisher ist mir kaum etwas über den Weg gelaufen, was sich nicht mit dem VG hätte einigermaßen bis super nachbauen lassen. Man muss natürlich dazu sagen, dass es z.b. keine Orange-Simulation gibt. Aber wenn man sich ein wenig Zeit nimmt, kann man aus dem vorhandenen Arsensal etwas sehr ähnlich klingendes zusammenstückeln. Bedarf halt Zeit. Ansonsten ist aber von früheren digitalen Kisten nichts mehr übrig. Die Modelle klingen allesamt wunderbar, wie realitätsnah, lass ich mal dahingestellt, weil es mich gar nicht interessiert. Viel wichtiger für mich als "wie nach an echt" klingt das Teil ist "wie gut klingt das Teil". Und es klingt ausgesprochen gut.
Bewertung / Fazit
Was nun wichtig ist: Wer schon keine Lust hat, sich mit den Line6-Geräten zu befassen, der sollte über ein VG-99 nichtmal anfangen nachzudenken. Denn hier sind die Möglichkeiten noch vielfältiger, noch tiefgreifender und noch weitaus umfangreicher, als in den PODs und Vettas. Auf Grund fehlender, offensichtlicher Treble, Mids, Bass regler, ist das "Amp-Feeling" schon von der Handhabung her gleich Null. Mich stört das nicht, im Gegenteil, ich bastele da gerne dran rum. Wer aber "mal eben schnell" eine kleine Kiste zum Aufnehmen sucht - der ist auch finanziell nicht so gut aufgehoben
Für Coverrocker ist das Teil aber ein Schlaraffenland. Es hat alles da, es kann alles besorgen...
In der großen US-VG-Community fehlt fast kein bestimmter Sound und falls doch, so stellt das VG einfach alles bereit, um die berühmten Sounds der Klassiker nachzubasteln. Ohne Gitarre zu wechseln, ohne irgendwas zu verändern, einfach ein Preset weiter und schon wird die zwölfsaitige Akustik zur LP an zwei Marshalls...
Für Metaller kann das Teil (wie für mich) auch eine Goldgrube sein. Während man ja immer wieder zu seinem Grundsound zurückkehrt, kann ich nun ständig Tunings wechseln und für Intros oder Zwischenspiele einfach total abgedrehte Sounds benutzen, beispielsweise ein MerryGoRound-Intro auf das schönes Gebretter folgt und irgendwo in der Mitte dann ein Breakdown mit Sitar...und das alles live und in Farbe. Ohne Studio. Einfach Preset erstellen, speichern - fertig.
Für Puristen oder Leute, die schon Zweikanaler für überflüssig halten: Warum habt ihr eigentlich bis hierhin gelesen?!
Für Interessierte, die aber keine GK- oder PiezoPickups wollen: In diesem Fall lohnt sich kein VG-99. Wirklich nicht. Da reicht euch quasi ein GT-10 oder vergleichbares. Der größte Spaß des VGs basiert eben auf den polyphonen Synthies, dem Gitarrenmodelling und der Umstimm-Funktion.
Apropos Spaß...
Spaß und Show
Wer sich wundert, warum der blöde Autor bisher nicht auf den D-Beam, den Ribboncontroller oder die Dynamikschaltung eingegangen ist - hier ist die Antwort!
Als vollkommen überflüssige Extras präsentieren sich die beiden Controller. Dazu gleich mehr
Die Dynamikschaltung macht mordsmäßigen Spaß. Sanftes Spielen auf einer Akustikgitarre mit viel Hall und plötzlich haut man in die Saiten und spielt eine derb verzerrte Bariton-Axt. Oder einen Bass, Syntheziser, Orgel... bei richtiger Justage des GK-Pickups im VG-99 ein sehr tolles Feature, das vor allem im Hinblick auf Hallfahnen oder mit Übung in Songs eine neue Dimension auftut. Einfach mal fette Palm-mutes prügeln, aber sanft ein paar hallende Akustik-Akzente setzen - sehr spaßig
D-Beam und Ribbon sind natürlich nicht sinntechnisch überflüssig sondern der reinste Überfluss - der reinste Luxus. Ein Laser zum steuern eines whammys, filters oder eine "Rubbelfläche" mit dieser Aufgabe - einfach nur geil. Und wenn man sich dann wie ein Idiot vor sein Gerät stellt und wie ein blöder rumfuchelt nur um "uuuaaiiiiiii uuuuaahiiiiiii" zu erzeugen - der kann nur bescheuert sein. Aber Spaß macht es dennoch. Reichlich sogar.
Abschluss
Ich möchte dieses Review bisher einmal offen halten und später weitere Informationen hinzufügen. Zumal allein dieser elend lange Text noch nicht alle Fragen beantwortet haben kann.
Soundsamples findet man auf youtube sehr realitätsnahe, allerdings kann ich gerne spezielle anfertigen, falls jemanden z.b. zwei dropped-A Jazzgitarren über einen peavey 5150 interessieren. Einfach reinschreiben oder PN schicken. Allerdings bitte nicht sofort erwarten, dass ich das innerhalb von 5minuten aufnehmen kann. Manche Sachen muss ich auch erst bauen oder spieltechnisch so auslegen, dass das Sample Sinn macht (Metal mit Jazzsounds wäre z.B. für niemanden eine Hilfe).
Der ein oder andere hat meinen Nick vielleicht noch im Kopf im Zusammenhang mit dem großen, sehr großen Review zum Line6 Vetta II Combo inklusive des Armin-Upgrades. Aus diversen Gründen musste der Vetta wieder weg und ich habe mir ein Roland VG-99 angelacht. Zuerst hier noch einmal die Bitte an alle Generell-Modelling-Miesmacher: Lest doch gar nicht erst weiter und spammt hier nicht rum, wenn es euch gar nicht interessiert. Da ist die Tür: TÜR Danke.
Vorgeschichte
Zusammen mit drei Gitarren, zwei davon in Standard-D oder Dropped-C Stimmung war der Vetta vorher ziemlich ideal in meiner Hauptband. Es fehlten zwar akustische Akzente, aber ich hatte mir da vorgenommen zu sparen...ha ha
Nun jedoch sollte zur Folk Rock Band ein eher abgedrehtes Metal-Industrial-Spektakel in einem anderen Ort dazukommen. Und irgendwie meldete sich da mein Verstand: Ey, du hast doch bestimmt keine Lust die über 30kg-Kiste jede Woche ein paar Mal rumzuschleppen?!
Da meine Kasse seitdem ich studiere gleich null ist (Studiengebühren fressen alles auf) war die Lösung: kaufste dir zusätzlich nen POD und fertig ist die Laube! nicht machbar. Also musste eine andere Lösung her. Variante zwei: "verkaufste den Vetta und holst dir dafür einen POD/GT-X..." - da kam dann der Hintergedanke auf: wieso nicht auch noch eine der Gitarren für mehr Geld verkaufen, dann kannst du dir gleich ein VG-99 holen, hast immer noch alle Tunings, sogar mehr als vorher, hast akustische Instrumente...
GAS hatte zugeschlagen. Also schnell meine BC Rich undden Vetta feilgeboten, Gesuch für das VG-99 erstellt und markfast verkaufte just sein VG-99 rundum-sorglos-Paket mit FC-300 (der große MIDI-Controller), PDS (der SEHR solide Ständer) und einem GK-3 (hexaphonischer Pickup). Zudem war er kulant genug zu warten, bis ich meine Sachen verkauft hatte - ausgesprochen netter Verkäufer
Erster Eindruck (oder: Montage des GK-3)
Riesiges Paket auspacken vor Weihnachten - besser gehts doch kaum oder?
Nachdem ich alles aus seinen Kartons gepellt hatte sah alles schonmal sehr solide aus. Insbesondere das FC-300 erweckt den Eindruck unendlicher Lebensdauer. Taugt notfalls auch als Waffe. Das VG-99 ist optisch 1:1 identisch mit all den kursierenden Internetbildern. Deshalb poste ich nun keine expliziten Fotos, die sehen alle gleich aus. Zuerst hab ich mal den Treiber installiert und das Teil direkt mit meinem PC verkabelt um den Editor zu sehen, die Bildchen davon waren auch schon immer sehr verlockend. Und tatsächlich ist der Editor wirklich der Knüller. Einfacher und schneller kann man wohl kaum einen Modeller bedienen, insbesondere einen, der alles abdeckt. Kurz noch gecheckt, ob überhaupt Töne rauskommen, einen normalen Gitarren-Input gibt es ja auch - es kommen Töne raus! Und zwar sehr nette.
Dann hielt mich nichts mehr und weil schon ein zweiter GK-3 auf dem Weg zu mir war, wollte ich zuerst einen auf meine Epiphone The Dot montieren.
Montage von GK-3-Pickups
Es ist nicht so, dass die Montage nicht in fünf Minuten machbar wäre. Wenn man das System verstanden hat, dürfte es auf einer Les Paul 3min+Saitenwechsel oder Saiten-Spannen dauern, auf einer Strat theoretisch sogar noch weniger.
Auf meiner The Dot kam es zu Schwierigkeiten. Ich habe zur Sicherung der Tuningstabilität meines Duesenberg-Bigsbys eine Schaller Rollerbridge installiert, die nicht gleich mit einer normalen Tune-O-Matic Bridge ist. Recht ätzend, denn das extra mitgelieferte Metallteil passt nicht direkt unter die Bridge. Ich habe dann Unterlegscheibchen an den Schrauben gebracht und dann die Pickup-Halterung eingeklemmt - das funktioniert tadellos.
An alle Ibanez-Benutzer: Wenn ihr eine RG mit ganz flachem Griffbrettradius habt, wird die Justage des Pickups ein wenig fummelig, die mittleren Saiten werden immer lauter sein als die äußeren. Das ist zwar alles ausbalancierbar im VG-99, aber dennoch einfach blöd gelöst, denn der Radius des Pickups ist einstellbar. Nur nicht flach genug.
Funktionsumfang
Aus Platzgründen werde ich hier nicht sämtliche Funktionen und Modelle einzeln Auflisten. Wen das interessiert, der findet auf der Roland Homepage mehr Informationen.
http://www.roland.com/products/en/VG-99/index.html
Im putzigen, 10MB großen Manual findet ihr ab Seite 104 die Model-Listen (Kapitel 9)
http://lib.roland.co.jp/support/en/manuals/res/1810904/VG-99_e4.pdf
Um aber mal kurz zu umreißen, was geht:
(ab hier doppelt)
- Instrumentmodelling (E-Gitarre, A-Gitarren, Banjo, Sitar, Synths, Bässe und mehr)
- dabei Tuningsmodelling, je Saite bis zu zwei Oktaven rauf oder runter. Nach oben wirds aber irgendwann synthy - logischerweise)
- FX - (Alles was das Herz begehrt und die Modulationseffekte sogar doppelt)
- Ampmodelling (von Clean über Crunch bis total überzogene Zerre - sogar "Custom" und mit schicker Speakerauswahl uuund Custom-Boxen))
Einmalig, d.h. für einen der beiden Kanäle:
- Poly FX. Effekte, die pro SAITE funktionieren. Interessant insbesondere bei stereoeffekten (panning pro Saite!) und bei Distortin (harmonischer und klarer).
Global:
- EQ, Reverb, Mixer, Delay...interessant speziell für Leute, die zwei Sounds benutzen aber eine einzelne Raumakustik wünschen
Das ist eine Menge, wirklich eine MENGE. Es gibt imho kaum ein zweites Gerät, dass einen vergleichbaren Funktionsumfang hat. Daher kann ich hier gar nicht beschreiben, was im Genauen das Gerät kann, sonst würde der Thread alleine auf den ersten zwei Seiten nur mit meinen Beiträgen gefüllt werden.
Bedienung
Die gesamte Bedienstruktur des VG ist wahnsinnig einfach. Alle Knöpfe führen sofort zu der beschrifteten Funktion. Unterseiten können mit den Page-Knöpfchen durchblättert werden. Die Reihe der F-Knöpfe ist mit Sofortzugriffen belegt, überwiegend Amp-Funktionen, man kann sie aber auch umstellen. Ich benutze sie nur in den Untermenüs um ehrlich zu sein.
Denn unter'm Strich ist die Bedienbarkeit am Gerät zwar selbsterklärend und gut strukturiert, aber auf Grund des enormen Funktionsumfangs einfach extrem zeitaufwendig. Viele Menüpunkte enthalten gut und gerne 6 Sub-Seiten, allesamt mit wichtigen Einstellungen. Man merkt sich schnell wo was ist bzw. findet es sehr schnell heraus. Wenn man aber nun z.B. einmal ein MetalPreset mit zwei verschiedenen Gitarren, einem Custom-Tuning, zwei Amps, vier Effekten plus zusätzliche EQs und dem Master-Mix erstellen will, ist man mit dem groben Anwählen schon gut und gerne eine Viertelstunde zugange. Die Leute bei Roland haben hier vermutlich wirklich ihr Bestes gegeben, aber man kann nunmal nicht so viele Funktionen auf einmal bedienbar machen ohne eine GUI.
Am PC dauert das vielleicht 2 Minuten schon mit grobem EQing. Deshalb hier wirklich ein Rat: Wer sich das VG-99 zulegen will sollte es auf jeden Fall im Zusammenhang mit einem PC/Laptop oder ähnlichem verwenden können. Live/bei Proben ein paar Korrekturen, das geht auch am Gerät. Aber richtig nette Presets erstellen, mit viel Fummelei, das ist mit dem Editor einfach einfacher. Zwei, drei Klicks und sämtliche Optionen stehen zur Verfügung. Durch die Grafiken wirkt das Ganze auch noch vertraut und noch zugänglicher, weil man die Fenster allesamt zuordnen kann.
Sound
Das VG-99 ist, wie alle Modeller, extrem davon abhängig, was an Verstärkung folgt. Über Kopfhörer, über PC-System, über PA, über Röhrenendstufen, über kleine Transistorcombos - über alle Möglichkeiten klingen sie anders. Und dann ist auch noch die Qualität der Geräte entscheidend. Eine 200 Euro PA aus zwei aktiven Tops + Subwoofer ist eigentlich nicht mit einer mehreren Tausend Euro Anlage vergleichbar. Daher ist die Erfahrung, wie ein Modeller klingt immer individuell abhängig von den Umständen.
Ich habe einen AKG K512 Kopfhörer für daheim und eine alte dicke Solton Craaft PA im Proberaum. Ich muss für beides schon unterschiedliche Presets erstellen, weil das Wiedergabeverhalten der PA viel klarer, differenzierter und kraftvoller ist. Dies bedeutet, dass die PA-Presets mehr Gain benötigen um den gleichen Klang zu erreichen und weitaus mehr Höhen abkönnen.
Das Signal über USB ist ähnlich dem der PA. Hier ist aber die Abhörlautstärke relevant. Leise kann auch Crunch wie Matsch klingen. Aber das gilt ja auch für CDs. Irgendwann erkennt man einfach nichts mehr
Im direkten Vergleich mit dem Vetta hatte ich das VG ja nicht, allerdings kann ich sagen: Das VG-99 klingt "besser". Wenngleich mir ein paar Modelle fehlen, so sind die vorhandenen doch weit detailreicher und von Haus aus schon fetter. Insbesondere 100% Cleane Modelle kann man richtig gut erstellen und benutzen, was mit dem Vetta schon ein wenig Getrickse war.
Die Gitarrenmodellings sind sehr gelungen, man erkennt den "typischen" Charakter der Instrumente. Es sind nun nicht spezifische Modelle gemodelt, sondern eher ein "this is a strat." und "this is a LP." Man erkennt schon, wo's langgeht. Auch mit diversen Tuningorgien nach unten kommen die Modelle gut klar. Die Akustiksektion ist auch wirklich sehr gut geraten, die einzelnen Western-Gitarren klingen auch wirklich unterschiedlich. Ebenso Nylons, Archtops, Banjos...
Es macht Spaß sich Instrumente zu "bauen" beispielsweise die Tele vom Palmen-Keith. Einfach mal Open-G, tiefste Saite ausschalten und schon läufts. Oder eine Irish Bouzouki. E und A Saite auf stumm schalten, die anderen zurechtstimmen, Zwölfsaitersimulation angeschmissen und schon kann ge"reel"t werden. Generell sind die 12-Saiter des VG-99 denen der Variax haushoch überlegen. Wobei hier das Fine-Tuning (die Funktion) sehr wichtig ist. Wer alle Saiten EXAKT eine oktave höher bzw. gleich stimmt, der bekommt fast Synthie-artige Sounds. Glücklicherweise kann man aber pro Seite einige Cent verstimmen, so dass die wunderbaren sphärischen Klänge natürlich daherkommen und nicht wie eine zweite Gitarre.
Bisher ist mir kaum etwas über den Weg gelaufen, was sich nicht mit dem VG hätte einigermaßen bis super nachbauen lassen. Man muss natürlich dazu sagen, dass es z.b. keine Orange-Simulation gibt. Aber wenn man sich ein wenig Zeit nimmt, kann man aus dem vorhandenen Arsensal etwas sehr ähnlich klingendes zusammenstückeln. Bedarf halt Zeit. Ansonsten ist aber von früheren digitalen Kisten nichts mehr übrig. Die Modelle klingen allesamt wunderbar, wie realitätsnah, lass ich mal dahingestellt, weil es mich gar nicht interessiert. Viel wichtiger für mich als "wie nach an echt" klingt das Teil ist "wie gut klingt das Teil". Und es klingt ausgesprochen gut.
Bewertung / Fazit
Was nun wichtig ist: Wer schon keine Lust hat, sich mit den Line6-Geräten zu befassen, der sollte über ein VG-99 nichtmal anfangen nachzudenken. Denn hier sind die Möglichkeiten noch vielfältiger, noch tiefgreifender und noch weitaus umfangreicher, als in den PODs und Vettas. Auf Grund fehlender, offensichtlicher Treble, Mids, Bass regler, ist das "Amp-Feeling" schon von der Handhabung her gleich Null. Mich stört das nicht, im Gegenteil, ich bastele da gerne dran rum. Wer aber "mal eben schnell" eine kleine Kiste zum Aufnehmen sucht - der ist auch finanziell nicht so gut aufgehoben
Für Coverrocker ist das Teil aber ein Schlaraffenland. Es hat alles da, es kann alles besorgen...
In der großen US-VG-Community fehlt fast kein bestimmter Sound und falls doch, so stellt das VG einfach alles bereit, um die berühmten Sounds der Klassiker nachzubasteln. Ohne Gitarre zu wechseln, ohne irgendwas zu verändern, einfach ein Preset weiter und schon wird die zwölfsaitige Akustik zur LP an zwei Marshalls...
Für Metaller kann das Teil (wie für mich) auch eine Goldgrube sein. Während man ja immer wieder zu seinem Grundsound zurückkehrt, kann ich nun ständig Tunings wechseln und für Intros oder Zwischenspiele einfach total abgedrehte Sounds benutzen, beispielsweise ein MerryGoRound-Intro auf das schönes Gebretter folgt und irgendwo in der Mitte dann ein Breakdown mit Sitar...und das alles live und in Farbe. Ohne Studio. Einfach Preset erstellen, speichern - fertig.
Für Puristen oder Leute, die schon Zweikanaler für überflüssig halten: Warum habt ihr eigentlich bis hierhin gelesen?!
Für Interessierte, die aber keine GK- oder PiezoPickups wollen: In diesem Fall lohnt sich kein VG-99. Wirklich nicht. Da reicht euch quasi ein GT-10 oder vergleichbares. Der größte Spaß des VGs basiert eben auf den polyphonen Synthies, dem Gitarrenmodelling und der Umstimm-Funktion.
Apropos Spaß...
Spaß und Show
Wer sich wundert, warum der blöde Autor bisher nicht auf den D-Beam, den Ribboncontroller oder die Dynamikschaltung eingegangen ist - hier ist die Antwort!
Als vollkommen überflüssige Extras präsentieren sich die beiden Controller. Dazu gleich mehr
Die Dynamikschaltung macht mordsmäßigen Spaß. Sanftes Spielen auf einer Akustikgitarre mit viel Hall und plötzlich haut man in die Saiten und spielt eine derb verzerrte Bariton-Axt. Oder einen Bass, Syntheziser, Orgel... bei richtiger Justage des GK-Pickups im VG-99 ein sehr tolles Feature, das vor allem im Hinblick auf Hallfahnen oder mit Übung in Songs eine neue Dimension auftut. Einfach mal fette Palm-mutes prügeln, aber sanft ein paar hallende Akustik-Akzente setzen - sehr spaßig
D-Beam und Ribbon sind natürlich nicht sinntechnisch überflüssig sondern der reinste Überfluss - der reinste Luxus. Ein Laser zum steuern eines whammys, filters oder eine "Rubbelfläche" mit dieser Aufgabe - einfach nur geil. Und wenn man sich dann wie ein Idiot vor sein Gerät stellt und wie ein blöder rumfuchelt nur um "uuuaaiiiiiii uuuuaahiiiiiii" zu erzeugen - der kann nur bescheuert sein. Aber Spaß macht es dennoch. Reichlich sogar.
Abschluss
Ich möchte dieses Review bisher einmal offen halten und später weitere Informationen hinzufügen. Zumal allein dieser elend lange Text noch nicht alle Fragen beantwortet haben kann.
Soundsamples findet man auf youtube sehr realitätsnahe, allerdings kann ich gerne spezielle anfertigen, falls jemanden z.b. zwei dropped-A Jazzgitarren über einen peavey 5150 interessieren. Einfach reinschreiben oder PN schicken. Allerdings bitte nicht sofort erwarten, dass ich das innerhalb von 5minuten aufnehmen kann. Manche Sachen muss ich auch erst bauen oder spieltechnisch so auslegen, dass das Sample Sinn macht (Metal mit Jazzsounds wäre z.B. für niemanden eine Hilfe).
- Eigenschaft