Hind
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Review zur Ibanez S540 FM TLS
Über das Wochenende hatte ich eine sehr interessante Gitarre von einem befreundeten Musikerkollegen zur Reparatur da. Nach dem Herrichten der Gitarre (Potis, Saitenlage, Tremolo einstellen etc.) fand ich, dass es Zeit für ein kleines Review dieses nunmehr alten Schätzchens ist. Denn mittlerweile hat die Gitarre ziemlich genau 10 Jahre auf den Bühnen Deutschlands auf dem Buckel. Die S540 wurde 1997 gebaut und von meinem Musiker-Kumpel im Jahr 1999 von Beyer's Music für 2200 DM erworben. Das Ganze war ein Blindkauf seinerseits, obwohl er mir damals ständig vorgepredigt hatte, dass man eine Gitarre immer erst anspielen müsse, bevor man sie bestellt. Naja, Prinzipien werden in der Not auch mal über Bord geworfen. Und nachdem mein Kumpel die Gitarre einige Zeit im Ibanez Katalog bewundert hatte, sie jedoch in umliegenden Geschäften niemals anspielen konnte, orderte er die Ibanez S540 FM TLS kurzerhand auf gut Glück aus Bochum und behielt sie als sein Hauptinstrument.
Konstruktion:
- dünner Saber-Korpus aus Mahagoni mit Decke und Boden aus geflammtem Ahorn
- Einteiliger Ahornhals (Wizard) mit angeschäfteter Kopfplatte
- Palisandergriffbrett mit Jumbobünden
- Floyd-Rose-lizensiertes LO-PRO EDGE Tremolo
- Pickups: QM1 Humbucker am Hals, QMS1 Singlecoil in der Mitte, QM2 Humbucker am Steg
Verarbeitung:
Die Gitarre ist auch nach 10 Jahren intensiven Gebrauchs noch sehr gut in Schuss - das ist auf den ersten Blick bereits ein Indikator für saubere Verarbeitung. Auch bei genauerem Hinsehen gibt sich die Ibanez S540 keine Blöße. Selbst der Lack ist kaum abgestumpft und einzig auf der Rückseite durch ein paar Kontakte mit der Gürtelschnalle ein wenig in Mitleidenschaft gezogen. Das Gold der Hardware ist stellenweise stark verblasst, an den Humbucker-Rähmchen kann man den Goldton nur noch erahnen. Aber das Schicksal teilen wohl alle Hardwareteile in dieser Farbe. Insgesamt ist die Gitarre absolut tadellos verarbeitet - einen echten Maekl kann ich beim besten Willen nicht entdecken.
Handhabung/Bespielbarkeit:
Die Gitarre ist sehr leicht und handlich und hängt ausgewogen am Gurt. Ein echtes Plus für Top40-Mugger, die mehrere Stunden am Stück auf der Bühne stehen. Die Potis der Gitarre funktionieren einwandfrei und gleichmäßig im Regelweg, wobei mir persönlich das Volume-Poti ein wenig zu schwerfällig zu bewegen ist. Sei's drum, der Fünfweg-Schalter wählt wie gewohnt die klasssichen H-S-H-Kombinationen an und funktioniert ebenfalls ohne Tadel. Die Bespielbarkeit des Halses ist für mich als Freund von kräftigen Hälsen anfangs etwas ungewohnt. Nach kurzer Zeit ist die Umgewöhnung jedoch erfolgt und ich realisiere, dass die Bespielbarkeit des Wizard-Halses wirklich allererste Sahne ist. Die Saitenlage der Gitarre ist extrem tief ohne zu schnarren und dank des super dünnen Halsprofils flitzt man fast automatisch im Eiltempo über das Griffbrett.
Klang:
Schon unverstärkt deutet die Gitarre einen flirrend-luftigen Ton an. Das Klangbild ist dabei aber absolut ausgewogen, d.h. keine Saite sticht aus dem Gesamtbild hervor. Die Resonanzeigenschaften der Gitarre ist durchweg gut, aber irgendwie fehlt mir das gewisse "resonierende Etwas", wie ich es bei "ausgewachsenen" Korpusformen á la Strat oder Paula kenne und schätzen gelernt habe.
Verstärkt fällt die Vielfältigkeit der Pickup-Kombinationen auf. Singende Leads und (bei zurückgedrehtem Tone-Poti) ein ausgewachsener Woman-Tone am Halspickup laden zu ausufernden Solis ein. Die Zwischenstellung Hals/Mitte dünnt dieses Klangbild etwas aus, ohne aber zu harrsch zu werden. Eignet sich gut für unverzerrte Rhythmus-Begleitung. Der Mittelpickup "stratelt" schön und zeigt den Vorteil von H-S-H-Instrumenten im Vergleich zum eher zurückhaltenden Klang bei der Mittelstellung von H-H Gitarren. Der Singlecoil liefert hier funkige Sounds bei wenig Zerre und einen schneidenden Ton bei Hi-Gain. Die Zwischenstellung Mitte/Steg liefert knackige Töne, die für gitarristische Einwürfe oder spezielle Pickingtechniken besonders geeignet sind. Abschließend zeigt der Steghumbucker ein klassisches Bild - Powerchords drücken angenehm, bleiben dabei aber transparent und Leads jeglicher Art tönen klasse aus dem Amp.
Die eben beschriebenen Charakteristika sind jedoch keine vergleichenden Eindrücke, sondern evaluieren nur die Toncharakteristiken untereinander. Daher die entscheidende Frage: Wie ist der Klang im Vergleich mit anderen Instrumenten? Meine spontan herumstehenden Referenzen hierfür sind Fender Eric Clapton Stratocaster, Gibson Les Paul Custom, PRS Custom 22 und Music Man Petrucci. Im direkten A/B-Vergleich ist das Klangbild der Humbucker zwar ähnlich ausgewogen wie bei den Vergleichsgitarren, aber der Klang ist sowohl am Hals als auch am Steg etwas dünn und beliebig. Im Vergleich zur PRS klingt der Sound des Stegpickups eher zahm und steril, die Gibson drückt hingegen sowohl am Hals als auch am Steg mit deutlich mehr Wucht und einem klanglich vielfältigerem Soundbild aus den Boxen. Etwas vereinfacht ausgedrückt klingen die Ibanez-eigenen Pickups ein wenig zu eindimensional und simpel. Im direkten Vergleich zu anderen (und meiner Meinung nach hochwertigeren) Tonabnehmern ist der Klang subjektiv gut und brauchbar, aber bei weitem kein Soundnirvana. Da mir die Gitarre nicht gehört, verkneife ich mir das Austauschen der Pickups. Im Hinterkopf bleibt aber die Frage, ob etwa die Gibson- oder PRS-Pickups in der Ibanez einen tonalen Qualitätsschub bewirkt hätten, oder ob der abgespeckte Korpus der Ibanez S540 einfach bauartbedingt ein wenig weniger mächtig klingt. Der Mittelpickup hingegen gefiel mir sehr gut. Er klingt ähnlich wie die Fender Clapton Strat mit geboosteten Mitten - sehr überspitzt und "peaky", aber für spezielle Pickingmuster oder Riffs gut zu gebrauchen und sehr charakteristisch.
Resümee:
Alles in allem ist die Ibanez S540 FM TLS eine sehr solide Rockgitarre, die vor allem aufgrund seiner ergonomischen Form und seines leichten Gewichts ein "Workhorse" für den schwer arbeitenden Mugger darstellt. Klanglich bildet sie ein vielfältiges und brauchbares Soundspektrum ab, welches allerdings qualitativ deutlich hörbar hinter hochwertigeren Gitarren zurücksteht. Demgegenüber stehen eine absolut tadellose Verarbeitung und eine geschmeidige Bespielbarkeit, die ihresgleichen sucht. Damit ist die Ibanez S540 FM TLS für mich eine Gitarre, die ihren idealen Einsatzort nicht im Studio, sondern auf der Bühne hat.
Danke für's Lesen! Über Kekse freue ich mich immer ...
Über das Wochenende hatte ich eine sehr interessante Gitarre von einem befreundeten Musikerkollegen zur Reparatur da. Nach dem Herrichten der Gitarre (Potis, Saitenlage, Tremolo einstellen etc.) fand ich, dass es Zeit für ein kleines Review dieses nunmehr alten Schätzchens ist. Denn mittlerweile hat die Gitarre ziemlich genau 10 Jahre auf den Bühnen Deutschlands auf dem Buckel. Die S540 wurde 1997 gebaut und von meinem Musiker-Kumpel im Jahr 1999 von Beyer's Music für 2200 DM erworben. Das Ganze war ein Blindkauf seinerseits, obwohl er mir damals ständig vorgepredigt hatte, dass man eine Gitarre immer erst anspielen müsse, bevor man sie bestellt. Naja, Prinzipien werden in der Not auch mal über Bord geworfen. Und nachdem mein Kumpel die Gitarre einige Zeit im Ibanez Katalog bewundert hatte, sie jedoch in umliegenden Geschäften niemals anspielen konnte, orderte er die Ibanez S540 FM TLS kurzerhand auf gut Glück aus Bochum und behielt sie als sein Hauptinstrument.
Konstruktion:
- dünner Saber-Korpus aus Mahagoni mit Decke und Boden aus geflammtem Ahorn
- Einteiliger Ahornhals (Wizard) mit angeschäfteter Kopfplatte
- Palisandergriffbrett mit Jumbobünden
- Floyd-Rose-lizensiertes LO-PRO EDGE Tremolo
- Pickups: QM1 Humbucker am Hals, QMS1 Singlecoil in der Mitte, QM2 Humbucker am Steg
Verarbeitung:
Die Gitarre ist auch nach 10 Jahren intensiven Gebrauchs noch sehr gut in Schuss - das ist auf den ersten Blick bereits ein Indikator für saubere Verarbeitung. Auch bei genauerem Hinsehen gibt sich die Ibanez S540 keine Blöße. Selbst der Lack ist kaum abgestumpft und einzig auf der Rückseite durch ein paar Kontakte mit der Gürtelschnalle ein wenig in Mitleidenschaft gezogen. Das Gold der Hardware ist stellenweise stark verblasst, an den Humbucker-Rähmchen kann man den Goldton nur noch erahnen. Aber das Schicksal teilen wohl alle Hardwareteile in dieser Farbe. Insgesamt ist die Gitarre absolut tadellos verarbeitet - einen echten Maekl kann ich beim besten Willen nicht entdecken.
Handhabung/Bespielbarkeit:
Die Gitarre ist sehr leicht und handlich und hängt ausgewogen am Gurt. Ein echtes Plus für Top40-Mugger, die mehrere Stunden am Stück auf der Bühne stehen. Die Potis der Gitarre funktionieren einwandfrei und gleichmäßig im Regelweg, wobei mir persönlich das Volume-Poti ein wenig zu schwerfällig zu bewegen ist. Sei's drum, der Fünfweg-Schalter wählt wie gewohnt die klasssichen H-S-H-Kombinationen an und funktioniert ebenfalls ohne Tadel. Die Bespielbarkeit des Halses ist für mich als Freund von kräftigen Hälsen anfangs etwas ungewohnt. Nach kurzer Zeit ist die Umgewöhnung jedoch erfolgt und ich realisiere, dass die Bespielbarkeit des Wizard-Halses wirklich allererste Sahne ist. Die Saitenlage der Gitarre ist extrem tief ohne zu schnarren und dank des super dünnen Halsprofils flitzt man fast automatisch im Eiltempo über das Griffbrett.
Klang:
Schon unverstärkt deutet die Gitarre einen flirrend-luftigen Ton an. Das Klangbild ist dabei aber absolut ausgewogen, d.h. keine Saite sticht aus dem Gesamtbild hervor. Die Resonanzeigenschaften der Gitarre ist durchweg gut, aber irgendwie fehlt mir das gewisse "resonierende Etwas", wie ich es bei "ausgewachsenen" Korpusformen á la Strat oder Paula kenne und schätzen gelernt habe.
Verstärkt fällt die Vielfältigkeit der Pickup-Kombinationen auf. Singende Leads und (bei zurückgedrehtem Tone-Poti) ein ausgewachsener Woman-Tone am Halspickup laden zu ausufernden Solis ein. Die Zwischenstellung Hals/Mitte dünnt dieses Klangbild etwas aus, ohne aber zu harrsch zu werden. Eignet sich gut für unverzerrte Rhythmus-Begleitung. Der Mittelpickup "stratelt" schön und zeigt den Vorteil von H-S-H-Instrumenten im Vergleich zum eher zurückhaltenden Klang bei der Mittelstellung von H-H Gitarren. Der Singlecoil liefert hier funkige Sounds bei wenig Zerre und einen schneidenden Ton bei Hi-Gain. Die Zwischenstellung Mitte/Steg liefert knackige Töne, die für gitarristische Einwürfe oder spezielle Pickingtechniken besonders geeignet sind. Abschließend zeigt der Steghumbucker ein klassisches Bild - Powerchords drücken angenehm, bleiben dabei aber transparent und Leads jeglicher Art tönen klasse aus dem Amp.
Die eben beschriebenen Charakteristika sind jedoch keine vergleichenden Eindrücke, sondern evaluieren nur die Toncharakteristiken untereinander. Daher die entscheidende Frage: Wie ist der Klang im Vergleich mit anderen Instrumenten? Meine spontan herumstehenden Referenzen hierfür sind Fender Eric Clapton Stratocaster, Gibson Les Paul Custom, PRS Custom 22 und Music Man Petrucci. Im direkten A/B-Vergleich ist das Klangbild der Humbucker zwar ähnlich ausgewogen wie bei den Vergleichsgitarren, aber der Klang ist sowohl am Hals als auch am Steg etwas dünn und beliebig. Im Vergleich zur PRS klingt der Sound des Stegpickups eher zahm und steril, die Gibson drückt hingegen sowohl am Hals als auch am Steg mit deutlich mehr Wucht und einem klanglich vielfältigerem Soundbild aus den Boxen. Etwas vereinfacht ausgedrückt klingen die Ibanez-eigenen Pickups ein wenig zu eindimensional und simpel. Im direkten Vergleich zu anderen (und meiner Meinung nach hochwertigeren) Tonabnehmern ist der Klang subjektiv gut und brauchbar, aber bei weitem kein Soundnirvana. Da mir die Gitarre nicht gehört, verkneife ich mir das Austauschen der Pickups. Im Hinterkopf bleibt aber die Frage, ob etwa die Gibson- oder PRS-Pickups in der Ibanez einen tonalen Qualitätsschub bewirkt hätten, oder ob der abgespeckte Korpus der Ibanez S540 einfach bauartbedingt ein wenig weniger mächtig klingt. Der Mittelpickup hingegen gefiel mir sehr gut. Er klingt ähnlich wie die Fender Clapton Strat mit geboosteten Mitten - sehr überspitzt und "peaky", aber für spezielle Pickingmuster oder Riffs gut zu gebrauchen und sehr charakteristisch.
Resümee:
Alles in allem ist die Ibanez S540 FM TLS eine sehr solide Rockgitarre, die vor allem aufgrund seiner ergonomischen Form und seines leichten Gewichts ein "Workhorse" für den schwer arbeitenden Mugger darstellt. Klanglich bildet sie ein vielfältiges und brauchbares Soundspektrum ab, welches allerdings qualitativ deutlich hörbar hinter hochwertigeren Gitarren zurücksteht. Demgegenüber stehen eine absolut tadellose Verarbeitung und eine geschmeidige Bespielbarkeit, die ihresgleichen sucht. Damit ist die Ibanez S540 FM TLS für mich eine Gitarre, die ihren idealen Einsatzort nicht im Studio, sondern auf der Bühne hat.
Danke für's Lesen! Über Kekse freue ich mich immer ...
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