Mann Peter,
damit eröffnest Du eine Thematik, die ich schon seit Längerem als eigenständigen Thread im Auge, aus Zeitmangel aber noch nicht ausreichend reflektiert habe. Ich hangele mich mal an Deinen Überlegungen entlang.
Man kann die Entwicklung von Seiten des Schlagwerk Konzerns ja
sehr deutlich beobachten, es gibt mittlerweile bereits Bücher und
Lehr Dvds zum Thema.
Ein Fest für jene Endorser, die mit Cajon-Workshops und alle Jahre wieder mit neu aufgemachten Einsteiger-DVDs ihren Lebensunterhalt bestreiten.
Wie seht Ihr das, ist das eine riesen große Werbemaschinerie
die suggeriert dass ein Cajonspieler einen Heckstick braucht …
Hier liegt der Anlass für die Kritik, die ich (wie oben erwähnt) selber schon länger zu äußern überlegt habe. Ich erzähl mal von Vorne:
- Weil ich seit Anfang des Jahres Percussion-Creativ-Mitglied bin, beziehe ich die Zeitschrift drums&percussion als Beigabe dieser Mitgliedschaft. In der drittletzten Ausgabe (März/April 2010) fiel mir der Cajon-Workshop von Conny Sommer auf bzw. dass in diesem Workshop ("House-Rhythmen") ganz selbstverständlich "Heckstick" in der Zeichenerklärung neben "Bass", "Ton", "Tipp" etc. auftaucht.
- Daraufhin bin ich im Internet auf das Kontakt-Formular von d&p gegangen und habe darauf hingewiesen, dass der Heckstick ein schlagwerk´sches Produkt sei, wahrscheinlich sogar ein Gebrauchsmuster besteht und deshalb in einem redaktionellen Teil einer Fachzeitschrift derart unbekümmert nicht verwendet gehöre. Ich habe dann noch den Begriff "Product Placement" genannt.
- Diese Mail wurde direkt an Conny Sommer weiter geleitet, der mir daraufhin die Antwort mailte und mich aufklärte, dass es selbstverständlich auch von anderen Herstellern sog. Jingle-Sticks gebe, die man ja bloß aufrecht neben dem Cajon zu befestigen bräuchte. Außerdem wäre er durchaus offen dafür, auch andere Produkte in der Art eines HeckSticks einzubeziehen und er würde bedauern, wenn er ein Konkurrenzprodukt am Markt übersehen hätte.
- Er zog noch den Vergleich zu Workshops von Schlagzeugern, die ja auch Besen und ähnliches einbezögen, die in der Anschaffung nicht wesentlich billiger als ein HeckStick seien.
- Zum Abschluss noch sein Statement, dass "das Ding" unbedingt in den Workshop müsse, "weil es einfach so GEIL ist". Ich würde das hoffentlich verstehen.
Meine Einwände in der Antwort-Mail waren:
- Am Markt befinden sich komplette Cajones, die Jingles von vornherein integrieren, z. B. das Multi-Cajon und eines von Pearl. Jemand könnte somit z. B. einen d&p-Workshop für Pearl- oder Multi-Cajons anbieten.
- Bei "Besen" handelt es sich um die Bezeichnung eines Prinzips. "HeckStick" ist demgegenüber der Name eines (geschützten?) Produkts. Wenn dieser so selbstverständlich in einen allgemeinen Cajon-Workshop einfließt, handelt es sich um extrem suggestive Werbung, die ich in einer seriösen Zeitschrift gerne als solche gekennzeichnet haben möchte.
- Bzgl. der Geilheit des HeckSticks ist mir klar, dass sich fleissige Workshopgeber und Anleitungs-Verfasser sehr über Dinge freuen, die ihnen eine neue Geschäftigkeit ermöglichen.
- Bzgl. des HeckSticks als Workshopthema habe ich vorgeschlagen, ihn als (gut-funktionierende) Lösung zu erwähnen, wenn es um die zusätzliche Verwendung von Jingle-Sticks und ähnlichen (z. B. oben genannten) Instrumenten geht. Unter "Zeichenerklärung" würde dann besser nicht "Heckstick" sondern vielleicht "Jingle Sound" stehen.
Außerdem habe ich ihn darauf aufmerksam gemacht, dass wir schon mal miteinander zu tun hatten und er sich in meinem Beisein schon mal sehr ärgerlich über aggressive Werbe-Methoden anderer Firmen geäußert und deren Unangemessenheit gegenüber Schlagwerk kritisiert habe. - Meiner Meinung nach ist Product-Placement in informativen Artikeln einer Fachzeitschrift ungleich ätzender.
- In der Antwort auf meine Mail bedankt sich Conny Sommer für meine lehrreichen Ausführungen und konfrontiert mich mit seiner Recherche, dass es sich bei mir ja beispielsweise um jenen O. B. handele, der für Meinl das sog. Turbo-Cajon designed habe. Ob ich im Falle der Nennung eben dieses Produkts oder eines anderen meiner Firma (dog´s percussion) ebenso beleidigt gewesen wäre? Und ob meine Firma denn überhaupt schon was hervorgebracht habe?
- Meine Erläuterungen empfand er als "aggressive Schmähattacken" und warf mir vor, mich von vornherein nicht als Konkurrent und Mitbewerber von Schlagwerk geoutet zu haben. Denn insofern ich das bin, seien meine Einwendungen ebenfalls rein marktpolitischem motiviert.
- Am Ende noch der Hinweis, dass er als freier Mitarbeiter von d&p nicht an Schlagwerk gebunden sei, von daher auch für gute Sachen, die es bis zur Marktreife gebracht haben, aufgeschlossen sei. Allerdings hätte bisher immer Schlagwerk die besten Ideen zur richtigen Zeit gehabt.
Conny Sommer übersieht m. E., dass jemand, der sich am Markt um Absatz seiner Produkte bemüht, gleichzeitig Leser einer Fachzeitschrift sein kann. Als Mitbewerber dürfe ich mich also nicht über schäbige Tricks beklagen, da ich sie ja selber anwende bzw. anwenden würde, wenn ich nur die Mittel dazu hätte.
Ich habe daraufhin folgende Mail an C. Sommer geschickt:
- "… ich bin nicht beleidigt, wenn der Heck Stick als eine Erfindung von Schlagwerk genannt wird. Er ist zweifelsohne gut und auch sehr genial bzgl. seiner Anbringung an jedes Cajon. Letzteres ist in meinen Augen sogar das Entscheidende, denn vor Jahren habe ich sehr viele Möglichkeiten durchgespielt, welche Applikationen sinnvoll und machbar wären. Am Ende haben sich die "Ears", wie ich die Erfindung genannt habe, ergeben, die das Cajon als einfache Form bestehen lassen. Alle weiteren Sachen wirkten in meinen Augen immer viel zu "wichtig" und kompliziert."
- Anm.: die Beschreibung, wie es zum Turbo-Cajon kam, spare ich hier aus. In ihr ist auch meine Kritik an der meinl´schen Umsetzung enthalten.
- nachfolgend, wie es zu dog´s percussion und zur Friends´ Area in Kiel kam (ist in diesem Kontext nicht angebracht).
- "Das Area-Projekt basiert auf einem künstlerisch-experimentellen Konzept, d. h. Planungen erfolgen auf der Ebene der Bedingungen, nicht hinsichtlich ihrer Wirkungen. Mein Beitrag war zunächst die Ausstattung, die auch kleine Veranstaltungen möglich macht. Inzwischen "schiebe" ich regelmäßig samstags Dienst, wo ich neben Beratungen auch mein KnowHow bzgl. Tuning und Modifikationen zur Verfügung stelle. Ich habe auch schon Besitzern von Schlagwerk-Cajones zu verstärktem Spielspaß auf ihren jeweiligen Instrumenten verholfen. Ansonsten bin ich selbstverständlich verpflichtet, die Interessen meiner Aussteller korrekt und überparteilich zu vertreten und ihre Philosophien darzustellen. Zur Zeit investiere ich in sinnvolle Aufnahme-Technik, um Events und zufällige Ereignisse ggf. so dokumentieren zu können, dass sie für die Firmen nützlich sein können (viele gute und interessante Hersteller sind Ein-Mann-Betriebe und die angemessene Promotion bleibt deshalb oft auf der Strecke).
- Wenn ich also auf eine schlagwerk´sche Produkt-Platzierung empfindlich reagiere, dann vielleicht nicht (nur) als Mitbewerber, sondern auch als jemand, der nach wie vor den Community-Spirit aufrecht erhalten möchte (als Schmäh-Attacken möchte ich meine Kritik deshalb nicht verstanden wissen). Aktuelle Entwicklungen auf dem Instrumenten-Sektor lassen mich mehr denn je daran glauben, dass manufakturielle Herstellung und die daraus u. U. resultierende instrumentale Aura zelebriert gehören. Und das bedeutet in besonderen Fällen eben auch, dass suggestiven Markt-Strategien etablierter Firmen begegnet werden muss. Natürlich sind das auch markt-politische Interessen, aber ich habe im vorliegenden Fall lediglich deren unterschwellige Einflechtung in redaktionelle Bereiche einer Zeitschrift beanstandet.
- Derzeit belaufen sich die Herstellungskapazitäten von dog´s percussion übrigens auf monatlich etwa 10 Cajones, wobei es sich nach wie vor um konstruktive und konzeptionelle Einzelstücke handelt. Versuche, bestimmte Bauweisen endgültig als Modelle festzulegen, sind an meiner permanenten Neugierde gegenüber den Auswirkungen (oft nur minimaler) Veränderungen gescheitert. Von Konkurrenz zur umfangreichen Produkt-Palette von Schlagwerk kann also nicht ernsthaft die Rede sein.
- Für Dein Angebot, über gute Ideen ggf. zu schreiben, danke ich Dir. Mal sehen, ob ich´s gelegentlich drauf ankommen lasse ,-)."
In der darauf folgenden Ausgabe der d&p dann der nächste Cajon-Workshop zum Thema "Salsa auf der Cajon". Im Einleitungstext fragt Conny Sommer, wer denn für die Session im Park ein ganzes Schlagzeug mitschleppen wolle und (im weiteren Txt gegen Ende) wenn man statt HeckStick eine richtige HiHat mitnehmen wolle, müsse ja wieder das Auto aus der Garage geholt werden, was den Spaßfaktor nicht erhöhe. Und wieder "HeckStick" in der Zeichenerklärung.
Ich will mir jetzt ersparen, die Frage aufzuwerfen, ob wir denn vor Erfindung des HeckSticks zusaätzlich zum Cajon immer mit vollem Schlagzeug-Equipment in den Park gefahren sind, …
… und ob Salsa vorher mit Cajon gar nicht möglich war
… und ob Sessions im Park nicht besser sind, wenn Viele, mit Glocken, Shakern und Schellen ausgestattet, dazu tanzen, als der virtuose Multi-Musikant, der eine Show auf einer Multi-Kiste mit angekletteter Sound-Prothetik abzieht.
Ab da trug ich mich dann jedenfalls mit dem Gedanken, die Angelegenheit hier im Forum diskutieren zu lassen. Sicherheitshalber wandte ich mich nochmals an d&p, um zu erfahren, ob es sich bei den Statements von Conny Sommer gleichzeitig um die Meinung der Redaktion handele. Die Antwort war, ich solle das mit Conny Sommer direkt abklären. Dessen Antwort kam dann auch prompt. Er erlaubte die Öffentlichmachung, riett mir aber daran zu denken, dass es mir ggf. nicht recht wäre, wenn unter meinem Beitrag die längere Mail (siehe oben) auftauche, die ich ihm geschrieben habe.
Ich habe dann ein weiteres Mal die Redaktion von d&p angemailt, da es mir ja nicht um die Meinung des freien Mitarbeiters geht, sondern um die Haltung der Redaktion zum Thema "Product Placement". Die Antwort war: "Oliver,
die Redaktion hat auch eine Haltung dazu aber die gehört nicht in die Öffentlichkeit! VG, …"
Erstaunlich, oder nicht? Eine Fachzeitschrift möchte ihre Haltung zu Inhalten des eigenen Produkts nicht veröffentlichen. Also müssen wir uns damit begnügen, dass sich die Haltung von d&p in den redaktionellen Beiträgen widerspiegelt, sprich: neben dem unglaublichen Werbe-Anteil der Zeitschrift ist Product Placement obendrein scheinbar kein Problem. Es sei denn, die Workshops sind nicht als redaktionelle Beiträge einzustufen.
ist es wirklich so, dass wenn ich auf dem Markt als Lehrer und
Percussionist bestehen will zwangsläufig mit dem Stick arbeiten muss ?
Ich finde den Stick nicht schlecht.
Ein weiterer Aspekt für mich ist dass die Kiste damit nochmal
näher ans Schlagzeug rutscht, aber vielleicht will ich das
ja gar nicht und will einfach Percussionist bleiben
Je ein-facher Musik/Kunst/Ausdruck erzeugt wird, desto faszinierender ist sie/er.
Was soll man jetzt tun, sich den Anfragen widmen und sich einen
Heckstick zulegen oder sich gegen den Sturm stellen und warten
bis er vielleicht wieder vorbei zieht ?
Kannst ja Deine Schüler zum Nach- oder Besserbauen anregen (Materialkosten liegen evt. bei 4 Euros).
Wer von euch spielt den Heckstick ?
Ich nicht, aber ich bin auch kein Musiker.
Wer mag Ihn oder auch nicht ?
Weder noch.
Wer glaubt an eine Werbewelle, die
aber irgendwann wieder abflaut ?
Die nächste kommt bestimmt.
Über Rückmeldungen würde ich mich sehr freuen.
Über das Wiederbeleben dieses Threads freue ich mich, denn nun habe ich es endlich geschafft, meine Kritik bzgl. drums&percussion loszuwerden.
Grüße
olliB. …