Basssaiten im Rasterelektronenmikroskop

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Hallöli,

ich arbeite in einem mittelständischen Betrieb, der unter anderem Rasterelektronenmikroskope vertreibt. Heute hatte ich einen Satz Fender Super Bass 7250 (Nickelplated Steel Roundwound) zur Ultraschallreinigung mit. Schön, wenn man ein Ultraschallbad in der Firma hat! Da kam ich auf die Idee, mal eine Saite ins REM (Rasterelektronenmikroskop) zu legen um mir den Verschleiß der Saite anzusehen.

Da ich selbst keine Übung im Umgang mit REM habe, hat mir ein netter Kollege geholfen. Sehr viel Zeit hatten wir natürlich nicht - irgendwann muss ja auch gearbeitet werden. Mit mehr Zeit hätten die Bild natürlich besser werden können. Das ist nicht das Optimum unserer REM!
Zudem habe ich die Aufnahmen noch einiges verkleinert um sie kompatibel für das Internet zu machen. Die Vergrößerungszahl stimmt also nicht genau; ihr könnt aber den Nonius zur Orientierung nehmen.
Bevor diese Aufnahmen entstanden waren diese 065 dicke Saiten im Ultraschallbad mit Haushaltsreiniger / Fettlöser.

Auf dem ersten Bild erkennt man eine abgeriebene Saitenstelle. An dieser Stelle dürfte ein Bundstäbchen gewesen sein. Diese Abflachungen entstehen, wenn die Saite auf das Bundstäbchen schlägt oder auf ihm gerieben wird.
Dieses Bild wurde mit der BSE-Methode (Rückstreuelektronen) aufgenommen. Dadurch entsteht ein "Materialkontrastbild", das ermöglicht Rückschlüsse auf die chemische Natur des Objektmaterials bzw. die Verteilung verschiedener Materialien in der Probe zu ziehen. Zu den "schwarzen Punkten" später etwas mehr.

basssaiterem01ul6.jpg


Zoomt man an dieser Stelle um das dreifache, sieht man an der mittleren Abflachung (rechts) einen Grat. Da dieses Bild mit der SE-Methode (Sekundärelektronen) aufgenommen wurde, werden aus den schwarzen Pünktchen "Pickel".

basssaiterem02ha6.jpg


Im dritten Bild sieht man den Grat in 1000facher Vergrößerung (wie gesagt; habe das Bild verkleinert - und es hängt auch vom Monitor ab). Wenn ich mich nicht irre, entsprechen die 50µm ungefähr einem menschlichen Haar (wobei es da auch starke Unterschiede gibt).
Man kann sich bestimmt vorstellen, was passiert wenn man stundenlang mit seinen Fingern über diese Stelle gleitet. Das ist der Grund, warum man sich erstmal Hornhaut aneignen muss.
Eine EDX-Analyse (Energiedispersive Röntgenspektroskopie) ergab, das dieser "Klumpen" hauptsächlich aus Nickel besteht. Das gilt natürlich auch für die Wendel.

basssaiterem03xy6.jpg


Im dritten Bild sieht man oben rechts in der Ecke auch noch ein "Steinchen". Das ist einer der schwarzen Flecken im BSE-Bild. Hier ergab die EDX-Analyse, dass es eine Mischung aus Salzen und anderen Elementen die typisch für "menschliche Verschmutzung" sind. Ob der Fund von Schwefel damit zusammenhängt dass ich Kettenraucher bin, weiß ich nicht. Es sind auf jeden Fall Rückstände meiner Finger.

Im vierten (BSE) Bild sieht man eine zweite Abriebstelle. Hier sieht man, wie das Nickel auf dem Bundstäbchen zerrieben wurde. Zudem sind die schwarzen Flecken wieder schön zu erkennen.
Da diese Bilder nach dem Ultraschallbad gemacht wurden kann man also feststellen: Das Ultraschallbad reinigt zwar oberflächlich, schafft es aber nicht die Saite "neu" zu machen. Es bleiben trotzdem Körperpartikel an der Saite hängen.

basssaiterem04nd5.jpg


Die letzten beiden Bilder zeigen das Ballend. Das erste Bild dient der Orientierung wo wir uns überhaupt befinden. Die Fasern gehören zum stink normalen schwarzen Faden, der um die Saitenenden gewickelt ist.

basssaiterem05ef7.jpg


Auf dem letzten Bild kann man sehr gut den nicht mehr ganz frischen Stahlkern erkennen, der um das Ballend gewickelt ist.

basssaiterem06ga2.jpg


Ja ... das waren mal ein paar Bilder von einer Basssaite im Rasterelektronenmikroskop. Besonders wissenschaftlich war das nicht - aber ich bin ja auch kein Wissenschaftler. In erster Linie sollten es nur ein paar nette und interessante Bilder sein. Ich hoffe, sie haben euch gefallen.

Gruß
Andreas
 
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Das ist mehr als geil.
Finde ich faszinierend, diese Technik. Was damit alles sichtbar wird ist schon unglaublich.

Wie tief dürften die Abschürfungen sein? 10 - 20 Mikrometer? Das sind 20 * 10^-6 Meter! Wahnsinn
 
Super!

und interessant. Da muss man erstmal drauf kommen.

Jetzt wäre ich allerdings mal an einer wissenschaftlichen Arbeit darüber bzw Interpretation dessen interessiert.


Eins steht allerdings fest: so kann Arbeit auch mal Spaß machen ;)
 
Cadfael, ich kann dich leider nicht schon wieder bewerten... aber das fand ich jetzt mal hochinteressant! Vielen Dank! :great:
 
sehr interessant
und man sieht: Diese Saiten werden gespielt :D
mfg
 
Hallo rubberduck,

die Saiten können solange drauf bleiben bis sie reißen oder absolut bescheiden klingen - wobei diese Einschätzung auch vom Geldbeutel abhängt. ;)

Wir haben auch Software mit der man die Bilder vermessen oder sogar topografische 3-D-Bilder erstellen könnte. Das sprengt dann aber den Rahmen der "Privatarbeit am REM".
Wäre das eine Auftragsarbeit gewesen, hätte ich dafür (nach Zeit bezahlend) soviel bezahlen dürfen wie für 10 Satz Basssaiten. Aber so ein REM kostet mit EDX und anderen Sachen (neu) auch mal schnell 100 bis 150.000 Euro ... :eek:
Daher sehe ich das auch nicht als Schleichwerbung an. :)

Grenzwerte für den Verschleiß kann man besser "erhören" oder "erfühlen" als messen.

@ Budda: Für eine wissenschaftliche Aufarbeitung sollte man dann aber Bilder mit besserer Auflösung (höherer Scanzeit) usw. machen. Das war ja nur "gespielt" und "mal eben hingerotzt". ;)

Unsere Prokuristin meinte, ich solle mal die Saiten über Nacht in Spülmaschinen Taps legen und dann untersuchen. Damit gingen die Rückstände bestimmt noch besser weg. :)
Ich werde das mit einem anderen Satz Saiten mal probieren.

Wie gesagt; die Bilder sind "interessante Spielerei" und nicht mehr! Aber für uns sind sie interessanter als Bilder von Bettmilben oder Blütenpollen - die man sonst im Fernsehen sieht.

Gruß
Andreas
 
Hmmm - ich hatte Euch Basser ja insgeheim immer als Grobmotoriker eingestuft - aber wenn ich jetzt sehe, wie Ihr auch im Feinstofflichen zuschlagen könnt - Respekt, Respekt. :D

Nein - jetzt mal im Ernst: finde ich klasse Bilder und super, wenn man so Gelegenheiten hat, die ich persönlich eher im Wissenschafts-High-End-Bereich ansiedeln würde ...
Jedenfalls sehr faszinierend!

Wobei mich auch mal im Vergleich Aufnahmen der Saite vor der Reinigung interessieren würden.

x-Riff
 
Cadfael, ich kann dich leider nicht schon wieder bewerten... aber das fand ich jetzt mal hochinteressant! Vielen Dank! :great:

Ätsch.... ich durfte wieder. :D

Diese Mikrokosmos-Geschichten haben immer etwas faszinierendes.
Vielen Dank, Andreas. :great:
 
WOW - das is mal ne interessante sache!

danke für das posten!!!
 
Hi Andreas,

sehr interessante Einblicke in die Welt der Saiten :great:

Ich hatte während meines Studiums auch mal Zugang zu einem Rasterelektronenmikroskop aber auf solche Ideen bin ich leider nie gekommen :rolleyes:

Interessant wären sicher auch mal Bilder von abgespielten Nylonstrings - da sieht man noch mehr Abnutzungen ...

Greetz :)
 
Hallo Peter,

Nylon Strings habe ich nicht ... :D
Die müsste man auch erst "sputtern". Das heißt: Ein REM kann nur leitende Oberflächen abbilden. Daher müsste man die Nylonsaiten zuerst mit einer dünnen Schicht aus Metall (Gold) überziehen.
Ich mache ja nur die Werbung und einen Teil des Bürokrams in unserer Firma; daher weiß ich auch nur grob was und wie man das alles macht. :redface:
Ich habe allerdings die Bedienungsanleitungen für unsere Sputter Coater und Carbon Coater überarbeitet und ins Englische übersetzt. :D

Gruß
Andreas
 
Hi Andreas,

ich meinte bei den Nylonstrings die 4 "tiefen" Saiten E, A, D & G - die sind ja i.a. mit Silberdraht o.ä. umsponnen ...

Aber das war eh nur so eine Idee :redface:

Greetz :)
 
Hey Andreas!

Verdammt interessante Aufnahmen!:great:
War ne tolle Idee, die hier zur Abwechslung mal richtig neue Erkenntnisse und Eindrücke liefert. Solltest du und deine Kollegen Gefallen dran gefunden haben, dann legt doch in der Mittagspause mal eine Elixir oder eine andere beschichtete Saite drunter, wäre sicherlich auch höchstinteressant, wie so eine Beschichtung im Detail aussieht....;)

Die Waage funktioniert mal wieder nicht, musste leider schon bei deinem sehr geilen Beitrag zu den Mechaniken feststellen.....wird nachgeholt!:)
 
Hier noch mal die Stellen an denen die REM-Bilder aufgenommen wurden (ich weiß, "man sieht nichts"):
basssaiterem00jv0.jpg


Ich habe keine Elixir Saiten ...
Könnte derzeit nur mit d'Addarrio und Warwick Yellow dienen ...

Gruß
Andreas
 
Hihi, ich durfte wieder ne Bewertung raushauen ;)

Interessant fände ich den Vergleich zwischen rauhen Steels (Warwick) und eher glatten (z.B. Prosteels von D'Addario) :)
 
hi,

was ich noch zusätzlich sehr interessant gefunden hätte, wäre ein vorher nachher-vergleich beim schallen.

hast du die saite zerschnitten, soweit ich weiß, passt doch keine ganze basssaite in die probenkammer eines handelsüblichen rem's? schon gar nicht der länge nach, da müsste man ja ewig vakuum pumpen.

mich kenne allerdings auch nur das zeiss leo und da passt keine ganze bassaite rein...

wenn du eine nylonsaite sputterst, spielt der kohlenstofffilm da drauf keine roile für das bild am ende, der ist im vergleich zur oberflächenbeschaffenheit sehr dünn. mit metall sputtern wäre hier viel zu aufwändig.

ansonsten hochinteressant, sehr schön!

gruß
 
WAHNSINN .. nur geil ...

ABER eines nicht vergessen, auch mit Reinigen wird das SCHWINGUNGSVERHALTEN der Saite nicht mehr wie im Neuzustand, da das Material Ermüdungserscheinungen zeigt und der Kern definitiv dünner wird (durch das verlängernde hochstimmen -)

JETZT wäre der Hammer wenn einer das Schwingungsverhalten von Saiten im NEUZUSTAND und nach 4-6 Wochen auf dem Bass "erforschen" würde ... DAS würde mich fast noch prickelnder interessieren wobei die Bilder oben NUR GEIL sind :)

gruß frank
 
Hallo xanthine,

da hast Du zwei Namen genannt, die wir gar nicht so gerne hören. :D
Diese Bilder sind mit einem "normalen" TESCAN XMU Wolfram REM aufgenommen worden.
Die XM Kammer ist unsere zweitgrößte Kammer. Da passen Sachen mit über 200 mm Durchmesser rein. Mir waren auch Jahrzehnte lang Camscan Stützpunkt Deutschland und verkaufen noch immer generalüberholte Camscan oder bestücken die alten Kammern (unzerstörbar wie ein Bentley) mit nagelneuen Säulen. Da gibt es sogar kammern, in die Sachen über 400 mm Durchmesser rein passen.

Heute musste ja alles halbwegs schnell gehen (war ja "Privatarbeit"). Ich habe die Saite einfach auf einen Durchmesser von ca. 10 cm zusammengerollt und auf den Probenteller gelegt. Keine Vorbehandlung, nirgends eingeklemmt. Drauf damit, Klappe zu und anschauen.

Profis werden sehen, dass da teilweise Überstrahlungen sind. Das liegt nicht am REM sondern daran, dass die Saite/Probe nicht präpariert war und "einfach reingeworfen" wurde. "Kannst Du mal schnell ein paar interessante Bilder machen?"

Wenn ich das nächste Mal Saiten kaufe werde ich vorher-nachher Bilder machen.
Ihr könnt mir natürlich auch nagelneue Elixir Saiten schicken! :D :D :D
(nein; blos nicht!)

Gruß
Andreas
 
Falls Du die anderenfalls wegschmeißen würdest kannst Du sie mir schicken (aber nur dann!!!).

Da ich auch die Post in unserer Firma mache kannst Du sie direkt an die Firma schicken.
Adresse auf Anfrage per PN. Kann dann evtl. ein oder zwei Wochen dauern; denn wenn wir Demo haben oder sehr viel Arbeit muss das warten.

Zur Zeit bin ich dabei eine Kammerdurchführung zu konstruieren und CAD-Zeichnungen für diese Sonderanfertigung zu erstellen. Und das, obwohl ich wegen diverser schwerer Zahnarzttermine recht bematscht bin. :redface:
"Sie sind doch gelernter Industriemechaniker und können CAD Zeichnungen erstellen ..." Das war die Begrüßung nach einer einstundigen Zahnarztsitzung (reine Behandlungszeit) am Morgen ...

Gruß
Andreas
 

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