Hi Leute, genug der Vorrede, auf zur Tat !
Da ich nach Ostern erst mal Urlaub habe, ich aber versprochen habe mich hier einzubringen, hab ich mal so in einer Stunde, die ich eigentlich keine Zeit hatte, das Folgende zusammengeschmiert. Vielleicht ist es ein Anfang im Sinne von "Texter-workshop WIKI-like"
Das Arbeiten am aufgeschriebenen Text
Es gibt ganz selten Texte, die nach dem ersten Aufschreiben perfekt sind. Selbst literarische Genies, und derer gibt es je nun so viele auch wieder nicht, schaff(t)en es selten, etwas sofort druck- oder hier besser singreif niederzuschreiben. Ich unterstelle mal (nicht bösartig !), dass der Hauptgrund, einen Text später nicht mehr verbessern zu wollen, meistens eigene Faulheit ist. Es hat auch nichts mit fehlender Kreativität zu tun, wenn man später einen Text überarbeitet, nein, der kreative Part ist dann meistens nahezu beendet. Das Feilen und Nachbehandeln ist eher dem handwerklichen Tun zuzuordnen. Trotzdem Vorsicht und bei jeder Änderung eines Textes immer darüber nachdenken, ob er dadurch wirklich besser wird. Die Undo-Funktion sollte immer Bereitschaft haben. Auch wenn es lächerlich klingt, vergesst nicht, Sicherheitskopien zu machen.
Ich werde mich nachfolgend auf unsere Muttersprache beschränken, wobei ich stillschweigend voraussetze, dass die Muttersprache der meisten hier Lesenden wohl Deutsch ist. Vorher aber mehr Allgemeines.
1. Gründe für spätere Veränderungen eines Textes
1. Der Text wurde zunächst nur als Idee oder Rohfassung aufgeschrieben.
2. Bestimmte Gedanken kommen noch nicht so heraus, wie man sich das vorstellt.
3. Der Text passt von der Metrik her nicht zu einer ganz bestimmten Melodie.
4. Einige Stellen klingen holprig oder singen sich schwierig, sie klingen einfach nicht.
5. Es wurde von anderer Seite Kritik zu einigen Passagen geäußert.
Es kann noch viele weitere Begründungen geben. Grundsätzlich sind dabei aber zwei Dinge zu unterscheiden :
1. Inhaltliche Veränderungen (Gründe 1, 2 und 5)
2. Formale Veränderungen (Gründe 3, 4 und 5)
Natürlich sind alle Vermischungen von beiden denkbar. Inhaltliche Veränderungen erfordern natürlich wieder Kreativität und dafür gibt es kein übergeordnetes Patenrezept. Formale Veränderungen betreffen mehr das, worüber ich hier schreiben will.
2. Üben und Wollen - Voraussetzungen für die Arbeit mit Texten
Ich gehe davon aus, dass die Bereitschaft vorliegt, mit dem Text zu arbeiten. Oft entscheidet auch hier die Tagesform. Das merkt man schnell und kann es durchaus auf später verschieben. Da geht es dem Gehirn wie den Fingern auf dem Griffbrett oder der Tastatur. Sind sie zu steif, klingt es verkrampft. Vielfach ist also auch Geduld gefragt, die oft Mangelware vor allem bei jungen Heißspornen ist, wenn sie vielleicht ihrer neuen Liebe schon am nächsten Morgen das ultimative Liebeslied kredenzen wollen. Gut Ding will Weile haben.
Auch beim handwerklichen Arbeiten mit Texten gilt, dass es ohne Übungen nicht geht. Ein Zauberwort heißt dabei Synonym, also wie kann ich z.B. Wortwiederholungen vermeiden indem ich andere Worte finde, die dasselbe sagen. Auch wenn Ihr lacht, Kreuzworträtsel sind da eine gute Schule und helfen oft, den Griff zum Synonymwörterbuch zu vermeiden. Weitere wichtige Übungsmöglichkeiten sind gezielte Reimübungen. Versucht einfach mal, einen bekannten Witz, einen Gag und eine lustige Situation als Vierzeiler zu formulieren :
Die Susi hörte nix von Peter,
sie dachte noch, da hinten steht er,
doch hatte es ihn umgehaun,
beim Pinkeln am Elektrozaun.
Das sowie die beiden nächsten Übungen eignen sich auch als Spiele in lustiger Runde. Da macht das Üben dann fast so viel Spaß, wie eine geile Probe. Ebenso lustige Formulierungen ergeben sich beim Erfinden von Schüttelreimen :
Viele haben den Keiler gern,
denn in ihm ruht ein geiler Kern.
Dabei müssen die geschüttelten (und nicht gerührten !) Reimworte nicht zwangsläufig am Zeilenende angeordnet werden :
Es legt sich die Schlacht auf den Magen
wenn sie wegen der Macht sich schlagen.
Ihr werdet sehen, wie viele Reimworte Euch auf bestimmte Endungen einfallen, die sich dennoch leider nicht so ideal schütteln lassen, wie zum Beispiel diese :
So kann ´s noch nicht für Schröder bleiben,
Man sollte es noch blöder schreiben !
Ein etwas komplizierteres Reimschema ist den sogenannten Limericks eigen. Dabei handelt es sich um Fünfzeiler etwa mit der Metrik eines Vierzeiler (grob gesagt, ich weiß). Das Reimschema ist
a-a-b-b-a,
was so viel heißt, dass sich die Zeilen 1, 2 und 5 reimen, sowie die Zeilen 3 und 4. Dabei haben wegen der Metrik die Zeilen 3 und 4 zusammen etwa die Länge der anderen 3 Zeilen. Beispielsweise so :
Es machte in Wien, gleich am Prater,
ein freches Gör ein Theater.
Dieses Geheule
wegen der Beule,
nervte nicht nur ihren Vater.
Ein kluger Richter spricht,
ein weises Urteil vor Gericht :
Ich glaub voll und ganz,
diese Instanz,
war bei weitem die letzte nicht !
Limericks lassen sich am besten erfinden, wenn mehrere zusammenspielen. So sind sie auch entstanden, nämlich als Zeitvertreib wenig beschäftigter Beamter der irischen Grafschaft gleichen Namens, die nichts besseres zu tun hatten, als Limericks zu dichten.
Für weniger gut aber durchaus verständlich für den Fall, dass gar nichts mehr läuft, halte ich die Verwendung von Reimmaschinen. Ich glaube, da besteht dann eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass der Text später nur wegen eines bestimmten Reims in eine andere inhaltliche Richtung gerät oder dass er holpert, nur um den Reim zu kriegen. Hier sollte einfach gelten :
Ist der Reim auch noch so geil,
es klingt auch ohne ihn schon steil.
So viel erst mal von mir. Beim nächsten Mal (erst weit nach Ostern, also wenn Ihr das Vorstehende schon richtig zerfleischt habt 
, einiges zu den Themen :
Verdichtung eines Textes
Methoden zur Verbesserung des Metrums
verschiedene Reimschemen klassisch bis modern
Grundaufbau und Struktur Zwang oder Freiheit
natürlich nur, wenn Ihr wollt
Gruß und schöne Ostern
steinhart
PS1 : Die o. a. Reime sind von mir, nur mal so nebenbei wegen des Copyrights und so
und damit keiner glaubt, ich schreibe das hier nur und tu es nicht selber, nein es ist mir ernst !
PS2 : Wer das Bedürfnis hat mal den zu sehen, der sich hier so aufspielt, hab grad zwei Pics in die Galerie gestellt.