Da dieser Thread zum Verlinken benutzt wird, wenn jemand eine derartige Frage stellt:
Das Thema ist sehr umfangreich und nicht pauschal zu beantworten. Ich schreibe erstmal was zu den Sachen, die die Leute, die solche Fragen haben, am ehesten interessiert.
1. Hornbässe tragen nicht weiter als Bassreflex.
2. Bassreflex spielt nicht automatsich tiefer als Horn. Allerdings ist es in den Größenordnungen, in denen die Fragenden sich meist bewegen, schon so, dass man aus einem Horn keinen fetten Tiefbass bekommt, denn dazu ist viel abstrahlende Fläche nötig.
3. Hörner haben grundlegend keine größere Richtwirkung im Bassbereich als Bassreflexkisten. Das kommt hauptsächlich von der größeren abstrahlenden Fläche der Hörner.
Ich rede hier von echten frontloaded (--> wo das Chassis eine geschlossene Rückkamer besitzt und den Schall nur durch den Trichter nach außen lässt) Hörnern, die Tiefgang durch Pfadlänge und Mundfläche (abstrahlende Fläche) erreichen. Es gibt zig andere Konstrukte, wie Bandpasshörner, die zwischen Horntrichter und Lautsprecher noch einedefinierte Vorkammer haben und daher einen Resonator bilden, ähnlich einem Bandpass 4. Ordnung. es gibt auch noch Hybriden, z.B. Hörner, deren üblicherweise geschlossene Rückkammer stattdessen per Helmholtzresonator (Bassreflex) belüftet wird. Diese sind schwer auf wechselnde Stackgrößen abstimmbar (bei anderen Anzahlen als bei der Entwicklung angedacht kann es zu Löchern im Frequenzgang kommen, entweder durch Auslöschung oder weil in dem Bereich Strahlungswiderstand fehlt) und bieten im Tiefbass nicht den trockenen Sound von großen Stacks reiner frontloaded Hörner. Dann gibts auch noch rearloaded Hörner, manchmal Scoops genannt. Dort sitzt das Chassis von außen sichtbar in einer Schallwand, ähnlich Bassreflexsubwoofern, nur dass eben kein (gewünschter) Helmholtzresonator vorhanden ist, sondern die Rückkammer den Horntrichter antreibt. Auch hier muss sehr genau abgestimmt werden, damit es auch in mehreren Stackgrößen funtkioniert. Diese Art von Horn hat oftmals eine durch Auslöschung entstehende Lücke im Frequenzgang. Aber auch hier gibt es wieder zig Mischformen. Weiterhin gibt es noch tapped Hörner, die man auf den ersten Blick mit rearloaded Hörnern verwechseln kann, aber auf einem anderen Prinzip beruhen.
Generell muss der Trichter bei echten Hörnern, also ohne Bandpass vorm Trichter, lang genug sein, um die gewünschte untere Grenzfrequenz zu erreichen. Das ist abhängig vom Verhältnis zwischen Halsfläche (dem Anfang des Horns am Chassis bzw. hinter der Vorkammer/Rückkammer) und Mundfläche (der schallabstrahlenden Fläche des Horntrichters). Idealerweise liegt diese Hornpfadlänge in einem Bereich, der ungefähr einem Viertel der Wellenlänge der unteren Grenzfrequenz entspricht, dazu gleich mehr. Weiterhin muss der Trichter groß genug sein, um die gewünschte untere Grenzfrequenz übertragen zu können. Das wird im PA-Bereich durch Stacking erreicht, sonst müsste man ja einzelne mehrere Kubikmeter große Kisten aufbauen, so "bastelt" man sich die nötige Mundfläche aus mehreren kleineren Hörnern zusammen. Ist die Mundfläche zu klein für die gewünschte untere Grenzfrequenz, kann das Horn an sich nicht diese Frequenzen übertragen. Allerdings setzt durch diese "Fehlladung" des Horns eine Viertelwellenresonanz ein, auf einer Frequenz entsprechend der Wellenlänge des Vierfachen der Hornpfadlänge. Das ist im Prinzip genau das, was einen Transmissionline-Subwoofer zum Funktionieren bringt. Man bekommt also zusätzlichen Pegel. Legt man wie vorher gesagt die Hornpfadlänge entsprechend aus, unterstützt dieser zusätzliche Pegel das Horn genau da, wo das Horn mangels ausreichender Mundfläche allein keinen Pegel mehr liefern kann. Legt man die Hornlänge anders aus, kann dieser zusätzliche Pegel durchaus auch stören, weil er den Frequenzgang an unpassenden Stellen verstärkt bzw. bescheidet und dadurch verunreinigt. Diese Viertelwellenresonanz lässt mit steigender Stackgröße nach. Erreicht man die nötige Mundfläche für die gewünschte untere Grenzfrequenz, verschwindet sie gänzlich. Das heißt, auch ungünstig ausgelegte Hörner können im großen Stack fehlerfrei spielen, aber dann eben nur da. Hat man nun eineinzelnes gut ausgelegtes Horn, bekommt man also Tiefgang, den man von einem einzelnen Horn nicht erwartet, allerdings bleibt ein welliger Frequenzgang (der per Controller bis zur Unmerklichkeit entzerrt werden kann) und ein nicht ganz so trockener Sound wie bei großen Hornstacks (aber trockener als bei üblichen Bassreflexboxen!). Anmerkung: Genau so ein Horn habe ich entwickelt. Macht einzeln gut 43Hz und spielt seit Jahren auch einzeln zur Zufriedenheit aller Kunden aus allen Musikrichtungen und ist trotz eines 12ers als Antrieb so laut wie ein üblicher Doppel-18er, dabei trockner und noch etwas kompakter. Das ist keine Wunderbox, sondern einfach nur angewandte Physik. Zur Zeit arbeite ich an einem selfpowered Nachfolger.
Auch die erwähnten Bandpasshörner sind durchaus populär. Z.B. ist der allseits bekannte Limmerbass ein Doppel-15er Bandpasshorn. Sie spielen einzeln schon brauchbar tief, aber nicht übermäßig tief. Leider bringt Stacking im Gegensatz zu echten Hörnern ohne Vorkammer kaum mehr Tiefgang. Auch sie spielen trockener als Bassreflexsubwoofer und können trotz des Bandpasses (der durch die Hornladung eine recht geringe Güte erhält) recht hoch spielen, da durch die kurze Hornpfadlänge kaum eine Welligkeit im Frequenzgang auftritt und das Horn auch weniger gefaltet werden muss, um in ein möglichst kompaktes Gehäuse zu passen. Ob einem das klanglich entgegenkommt, muss jeder selbst entscheiden.
Ein Bassreflexsubwoofer ist im Grunde genommen nicht eine Schallquelle sondern zwei, nämlich einmal das Chassis selbst und der Helmholtzresonator (das Loch, das Bassreflex ausmacht). Wie bei den oben erwähnten Systemen mit zwei "Ausgängen" (frontloaded Horn und Bassreflex oder auch Chassis und rearloaded Horn) ist die Abstimmung nicht unproblematisch, wenn man mal nur einen, mal acht, mal zwanzig Subs stacken, weil Resonator und Chassis selbst unterschiedlich auf das stacking reagieren. Baut man den Bassreflexsubwoofer so, dass er allein gut spielt, kommt es beim Stacking mehrere dieser Subs zu Überlappungen, weil die Chassis plötzlich eine gute Ecke tiefer runter reichen, aber der Resonator kaum "verrutscht". Die Chassis arbeiten also plötzlich im Bereich der Resonatoren, es gibt Auslöschungen. Stimmt man sie auf große Stacks ab, also sodass der Resonator von vorneherein tiefer abgestimmt ist, um dem beschriebenen Effekten entgegenzuwirken, kommt es im Einzelbetrieb zu einer Wanne im Frequenzgang zwischen Resonator und Chassis, den man natürlich per Controller ausgleichen kann (was z.B. Dynacord sehr gerne so tut). Nur bleibt auch das Problem der dann geringen Luftladung der Chasiss in dem Bereich. So ist in diesem Bereich schnell mit Überschreitungen des linearen Hubs des Chassis zu rechnen und damit mit mehr Verzerrungen.
Somit ist der Hauptunterschied zwischen Hörnern und Bassreflex also eher an anderen als den vermuteten Stellen zu suchen. Es gibt kein Patentrezept, man muss es selbst entscheiden. Eine Bassreflexkiste klingt selten trocken wie ein Horn, dafür klingt es bei gleichem Schalldruck fetter (was ein psychoakustischer Effekt, also unserem Gehör zu verdanken ist). Eine Bassrefelxkiste lässt nicht nur ihre Tuningfrequenz aus ihrem Loch, sondern auch störende Anteile von oberhalb dieser Frequenz, die logischerweise nicht in Phase mit dem Nutzschall des Chassis ist. Bassreflex ist aber einfacher handhabbar. Ganz klar ist dabei nämlich, dass ein sehr kompakter Subwoofer kein Horn sein kann, man bekommt die nötige Länge einfach nicht in einem Gehäuse unter, wo sonst ein 15er oder gar nur ein 12er Bassreflex verbaut ist. Ab dem Volumen eines BR-Doppel-18ers kann man auch über Hörner reden. Bei beiden Konzepten kann man viel falsch machen, bei den Hörnern aber mehr. Dafür wird man als audiophiler Hörer beim richtig gemachten Horn eher belohnt als bei Bassreflex.
Die Frage, warum es in den letzten 15 Jahren immer mehr Bassreflex- oder gar Bandpasskonstrukte gibt, ist dabei recht einfach zu beanworten: Sagen wir, der Kunde ist bereit 2000 Euro pro Subwoofer auszugeben. Ein ordentliches Horn wie beschrieben kostet in der Herstellung 700 Euro und ersetzt zwei 18er. Macht also 1300 Euro, die für Vertrieb, Büro und als Gewinn übrigbleiben. Verkaufe ich stattdessen zwei einzelne 18" Bassreflexsubwoofer für je 1700 Euro, die den gleichen Job machen und in der Herstellung 350 Euro kosten, habe ich einen deutlich höheren Gewinn (denn Büro- und Vertriebskosten bleiben ja identisch). So sieht es im Markt aus, wo die Leute bereit sind, Geld zu zahlen. Im Billigbilligbillig-Markt siehts natürlich nicht wirklich anders aus, nur sind die Symptome anders: Gute Chassis, die im Horn halten, sind teurer als BR-taugliche Chassis. Das Horn mit seinen 700 Euro Herstellungskosten liegt in diesem Markt schon über den, was der Kunde überhaupt ausgeben möchte, egal wie gut das Zeug ist.