P
paulsn
Registrierter Benutzer
Hallo zusammen,
Ich höre eigentlich täglich solche Geschichten... schlechter Bühnensound, man hört sich selbst nicht, man hört die anderen noch viel weniger, der Tonmann ist ein v******* A*********... nun ja, ich verstehe beide Seiten. ich bin selbst Musiker, habe schon viel live gespielt und dabei zwangsläufig gelernt blind zu spielen. Mitlerweile bin ich hauptberuflicher Tontechniker und mische recht häufig in kleinen Clubs unter 500 Zuschauern.
ich bin eben eindeutig der Meinung, dass ich als Mischer schon allein aus selbstgefälligkeit, den bestmöglichen Bühnensound herbekommen muss. Wenn der Bühnensound scheisse ist, spielen die Musiker schlechter, die Einsätze verwaschen, und schlussendlich wird auch mein FOHmix zu Scheisse.
Inspiriert duch diesen Thread, will ich mal die Gelegenheit nutzen und meine Zen-ähnlichen Methoden zu präsentieren, wie man als Musiker seinen Bühnensound selbst verbessern kann, auch wenn jemand anders am Mischpult sitzt. das ganze bezieht sich hauptsächlich auf kleinere Geschichten, die aber nicht zuletzt die Grundlage für große open-airs bilden:
im Vorfeld:
-bringt euren Rider auf den neuesten Stand. Wie? Ihr habt keinen Rider? Na dann aber mal schnell. Und wenn's geht etwas Aufschlussreicheres als ein Bildchen mit ein paar Vierecken drauf, die Verstärker dastellen sollen. Näheres hierzu findet ihr hier im Forum.
-sprecht euch klar und deutlich mit dem Veranstalter und den anderen Bands ab, WER WAS WANN mitbringt. Gerade anfangs teilen sich in der Regel mehrere Bands Teile der Backline. Also checkt ab wessen Drumset verwendet wird, ob man eventuell Blech und Snare selbst mitbringen soll usw. klärt auch ab wann Soundcheck-time ist. Es bringt herzlich wenig, wenn der Herr, der den Bassamp stellt erst kurz vor dem Auftritt aufkreuzt, aus welchen dubiosen Gründen auch immer.
-sorgt dafür, dass Euer Equipment in einwandfreiem Zustand ist. Keine kaputten Kabel, verrostete Saiten, Felle die einer Mondlandschaft gleichen, etc. Alles TipTop aufgeräumt, gesäubert und markiert (wenn ihr schlau seid, verwendet nicht rotes, blaues oder grün/gelbes Isolierband - das machen alle, was die ganz Sache wiederum nutzlos macht)
1. Pünktlichkeit!
Seid immer früh genug vor Ort, auch wenn das heisst, dass ihr eventuell warten müsst. Keith Richards sagte mal "40 jahre Rolling Stones, 35 davon habe ich mit warten verbracht." - ihr glaubt doch nicht, dass ihr besser seid als die Stones oder?
2. Höflichkeit!
Es mag für viele selbstverständlich sein, meine Erfahrung zeigt aber, dass dem leider oft nicht so ist. Stellt euch der Crew vor, wenn ihr an der Location ankommt. "Hallo, ich bin paulsn und spiele Gitarre bei XXX, freut mich dich kennen zu lernen. Oh, entschuldigung, wie war dein Name nochmal?" ... Ebenso ist es nicht sonderlich hilfreich dem Tonmann an den kopf zu werfen, wie abgrundtief miserabel sein Monitorsound doch ist. Menschen neigen dazu einem nicht mehr helfen zu wollen, wenn man ihnen zuvor ans Bein gepisst hat. Versucht statt dessen sachlich und höflich euer Problem in Worte zu fassen. Das hilft deutlich mehr.
Und denkt daran: die PA Leute arbeiten vermutlich schon den ganzen Tag daran die Bühne aufzubauen und werden noch hier sein, lange nachdem ihr euer Zeug schon wieder verpackt habt und abgezogen seid. Diese menschen arbeiten wirklich wirklich hart, damit IHR EUER KONZERT SPIELEN KÖNNT. zeigt also bitte etwas Respekt.
Wie man in den Wald hinein ruft, so schallt es zurück (nur halt aus dem Monitor) - auch im rock'n'roll.
3. Aufbau
Schaut euch um und findet heraus, woran gerade gearbeitet wird. Es bringt nichts euer Schlagzeug aufzubauen, wenn die Bühne noch nicht fertig verkabelt ist. Wenn euer Equipment im Weg rum steht, dauert's nur noch länger. "Entschuldige bitte, kein Stress und so, aber wann in etwa sollen wir anfangen unsere Backline aufzustellen?" - ein hinweis auf 2. an dieser stelle.
Wenn's dann soweit ist, seid ihr gefragt. Mit der korrekten Aufstellung der Backline wird der Grundstein für einen guten Bühnensound gelegt. Ich wiederhole, weils wirklich wirklich wichtig ist: MIT DER KORREKTEN AUFSTELLUNG DER BACKLINE WIRD DER GRUNDSTEIN FÜR EINEN GUTEN BÜHNENSOUND GELEGT. Die meisten von euch werden auf keinen 20x20 Meter Bühnen stehen, wo's egal ist was am anderenende der Bühne passiert. Was jetzt folgt ist nicht das Ende aller Weisheit. Es sind lediglich Hinweise, die meiner Erfahrung nach sehr gut funktionieren.
Stellt die Gitarrenverstärker SEITLICH der Bühne auf, sodass sie nicht ins Publikum, sondern auf von links bzw. recht auf die Bühne zeigen. das hat zum einen den Vorteil, dass ihr euch schon mal untereinander besser hört, zum anderen wird der FOH Sound dadurch weniger störend beeinflusst. Ihr werdet also seltener vom Mischer ein "dreh deinen verstärker gefälligst leiser!!!" hören. Ausserdem hilft es sehr viel, die Gitarrenboxen etwas zu erhöhen - sprich Bierkisten oder ähnliches darunter stellen, damit sie möglichst eure Ohren beschallen, und weniger eure Schuhe.
Der Basser sollte nicht direkt vor seinem Amp stehen. Ich habe es schon oft erlebt, dass ein Basser sein Stack auf rechtsanschlag dreht und sich immer noch nicht hören konnte. Als er dann 3 Schritte weiter zum Mikrofon ging, zog sich plötzlich ein breites Grinsen über sein Gesicht. Ich erspare euch die physikalischen Hintergründe hierzu. Nehmt es einfach als gegeben hin, dass man manchmal (auch nicht immer, aber manchmal) den Bass erst in einigen Schritten Entfernung richtig zu spüren bekommt.
Achtet ausserdem darauf dass der Schlagzeugmonitor (fall es nur ein Bodenmonitor und kein echtes sidefill ist) auf der HiHat-seite des Sets steht. Sas Ridebecken, welches für gewöhnlich deutlich größer ist und auf der anderen Seite steht, produziert nämlich einen großflächigen Schallschatten. Folgich hört man schlechter, was aus dem Monitor kommt.
Sorgt bitte auch dafür, dass euer Equipment PROFESSIONELL aufgestellt ist. Kein Kabelsalat, keine fehlenden Adapter, keine fliegenden Setlisten etc. Gaffert alles nieder, über das man stolpern kann. vergewissert euch aber auch bitte, dass es eure Kabel sind, die ihr nieder gaffert. Wer gaffer-tape auf eines meiner Kabel klebt stirbt einen langsamen und schmerzhaften Tod... 2 mal. (stichwort Kleberückstände)
Und wie immer - schließt euch mit dem Mischer und dem anderen PA Personal kurz, ob das alles auch so in Ordnung geht. Hinweis auf 2. an dieser Stelle
4. der Soundcheck (uuuhuhuuuuu *grusel grusel*)
Hierzu gibt's meines Wissens nach bereits einen sehr ausführichen und guten Workshop, den sich jeder direkt im Anschluss ebenfalls durchlesen sollte. Trotzdem möchte ich eben spezifisch auf diese "kleine bühne"-Situation eingehen.
Allen voran: der soundcheck ist ein KOOPERATIVER Vorgang, der allen Beteiligten das bestmögliche Ergebnis liefern soll, das in dieser speziellen Situation möglich ist (es ist nämlich nicht immer möglich, einen TOP Sound zu basteln). Es bringt niemandem (und vor allem euch selbst nichts) wenn ihr nur stumpf drauf los hämmert und irgendwann erwartungvoll zum FOH Platz blickt, so nach dem Motto "na nun mach mal, dass das gut klingt hier..." - ein Patentrezept für fürchterlichen Krach, und Feedbacks, die sich so anfühlen, als ob sie eure Ohren aufessen würden. Ihr arbeitet zusammen, und gebt keine Kommandos.
Meistens läuft es ja so ab, dass der Mischer euch der Reihe nach aufruft und bittet etwas zu spielen. Danach wird jeder Monitorweg einzeln durchgegangen und man bekommt im Idealfall das drauf, was man drauf haben will. Dann wird noch gemeinsam ein Song angespielt und fertig.
Das funktioniert auf kleinen Bühnen aber leider häufig sehr schlecht. Das Ergebnis kennen wir alle. PIIIIIIIIIIIIIIIEEEEEEEEEEEEEEEEPPPPPPPPP
Ich schlage deshalb eine alternative Vorgehensweise vor, die vielleicht für manche etwas unorthodox ist, aber gerade auf lauten Mini-bühnen gut funktioniert:
Wenn euch der Mischer fragt, was ihr denn nun auf den Monitoren wollt, so lautet eure Antowort erstmal "NICHTS". Lediglich die Vocals und andere Instrumente, die keine eigenen Verstärker haben (z.B.: Keys, akustische Gitarren, etc...) sollen auf die jeweiligen Wedges (=Bodenmonitore) geschickt werden, vorerst aber auch nur in moderater Lautstärke und nicht direkt auf Anschlag.
Dann bittet ihr darum (Hinweis auf 2. an dieser Stelle), kurz 'mal einen Song anspielen zu dürfen. Ihr spielt also und verfolgt dabei genau die gleiche Strategie wie ihr es im Proberaum auch tut. Jeder dreht seinen Amp so laut auf, dass er sich selbst einigermaßen gut hören kann, der Bühnenpegel aber insgesamt auf einem erträglichen Niveau bleibt, sodass auch der Sänger noch was hört. Wenn die's nicht möglich ist, wird der Bühnensound wohl nie gut werden, daran kann auch der beste Mischer nichts ändern. Dann hilft nur eins - LEISER SPIELEN. Dies gilt im übrigen auch für Schlagzeuger. JA, man kann auch Deathmetal spielen, ohne auf die Becken einzuprügeln, als wären sie der Peiniger seiner gesamten Familie.
Häufig ist es aber auch ein schlechter Gitarrensound, der den Bühnensound zerstört. Ultra-highgain-basswummer Sounds sind zwar für sich allein gehört eine mächtige Sache, aber in Summe mit der restlichen Band NIE gut ( und ihr wollt doch als Band gut klingen und nicht nur als Gitarrist oder?) Versucht also ggf mit dem Mischer abzuklären, was man tun kann um eine Gitarre dursetzungsfähiger zu machen, sodass man sie auch dann hört, wenn der Amp nicht auf rechtsanschlag steht. Auch das geht. Meiner Meinung nach reicht ein guter 50W Röhrencombo in 99% der Fälle vollkommen aus und kann richtig eingestellt auch enormen Druck produzieren. Wenn man den Amp voll aufreissen muss, dann läuft etwas Prinzipielles verkehrt.
Und bitte lasst euer Ego nicht Überhand gewinnen. So traurig es auch klingt, der durschnittliche Zuhörer merkt NICHTS davon, wenn eine Gitarre mal aussetzt oder einen schiefen Ton spielt. Aber JEDEM fällt es auf wenn der Sänger/ die Sängerin nicht richtig intoniert. Seid also so Fair und gebt im Zweifelsfall dem Frontman zuliebe nach. Es ist für die ganze Band das Beste.
Wenn ihr euch aber an die Anweisungen in Punkt 3 gehalten habt, müsste es aber durchaus möglich sein bereit's jetzt einen brauchbaren Grundsound zu bekommen, den man nun mit Hilfe des Mischers zu einem absoluten Genuss machen kann.
Sobald ihr eure Backline also auf ein stimmiges Level gebracht habt, könnt ihr dem Mischer ganz klare und vor allem DER SITUATION ANGEPASSTE anweisungen geben. Der Typ sitzt nämlich am anderen Ende des Raums und KANN gar nicht wissen, wie's auf der Bühne klingt. Dies ist auch der Punkt, wo der Satz "ich brauche alles aufm Monitor" seinen Sinn verliert. Man hört sich selbst ja schon aus dem Verstärker mit dem gewohnten Sound, der Drummer ist wohl kaum zu überhören, also fehlt vielleicht noch etwas Gesang zur Orientierung und vielleicht sogar leicht die Kickdrum um sich an den Groove des Drummers hängen zu können. Der wiederum hört vielleicht da hinten noch recht wenig Rhythmusgitarre usw. Das sind dann aber alles erfüllbare Wünsche. Häufig wollen die Sänger dann sogar, dass ich ihnen die Stimmen wieder leiser drehe (sowas schon mal erlebt ?!)
Seid während des Soundchecks auch bitte diszipliniert und geduldig, auch wenn's mal länger dauert. Spielt einfach ohne zicken so lange, bis euch gesagt wird, dass ihr aufhören könnt. Der Kerl dreht gerade an den Reglern um ein Problem zu beseitigen, das mit hoher Wahrscheinlichkeit aus DEINEM AMP kommt.
Also nochmal schnell einen Song angespielt und eventuell noch 1-2 kleine Änderungen (obligatorischer Hinweis auf 2.), und wenn alles geklappt hat, sind alle überglücklich.
5. Alles was danach kommt
Mischt euch nicht zu sehr in den FOH mix ein. ihr könnt ebensowenig beurteilen, wie's vorne klingt, wie der FOH Mann beurteilen kann, wie der Sound auf der Bühne ist. Rennt auch nicht ständig vor die Bühne und sagt dann Sachen wie "der Bass könnte etwas wärmer klingen". Das nervt in erster Linie und wenn der Tonmann es bis jetzt noch nicht hinbekommen hat, dann wird er es auch mit Hilfe eurer zweifelsfrei kompetenten und fundierten Hilfestellung nicht gebacken bekommen.
Hör' auch nicht auf deine Freundin, der ist deine Gitarre IMMER zu leise. Wenn aber einige Leute zu euch kommen und sich über die Lautstärke beschweren, und dass alles furchtbar klang, dann ist das ein Hinweis, darauf, dass der Kerl vielleicht wirklich Tomaten auf den Ohren hat und man vielleicht etwas am Sound ändern muss. Aber egal wie schlimm es auch ist, ich bezweifle stark dass es mit den Ratschlägen meiner Freundin besser werden würde
Trotzdem: behaltet immer Punkt 2 im Hinterkopf und vielleicht bedankt ihr eucht sogar danach bei den Leuten die für eure Show gearbeitet haben. Das kostet euch nix, und alle fühlen sich danach besser.
6. Nachwort:
Es gäbe noch SOOOOOOOOO viele dinge und details, die man beachten muss und ich könnte problemlos noch 20 Punkte anführen, aber vorerst sollen das die wichtigsten Punkte gewesen sein.
Auch wenn es zweifelsfrei amateurehafte Pfuscher unter den Tonleuten gibt, ich habe noch keinen getroffen, der aus purer Boshaftigkeit heraus sich weigert, die Stimme am Monitor lauter zu drehen. Das blöde ist, dass diese leute in ihrem Handeln an Gesetzte und Grenzen gebunden sind, die von einem blöden etwas das die meisten als "Physik" kennen geschrieben wurden. und diese Physik lässt sich nicht austricksen. Der letzte, der das geschafft hat war ein relativ bekannter Schreiner vor etwas mehr als 2000 Jahren. Der hatte allerdings wenig mit Rock'n'Roll am Hut. Wer's nicht glaub, kann gern mal versuchen sich einen Eimer Wasser über den Kopf zu schütten und dabei nicht nass zu werden.
Oder anders ausgedrückt: wenn's eben nicht lauter geht, geht's eben nicht lauter. Man kann zwar versuchen mit einen grafischen EQ die Resonanzfrequenzen zu filtern und Mikrofone mit anderer Richtcharakteristik zu verwenden usw... Das naheliegendste (und billigste/einfachste/schnellste/sicherste....) ist aber einfach alles andere leiser zu drehen klingt logisch oder?
Auch die Qualität der Soundanlage spielt eine gewaltige Rolle. Aber da Qualität eben ihren Preis hat, den Jugendhäuser einfach nicht zahlen können, muss man eben einen weg finden, mit dem was einem zur Verfügung steht, das bestmögliche Ergebnis zu bekommen.
Wenn der Sound mal in die Hose geht, ist das nie das Versagen eines Einzelnen, sondern immer ein gemeinschaftlicher Griff ins Klo. Schuldzuweisungen bringen da nix. Meist sind die Probleme einfach auf mangelhafte Kommunikation zurück zu führen.
Redet mit den Leuten und alles wird gut, oder zumindest nicht mehr ganz so schlimm
In diesem Sinne, bleibt freundlich
herzlichen dank für die Aufmerksamkeit,
Paulsn
PS: und wenn ihr nen Mitschnitt wollt, fragt gefälligst gleich und nicht 5 minuten vor Einlass danach
edit: einige rechtschreibfehler verbessert und punkte ergänzt
Ich höre eigentlich täglich solche Geschichten... schlechter Bühnensound, man hört sich selbst nicht, man hört die anderen noch viel weniger, der Tonmann ist ein v******* A*********... nun ja, ich verstehe beide Seiten. ich bin selbst Musiker, habe schon viel live gespielt und dabei zwangsläufig gelernt blind zu spielen. Mitlerweile bin ich hauptberuflicher Tontechniker und mische recht häufig in kleinen Clubs unter 500 Zuschauern.
ich bin eben eindeutig der Meinung, dass ich als Mischer schon allein aus selbstgefälligkeit, den bestmöglichen Bühnensound herbekommen muss. Wenn der Bühnensound scheisse ist, spielen die Musiker schlechter, die Einsätze verwaschen, und schlussendlich wird auch mein FOHmix zu Scheisse.
Inspiriert duch diesen Thread, will ich mal die Gelegenheit nutzen und meine Zen-ähnlichen Methoden zu präsentieren, wie man als Musiker seinen Bühnensound selbst verbessern kann, auch wenn jemand anders am Mischpult sitzt. das ganze bezieht sich hauptsächlich auf kleinere Geschichten, die aber nicht zuletzt die Grundlage für große open-airs bilden:
im Vorfeld:
-bringt euren Rider auf den neuesten Stand. Wie? Ihr habt keinen Rider? Na dann aber mal schnell. Und wenn's geht etwas Aufschlussreicheres als ein Bildchen mit ein paar Vierecken drauf, die Verstärker dastellen sollen. Näheres hierzu findet ihr hier im Forum.
-sprecht euch klar und deutlich mit dem Veranstalter und den anderen Bands ab, WER WAS WANN mitbringt. Gerade anfangs teilen sich in der Regel mehrere Bands Teile der Backline. Also checkt ab wessen Drumset verwendet wird, ob man eventuell Blech und Snare selbst mitbringen soll usw. klärt auch ab wann Soundcheck-time ist. Es bringt herzlich wenig, wenn der Herr, der den Bassamp stellt erst kurz vor dem Auftritt aufkreuzt, aus welchen dubiosen Gründen auch immer.
-sorgt dafür, dass Euer Equipment in einwandfreiem Zustand ist. Keine kaputten Kabel, verrostete Saiten, Felle die einer Mondlandschaft gleichen, etc. Alles TipTop aufgeräumt, gesäubert und markiert (wenn ihr schlau seid, verwendet nicht rotes, blaues oder grün/gelbes Isolierband - das machen alle, was die ganz Sache wiederum nutzlos macht)
1. Pünktlichkeit!
Seid immer früh genug vor Ort, auch wenn das heisst, dass ihr eventuell warten müsst. Keith Richards sagte mal "40 jahre Rolling Stones, 35 davon habe ich mit warten verbracht." - ihr glaubt doch nicht, dass ihr besser seid als die Stones oder?
2. Höflichkeit!
Es mag für viele selbstverständlich sein, meine Erfahrung zeigt aber, dass dem leider oft nicht so ist. Stellt euch der Crew vor, wenn ihr an der Location ankommt. "Hallo, ich bin paulsn und spiele Gitarre bei XXX, freut mich dich kennen zu lernen. Oh, entschuldigung, wie war dein Name nochmal?" ... Ebenso ist es nicht sonderlich hilfreich dem Tonmann an den kopf zu werfen, wie abgrundtief miserabel sein Monitorsound doch ist. Menschen neigen dazu einem nicht mehr helfen zu wollen, wenn man ihnen zuvor ans Bein gepisst hat. Versucht statt dessen sachlich und höflich euer Problem in Worte zu fassen. Das hilft deutlich mehr.
Und denkt daran: die PA Leute arbeiten vermutlich schon den ganzen Tag daran die Bühne aufzubauen und werden noch hier sein, lange nachdem ihr euer Zeug schon wieder verpackt habt und abgezogen seid. Diese menschen arbeiten wirklich wirklich hart, damit IHR EUER KONZERT SPIELEN KÖNNT. zeigt also bitte etwas Respekt.
Wie man in den Wald hinein ruft, so schallt es zurück (nur halt aus dem Monitor) - auch im rock'n'roll.
3. Aufbau
Schaut euch um und findet heraus, woran gerade gearbeitet wird. Es bringt nichts euer Schlagzeug aufzubauen, wenn die Bühne noch nicht fertig verkabelt ist. Wenn euer Equipment im Weg rum steht, dauert's nur noch länger. "Entschuldige bitte, kein Stress und so, aber wann in etwa sollen wir anfangen unsere Backline aufzustellen?" - ein hinweis auf 2. an dieser stelle.
Wenn's dann soweit ist, seid ihr gefragt. Mit der korrekten Aufstellung der Backline wird der Grundstein für einen guten Bühnensound gelegt. Ich wiederhole, weils wirklich wirklich wichtig ist: MIT DER KORREKTEN AUFSTELLUNG DER BACKLINE WIRD DER GRUNDSTEIN FÜR EINEN GUTEN BÜHNENSOUND GELEGT. Die meisten von euch werden auf keinen 20x20 Meter Bühnen stehen, wo's egal ist was am anderenende der Bühne passiert. Was jetzt folgt ist nicht das Ende aller Weisheit. Es sind lediglich Hinweise, die meiner Erfahrung nach sehr gut funktionieren.
Stellt die Gitarrenverstärker SEITLICH der Bühne auf, sodass sie nicht ins Publikum, sondern auf von links bzw. recht auf die Bühne zeigen. das hat zum einen den Vorteil, dass ihr euch schon mal untereinander besser hört, zum anderen wird der FOH Sound dadurch weniger störend beeinflusst. Ihr werdet also seltener vom Mischer ein "dreh deinen verstärker gefälligst leiser!!!" hören. Ausserdem hilft es sehr viel, die Gitarrenboxen etwas zu erhöhen - sprich Bierkisten oder ähnliches darunter stellen, damit sie möglichst eure Ohren beschallen, und weniger eure Schuhe.
Der Basser sollte nicht direkt vor seinem Amp stehen. Ich habe es schon oft erlebt, dass ein Basser sein Stack auf rechtsanschlag dreht und sich immer noch nicht hören konnte. Als er dann 3 Schritte weiter zum Mikrofon ging, zog sich plötzlich ein breites Grinsen über sein Gesicht. Ich erspare euch die physikalischen Hintergründe hierzu. Nehmt es einfach als gegeben hin, dass man manchmal (auch nicht immer, aber manchmal) den Bass erst in einigen Schritten Entfernung richtig zu spüren bekommt.
Achtet ausserdem darauf dass der Schlagzeugmonitor (fall es nur ein Bodenmonitor und kein echtes sidefill ist) auf der HiHat-seite des Sets steht. Sas Ridebecken, welches für gewöhnlich deutlich größer ist und auf der anderen Seite steht, produziert nämlich einen großflächigen Schallschatten. Folgich hört man schlechter, was aus dem Monitor kommt.
Sorgt bitte auch dafür, dass euer Equipment PROFESSIONELL aufgestellt ist. Kein Kabelsalat, keine fehlenden Adapter, keine fliegenden Setlisten etc. Gaffert alles nieder, über das man stolpern kann. vergewissert euch aber auch bitte, dass es eure Kabel sind, die ihr nieder gaffert. Wer gaffer-tape auf eines meiner Kabel klebt stirbt einen langsamen und schmerzhaften Tod... 2 mal. (stichwort Kleberückstände)
Und wie immer - schließt euch mit dem Mischer und dem anderen PA Personal kurz, ob das alles auch so in Ordnung geht. Hinweis auf 2. an dieser Stelle
4. der Soundcheck (uuuhuhuuuuu *grusel grusel*)
Hierzu gibt's meines Wissens nach bereits einen sehr ausführichen und guten Workshop, den sich jeder direkt im Anschluss ebenfalls durchlesen sollte. Trotzdem möchte ich eben spezifisch auf diese "kleine bühne"-Situation eingehen.
Allen voran: der soundcheck ist ein KOOPERATIVER Vorgang, der allen Beteiligten das bestmögliche Ergebnis liefern soll, das in dieser speziellen Situation möglich ist (es ist nämlich nicht immer möglich, einen TOP Sound zu basteln). Es bringt niemandem (und vor allem euch selbst nichts) wenn ihr nur stumpf drauf los hämmert und irgendwann erwartungvoll zum FOH Platz blickt, so nach dem Motto "na nun mach mal, dass das gut klingt hier..." - ein Patentrezept für fürchterlichen Krach, und Feedbacks, die sich so anfühlen, als ob sie eure Ohren aufessen würden. Ihr arbeitet zusammen, und gebt keine Kommandos.
Meistens läuft es ja so ab, dass der Mischer euch der Reihe nach aufruft und bittet etwas zu spielen. Danach wird jeder Monitorweg einzeln durchgegangen und man bekommt im Idealfall das drauf, was man drauf haben will. Dann wird noch gemeinsam ein Song angespielt und fertig.
Das funktioniert auf kleinen Bühnen aber leider häufig sehr schlecht. Das Ergebnis kennen wir alle. PIIIIIIIIIIIIIIIEEEEEEEEEEEEEEEEPPPPPPPPP
Ich schlage deshalb eine alternative Vorgehensweise vor, die vielleicht für manche etwas unorthodox ist, aber gerade auf lauten Mini-bühnen gut funktioniert:
Wenn euch der Mischer fragt, was ihr denn nun auf den Monitoren wollt, so lautet eure Antowort erstmal "NICHTS". Lediglich die Vocals und andere Instrumente, die keine eigenen Verstärker haben (z.B.: Keys, akustische Gitarren, etc...) sollen auf die jeweiligen Wedges (=Bodenmonitore) geschickt werden, vorerst aber auch nur in moderater Lautstärke und nicht direkt auf Anschlag.
Dann bittet ihr darum (Hinweis auf 2. an dieser Stelle), kurz 'mal einen Song anspielen zu dürfen. Ihr spielt also und verfolgt dabei genau die gleiche Strategie wie ihr es im Proberaum auch tut. Jeder dreht seinen Amp so laut auf, dass er sich selbst einigermaßen gut hören kann, der Bühnenpegel aber insgesamt auf einem erträglichen Niveau bleibt, sodass auch der Sänger noch was hört. Wenn die's nicht möglich ist, wird der Bühnensound wohl nie gut werden, daran kann auch der beste Mischer nichts ändern. Dann hilft nur eins - LEISER SPIELEN. Dies gilt im übrigen auch für Schlagzeuger. JA, man kann auch Deathmetal spielen, ohne auf die Becken einzuprügeln, als wären sie der Peiniger seiner gesamten Familie.
Häufig ist es aber auch ein schlechter Gitarrensound, der den Bühnensound zerstört. Ultra-highgain-basswummer Sounds sind zwar für sich allein gehört eine mächtige Sache, aber in Summe mit der restlichen Band NIE gut ( und ihr wollt doch als Band gut klingen und nicht nur als Gitarrist oder?) Versucht also ggf mit dem Mischer abzuklären, was man tun kann um eine Gitarre dursetzungsfähiger zu machen, sodass man sie auch dann hört, wenn der Amp nicht auf rechtsanschlag steht. Auch das geht. Meiner Meinung nach reicht ein guter 50W Röhrencombo in 99% der Fälle vollkommen aus und kann richtig eingestellt auch enormen Druck produzieren. Wenn man den Amp voll aufreissen muss, dann läuft etwas Prinzipielles verkehrt.
Und bitte lasst euer Ego nicht Überhand gewinnen. So traurig es auch klingt, der durschnittliche Zuhörer merkt NICHTS davon, wenn eine Gitarre mal aussetzt oder einen schiefen Ton spielt. Aber JEDEM fällt es auf wenn der Sänger/ die Sängerin nicht richtig intoniert. Seid also so Fair und gebt im Zweifelsfall dem Frontman zuliebe nach. Es ist für die ganze Band das Beste.
Wenn ihr euch aber an die Anweisungen in Punkt 3 gehalten habt, müsste es aber durchaus möglich sein bereit's jetzt einen brauchbaren Grundsound zu bekommen, den man nun mit Hilfe des Mischers zu einem absoluten Genuss machen kann.
Sobald ihr eure Backline also auf ein stimmiges Level gebracht habt, könnt ihr dem Mischer ganz klare und vor allem DER SITUATION ANGEPASSTE anweisungen geben. Der Typ sitzt nämlich am anderen Ende des Raums und KANN gar nicht wissen, wie's auf der Bühne klingt. Dies ist auch der Punkt, wo der Satz "ich brauche alles aufm Monitor" seinen Sinn verliert. Man hört sich selbst ja schon aus dem Verstärker mit dem gewohnten Sound, der Drummer ist wohl kaum zu überhören, also fehlt vielleicht noch etwas Gesang zur Orientierung und vielleicht sogar leicht die Kickdrum um sich an den Groove des Drummers hängen zu können. Der wiederum hört vielleicht da hinten noch recht wenig Rhythmusgitarre usw. Das sind dann aber alles erfüllbare Wünsche. Häufig wollen die Sänger dann sogar, dass ich ihnen die Stimmen wieder leiser drehe (sowas schon mal erlebt ?!)
Seid während des Soundchecks auch bitte diszipliniert und geduldig, auch wenn's mal länger dauert. Spielt einfach ohne zicken so lange, bis euch gesagt wird, dass ihr aufhören könnt. Der Kerl dreht gerade an den Reglern um ein Problem zu beseitigen, das mit hoher Wahrscheinlichkeit aus DEINEM AMP kommt.
Also nochmal schnell einen Song angespielt und eventuell noch 1-2 kleine Änderungen (obligatorischer Hinweis auf 2.), und wenn alles geklappt hat, sind alle überglücklich.
5. Alles was danach kommt
Mischt euch nicht zu sehr in den FOH mix ein. ihr könnt ebensowenig beurteilen, wie's vorne klingt, wie der FOH Mann beurteilen kann, wie der Sound auf der Bühne ist. Rennt auch nicht ständig vor die Bühne und sagt dann Sachen wie "der Bass könnte etwas wärmer klingen". Das nervt in erster Linie und wenn der Tonmann es bis jetzt noch nicht hinbekommen hat, dann wird er es auch mit Hilfe eurer zweifelsfrei kompetenten und fundierten Hilfestellung nicht gebacken bekommen.
Hör' auch nicht auf deine Freundin, der ist deine Gitarre IMMER zu leise. Wenn aber einige Leute zu euch kommen und sich über die Lautstärke beschweren, und dass alles furchtbar klang, dann ist das ein Hinweis, darauf, dass der Kerl vielleicht wirklich Tomaten auf den Ohren hat und man vielleicht etwas am Sound ändern muss. Aber egal wie schlimm es auch ist, ich bezweifle stark dass es mit den Ratschlägen meiner Freundin besser werden würde
Trotzdem: behaltet immer Punkt 2 im Hinterkopf und vielleicht bedankt ihr eucht sogar danach bei den Leuten die für eure Show gearbeitet haben. Das kostet euch nix, und alle fühlen sich danach besser.
6. Nachwort:
Es gäbe noch SOOOOOOOOO viele dinge und details, die man beachten muss und ich könnte problemlos noch 20 Punkte anführen, aber vorerst sollen das die wichtigsten Punkte gewesen sein.
Auch wenn es zweifelsfrei amateurehafte Pfuscher unter den Tonleuten gibt, ich habe noch keinen getroffen, der aus purer Boshaftigkeit heraus sich weigert, die Stimme am Monitor lauter zu drehen. Das blöde ist, dass diese leute in ihrem Handeln an Gesetzte und Grenzen gebunden sind, die von einem blöden etwas das die meisten als "Physik" kennen geschrieben wurden. und diese Physik lässt sich nicht austricksen. Der letzte, der das geschafft hat war ein relativ bekannter Schreiner vor etwas mehr als 2000 Jahren. Der hatte allerdings wenig mit Rock'n'Roll am Hut. Wer's nicht glaub, kann gern mal versuchen sich einen Eimer Wasser über den Kopf zu schütten und dabei nicht nass zu werden.
Oder anders ausgedrückt: wenn's eben nicht lauter geht, geht's eben nicht lauter. Man kann zwar versuchen mit einen grafischen EQ die Resonanzfrequenzen zu filtern und Mikrofone mit anderer Richtcharakteristik zu verwenden usw... Das naheliegendste (und billigste/einfachste/schnellste/sicherste....) ist aber einfach alles andere leiser zu drehen klingt logisch oder?
Auch die Qualität der Soundanlage spielt eine gewaltige Rolle. Aber da Qualität eben ihren Preis hat, den Jugendhäuser einfach nicht zahlen können, muss man eben einen weg finden, mit dem was einem zur Verfügung steht, das bestmögliche Ergebnis zu bekommen.
Wenn der Sound mal in die Hose geht, ist das nie das Versagen eines Einzelnen, sondern immer ein gemeinschaftlicher Griff ins Klo. Schuldzuweisungen bringen da nix. Meist sind die Probleme einfach auf mangelhafte Kommunikation zurück zu führen.
Redet mit den Leuten und alles wird gut, oder zumindest nicht mehr ganz so schlimm
In diesem Sinne, bleibt freundlich
herzlichen dank für die Aufmerksamkeit,
Paulsn
PS: und wenn ihr nen Mitschnitt wollt, fragt gefälligst gleich und nicht 5 minuten vor Einlass danach
edit: einige rechtschreibfehler verbessert und punkte ergänzt
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