Gebrauchsregeln für Akkorde (und elektronische Klänge (Synthie))?

luzil
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Man findet viele Tutorials und Lehrbücher zu Akkorden, aber überlesen hab ich bis jetzt scheinbar, wann, also bei welchen Instrumenten/Klängen und bis zu welchen Tempo ihre Anwendung noch Sinn macht.

Auch wird nie so richtig erklärt warum Akkorde und Progressionen schön empfunden werden. Entdeckt das Hirn beim Hören best. Frequenzverhältnisse der einzelnen Töne bei Drei und Mehrklängen und schüttet Endorphine aus :) ?. Ich nehm mal an dass sich das teilweise so begründen lässt. Musik macht ja Freude weil mein wohl teilweise abstrakte Muster in Melodien wiedererkennt oder vorausahnt. Darauf basieren wohl algorithmische Komposition und dergleichen.

Andererseits ist wohl aber auch die Hörphysiologie des Ohres limitierend, sprich wenn ich einen komplexen Synth Klang mit komplexen Spektrum, weniger harmonisch zu typ. Saiteninstrumenten auf denen die Akkordspielweise/theorie in den verg. Jhdt. entwickelt wurde, versuche mit Mehrklängen zu spielen, hört sich dass bei vielen elektr. Klängen nicht gut an, auch das Tempo darf nicht zu hoch sein. Empfinden wir dies aber als nicht mehr gut, weil das Spektrum dieser Sounds ungeeignet (zu unharmonisch/obertonreich) ist oder ist es mehr Gewöhnungssache weil wir durch Vererbung und Popradio eher auf Mehrklänge von Saiteninstrumenten konditioniert sind?

Ich produzier hptsl. elektr. Musik, benutze Zweiklänge mal für nen Bass oder Pads, aber für Synthlead, sehr elektr. Bässe und dergleichen hört es sich oft nicht mehr gut an. Man kann dan einen programmierten Einklang auch nicht mehr für versch. Akkorde nehmen

Ich denke nicht dass ein Song Akkorde haben muss um reizvoll für Hirn und Ohr sein zu können, ich liebe es mehrstimmige Piano Solo anzuhören, aber auch sehr elektronische Musik mit vielen neuartigen Klängen und komplexen Drum pattern ohne jeglichen Akkord.

Vielleicht kann jemand ne Idee/Erklärung/Link zu allg. Anwendung von Akkorden, insbesondere mit nicht-Saiten Instrumenten
 
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Hi luzil,

ich denke, daß Du mit Deinem Post viele komplexe Themen anschneidest, auf die keine einfachen Antworten möglich sind. Auch ist manchmal nicht ganz klar, was Du meinst. Vielleicht solltest Du manche Fragen einmal anders, möglicherweise präziser stellen. Ich hoffe, Dir helfen meine Antworten dennoch weiter.

Bei welchen Instrumenten/Klängen und bis zu welchen Tempo macht die Anwendung von Akkorden noch Sinn?

Das sollte Dir in erster Linie Dein musikalisches Gefühl zeigen.

In einem wissenschaftlichen Artikel mit dem Titel "Investigating Emotion with Music Neuroscientific Approaches" heißt das das dann so:

Warum werden Akkorde und Progressionen als schön empfunden?

Vielleicht, weil das Gehirn eine zusammenhängende und folgerichtige Struktur erkennt?
Entdeckt das Hirn beim Hören best. Frequenzverhältnisse der einzelnen Töne bei Drei und Mehrklängen und schüttet Endorphine aus :) ?
Das Erkennen von Strukturen kann sich auch auf die Intervalle und Akkorde selbst beziehen, auch auf die Klangstruktur eines einzelnen Tones.

Werden Endorphine ausgeschüttet?

Klar werden da auch Endorphine ausgeschüttet, auch andere Neurotransmitter, wie Dopamin usw..
Es sind viele Strukturen beim Hören von Musik beteiligt:
The mentioned studies show that listening to music can elicit activity changes in limbic and paralimbic structures that have previously been implicated in emotion (amygdala, hippocampus, parahippocampal gyrus, insula, temporal poles, cingulate cortex, orbitofrontal cortex, and ventral striatum), and that, thus, functional brain imaging using musical stimuli can potentially contribute to the investigation of emotion.
Quelle: Koelsch, s.o.
Unpleasant (permanently dissonant) music contrasted with pleasant (consonant) music showed activations of amygdala, hippocampus, parahippocampal gyrus, and temporal poles. .... Quelle

Die zweite Akkordfolge löste die Gänsehaut aus (Pfeil):
napolitaner.png

(Quelle: Koelsch, s.o. ) --> Der letzte Akkord ist der "Neapolitanische Sextakkord".
Noch einmal Koelsch.

Auch am Ende des Spitzer-Videos findest Hinweise auf das Belohnungssystem.
Hier noch einmal Spitzer.

Man steht in der Hirnforschung erst ganz am Anfang. Um Akkorde richtig anzuwenden, solltest Du sie wohl am besten selbst ergründen, z.B. durch Musik hören, Übungen, Harmonielehre, Komponieren.

Viele Grüße
Klaus
 
Erstmal Danke, das ist shcon mehr Input als ich erwartet habe

Hi luzil,
Das sollte Dir in erster Linie Dein musikalisches Gefühl zeigen.

Ok, ich hab jahrelang Akkordeon gespielt in der Kindheit, bin also mit Akkorden gefühlsmässig vertraut, aber in Kindesjahren kriegt man sie eben nur beigebracht mit dem Spielen von verschiedenen Stücken. Musiktheoretische Kenntnisse zu Akkorden hab ich keine und kann mich auch an keine aus Musikstunden aus Gymnasialzeit erinnern.

Ich dachte evtl. gibt es hörphysiologische Anhaltspunkte, wann ein Spektrum eines Instrumentes/Klanges zu breit/voll ist, dass das Ohr bei Mehrklängen diese es noch schafft in die Einklänge zu zerlegen. Nehm ich eine x-beliebige Midi Chord Progression in einem Sequenzer und teste sie in verschiedenen Tempi und Klangfarben, wird das Ohr-Hirn System wohl irgendwann nicht mehr schaffen mit steigenden Tempo und spektraler Breite als Akkorde wahrzunehmen, auch abhängig vom Alter des Hörenden. Dachte dazu gibt es vielleicht schon Erkenntnisse, das lässt sich ja durch Hörtests wohl einfach eruieren.

Vielleicht, weil das Gehirn eine zusammenhängende und folgerichtige Struktur erkennt?

Ja, wobei folgerichtig vielleicht das falsche Wort ist, es gibt ja immer mehrere Möglichkeiten eine Melodie reizvoll fortzusetzen. Die westlichen Tonleitersysteme werden ja afaik teilweise auf solche rationalen Frequenzverhältnisse der Leitertöne zurückgeführt. Bei Chord progressions liegt wohl ein ähnlicher Mechanismus wie IQ Tests zu Zahlenreihen zugrunde. Das Hirn scheint den Verlauf und Fortführung der Reihe 1 1 2 4 3 9 4 16 auf eine "Formel" zurückführen zu können, nur scheint es bei Chord Progressions immer mehrere "musterhafte" Fortführungen geben zu können. Es ist wohl math. nicht so stringent wie die Muster von IQ-Tests und hängt wohl davon ab wie akkorderfahren der Hörer ist. IQ-Tests lassen sich ja auch einfacher lösen, wenn man mal verstanden hat was sie versuchen zu testen. Es gibt einen Lerneffekt. Gleiches wohl bei Akkorden und ungewohnteren Tonleitersystemen als Dur und Moll

Das Erkennen von Strukturen kann sich auch auf die Intervalle und Akkorde selbst beziehen, auch auf die Klangstruktur eines einzelnen Tones.

Was meinst du mit Klangstruktur eines einzelen Tones? Ein Sound wird ja wiss. afaik durch Tonhöhe, Lautheit, Klangfarbe beschrieben. Wobei die Forschung was das Kategorisieren von Sounds angeht noch nicht so weit zu sein scheint bzw. es schwer ist sich auf ein sinnvolles System zu einigen, weil es so viele Sounds und versch. subj. Wahrnehmung gibt.

Meinst du mit Klangstruktur evtl. Verhältnis von spektr. Anteilen in versch. Frequenzbändern. Das Ohr arbeitet ja in Frequengruppen, d.h. Signale aus einzelenen diskreten Frequenzbändern werden wohl vom Ohr gefiltert und dann einzelne im Hirn zum Gesamtergebnis addiert. Gibt es hierzu schon wiss. Erkenntnisse? Ich hab schon etwas gesucht zu Perzeption von Klangfarben und dergleichen. Scheinbar fühlt sich aber keine wiss. Sparte so richtig zuständig dafür, teilweise findet man Paper und Bücher aus Wahrnehmungspsychologie, Musikwissenschaft, Elektrotechnik DSP dazu. Es lässt sich wohl auch nur interdisz. erforschen. Die Hirnforschung kommt jetzt neu dazu mit ihren verbesserten Methoden. Beim Sehsinn lässt sich ja durch physik. Messung des Spektrum leicht sagen, welche Farbe der Mensch wahrnehmen wird, angenommen er ist nicht farbenblind :). Beim Hörsinn kann man zwar schon Sounds messen, analysieren und resynthetisieren, aber wie ein beliebiges Spektrum klingt lässt sich immer noch nicht genau sagen, meistens wird das dann mit den Klangfarben von akust. Instrumenten verglichen, aber die bilden ja nur ein Promille Anteil der exist. Klänge ab.

Man steht in der Hirnforschung erst ganz am Anfang. Um Akkorde richtig anzuwenden, solltest Du sie wohl am besten selbst ergründen, z.B. durch Musik hören, Übungen, Harmonielehre, Komponieren.

Ja, das ist schon klar. Aber es ist vielleicht einen Gedanken wert wenn man elektr. Musik macht nur solche Sounds am Synthie spektral zu programmieren, die man auch als Drei-/Vierklänge spielen kann, weil sich dann auch kompositorisch mehr Möglichkeiten ergeben. Wenn es dazu Richtlinien/Erfahrungswerte von anderen Synth Programmern gibt, wär natürlich toll.

Evtl. weiss auch einer ne gute Literatur/Link, der mal aus hörphysiolog. Sicht aufzeigt, wozu das menschl. Ohr als Klanganalysator in der Lage ist. z.B. wann wird Vibrato/Tremolo noch als solches wahrgenommen, wie ändern sich solche Werte über die Jahre vom Teenager zum Greis. Kann auch wiss. Lektüre auf Englisch sein. Bis jetzt hab ich noch nix gefunden, dass dieses Thema mal übergreifend und aktuell beleuchtet.

Sry für das langatmige Post, aber ist wirklich ein Thema, dass mich sehr interessiert, da ich mich in Zukunft mit elektr. Sounddesign und alogrithm. Komposition mehr beschäftigen möchte. Jeder Denkanstoss/Meinung ist dazu willkommen.
 
Hallo!

Noch eine Spitzer-Empfehlung für *verdammt viele* Grundlagenfragen:
Manfred Spitzer
"Musik im Kopf"

OT:
Zu 1,1,2,4,3,9,4,16 gibt es - mathematisch gesehen - natürlich (überabzählbar) unendlich viele Lösungen. 17 ist zum Beispiel für jede Folge immer richtig. Oder Pi/4. Oder ... aber das wissen die Macher von IQ-Tests nicht.

Grüße
Roland
 
Musiktheoretische Kenntnisse zu Akkorden hab ich keine..
Das solltest Du nachholen. Ich denke für Dich wäre eine Jazz-Harmonielehre passend, z.B.

Frank Sikora: Die neue Jazz-Harmonielehre: Verstehen, Hören, Spielen
Werner Pöhlert: Grundlagenharmonik & grundlagenharmonisches Denken
Axel Jungbluth: Jazz-Harmonielehre : Funktionsharmonik und Modalität
Ich dachte evtl. gibt es hörphysiologische Anhaltspunkte, wann ein Spektrum eines Instrumentes/Klanges zu breit/voll ist, dass das Ohr bei Mehrklängen diese es noch schafft in die Einklänge zu zerlegen.
Falls Du mit Deiner Aussage den Klang eines Tons meinst, z.B. Trompete, Violine, so ist es offensichtlich, daß wir die einzelnen Obertöne nicht auseinanderhalten können, wir nehmen sie lediglich in der Summe, als Klangeindruck wahr.
Falls Du einen Mehrklang meinst, so sind wir oft schon überfordert, die beiden Töne einer Oktave auseinanderzuhalten, weil sie so sehr verschmelzen und wir sie auch nur als Klangfarbe wahrnehmen.
Das gilt im Prinzip für alle harmonischen Obertöne, wenn sie im Verhältnis zum Grundton nicht zu laut gespielt werden.
Nehm ich eine x-beliebige Midi Chord Progression in einem Sequenzer und teste sie in verschiedenen Tempi und Klangfarben, wird das Ohr-Hirn System wohl irgendwann nicht mehr schaffen mit steigenden Tempo...
Der Sinn einer Chord Progression ist ja nicht, sie so schnell spielen, daß das Ohr ihr nicht mehr folgen kann. Bei Akkordfolgen geht es ja darum, Spannungsbögen aufzubauen und sie wieder zu entspannen. Das braucht Zeit, weil auch das musikalische Erleben Zeit benötigt.
Ja, wobei folgerichtig vielleicht das falsche Wort ist, es gibt ja immer mehrere Möglichkeiten eine Melodie reizvoll fortzusetzen.
Natürlich ist hier keine mathematisch-strenge Logik gemeint, die nur einen einzigen Weg der Fortführung kennt.
Vielmehr lebt ja die Musik von der Mehrdeutigkeit und davon, daß es verschiedene Wege der Fortsetzung gibt. Unser Gehirn ist es jedoch gewohnt, "Gestalten" wahrzunehmen. Wir müssen hier also in den Kategorien der Gestaltpsychologie/Wahrnehmungspsychologie denken.
Hier kennt man das "Gesetz der guten Fortsetzung".
73d958fe73.jpg

(Quelle)
Bei Chord progressions liegt wohl ein ähnlicher Mechanismus wie IQ Tests zu Zahlenreihen zugrunde. Das Hirn scheint den Verlauf und Fortführung der Reihe 1 1 2 4 3 9 4 16 auf eine "Formel" zurückführen zu können, nur scheint es bei Chord Progressions immer mehrere "musterhafte" Fortführungen geben zu können.
Mit IQ Tests zu Zahlenreihen würde ich es nicht vergleichen, die sind ja linear strukturiert.
Ein passender Vergleich, wäre vielleicht ein Ausflug. Man startet und kehrt nach Hause zurück. Es gibt verschiedene Weg zur Auswahl. Man kann auf der Autobahn fahren ("Wir fahrn, fahrn, fahrn..) das ist vergleichweise langweilig. Wir können uns aber auch einem mäandernden Bach entlang bewegen, durch abwechslungsreiche blühende Naturlandschaften.
Nicht folgerichtig wäre es in diesem Beispiel, wenn wir ständig sprunghaft in eine andere Umgebung versetzt würden und dies so schnell, daß wir keine Zeit haben uns so darauf einzustellen, wir also die Eindrücke nicht mehr verarbeiten können. Das Problem wurde schon auf einer Kutschenfahrt empfunden: "Ich möchte so gerne noch schauen, aber der Wagen der rollt.."
Was meinst du mit Klangstruktur eines einzelen Tones? Ein Sound wird ja wiss. afaik durch Tonhöhe, Lautheit, Klangfarbe beschrieben.
Nicht nur, ganz entscheidend für die Wiedererkennung ist z.B. die attac-Phase, die für viele Instumente sehr charakteristisch ist: Blechbläser, Streicher, Klavier usw.
Dann wäre da noch der zeitliche Verlauf der Obertöne, der bei Saiteninstrumenten ganz unterschiedlich ist. Dann ist es auch nicht immer so, daß die Obertöne im ganzahligen Verhältnis zum Grundton stehen, bekannt bei Saiteninstrumenten, die deswegen in eigentlich zu großen (gestreckten) Oktaven gestimmt werden.
http://de.wikipedia.org/wiki/Inharmonizität
http://de.wikipedia.org/wiki/Streckung_(Musik)
Elektronisch erzeugte Töne klingen oft unnatürlich, weil sie unseren Hörerfahrung widersprechen. Durch "Physikalische Modellierung" hat man Erfolge erzielt, Klänge zu erzeugen, die unseren Hörgewohnheiten aus der nicht elektronischen Welt entsprechen und die meist für interessanter gehalten werden. Wichtig ist auch das Schwingungsverhalten des Resonanzkörpers.
Ein besonderes Kapitel sind die zweidimensionalen Klangerzeuger (Metallplatten, Glocken, Gongs) , mit ihrem komplexem Zusammenklang vieler Töne, u.U. auch unharmonischer.
Beim Hörsinn kann man zwar schon Sounds messen, analysieren und resynthetisieren, aber wie ein beliebiges Spektrum klingt lässt sich immer noch nicht genau sagen, meistens wird das dann mit den Klangfarben von akust. Instrumenten verglichen, aber die bilden ja nur ein Promille Anteil der exist. Klänge ab.
Klar werden elektronisch erzeugte Klänge mit akust. Instrumenten verglichen, denn vor allem diese stellen unsere Hörerfahrung dar. Letztere ist unser Bezugspunkt für neue Klänge. Und das gilt eben auch für die Klangstruktur.
Die Milliarden Möglichkeiten von elektronisch erzeugten Klängen sagen uns deshalb weniger als man erwarten könnte. Wir können sie nur begrenzt mit unseren Erfahrungen verknüpfen und haben deshalb nur einen vergleichsweise wenig differenzierenden Sinn für sie entwickelt.
Es gilt, die elektronischen Klänge zu finden, die wir auch mit unseren Erfahrungen verbinden können und die gerade in der Abweichung von unseren Erfahrungen, ein neues Klangerlebnis bieten können. Solche Klänge kann man in ihrer Wirkung wohl kaum berechnen, man muß sie finden.
Wobei die Forschung was das Kategorisieren von Sounds angeht noch nicht so weit zu sein scheint. bzw. es schwer ist sich auf ein sinnvolles System zu einigen...
Hat man sich bei der Kategorisierung von Bildern schon geeinigt? Klar in der Malerei einigte man sich z.B. auf "Portrait", "Landschaftsmalerei", "Stillleben" (auch hier wieder unsere optischen Erfahrungen). Doch wie wollte man die moderne Malerei kategorisieren? Oder gar die Milliarden von denkbaren Bildern?
Das Ohr arbeitet ja in Frequenzgruppen, d.h. Signale aus einzelenen diskreten Frequenzbändern werden wohl vom Ohr gefiltert und dann einzelne im Hirn zum Gesamtergebnis addiert. Gibt es hierzu schon wiss. Erkenntnisse?
Vielleicht kannst Du erläutern, welche Erkenntnisse Du damit meinst.
Aber es ist vielleicht einen Gedanken wert wenn man elektr. Musik macht nur solche Sounds am Synthie spektral zu programmieren, die man auch als Drei-/Vierklänge spielen kann...
Wie die Klanganalyse zeigt, spielen die ganzzahligen Obertöne die wichtigste Rolle. Die würde ich als Ausgangspunkt nehmen. Unsere Drei-/Vierklänge, ja sogar alle 12 chromatischen Töne, leiten sich im Prinzip von relativ niedrigen Zahlenverhältnissen (der Frequenzen) ab. Dabei reicht es u.U. auch aus, sich in der Nähe der niedrigen Zahlenverhältnisse zu befinden, wir hören das dann entsprechend "zurecht". Auch hier zeigt sich wieder unsere Hörerfahrung. Das temperierte System ist ein Beispiel dafür.
... wann wird Vibrato/Tremolo noch als solches wahrgenommen, wie ändern sich solche Werte über die Jahre vom Teenager zum Greis.
Das kannst Du doch leicht selbst ausprobieren. Ein deutlicher Unterschied zwischen Teenager zum Greis ist hier nicht zu erwarten. Mit zunehmendem Alter sinkt natürlich die obere Hörgrenze ab.
Sry für das langatmige Post...
Kein Problem. Ist doch schön, daß man so etwas auch einmal ausführlicher diskutieren kann.

Viele Grüße
Klaus
 
Zuletzt bearbeitet:
Gute Musik setzt hörpsychologische Effekte vielleicht ein, sicher strukturelle Effekte.

Aber ganz sicher basiert gute Musik nie und nimmer auf einer Auswertung der Gehirnaktivitäten und des Hormonsystems.

Mit Harmonielehre hat das hier rein gar nichts zu tun, das gehört vielleicht in Musikwissenschaften.

Ich rate dringend, sich mit der Struktur des 12-Ton-Systems vertraut zu machen. Alles, was die Harmonielehre lehrt, sind im Endeffekt Erklärungsmodelle für gewisse Wirkungen von Akkordfolgen bzw. der Stimmführung.

Selbst wenn man alle diese Dinge analysiert, wird man keine Musik im eigentlichen Sinn machen können, bestenfalls eine suggestive Art, Töne irgendwie zusammenstellen zu können.

Klänge, insbesondere das Obertonberhalten derselben, muß man deshalb nach musikalischen Gesichtspunkten auswählen.

Die Regeln hierzu lernt man am Besten bei einem Lehrer und vervollkommnet es mit einem Studium und/oder ein lebenslanges Selbststudium und dem Umgang mit guten Musikern, hierzu zählt beispielsweise auch, wie man den richtigen Klang oder Klangfarbe auswählt.

Wie Akkorde zusammenpassen beschreibt die Harmonielehre mit verschiedenen Ansätzen. Diese Systeme sind weitgehend bis auf sehr wenige Ausnahmen instrumentenübergreifend, es gibt bestenfalls ein paar Spezialisierungen auf einzelne Instrumentengruppen - wobei auch der Keyboarder verstehen sollte, was in einer Harmonielehre für Gitarre steht und umgekehrt.

Am Besten lernt man durch zuhören, nachspielen und analysieren. Das ist der klassische Weg, den alle guten Musiker beschritten haben.
 
Andererseits ist wohl aber auch die Hörphysiologie des Ohres limitierend, sprich wenn ich einen komplexen Synth Klang mit komplexen Spektrum, weniger harmonisch zu typ. Saiteninstrumenten auf denen die Akkordspielweise/theorie in den verg. Jhdt. entwickelt wurde, versuche mit Mehrklängen zu spielen, hört sich dass bei vielen elektr. Klängen nicht gut an, auch das Tempo darf nicht zu hoch sein. Empfinden wir dies aber als nicht mehr gut, weil das Spektrum dieser Sounds ungeeignet (zu unharmonisch/obertonreich) ist oder ist es mehr Gewöhnungssache weil wir durch Vererbung und Popradio eher auf Mehrklänge von Saiteninstrumenten konditioniert sind?

Es gab mal Experimete von Reiner Plomp und Wilhelm Levelt, in denen sie den Testpersonen Intervalle innerhalb einer Oktave vorgespielt haben, und sie nach der empfundenen Konsonanz / Dissonanz gefragt wurden. Dabei wurden einmal einfache Sinus-Töne verwendet, ein anderes Mal ein (synthetischer?) Klang, der die ersten 6 Obertöne enthält. Beim Sinus gab es bei den Bewertungen einen starken Dissonanzanstieg um die kleine Sekunde herum, der Rest war von der Konsonanz her halbwegs konstant. Bei dem Klang mit Obertonspektrum dagegen gab es erkennbare Konsonanzzentren bei Intervallen mit einfachen Verhältnissen, die sich aus den ersten 6 Obertönen ableiten lassen (Primfaktoren 2, 3, 5) - also z.B. Quinte 3:2, Quarte 4:3, Terzen 5:4 und 6:5 etc.

Ich habe allerdings nur aus zweiter Hand von diesen Experimenten gehört, erinnere mich auch nicht an die genauen Bedingungen, und womöglich habe ich mich bei manchen Sachen falsch erinnert; wer also an Fakten interessiert ist, sollte nach zuverlässigeren Quellen suchen. ;)

Weiterhin interessant ist in diesem Zusammenhang auch noch die Bohlen-Pierce-Skala: Dieses Tonsystem enthält keine Oktaven, es gibt aber gute Annäherungen für die ungeraden Obertöne. "Aus diesem Grund" werden hier Klarinetten bevorzugt, deren Obertonspektrum vor allem bei ungeraden Obertönen hohe Intensitäten aufweist.


Ich persönlich denke trotz der Experimente von Plomp und Levelt (oder das was ich davon in Erinnerung habe), dass auch bei Sinus-Tönen die Einfachheit der Intervalle eine wichtige Rolle spielt, und z.B. die große Terz 5:4 wohlklingender ist als eine neutrale Terz, i.e. das Intervall, das zwischen zwischen kleiner und großer Terz liegt. Nichtsdestoweniger scheint es Tendenzen zu geben, Intervalle als konsonanter zu empfinden, wenn ihre Intervallverhältnisse aus Obertönen zusammengesetzt sind, die im Obertonspektrum des verwendeten Klangs deutlich vertreten sind, und ich kann mir gut vorstellen dass da etwas dran ist. Ich muss allerdings zugeben, dass ich mich nur oberflächlich mit Hörpsychologie beschäftigt habe, also Vorsicht mit vorschnellen Schlussfolgerungen. ;)
 
Erstmal Danke für die weiteren Denkanstösse. V.a. Hellrazor Post scheint ja meine Vermutung zu bestägigen, dass man bei freier Wahl der synth. Klangfarbe auch Tonleiter/Akkorden im Auge behalten muss. V.a. der englische Wiki Artikel ist recht aufschlussreich. Die Buchempfehlungen werd ich mir in der Unibib mal ansehen.

@pvaults

Ich hab das Topic hier gepostet, weil meine primäre Frage ist: Wann, Weshalb, Womit Akkorde spielen, besonders wenn man elektr. Musik macht. Und von dem was ich bisher gelesen habe denke ich dass ich mehr Antworten/Denkanstösse von erfahreen Leuten in dieser Rubrik bekomme die sich praktisch mit Akkorden und versch. Instrumenten beschäftigen. Die Thematik ist etwas abgedriftet aber das liegt eben in der Natur der Frage.Evtl. kann man den Thread auch crossposten wie im usenet, wenn du meinst dass Musikwiss. orientierte Leser hier mehr dazu zu sagen haben, aber ich würde ihn auf jeden Fall hier lassen da ich jetzt schon viele aufschlussrieche Info hier bekommen hab.

Grundsätzlich stehen für mich 3 Fragen momentan im Vordergrund.

1. Wie schränkt die Wahl einer Tonart für einen Song meine Möglichkeiten im Tuning des Synths Sounds ein oder der akustischen Instrumente. Die Klarinetten in der Bohlen Pierce Skala sind ein gutes Bsp.

2. Gibt es zwei oder mehr Arten von Musik? akkordbasierte Musik, die wir mögen, weil unser Hirn darin Muster erkennt, und ich nenn es mal emotional wirkende Musik, Musik in der viel mehr mit Rhythmik und Geräuschen gearbeitet mit minimalen melodischen/harmonischen Strängen. Ein vierstimmiger Pianosatz regt mich eher zum genauen Hinhören an und es tritt Freude auf wenn alles schön stimmig klingt und man die Melodie vorausahnt, ähnlich einem IQ Test wie erwähnt. Aber die gewöhliche Klangfarbe des Klavier tangiert mich nicht sonderlich. Ganz anders bei best. elektr. Musik mit stimmungsvollen spacigen Pads, brachialen rauhen Bässen und FX Noises, als ob ein andere Teil meines Hirns von solcher Musik angesprochen wird. Mal ein Beispiel:

http://www.youtube.com/watch?v=ClpQLbLzR4k

Die Geräusce darin klingen eher wie Tierlaute, Schreie, sie fordern volle Aufmerksamkeit wie ein quietschendes bremsendes Auto, Geräusche auf die wir verhaltenbiologisch stark konditioniert sind. Für mich ist das eine komplett andere Musik als Klassische Musik mit den immerselben Instrumenten und Klangfarben.


3. Wann setzt man Akkorde ein, überhaupt/gar nicht, wann 2,3,4... -Klänge. Wie gesagt ich hab jahrelang Akkordeon gespielt, ich vermute dass ist mit ein Grund dafür, dass ich auch heute gerne schnell gespielte vierstimmige Sätze ala Kissin, Gulda gerne höre und viel Jazz-lastige und bassbetonte Musik (hptsl. DnB und Jazz). Ottonormal scheint diesen Musikstilen nicht soviel abgewinnen zu können. Sind die Akkordstrukturen zu komplex, zu ungewohnt? Ich denke das ist eine wichtige Frage. Wann überfordert man die Hörer. Die Analogie mit dem IQ-Test ist vielleicht schlecht gewählt.

Aber stell einfach mal die Behauptung auf:
IQ, musikalische Prägung/Erfahrung, physiolog. Hörvermögen haben grossen Einfluss darauf, ob man Musik als reizvoll und/oder ästhetisch wahrnimmt

Mir sind Savants in den Kopf gekommen, Menschengruppe mit abnormalen kognitiven Fähigkeiten, einige darunter musikalischen

http://de.wikipedia.org/wiki/Inselbegabung#Musikalische_Begabungen
http://en.wikipedia.org/wiki/Derek_Paravicini

Manche können scheinbar bewusst 20 gleichzeitge Töne in die Einzeltöne analysieren und benennen, ganze Stücke nach einmaligen Hören exakt nachspielen, ottonormal kann wohl nichtmal einfache Akkorde analysieren kognitiv, er erkennt sie wohl unbewusst beim Hören und empfindet sie als schön aber kann sie nicht bewusst in die Bestandteile trennen.

Vielleicht schreibt Spitzer was in seinem Buch dazu...



Falls Du einen Mehrklang meinst, so sind wir oft schon überfordert, die beiden Töne einer Oktave auseinanderzuhalten, weil sie so sehr verschmelzen und wir sie auch nur als Klangfarbe wahrnehmen.
Das gilt im Prinzip für alle harmonischen Obertöne, wenn sie im Verhältnis zum Grundton nicht zu laut gespielt werden.

Ihc nehm aber schon an, dass unser Gehirn dies unbewusst schafft, wir hören Musik ja nicht bewusst wie wir den Inhalt eines Buches verstehen beim Lesen, sondern unser Hirn empfindet in Millisekunden die Musik als passend/reizvoll wie wenn wir ein Feuerwerk betrachten. Die Forschung an Savants hat viele Hirnforscher afaik zu der Annahme gebracht, dass unser Hirn sehr viel mehr Informationen aufnimmt, als das wir bewusst darauf zurückgreifen können. Einige der Savants haben offensichtlich einen Defekt dieses ottonormal Filters und können sogar 20 Töne auseinanderhalten oder Akkorde bewusst wahrnehmen und sofort nachspielen, obwol sie nur den gleichen phys. Hörapparat haben. Mittlerweile gibt es auch ein viel gerühmte Software, Melodyne, die das kann. Mich würd v.a. interessieren, wie Savants diese Musik empfinden, ob überhaupt, oder ob sie einfach nur verstehen/lesen wie wir ein Buch.


Nicht nur, ganz entscheidend für die Wiedererkennung ist z.B. die attac-Phase, die für viele Instumente sehr charakteristisch ist: Blechbläser, Streicher, Klavier usw.
Dann wäre da noch der zeitliche Verlauf der Obertöne, der bei Saiteninstrumenten ganz unterschiedlich ist. Dann ist es auch nicht immer so, daß die Obertöne im ganzahligen Verhältnis zum Grundton stehen, bekannt bei Saiteninstrumenten, die deswegen in eigentlich zu großen (gestreckten) Oktaven gestimmt werden.
http://de.wikipedia.org/wiki/Inharmonizität
http://de.wikipedia.org/wiki/Streckung_(Musik)
Elektronisch erzeugte Töne klingen oft unnatürlich, weil sie unseren Hörerfahrung widersprechen. Durch „Physikalische Modellierung“ hat man Erfolge erzielt, Klänge zu erzeugen, die unseren Hörgewohnheiten aus der nicht elektronischen Welt entsprechen und die meist für interessanter gehalten werden. Wichtig ist auch das Schwingungsverhalten des Resonanzkörpers.
Ein besonderes Kapitel sind die zweidimensionalen Klangerzeuger (Metallplatten, Glocken, Gongs) , mit ihrem komplexem Zusammenklang vieler Töne, u.U. auch unharmonischer.

Die attac Phase wird wohl zur Klangfarbe gerechnet. Du mienst mit Klangstruktur wohl timbre. Zumindest habe ich das aus einem sehr schönen PDF entnommen dass die Forschung über Klangfarben zusammenfasst und sehr beim Sound Design geholfen hat, weil es erklärt, welche spektralen Parameter wirklich die Klangfarbe ändern und wann Klangfarben ähnlich sind:

http://www.uni-graz.at/~parncutt/guests/2006/traube/Slides_CTraube_timbre.pdf

Klar werden elektronisch erzeugte Klänge mit akust. Instrumenten verglichen, denn vor allem diese stellen unsere Hörerfahrung dar. Letztere ist unser Bezugspunkt für neue Klänge. Und das gilt eben auch für die Klangstruktur.
Die Milliarden Möglichkeiten von elektronisch erzeugten Klängen sagen uns deshalb weniger als man erwarten könnte. Wir können sie nur begrenzt mit unseren Erfahrungen verknüpfen und haben deshalb nur einen vergleichsweise wenig differenzierenden Sinn für sie entwickelt.
Es gilt, die elektronischen Klänge zu finden, die wir auch mit unseren Erfahrungen verbinden können und die gerade in der Abweichung von unseren Erfahrungen, ein neues Klangerlebnis bieten können. Solche Klänge kann man in ihrer Wirkung wohl kaum berechnen, man muß sie finden.

Ja, weisse Worte :) zu dem Schluss bin ich auch gekommen, eher von akustisch ähnlichen klingenden Presets zu starten oder das Spektrum nachzuahmen und die Sounds dann weiter elektronisch zu verfälschen bis sie nur noch entfernt wie gewohnte akust. Instr. klingen.

Hat man sich bei der Kategorisierung von Bildern schon geeinigt? Klar in der Malerei einigte man sich z.B. auf „Portrait“, „Landschaftsmalerei“, „Stillleben“ (auch hier wieder unsere optischen Erfahrungen). Doch wie wollte man die moderne Malerei kategorisieren? Oder gar die Milliarden von denkbaren Bildern?

Das analogon zu Klangfarben wäre wohl eher Farben, es gibt ja ne Farblehre, eine Soundlehre gibts noch nicht die die physik. Parameter mit den psychophyischen verknüpft.
Wie sieht ein warmer, metallischer... usw. Sound spektral aus oder wird umgekehrt wahrgenommen. Aber der Hörsinn ist wohl viel komplexer als der Sehsinn. Mich täte interessieren, wie die einzlenen elektr. Impulse die vom Ohr an Hirn geleitet werden aus den versch. Frequenzgruppen wohl zusammengesetzt werden, wie die zeitl. Struktur ist. Aber find ich Spitzer Buch wohl was dazu.

Danke nochmal für deine Links und Erläuterungen, hat mir viel geholfen



Aber ganz sicher basiert gute Musik nie und nimmer auf einer Auswertung der Gehirnaktivitäten und des Hormonsystems.

Mit Harmonielehre hat das hier rein gar nichts zu tun, das gehört vielleicht in Musikwissenschaften.

Das denke ich nicht dass sich da so strikt trennen lässt. Musik wird doch auch zur psycholog. Therapie eingesetzt, scheint also neben einem rein aestetischen Charakter wie er der Harmonielehre wohl eher zugrundeliegt und entwickelt wurde auch sehr affektive Auswirkungen zu haben.

Selbst wenn man alle diese Dinge analysiert, wird man keine Musik im eigentlichen Sinn machen können, bestenfalls eine suggestive Art, Töne irgendwie zusammenstellen zu können.

Ist Musik für dich nur was man auf Regeln der Harmonielehre zurückführen lässt. Den Song den ich oben verlinkt habe wird man denk ich kaum nach der Harmonielehre analysieren können, besteht hptsl. aus starker Rhythmik und Geräuschen/Bässen, trotzdem würd ich es nicht als unmusikalisch bezeichnen. Aber ist vielleicht wirklich eine andere Art der Musik und v.a. des Hörens.

Klänge, insbesondere das Obertonberhalten derselben, muß man deshalb nach musikalischen Gesichtspunkten auswählen.

Die Regeln hierzu lernt man am Besten bei einem Lehrer und vervollkommnet es mit einem Studium und/oder ein lebenslanges Selbststudium und dem Umgang mit guten Musikern, hierzu zählt beispielsweise auch, wie man den richtigen Klang oder Klangfarbe auswählt.

Dazu scheint es aber ja noch keine grossen Theorien/Regeln an den Uni zu geben wie man Klangfarben zu Tonarten passend wählt. In Jazz/Rock Bands oder Orchestern findet man doch immer die gleichen langweiligen Klangfarben. Da scheint überhaupt keine Experimenterfreude im Vergleich zur elektr. Musikszene zu sein. Drum sinier ich ja darüber, einen persönlichen Musikstil der akkordbetonte Musik mit neuen Klangfarben verbindet. Zumindest ist das das Ideal dass ich momentan habe um eine für mich stimmungsvolle und aesthetische Musik zu finden/produzieren.

Wie Akkorde zusammenpassen beschreibt die Harmonielehre mit verschiedenen Ansätzen. Diese Systeme sind weitgehend bis auf sehr wenige Ausnahmen instrumentenübergreifend, es gibt bestenfalls ein paar Spezialisierungen auf einzelne Instrumentengruppen - wobei auch der Keyboarder verstehen sollte, was in einer Harmonielehre für Gitarre steht und umgekehrt.

Ja, das ist mir schon klar, aber für elektr. Sounds braucht es wohl ne eigene Harmonielehre, die Regeln der klassisch geschulten Musiker an akust. Instr. mit eher einfachen obertonspektrum lassen sich wohl nicht 1:1 auf elektr. Sounds übertragen. Zumindest ist das meine Erfahrung nahc rumprobieren mit versch. Akkorden und Synth Sounds



Zu 1,1,2,4,3,9,4,16 gibt es - mathematisch gesehen - natürlich (überabzählbar) unendlich viele Lösungen. 17 ist zum Beispiel für jede Folge immer richtig. Oder Pi/4. Oder ... aber das wissen die Macher von IQ-Tests nicht.

Das war nur ein veranschaulichendes Bsp. von mir, drum hab ich auch nicht die leiseste Ahnung was du mit 17 und pi/4 meinst :) Wie kann eine nicht rationale Zahl wie pi immer richtig sein in einer Folge?!?!?....?!?!!!!!!!! :)

HëllRÆZØR;4428504 schrieb:
Ich persönlich denke trotz der Experimente von Plomp und Levelt (oder das was ich davon in Erinnerung habe), dass auch bei Sinus-Tönen die Einfachheit der Intervalle eine wichtige Rolle spielt, und z.B. die große Terz 5:4 wohlklingender ist als eine neutrale Terz, i.e. das Intervall, das zwischen zwischen kleiner und großer Terz liegt. Nichtsdestoweniger scheint es Tendenzen zu geben, Intervalle als konsonanter zu empfinden, wenn ihre Intervallverhältnisse aus Obertönen zusammengesetzt sind, die im Obertonspektrum des verwendeten Klangs deutlich vertreten sind, und ich kann mir gut vorstellen dass da etwas dran ist. Ich muss allerdings zugeben, dass ich mich nur oberflächlich mit Hörpsychologie beschäftigt habe, also Vorsicht mit vorschnellen Schlussfolgerungen. ;)

Vielen Dank für den Link, sehr aufschlussreich. Es ist schon nervend, wenn man meint einen schönen Sound am Synth designt zu haben über Std. , aber man findet keine passenden Akkorde dazu und es hört sich schief an. Das gibt mir auf jeden Fall weitere Grenzen/Anhaltspuknte für ein schnelleres Design.
 
Ich sehe gerade, daß Du Inzwischen einen weiteren Post geschrieben hast. Den habe ich im folgenden noch nicht berücksichtigt. Ich hoffe, dieser ist trotzdem nützlich.
Andererseits ist wohl aber auch die Hörphysiologie des Ohres limitierend, sprich wenn ich einen komplexen Synth Klang mit komplexen Spektrum, weniger harmonisch zu typ. Saiteninstrumenten auf denen die Akkordspielweise/theorie in den verg. Jhdt. entwickelt wurde, versuche mit Mehrklängen zu spielen, hört sich dass bei vielen elektr. Klängen nicht gut an...

Beim nochmaligen Lesen bin ich darauf gekommen, was Du wohl meinen könntest.
Die dissonanten Probleme beim Spielen von Intervallen oder Akkorden mit Klangeinstellungen, die ein komplexes Obertonspektrum enthalten, auf dem Synth, beruhen auf Reibungen zwischen den Obertönen.

Jeder natürliche Klang enthält Obertöne, die bei schwingenden Luftsäulen oder Saiten ganzahlige Vielfache des Grundtones enthalten, die Obertonreihe. Erklingen nun zwei beliebig gestimmte Töne gleichzeitig auf einem dieser Instrumenttypen (sagen wir innerhalb einer Oktave), so stellen wir große Unterschiede im Konsonanzgrad fest. Als grobe Regel kann gelten: Je mehr gemeinsame Obertöne in den beiden gespielten Tönen enthalten sind, desto konsonanter klingen diese Töne.

Betrachten wir zunächst die reine Stimmung:

Beispiel Oktav: Sagen wir, der Grundton hat 200Hz. Die Obertönen wären dann 400Hz (Oktav), 600Hz (Quint), 800Hz (Oktav), 1000Hz. (gr. Terz), 1200Hz (Quint), 1400Hz (tiefer gestimmte Septim), 1600Hz (Oktav), 1800Hz (gr. Sekund), 2000Hz (gr. Terz) usw.
Wird die Oktave zum Grundton gespielt, erklingen: 400Hz mit den Obertönen 800Hz, 1200Hz, 1600Hz, 2000Hz usw.
Wir sehen, daß folgende Töne in beiden gespielten Ausgangstönen enthalten sind: 400Hz, 800Hz, 1200Hz, 1600Hz, 2000Hz usw., also alle Töne der gespielten Oktave.
Deshalb klingt das Intervall "Oktave" sehr konsonant.

Wie sieht es bei der Quint aus? Die Quint zu 200Hz wäre 300Hz (200*3/2).
Sie hätte folgende Obertöne: 600Hz, 900Hz, 1200Hz, 1500Hz, 1800Hz usw.
Ergebnis: Jeder zweite Oberton der Quinte ist in der Obertonreihe des Grundtons enthalten. Das ist weniger als bei der Oktav und deshalb klingt die Quint zwar immer noch sehr konsonant, doch nicht mehr so konsonant wie die Oktav.

Quart: rund 267 Hz (200* 4/3), Obertöne: 533Hz, 800Hz, 1067Hz, 1333Hz, 1600Hz, 1867Hz, 2133Hz usw.
Ergebnis: Jeder dritte Oberton ist in der Obertonreihe des Grundtons enthalten.

gr. Terz: 250Hz (200*5/4), Obertöne: 500Hz, 750Hz, 1000Hz, 1250Hz, 1500Hz, 1750Hz, 2000Hz usw.
Ergebnis: Jeder vierte Oberton ist in der Obertonreihe des Grundtons enthalten.

kl. Terz: 240Hz (200*6/5), Obertöne: 480Hz, 720Hz, 960Hz, 1200Hz, 1440Hz, 1680Hz, 1920Hz, 2160Hz, 2400Hz, usw.
Ergebnis: Jeder fünfte Oberton ist in der Obertonreihe des Grundtons enthalten.

Jetzt betrachten wir Stimmungen, die nicht rein sind:

Hier ist zu beobachten, daß leichte Abweichungen von der reinen Stimmung durch unser Ohr (bzw. Gehirn) akzeptiert werden, ja die entstehenden Schwebungen werden meist sogar als Bereicherung angesehen. Als ehemaliger Akkordeonist, weißt Du, daß dies bei der "Quetschkommode" gezielt ausgenutzt wird.
Auch die temperierte Stimmung empfinden wir nicht als unangenehm.

Weicht jetzt die Stimmung zweier Töne (z.B. Sinustöne) immer mehr von der Prim ab, so entstehen im Ohr, aus den Schwebungen Differenztöne, die "Tartini-Töne". (Anmerkung: Tartini stimmte seine Violine mit den Differenztönen. Er hörte sie besonders deutlich, da sein Gehör wohl große Nicht-Linearitäten aufwies (Stichwort: Seitenbänder)).

Die entstehenden Differnztöne (Einsatz auch bei Hörprüfungen) passen meist überhaupt nicht zu den beiden urspünglichen Tönen, sie werden als störende "Reibungen" empfunden. (Auf dem Akkordeon kann man sie bei bestimmten Intervallen mit einchörigem Register als Surren hören, bei verzerrten elektron. Instrumenten sowieso.) Bei natürlich erzeugten Tönen reiben sich selbstverständlich auch die Obertöne.

Wird nun die Frequenzdifferenz der ursprünglichen Prim immer größer, so wird das entstehende Intervall allmählich wieder als weniger dissonant empfunden, die sog. kritische Bandbreite wird allmählich wieder verlassen. Der Konsonanz-Eindruck erreicht schließlich bei der kleinen Terz einen Höhepunkt, dann wieder bei der großen Terz, wieder bei der Quart und erreicht schließlich bei der Quint das Maximum innerhalb der Oktave.

Wenn sich jetzt im Gesamtklang eines Intervalls oder erst recht eines Akkordes, zu viele Reibungspunkte innerhalb der "kritischen Bandbreite" ergeben, wird der Klang unangenehm.
Man muß dabei natürlich immer auch die Obertöne berücksichtigen, denn das Ohr führt mittels der Schnecke eine Frequenzanalyse durch.

Wenn Du nun feststellen wolltest, welche Akkorde, bei welchen Klangeinstellungen am Synth besonders konsonant oder dissonant wirken, solltest Du die Reibungspunkte identifizieren.

Es sollte ein hinreichend genaues Fourier-Spektrum jedes einzelnen Tones bekannt sein, mit den jeweiligen Amplituden der Teiltöne. Dann könntest Du die Zahl und Intensität der Reibungspunkte bestimmen und im Prinzip näherungsweise ausrechnen, wie dissonant der Klang empfunden wird. Das wäre meist eine sehr komplizierte Rechnung. Daher ist es praktikabler, genau hinzuhören und evtl. sein Gehör zu schulen. Außerdem kommen immer auch subjektive Faktoren hinzu. Das können anatomische Unterschiede sein, wie sie evtl. bei Tartini vorlagen oder evtl. eine unterschiedlich individuelle Größe der o.g. "kritischen Bandbreite". Auch sind subjektive Unterschiede zu erwarten, bei der Beurteilung, ab wann ein Klang noch als "reicher" empfunden wird und ab wann schon als "unharmonisch".

Ich hoffe, ich bin dem o.g. Ausgangsproblem etwas näher gekommen!

Viele Grüße
Klaus
 
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Liebe Leut',

ich sag' nur eines:
Wer weiß, wie man eine Hammond spielt, weiß deutlich mehr über das Thema. Wer weiß, wie man ein Rhodes spielt, kennt viele der oben erwähnten Effekte sowieso und noch viel mehr.

Ähnliches gilt für synthetische Sounds aller Art sowie die ganze Samplinggeschichte...

So einfach ist das. Stinknormale Harmonielehre und dazu ein gewisses Spielerisches Können.

Vielleicht frägt sich der ein oder andere mal, weshalb ein Orgelspieler genau so klingt und weshalb selbst ein hervorragender Pianist nicht einfach so Hammond spielen kann. Oder Rhodes. Oder Keys...

Wer darüber hinaus einen Synthesizer programmieren kann, der kennt sowieso viele Soundeffekte, das fängt vom Breitmachen eine Fläche an - den hörpsychologischen Effekt kennt man auch, sonst würde man es nämlich gar nicht so programmieren - und geht bis zu erperimentellen Spieltechniken, wo man eben auch diese Effekte einsetzt bzw. erzielen will.

Und so leid es mir tut und es arrogant wirken mag, wie es ab er nicht gemeint ist:

Es gibt gerade da unsinnige theoretische Dinge, die kann man 2345t0987 Jahre studieren und es wird nix, wohingegen man vielleicht besser etwas Unterricht nehmen sollte und das ein oder andere Instrumentarium spielen lernen sollte, wenn man wirklich was musikalisch Sinnvolles lernen möchte.

Aber ich habe schon gemerkt, daß sich hier in letzter Zeit eine Denkrichtung ausbreitet, die mit Musikalität sehr, sehr wenig zu tun hat und sich eher auf eine Art "Wissenschaftlichkeit" reduziert, die aber gar nicht funktionieren kann. Auch möchte ich nochmal zu bedenken geben, ob es nicht sinnvoller wäre, Ratschläge von guten Musikern anzunehmen, um musikalisch weiterzukommen, als Ratschläge von Technikern, Ingenieuren oder Wissenschaftlern, ansonsten wird das so rauslaufen, daß demnächst noch der Gärtner eine Musiktheorie der Klänge anhand der Wurzelgrabungsanalysetechnik aufstellt.
 
Ach ja, kritische Bandbreite hieß das, was ich meinte. :rolleyes:

Als grobe Regel kann gelten: Je mehr gemeinsame Obertöne in den beiden gespielten Tönen enthalten sind, desto konsonanter klingen diese Töne.
Hm...du sprichst hier von gemeinsamen Obertönen, in deinen Beispielen dagegen betrachtest du nur, welche Obertöne des Intervalltons in der Obertonreihe des Grundtons vorkommen - das ist ein kleiner Unterschied. Z.B. haben Grundton und Oktave nur die Hälfte aller Obertöne gemein, aber jeder Oberton der Oktave kommt in der Obertonreihe des Grundtons vor.

Ich denke es reicht nicht, z.B. bei der Quinte (2:3) zu schaun, wie viele Obertöne des Intervalltons in der Obertonreihe des Grundtons vorkommen. Die Quinte als Grundton zu betrachten, zu dem Töne hinzu kommen die nicht in dessen Obertonreihe vorkommen, mag eine Betrachtungsweise sein. Genauso kann man die Quinte aber auch als unvollständige Obertonreihe über ihrem "ggT" betrachten; hier also dem Ton, der eine Oktave unter dem Intervallgrundton liegt. Hat man z.B. die Quinte c - g, so würde sich eine leicht unvollständige Obertonreihe über dem Ton C ergeben.

Ich glaube bezüglich der Konsonanz könnte es hilfreich sein, zu einem Intervall seinen vollständigen Akkord (nach Euler) zu bilden, und von jedem der enthaltenen Töne aus zu betrachten, was für eine Obertonreihe sich ergibt. Dieser Akkord wird folgendermaßen gebildet:

Bei einem gegebenen Intervall der Form a:b werden zuerst alle Teiler von a*b bestimmt. Benennen wir die Teiler mit t1, t2, ... , tn, so lautet der Akkord 1:t1:t2:...tn:a*b, wobei natürlich auch a und b Teiler von a*b sind. Ein paar Beispiele für vollständige Akkorde:

- Quinte 2:3 -> 1:2:3:6
- Quarte 3:4 -> 1:2:3:4:6:12
- kl. Terz 6:5 -> 1:2:3:5:6:10:15:30
- 7. Partialton 1:7 -> 1:7
- 8. Partialton 1:8 -> 1:2:4:8
(im Prinzip sehr Ähnlich zu einem Hasse-Diagramm)

...dabei entspricht 1 dem Grundton der gemeinsamen, evtl unvollständigen Obertonreihe, und a*b (-> höchster Akkordton) dem Ton, der mit seiner Obertonreihe in den Obertonreihen aller anderer Töne (theoretisch!) enthalten sind (praktisch gesehen hängt das stark vom Obertonspektrum der einzelnen Töne ab). Auch die anderen Töne, die ganzzahlige Vielfache bzw. Teiler der beiden eben genannten Töne sind, besitzen eine Art "Obertonreihe", bei der manche Töne fehlen, und manche zuviel sind.

Ich weiß nicht genau, wie man nun die Konsonanz anhand dieser Akkordtöne ermittelt, ich denke allerdings schon, dass so eine differenzierte Betrachtung hier Sinn macht. Insbesondere wenn man den 7. und den 8. Partialton vergleicht, so würden nach deiner Methode beide Intervalle etwa gleich gut wegkommen, der 7. Partialton evtl. etwas besser. Ich denke aber der 8. (die 3-fache Oktave) ist konsonanter, und dass es damit zusammenhängen könnte dass auch die Zwischentöne des vollständigen Akkordes 1:2:4:8 sowohl im Obertonspektrum des Grundtons enthalten sind, als auch den Intervallton (die 8) in ihrem Obertonspektrum enthalten, es also eine indirekte Verknüpfung zwischen 1 und 8 gibt, die zwischen 1 und 7 nicht vorhanden ist. Wie stark dieser Zusammenhang ins Gewicht fällt hängt natürlich vom Obertonspektrum der Intervalltöne ab.

Ok, ich gebe zu einiges von dem was ich hier schreibe ist Spekulation; aber gerade deswegen würde mich auch interessieren, was andere von diesen Theorien halten. ;)


P.S.: Entschuldige dass ich nicht auf deinen Beitrag eingegangen bin, PVaults, aber ich bin gerade etwas unter Zeitdruck...
 
Wenn ich die Hammond wabern lasse, spiele ich nicht einzele Töne, sondern irgendwie welche. Und zwar genau so, daß sie diesen Effekt erzielen. Und jedesmal sind es andere Töne.

So sieht die Spielpraxis aus. Musikalisch nützt es nicht die Socke, 300 solcher Aktionen am Instrument bis auf den Einzelton auseinanderzunehmen, denn sie ist situationsabhängig und in einer Weise völlig unberechenbar. Trotzdem kann man das erlernen, jedoch nicht mit Geometerdreieck und Zirkelwinkel.

Den hörpsychologischen Effekt kennst du dann, wenn du solche Dinge schon gehört hast, und genau kennst du ihn, wenn du ihn schon eingesetzt hast. Doch dazu muß man spielen können, und wer denkt, daß er ohne Spielvermögen solche Dinge erlernen kann, wird scheitern.

Es gibt eben Dinge, die ein Musiker erklären kann, daß es Sinn macht, und ganz sicher keine Wissenschaft dieser Erde, nicht einmal eine Harmonielehre oder sonstige Musikwissenschaft.

Es ist eine Art Geisteskrankheit, die um sich greift. Man meint, wenn man Dinge erklären kann, hat man sie verstanden und könne sie korrekt einsetzen. Doch dem ist keinesfalls so, wie mir diverse Hörbeispiele der letzten Zeit offenbart haben.

Es ist allerdings interessant, daß Vorschläge zur Neuordnung des Tonsystems sehr selten von gut spielenden Musikern kommt, und wenn sie eine Weile damit herumgespielt haben, verschwinden solche Gelüste meist...

Sicher kommt jetzt das Argument, man sei als Musiker ja viel zu festgefahren. Dem kann man allerdings entgegnen, daß jemand, der das bisherige Tonsystem nicht wirklich gut kennt, wohl kaum der richtige Ansprechpartner ist, um musikalische Dinge kompetent beurteilen zu können.

Entschuldigt meine Direktheit, aber es ist wirklich kaum mehr zu ertragen.

Vor allen Dingen setzt das manchen Leuten Flöhe in den Kopf, und die Folgen können wir täglich bei youtube und myspace erkennen.

Wer schon mit Hörgewohnheiten argumentiert, dem will ich noch sagen, daß es auch ein Hörgewohnheit werden kann, sich musikalischen Müll reinzupfeifen...

Weswegen ich hier den Mund aufmache. Stopp!!!
 
HëllRÆZØR;4431840 schrieb:
Hm...du sprichst hier von gemeinsamen Obertönen, in deinen Beispielen dagegen betrachtest du nur, welche Obertöne des Intervalltons in der Obertonreihe des Grundtons vorkommen - das ist ein kleiner Unterschied. Z.B. haben Grundton und Oktave nur die Hälfte aller Obertöne gemein, aber jeder Oberton der Oktave kommt in der Obertonreihe des Grundtons vor.
Der Unterschied ist richtig beobachtet. Den ersten Fall habe ich als "grobe Regel" formuliert. In den Beispielen bin ich nur noch darauf eingegangen, inwiefern der (höhere) Intervallton und dessen Obertöne mit den Obertönen des Grundtons Gemeinsamkeiten aufweist. Das ist m.E. möglicherweise der entscheidendste Faktor bei der Klangverschmelzung (Konsonanzeffekt).
HëllRÆZØR;4431840 schrieb:
Genauso kann man die Quinte aber auch als unvollständige Obertonreihe über ihrem "ggT" betrachten...
Man könnte das wohl, doch warum soll man eine kompliziertere Betrachtungsweise wählen, um ein und dieselbe Sache zu beschreiben? Stehen Deine Überlegungen vielleicht in Zusammenhang mit dem Phänomen des Residualtons?
Damit spart man im Orgelbau oft die ganz großen Pfeifen ein und erzeugt mit kleineren Pfeifen den Eindruck eines tiefen Tons.
HëllRÆZØR;4431840 schrieb:
Insbesondere wenn man den 7. und den 8. Partialton vergleicht, so würden nach deiner Methode beide Intervalle etwa gleich gut wegkommen, der 7. Partialton evtl. etwas besser.
Du meinst ein Intervall zwischen dem Grundton und dem 7. oder 8. Partialton? Also einen Vergleich zwischen den (gespielten) Tönen 200Hz und 1400Hz bzw. 1600Hz, wenn wir meine Beispiele zugrunde legen.
Das wäre unter praktischen Gesichtspunkten ein recht extremes Intervall von drei Oktaven (bzw, knapp, im Falle des 7. Teiltons). Ich habe mich hingegen auf die viel wichtigeren Intervalle innerhalb einer Oktave beschränkt. Außerdem ist der siebte Teilton natürlich nicht mit unserer temperierten Septime zu vergleichen, die dissonanter ist, weil sich deren Obertöne Naturseptimen unter den Obertönen reiben.

Das von mir beschriebene Verfahren zur theoretisch möglichen rechnerischen Beurteilung einer Konsonanz ist natürlich nur eine Annäherung an die Realität. Es enthält jedoch möglicherweise den wichtigsten Faktor, den Verschmelzungsgrad der Obertöne. Weitere Faktoren wurden angesprochen, wie z.B. eine Berücksichtigung der Nicht-Linearitäten des Gehörs. Diese haben zur Folge, daß erst im Gehör Differnztöne entstehen, die man mit kleinen Mikrophonen aufnehmen kann und deren Entstehung nicht von der jeweiligen Person beeinflusst werden kann. Diese Differenztöne werden natürlich auch gehört und leisten ebenfalls einen Beitrag zum Konsonanzempfinden. Übrigens war es Paul Hindemith, der ihnen eine sehr wichtige Rolle zuwies.

Jedenfalls ist es für mich ganz plausibel, daß das Gehirn beim Zusammenklang von Tönen, die Summe an Reibungen unterschiedlichsten Ausmaßes registriert. Die Größe der Summe entscheidet dann über den Konsonanzgrad der gehörten Tönen, seinen es Intervalle oder Akkorde.

Auch bei einfachen Naturklängen schon ein äußerst vielschichtiger Vorgang, dessen Einzelfaktoren die Forschung sicher noch genauer quantifizieren wird. Vielleicht sind auch nur die wichtigsten bisher bekannt.

Natürlich ist es letztenendes Geschackssache, wieviel Reibung man als interessant empfindet. Es ist vielleicht ganz ähnlich mit der Temperatur im Winter: Mancher findet den Kältereiz attraktiv, andere flüchten in den Süden.

Es ist eine Art Geisteskrankheit, die um sich greift. Man meint, wenn man Dinge erklären kann, hat man sie verstanden...
So hart würde ich es nicht ausdrücken, doch natürlich läßt sich in der Musik und wohl auch auf allen anderen Gebieten niemals alles rational erklären. Doch der Mensch hat nun mal ein großes Gehirn und denkt über alles erdenkliche nach und er freut sich, wenn er für etwas eine Erklärung gefunden hat. Bekanntlich wollten schon die Pythagoreer mit Zahlenverhältnissen den Harmonien auf die Spur kommen. Sie fanden interessantes heraus und die gleichmäßige Verteilung des pythagoreischen Kommas, das nach zwölf Quinten entsteht, auf alle Quinten, hatte schließlich unser temperiertes System zur Folge, mit Hilfe dessen Bach sofort ganz tolle Musik durch alle Tonarten komponierte.
Diese temperierte Stimmung ist m.E. ein großer Glücksfall und es lohnt sich, dieses m.E. wichtigste aller Systeme, detailliert zu studieren und anzuwenden. Es ist m.E. noch lange nicht ausgereizt.
Dennoch kann ich nachvollziehen, daß sich Musiker immer auch nach neuen Klang-Möglichkeiten umsehen und experimentieren, auch mit neuen Stimmungen. Meist allerdings ohne bleibenden Erfolg.

Vielleicht kannst Du gegenüber unseren neupythagoreischen Überlegungen etwas gnädiger sein?

Viele Grüße
Klaus
 
Zuletzt bearbeitet:
Bekanntlich wollten schon die Pythagoreer mit Zahlenverhältnissen den Harmonien auf die Spur kommen. Sie fanden interessantes heraus und die gleichmäßige Verteilung des pythagoreischen Kommas, das nach zwölf Quinten entsteht, auf alle Quinten, hatte schließlich unser temperiertes System zur Folge, mit Hilfe dessen Bach sofort ganz tolle Musik durch alle Tonarten komponierte.
Eine Folge der Primzahlen. Bach hatte da auch gerne mit rumgemacht...
 
Man könnte das wohl, doch warum soll man eine kompliziertere Betrachtungsweise wählen, um ein und dieselbe Sache zu beschreiben? Stehen Deine Überlegungen vielleicht in Zusammenhang mit dem Phänomen des Residualtons?
Damit spart man im Orgelbau oft die ganz großen Pfeifen ein und erzeugt mit kleineren Pfeifen den Eindruck eines tiefen Tons.
Ja genau, so etwas in der Art meinte ich. Ich denke aber nicht, dass man ein Intervall nur auf eine Art und Weise hört, sondern auf unterschiedliche parallel. Notieren wir mal das Verhältnis aller Töne und Obertöne einer Quinte auf zwei Arten:

- Vom tieferen Ton aus:
1:(1.5):2:3:4:(4.5):...

- Vom ggT aus (Ton eine Oktave unter dem tieferen Ton):
(-):2:3:4:(-):6:(-):8:9:...

Ich denke keine der beiden Interpretationen ist wesentlich komplizierter als die andere; die erste hat "zu viele" Töne, bei der zweiten "fehlen" welche. Man sieht hier auch wunderbar, dass die Töne, die in der ersten Interpretation Reibungen zu erzeugen scheinen, in der zweiten Interpretation sogar besonders zur Stimmigkeit beitragen. Natürlich spielt die einfachere Interpretation eine größere Relevanz als die weniger einfache, aber beide sind m.M.n. wichtig.

Ich muss auch z.B. zugeben, dass ich bei der Quarte den oberen Intervallton eher als Grundton(-Stellvertreter) höre als den unteren; auch deshalb möchte ich stark bezweifeln dass es bei Intervallen ausreicht, alles relativ zum tieferen Intervallton zu betrachten.


Den 7. und 8. Partialton finde ich übrigens durchaus relevant, wenn es um Klangerzeugung geht, und insbesondere der Aspekt dass die Naturseptime stark von der 12-Stufigen Stimmung abweicht spielt eine besondere Rolle, wenn man sich fragt welche Klangfarben mit welchem Tonmaterial "gut funktionieren".

Hast du übrigens einen empfehlenswerten Link zu den Kombinationstönen (Differenz- und Summationstöne)? Ich habe schon öfter Grundlegendes dazu gehört, aber ich weiß noch zu wenig um die Bedeutung des Phänomens genauer einschätzen zu können.
 
Nun zu dir, PVaults:

Ich denke deine Wahrnung, dass Theorie nicht alles erklären kann, und Übung / Praxis mindestens genau so wichtig sind wie Theorie, ist angekommen. Ich möchte trotzdem mal stark bezweifeln dass das ein Grund ist, sich nicht zusätzlich noch mit Theorie zu beschäftigen, damit man etwas bewusster an bestimmte Dinge herangehen kann, und gezielt experimentieren kann um herauszufinden, wo es Übereinstimmungen zwischen Modell und Praxis gibt, und wo nicht.

Ansonsten funktionieren auch je nach Individuum unterschiedliche Herangehensweisen besser oder schlechter, und jeder hat so seine eigenen Interessen in der Musik. Ich kann es gut verstehen wenn du etwas intuitiver an Musik herangehst, und daran ist auch absolut nichts auszusetzen. Aber nicht jedem reicht das aus, und dafür solltest auch du Verständnis haben.
 
HëllRÆZØR;4434398 schrieb:
Ja genau, so etwas in der Art meinte ich. Ich denke aber nicht, dass man ein Intervall nur auf eine Art und Weise hört, sondern auf unterschiedliche parallel.
Ich drücke das damit aus, daß wir die Summe der Reibungen oder Übereinstimmungen hören. Ein Vorgang, der unbewußt vonstatten geht.
Ein bewußtes Hören vom Standpunkt des einen oder des anderen Tones aus mag bei einem Intervall mit Konzentration noch möglich sein - vielleicht bildet man sich aber auch etwas ein. Sobald jedoch Drei- Vier- oder weiter Mehrklänge ertönen ist es m.E. ein hoffnungsloses Unterfangen sich die verschiedenen Standpunkte vorstellen zu wollen, erst recht im Verlauf eines ereignisreichen schnellen musikalischen Geschehens.

***
Es besteht eine Analogie der Akustik/Musik zur Astronomie (die auch Kepler mit der Sphärenmusik noch suchte): Wir stellen uns heute auf den Standpunkt, daß sich die Planeten um die Sonne drehen, nehmen also den Standpunkt der Sonne ein (Kopernikus). Das ist mathematisch auch einfach beschreibbar.

Die früheren Astronomen hingegen stellten sich ganz naheliegend auf den Standpunkt der Erde und versuchten die beobachteten Schleifenbahnen der Planeten später durch Epizykel und Epizykel auf Epizykeln zu erklären, praktisch in Analogie zur Fourier-Synthese von Klängen.
Man weiß heute, daß man durchaus sagen kann, daß sich alle Planeten (und die Sonne) um die Erde drehen. Nur ist die mathematische Beschreibung sehr kompliziert (mit einer Summe von Epizykeln).
Einstein formulierte das so, daß es diesbezüglich eigenlich keine Bevorzugung eines bestimmten Koordinatensystems gibt und alle mathematisch äquivalent sind.

In allen Koordinatensystemen bleiben aber die Entfernungen der Planeten untereinander identisch.


***
Ganz analog sehe ich das bei den Betrachtungen der Teiltöne. Es ist ganz äquivalent, ob wir uns auf den Standpunkt irgendeines Grundtons/Teiltons stellen. Entscheidend sind die Entfernungen der Teiltöne zueinander. Welchen Standpunkt wir auch immer einnehmen, objektiv ändert sich nichts.

Deshalb vermute ich einen Fehler in folgender Betrachtung. Vielleicht kannst Du sie detaillierter erläutern:
HëllRÆZØR;4434398 schrieb:
Man sieht hier auch wunderbar, dass die Töne, die in der ersten Interpretation Reibungen zu erzeugen scheinen, in der zweiten Interpretation sogar besonders zur Stimmigkeit beitragen.

Die Betrachtung von einem virtuellen Grundton aus (ggT=größter gemeinsamer Teiler) dürfte aber vermutlich ihre reale Entsprechung haben:

Der Residualton wir m.E. real wahrgenommen. In diesem Diagramm kann man sofort die Periodizität von 100Hz erkennen, die bei der Überlagerung von 200Hz und 300Hz entsteht. Ich denke, daß die 100Hz im Ohr auch real erzeugt werden, durch die Nicht-Linearität des Gehörs.

HëllRÆZØR;4434398 schrieb:
Hast du übrigens einen empfehlenswerten Link zu den Kombinationstönen (Differenz- und Summationstöne)? Ich habe schon öfter Grundlegendes dazu gehört, aber ich weiß noch zu wenig um die Bedeutung des Phänomens genauer einschätzen zu können.

Die Differenztöne kann man leicht hören (z.B. zwei Blockflöten, die ein passendes Intervall spielen bzw. verzerrte Sinuston-Orgel, oder auch hier). Summationstöne konnte ich noch nicht hören, sie sind auch nicht so relevant.

Man muß bei der Beurteilung des Konsonanz/Dissonanz-Eindrucks natürlich immer berücksichtigen, bei welchem Pegel die Teiltöne und Kombinationstöne (auch die höherer Ordnung) überhaupt noch wahrgenommen werden können. Darüberhinaus wären noch Maskierungseffekte zu berücksichtigen.

Eine ausführlichere Literaturstelle als die Originalarbeit von Helmholtz habe ich bisher noch nicht gefunden:
Hermann von Helmholtz: Die Lehre von den Tonempfindungen: Als physiologische Grundlage für die Theorie der Musik

Das Buch ist nach wie vor aktuell und im Buchhandel für 102 Euro zu erwerben. Unter dem o.g. Link kann man die Fassung aus dem Jahre 1865 kostenlos abrufen. Er schreibt allein über die "Combinationstöne" 10 Seiten und über die Schwebungen der Obertöne 26 Seiten, über die Schwebungen der "Combinationstöne" 22 Seiten.
Ich lese gerade, daß er die geringere Konsonanz des Moll-Akkords gegenüber dem Dur-Akkord auf die Kombinationstöne erster Ordnung zurückführt (S. 326), die sich hier störend bemerkbar machen (reine Stimmung). Auch heute noch ein überraschend interessantes Buch!

Luzil soll natürlich nicht vergessen werden, doch über die von ihm angeschnittenen Themen könnte man Bücher schreiben.
Das analogon zu Klangfarben wäre wohl eher Farben, es gibt ja ne Farblehre, eine Soundlehre gibts noch nicht die die physik. Parameter mit den psychophyischen verknüpft.
Die Analogie ist nur schwach. Wie die Farben eines Regenbogens, so ist die Tönhöhe EINES Tones durch die Frequenz bestimmt. Hier besteht tatsächlich eine Analogie. Die Klangfarbe hingegen ist durch eine Unzahl an harmonischen und unharmonischen Obertönen charakterisiert, die auch noch die unterschiedlichsten Amplituden haben.
Schon ganz einfache Wellenformen, wie Dreieck und Rechteck unterscheiden sich im Klang erheblich, obwohl beide nur ungeradzahlige Obertöne enthalten. jedoch nimmt deren Pegel beim Dreieckklang zu hohen Frequenzen hin erheblich schneller ab. Wieder anders würde es klingen, wenn man den Rechteckklang durch einen Hochpaß-, Tiefpaß- oder Bandpaß-Filter schicken würde.
Bei Klängen besteht eine praktisch unendliche Vielfalt von Klangfarben.

Eine Analogie zum Klang bestünde eher darin, eine zweidimensionale Fläche zu betrachten, auf der sich eine Vielfalt von Kombinationen unterschiedlicher Farbabstufungen befindet. So etwas läßt sich mit Worten letztendlich nicht beschreiben, bzw. nur ganz grob: hell, dunkel, flächig, metallisch, hart, weich, harmonisch, dissonant usw.

Viele Grüße
Klaus
 
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