Stimmführung - Querstand

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hi
ich bin schon seit jahren nicht ganz in klarem wann ein querstand vorliegt
es gibt ja 2 varianten die erste ist wenn eine stimme die andere um einen halbton fortsetzt
die zweite ist wenn eine stimme die andere um einen tritonus fortsetzt
aber laut solch einer definition müsste ja bei jeder folge S - D ein querstand entstehen zb in Cdur das f von Fdur und das h von Gdur
oder die folge t - D wäre auch nicht immer möglich zb in amoll der Bass geht a-e die oberstimme e-gis also hier ist das gis die alterierte fortsetzung von a
wann ist nun ein querstand stimmführungstechnisch legitim ?
 
Eigenschaft
 
Ist da vielleicht eine Tastatur kaputt?
So ein Beitrag ohne Punkt und Komma ist m.E. fast schon unleserlich.

Warum sollte sch jemand die Arbeit machen, diesen Buchstabensalat erst noch in leserliches Deutsch zu übersetzen, um sich dann den Inhalt vorzunehmen und abschließend wohl überlegt und möglichst verständlich zu antworten?
Die einfachere Entscheidung wäre, bei so einem Schreibstil nicht weiterzuhelfen.
 
Immerhin endet sein Beitrag in einem Fragezeichen! :D :great:


Zur Sache.

Ein Querstand besteht dann, wenn in einem Akkord ein Stammton und im darauf folgenden Akkord in einer ANDEREN Stimme dessen chromatische Hoch- oder Tiefalteration erklingt.

Diese Definition trifft auf keines Deiner beiden Beispiele zu.

"g#" ist keine Alteration des Stammtones "a"!
 
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Wenn laut deiner Definition E-dur auf C-dur folgen würde, dann könnte ein chromatischer Querstand entstehen richtig (Wegen dem gis und dem g)?

Wikipedia: Als diatonischen Querstand bezeichnet man analog dazu die Aufeinanderfolge der Töne des diatonischen Tritonus (in C-Dur also f-h).

Kannst du mir diese Art des Querstands mit einem Beispiel auch noch bitte erklären ?
 
möchtegernbach;5503123 schrieb:
Wenn laut deiner Definition E-dur auf C-dur folgen würde, dann könnte ein chromatischer Querstand entstehen richtig (Wegen dem gis und dem g)?
Ja.


querstand1.jpg

möchtegernbach;5503123 schrieb:
Wikipedia: Als diatonischen Querstand bezeichnet man analog dazu die Aufeinanderfolge der Töne des diatonischen Tritonus (in C-Dur also f–h).

Dabei ist in folgender Wikipedia-Grafik das erste Beispiel gemeint.

querstand2.jpg

Als Jazzer juckt mich dieser "diatonische Querstand" eigentlich so gut wie nicht.
 
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Also in dem Wiki Beispiel ist ja kein f-h sondern ein c-fis (also D-dur).

Mich stört dieser auch nicht besonders, aber die Leute aus der Renaissance hatten anscheinend ein Problem damit.

Ich beschäftige mich ein wenig mit Palestrina und der hatte was gegen diesen diatonischen Querstand. Nun bleibt immernoch die Frage wann S - D ,Dp - S, D - Sp, Dp - Sp ... möglich ist (wegen dem Querstand).
 
Hallo möchtegernbach!

möchtegernbach;5503952 schrieb:
Ich beschäftige mich ein wenig mit Palestrina und der hatte was gegen diesen diatonischen Querstand. Nun bleibt immernoch die Frage wann S - D ,Dp - S, D - Sp, Dp - Sp ... möglich ist (wegen dem Querstand).

Die Frage sollte man nicht losgelöst vom historischen Kontext beantworten.

Du hast Symbole aus der Funktionstheorie verwendet. Diese wurde erst durch Riemann (1849-1919) entwickelt. Palestrina (1514-1594) kannte weder die Funktionstheorie noch eine Dur-Moll-tonale Musik mit Kadenzharmonik. Auch eine "Harmonielehre" war ihm nicht bekannt. Eine solche wurde erstmals von Rameau (1683-1764) entwickelt.

Wichtige Stufen der musikalischen Entwicklung:

13.Jahrhundert
: Ars antiqua: Walter Odington (1228 Bischof von Canterbury) gibt vom Rondellus die Definition: "Wenn das, was einer singt, (dann) alle der Reihe nach vortragen". Ältestes bekanntes mehrstimmiges Stück dieser Art: Sumer is icumen in (anhören)
In der Praxis nimmt die Einstimmigkeit mit Lied und Choral immer noch den größten Raum ein.
14. Jahrhundert: Die Ars nova entsteht, eine hochentwickelte, zum großen Teil mehrstimmige Vokalmusik.
um 1400: Der Kontrapunkt wird benannt
um 1430: Entstehung einer dominantischen Tonalität
um 1550: Erstmals treten alle drei Hauptfunktionen (T, D und S) auf.
erst ab 1600: Beginn der Kadenzharmonik (mit dem Generalbass) in Italien und den Niederlanden in der konsequenten Abkehr von der mittelalterlichen Harmonik der Kirchentonarten. Die Verbindung Domiantseptakkord - Tonika wird verwendet.

Literatur
http://de.wikipedia.org/wiki/Kontrapunkt
http://de.wikipedia.org/wiki/Ars_antiqua
http://de.wikipedia.org/wiki/Sumer_is_icumen_in
http://de.wikipedia.org/wiki/Ars_nova_(Musik)
Carl Dahlhaus: "Tonalität" in MGG, S. 626
http://de.wikipedia.org/wiki/Kadenz_(Harmonielehre)#Geschichtliches
S.W. Dehn: Lehre vom Contrapunkt, dem Canon und der Fuge (1859)


Palestrina sah also noch nicht das Problem, funktionelle Akkorde ohne Querstand zu verbinden, denn die Musik folgte noch nicht einem harmonischen Konzept.

möchtegernbach;5503952 schrieb:
Also in dem Wiki Beispiel ist ja kein f-h sondern ein c-fis (also D-dur).

Die Tonart wäre wohl eher G-Dur, nicht D-Dur.
Ein solcher Querstand entsteht immer, wenn zwei große Terzen aufeinander folgen, die dann, melodisch auf zwei Stimmen verteilt, einen Tritonusschritt bilden. Sie wären also auch in den von Dir genannten Akkordverbindungen enthalten.

Offenbar stammt das Verbot des Querstands aus dem zweistimmigen Kontrapunkt.
Der Harmonielehrer S.W. Dehn schreibt in seiner "Lehre vom Contrapunkt, dem Canon und der Fuge, nebst Analysen von Duetten, Terzetten etc. von Orlando di Lasso, Marcello, Palestrina ..." im Kapitel "Einfacher Contrapunkt zu zwei Stimmen oder zweistimmiger Satz":

In der antiken Schreibart ... Orlando di Lasso, Palestrina ... dürfen die beiden Stimmen nur Consonanzen bilden...
Man vermeide übel auftretende Querstände aller Art...
Aus diesem Grund ist die unmittelbare Folge von zwei grossen Terzen, die um einen Ton weiterschreiten, nicht zulässig...

Das Verbot löst sich allerdings im Lauf der Geschichte immer mehr auf, zunächst wird in erlaubte und unerlaubte Querstände differenziert, allerdings werden die Grenzen unterschiedlich gezogen.

Ausführungen von S.W. Dehn zum Querstand in seiner "Theoretisch-Praktischen Harmonielehre" werden von G.W. Fink ausführlich und kritisch kommentiert in: "ALLGEMEINE MUSIKALISCHE ZEITUNG" Nr.39 (1841)

Riemann Musiklexikon (Auszug):
Da dem Querstand entweder ein nichtleitereigener Ton (z. B. chromatischer Nebenton) oder ein Tritonusschritt zugrunde
liegt und diese den eindeutigen Ablauf einer Harmoniefolge zu stören scheinen, wird er von der Musiklehre im allgemeinen verboten. Dieses Verbot gilt jedoch einzig im Bereich des strengen Kontrapunkts als verbindlich.
Die Musiklehre der Barockzeit, die den Tritonus-Qu. in Anlehnung an die Hexachordlehre als -> Mi contra Fa bezeichnet, klassifiziert die verschiedenen Arten der Relationes non harmonicae bereits in tolerabiles und intolerabiles (WaltherL).
...
Eine exakte Definition für erlaubte und unerlaubte Relationes wird im Hinblick auf die Kompositionen jedoch nicht gegeben, "weil die Auctores so wohl, als der gout der Zuhörer hierinnen nicht einig sind" (WaltherL).

Helmholtz (1821-1894) erklärt die Querstandsregeln ausführlich, in: "Die Lehre von den Tonempfindungen als physiologische Grundlage für die Theorie der Musik (1863)" und schließt mit den Worten:

Wo die Musik heftigere Anstrengung und Aufregung ausdrücken soll, verlieren diese Regeln ihren Sinn. Auch findet man sowohl verdeckte Quinten und Oktaven, als auch Querstände von falschen Quinten in Menge selbst bei dem als Harmoniker sonst so strengen Sebastian Bach in seinen Chorälen, in denen die Bewegung der Stimmung aber auch freilich viel kräftiger ausgedrückt ist, als in der alten italienischen Kirchenmusik.
http://www.uni-leipzig.de/~psycho/wundt/opera/helmhltz/toene/TonEmK18.htm

Viele Grüße

Klaus
 
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Erstmal danke für diesen super Beitrag ! Ich habe noch ein paar Fragen dazu.

Du hast Symbole aus der Funktionstheorie verwendet. Diese wurde erst durch Riemann (1849-1919) entwickelt. Palestrina (1514-1594) kannte weder die Funktionstheorie noch eine Dur-Moll-tonale Musik mit Kadenzharmonik. Auch eine "Harmonielehre" war ihm nicht bekannt. Eine solche wurde erstmals von Rameau (1683-1764) entwickelt.
Es liegt ein Missverständniss vor. Ich habe die Funktionssymbole angeführt um zu hinterfragen ob nicht der Querstand diese Funktionsfolgen überhaupt zulässt. Palestrina kannte keine D oder Tp aber es ändert nichts an der Tatsache dass es verständlicher ist diese zu benutzen. Ich könnte ja auch sagen ''Der Molldreiklang auf der großen Terz folgend auf den Durdreiklang auf der Quarte'' oder S - Dp.

Die Tonart wäre wohl eher G-Dur, nicht D-Dur.
Stimmt ^^ das ''cis'' fehlt.

Ein solcher Querstand entsteht immer, wenn zwei große Terzen aufeinander folgen, die dann, melodisch auf zwei Stimmen verteilt, einen Tritonusschritt bilden. Sie wären also auch in den von Dir genannten Akkordverbindungen enthalten.
Offenbar stammt das Verbot des Querstands aus dem zweistimmigen Kontrapunkt.
Sind die in dem Pdf enthaltenen Querstände also erlaubt ? Sie schreiten nicht in Terzen augenommen dem ersten.
Gilt das Verbot nur im zweistimmigen Kontrapunkt ? Im Drei- Vierstimmigen ist es ja kaum zu umgehen.
 

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möchtegernbach;5506363 schrieb:
Es liegt ein Missverständniss vor. Ich habe die Funktionssymbole angeführt um zu hinterfragen ob nicht der Querstand diese Funktionsfolgen überhaupt zulässt. Palestrina kannte keine D oder Tp aber es ändert nichts an der Tatsache dass es verständlicher ist diese zu benutzen. Ich könnte ja auch sagen ''Der Molldreiklang auf der großen Terz folgend auf den Durdreiklang auf der Quarte'' oder S - Dp.

Dachte ich mir schon, daß Du das beschreibend meinen könntest. Doch ich wollte auch das Bewußtsein dafür schärfen, daß Palestrina in einer ganz anderen musikalischen Welt lebte. Ein Denken in Akkorden war ihm fremd, auch Dur- und Molldreiklänge gab es nicht, bzw. begriff man nicht als solche.
Versuche einmal ein Stück von Palestria mit Dur und Moll-Akkorden zu begleiten...

Noch Bach schrieb beim "wohltemperierten Klavier" nicht etwa von Dur- oder Moll-Tonarten sondern: "Das Wohltemperirte Clavier oder Præludia, und Fugen durch alle Tone und Semitonia, so wohl tertiam majorem oder Ut Re Mi anlangend, als auch tertiam minorem oder Re Mi Fa betreffend."
Wenn Andreas Werckmeister 1698 von "e dur" schrieb, so hatte er damit die Dur-Terz des Dreiklangs c-e-g bezeichnet. Erst das 19.Jh. sprach vom Tongeschlecht Dur und Moll.


Der Ursprung der polyphonen Musik und insbesondere der von Palestrina wird hier m.E. gut charakterisiert:

Alle polyphone Musik ist von der Melodie ausgegangen, schafft Melodie, lebt und webt in Melodie, — ihre Harmonie ist aber nur das Resultat zusammenklingender Melodien. "Die Harmonie," sagt G. Jakob mit Recht, "ist in dieser polyphonen Musik nicht Zweck, sondern nur Folge — erster Zweck ist die einheitliche Führung der Einzelstimmen."
So ist es bei Palestrina.
(A.W. Ambros 1878)

Wie schon erwähnt. war im Jahr 1228 dem Bischof von Canterbury der Rondellus (kanonähnlich) bekannt, nach englischen Quellen ist bereits im 12.Jahrhundert schon das 3-, auch das 2st. Stimmtauschstück belegt (Riemann Musiklexikon "Rondellus").
Erst um 1550, also zu Palestrinas Zeiten, treten alle drei Hauptfunktionen (T, D und S) auf. Das zeigt die viel ältere Tradition der Polyphonie, gegenüber der akkordisch verstandenen Musik.

möchtegernbach;5506363 schrieb:
Sind die in dem Pdf enthaltenen Querstände also erlaubt ? Sie schreiten nicht in Terzen augenommen dem ersten.
Gilt das Verbot nur im zweistimmigen Kontrapunkt ? Im Drei- Vierstimmigen ist es ja kaum zu umgehen.

Im strengen, alten Stil (Palestrina) dürfte generell kein Tritonus erlaubt sein (siehe früheres Zitat von S.W. Dehn).

Das wird auch noch einmal durch Cherubinis "Theorie des Kontrapunkts und der Fuge" bestätigt. Die Regeln lockern sich später und mit guten musikalischen Gründen wird der Tritonus eingesetzt, aber es besteht auch die Tendenz ihn möglichst zu verstecken (siehe auch die von mir zu Deinem Beispiel gemachten Ergänzungen, mit Hinweisen von Cherubini).

Cherubini_Querstand.jpg

S.W. Dehn schreibt auf S.26 (dreistimmiger Satz):

In der alten Schreibart darf der Zusammenklang der drei Stimmen nur consonierende Accorde, als nur vollkommene Dreiklänge oder deren Umkehrungen, (Sexten-Accorde) bilden.

Da hier keine Abstriche an der Konsonanz gemacht werden, würde ich davon ausgehen, daß auch im dreistimmigen Satz (strenge, alte Schreibweise) keine Querstände erlaubt sind.
In den entsprechenden Notenbeispielen auf S.27, 29 und 31, 33, kann ich jedenfalls keine finden, auch nicht in den Beispielen auf S. 35, 36 und 37 (vierstimmiger Satz).

Es wurde gesagt

In Palestrinas Werken lebt der echt katholische Gedanke.
(Th. Schmid, 1894)

In Palestrina besitzt die katholische Kirche ihren spezifischen kirchenmusikalischen Künstler, wie die evangelische Kirche den ihrigen in Bach.
(F. Bachmann, 1899)

Mir persönlich ist Bach allerdings viel lieber und das liegt nicht an der Religion. Also würde ich mich eher an ihm orientieren, Dein nickname spricht auch dafür...
Es dürfte jedoch lehrreich sein, etwas nach der strengen alten Schule zu komponieren.

Viele Grüße

Klaus
 
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