Ich würde das Thema enger fassen. Wenn du das ganze wirklich auf der Ebene von Schaltungen angehen sollst, dann würde ich vorschlagen dich auf den Aspekt der Klangsynthese zu beschränken und etwa mit einem
VCO anzufangen. Je nach dem wie weit du ins Detail gehen willst, kannst du dann einen Überblick geben, wie man den erzeugten Sinuston manipulieren kann und so vom Ton zum Klang kommt. Dabei eventuell auf einzelne Elemente genauer eingehen. Dafür eignet sich z.B. ein Tiefpassfilter.
Das Blöde ist aber, daß a) allein schon die subtraktive Klangsynthese ein weites Feld ist, b) der Prof quasi auf Schaltplänen und Stücklisten besteht...
Mein Professor legt viel Wert darauf, dass ich Dioden, Halbleiter und der gleichen einbringe.
...und c) der TE sich nicht eingeschränkt hat, weil man sich da gar nicht sinnvoll einschränken kann.
Dann geht's nämlich los.
1 VCO. Sagen wir, Moog, um ein ganz konkretes Beispiel zu haben. Schaltplan, Bauteilliste (ungeachtet der Tatsache, daß die Originalteile eines 60er-Jahre-Moog Modular oder eines '71er Minimoog so teilweise schon gar nicht mehr gebaut werden). Wie erzeugt er Sägezahn, Rechteck, Puls, Dreieck, die Zwischenwellen? Obertonstruktur von Sägezahn (alle Obertöne), Dreieck (nur gerade Obertöne), Rechteck (nur ungerade Obertöne).
2-3 VCOs. Überlagerungsverhalten minimal oder stärker gegeneinander verstimmter Wellen und dessen klangliche Auswirkungen. Stromfluß in der Schaltung, Darstellung auf einem Oszilloskop oder zumindest grafisch auf Papier bzw. Projektor.
Was ist FM? Sync? Pulsbreitenmodulation? Ringmodulation? Crossmodulation? Wenn der Minimoog die Grundlage war, Pech gehabt, bis auf FM kann er das alles nicht, also müssen die VCOs von noch mindestens einem weiteren Synthesizer bis hin zur Bauteilliste seziert werden.
Rauschgenerator. Schaltplan, Bauteilliste. Was ist Pink Noise und White Noise (Frequenzspektrum), wie wird das jeweils technisch erzeugt?
Dann kommen wir zum Filter. Moog-Vierpol-24 dB/Oktave-Kaskadentiefpaßfilter. Schaltplan, Bauteilliste. Wie funktioniert Cutoff, wie wird Resonanz erzeugt, wie kommt Selbstoszillation zustande? Filtermodulationen aller Art.
Jetzt ist so'n Moog-Filter nicht das einzig Mögliche. Es gibt ja auch noch Hochpaß, es gibt Bandpaß, es gibt andere Flankensteilheiten, es gibt völlig andere Bauarten, die nicht nur jeweils völlig anders klingen, sondern auch anders funktionieren. Das muß man wissen, das ist ein essentieller Wissensbestandteil in der subtraktiven Synthese. Also noch ein, zwei weitere Filtertypen anderer Hersteller entsprechend zerlegen. Wieder Schaltplan, Bauteilliste.
Dann hätten wir Hüllkurven, um das Ganze zu steuern. Minimoog-ADS. Schaltplan, Bauteilliste. Logarithmische Charakteristik der Einzelphasen bedenken und beschreiben. Jetzt ist ADS eine Hüllkurvenform, die sonst praktisch nirgendwo zum Einsatz kommt. Also aus einem anderen Synth eine ADSR-Hüllkurve nehmen. Schaltplan, Bauteilliste. Ideal wär zum Vergleich zusätzlich noch die exotische, rasant schnelle IL/AL/ADR-Filterhüllkurve der frühen Yamaha-Analogsynths, aber die ist in Epoxidharz eingegossen, und ich weiß nicht, ob der genaue Aufbau schon reverse-engineered worden ist.
LFOs funktionieren im Prinzip wie Oszillatoren, sollten aber trotzdem erwähnt werden.
Dann, wie gesagt, die Modulationen. Gängige, typische, weniger gängige Modulationen. Vibrato. Tremolo. FM. Hard Sync. Soft Sync. Ringmodulation. Pulsbreitenmodulation. Filter-FM. Und so weiter. Genaue Beschreibung des Stromflusses bestimmter Modulationen in einem Minimoog (einem Moog Modular, der ja um einiges mehr kann; einem EMS VCS3, sofern man an die Schaltpläne rankommt, inklusive der Widerstandspins in der Steckmatrix), klangliche Auswirkung, Darstellung der Veränderung der Wellenformen am Oszilloskop.
Normalerweise müßte der TE zur Matura ein komplettes, umfassendes Modularsystem mitbringen und dem Prof a) den Aufbau der einzelnen Module bis runter zur letzten Diode, zum letzten Transistor, zum letzten Kondensator, zum letzten Widerstand, zum letzten Potentiometer (inklusive Begründung, warum dieses jeweilige konkrete Bauteil mit der jeweils konkreten Charakteristik und den jeweils konkreten Werten gewählt wurde, und rechnerischem Beleg für die Auswahl etwa eines bestimmten Potentiometers zur Feinstimmung eines Oszillators) erklären, b) daran dann den grundlegenden Aufbau eines subtraktiven Synthesizers darstellen und c) dann auch noch zeigen, was normalerweise so an Modulationen vorkommt, und wie diese technisch und physikalisch realisiert werden. Dies erfordert dann Kenntnis darüber, an welchem Punkt der Schaltung zu welchem Zeitpunkt bei welchen Verschaltungen und welchen Einstellungen eine wie hohe Spannung gegenüber Null anliegt, oder zumindest die Fähigkeit zu erklären, warum das Oszilloskop an dieser Lötstelle das anzeigt, was es anzeigt. Dieses Modularsystem sollte idealerweise ein Eurorack-System mit einer gewissen Anzahl an Fremdmodulen sein, um z. B. den Aufbau unterschiedlicher Filtertypen verschiedener Hersteller erklären zu können.
Und bisher hab ich nur von analog, subtraktiv, spannungsgesteuert und diskret aufgebaut geschrieben. An dieser Stelle sollte definitiv erwähnt werden, daß dieser Aufbau nicht alle Synthesizer und auch nicht die Mehrzahl der Synthesizer beschreibt. Im analogen, spannungsgesteuerten Bereich könnte man noch die ersten wirklichen integrierten Schaltkreise (im Unterschied zu Yamahas Epoxidharz-Klötzen) erwähnen, etwa die SSM- und CEM-Chips von Curtis, die ja beispielsweise im Sequential Circuits Prophet-5 sitzen, und deren Miniaturisierung relativ kostengünstige und transportable polyphone Synthesizer erst möglich machte. Interessant wären dann aus den 80ern "digital gesteuerte" Oszillatoren (DCOs), die tatsächlich statt eines diskreten, analogen, rein spannungsgesteuerten und auf äußere Einflüsse sehr empfindlichen Schwingkreises ein Quarz als Taktgeber haben, wie das realisiert wird, und warum diese einerseits stimmstabiler sind als VCOs (spannungsgesteuerte Oszillatoren), andererseits aber auch nicht so "warm" und "fett" klingen.
Reine Digitaltechnik ist auf diesem Detaillevel (wie gesagt, der Professor will was von Einzelbauteilen hören) schwierig. Der TE wird weder ans Layout von etwa Yamaha-OPL-Chips noch an den Firmware-Quellcode etwa eines Yamaha DX7 kommen.
Martman