Wie sieht guter (Jazz)Klavierunterricht aus?

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Ich habe mir in den Kopf gesetzt unbedingt Jazz und Improvisation zu lernen. Das ist einfach die Musikrichtung, die mir am meisten liegt. Mit Jazz meine ich jetzt auch alle Spielarten wie NeoSoul, oder sagen wir alles was irgendwie afrikanische Wurzeln hat.

Ich nehme jetzt ca. 9 Monate Untericht. Aber ich weiß ehrlich gesagt gar nicht weshalb. Im Prinzip bringe ich mir die Theorie und das Spielen nämlich selber bei. Den Termin (30 Minuten/Wo) nutze ich eigentlich nur, damit ich beim Üben nicht nachlasse. Wenn ich als sage, dass ich bis nächste Woche ein Stück gelernt habe, dann halte ich mich auch daran. D.h. ich sitze täglich mind. 1h öfter nach Feieravend auch sehr viel länger. Das macht auch Spaß.

Was mir aber fehlt ist eine Richtung, also so in etwa was möchte ich einem Jahr können oder welchen Sound möchte ich beherrschen. Überhaupt das ganze Thema Sound ist noch gar kein einziges Mal aufgekommen. Bisher war es daher immer so, dass die Impulse was wir machen eigentlich eher von mir ausgegangen sind. Ich hab dazu meistens in Foren nach Literatur gesucht, die mich weiterbringen könnten. Vom Unterricht selber habe ich, nichts kann man nicht sagen, das wäre nicht fair, aber vielleicht weniger mitgenommen als ich mir das vorher vorgestellt habe. Ich werde während der 30 Minuten auch kaum korrigiert, meistens wird ich gelobt uns das wars. Dabei ist es doch bei jedem Instrument so, dass man immer etwas verbessern kann, und dann erst recht bei einem blutigen Anfänger. Ein weiteres Problem ist (wie sich heute herausgestellt hat) der Lehrer gar nicht mit den Chordsymbols im Jazz vertraut. D.h. nicht dass er die Akkorde nicht kennen würde, aber irgendwie hinterläßt das ein ungutes Gefühl. Aber richtig an etwas festmachen kann ich es auch nicht. Dazu fehlt mir einfach die Vergleichsmöglichkeit. Es wäre halt wünschenswert, wenn der Lehrer auch ein paar Namen zum Beipiel kennen würde (Bill Withers "lean on me" ist mal gefallen, selbst das war unbekannt, Art Tatum nada, McCoy Tyner nada etc. pp.)

So nach dem ich mir etwas den Frust rausgeschrieben habe :) zur eigentlich Frage: Wie sehe guter Jazz/Blus/RnB Unterricht aus?

Ich habe mir beispielsweise Joy Of Impro von Dave Frank (http://www.amazon.com/Joy-Improv-Bo...8779/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1335807187&sr=8-1) gekauft. Wäre das ein Curicullum was man typischerweise im Jazzunterrichtr machen würde?


Thanks!


Ich schreib noch mal auf welche Bücher ich habe

So spielen Sie Bar Piano, Simon Schott
Neue Jazz-Harmonielehre, Sikora (lese ich immer wieder etwas weiter, so wie es mein Kenntnisstand erlaubt)
Improvising Blues Piano, Tim Richards
Rags & Blues Vol. 1, Martha Mier
Joy Of Impro, Dave Frank

Und ne DVD von Hear & PLay (http://www.youtube.com/watch?v=AmON5X2Y1-E)

Ich habe mir die sachen deswegen geholt, weil ich was suche was mir so ein bischen den Weg zeigen könnte.
 
Eigenschaft
 
Lieber Timmy123! Ich selbst hatte nach einer klassischen Klavierausbildung (20 Jahre) etwa 6 Jahre Jazzunterricht bei einem studierten Jazzer und habe ähnliche Erfahrungen wie Du machen müssen. Die Theorie war nur das Notwendigste. Es wurde auch nicht systematisch gearbeitet, wie ich es von der Klassik her gewohnt war. Aus heutiger Sicht hätte ich besser den Lehrer wechseln sollen! Ich habe mir wie Du dann viele Bücher gekauft, um diese Defizite wieder auszugleichen. Ich an Deiner Stelle würde nach einem besseren Lehrer Ausschau halten.

Als Lektüre kann ich Dir folgende Anleitungen empfehlen: Jazz Improvisation by John Mehegan in 4 Bänden (AMSCO Music Publishing Company) und The Contemporary Keyboardist by John Novello (Source Productions /ISBN 0-9614966-0-6). Von Tim Richards giebt es auch noch 2 Bände über das Jazzpiano : Exploring Jazzpiano (Schott). Als systematisches Training von Jazzvoicings in allen Tonarten möchte ich Dir folgendes Buch empfehlen: Jazz Keyboard Harmony by Phil DeGreg (Jamey Aebersold Inc.) Als systematisches Buch für die rechte Hand (Singleline Improvisation) wäre noch das Buch How to improvise by Hal Crook (Advance Music ISBN 3-89221-031-4) äußerst emfehlenswert.

Zurück zu Deiner Frage: Ein Klavierlehrer muß mindestens so gut sein, wie die von mir empfohlenden Bücher. Er muß aber vor Allem einen das Üben beibringen. Das heißt: Er muß im Unterricht mit seinem Schüler üben und ständig die Ergebnisse des Übens kontrollieren. Er muß einen Schüler ehrlich sagen, wie gut dieser gerade spielt und Ihm ständig verbessern. Auserdem sollte er ein gutes Vorbild für den Schüler sein. Sonst kann man gleich ohne Lehrer üben! Übung und Kontrolle (!) machen den Meister!

MfG
habadawi
 
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Hey habadawi, danke für deine ausführliche Antwort. Ich werde mich mal umsehen, aber leider geht der Vertrag mit der Musikschule noch eine Weile. Ich hab auch die Befürchtung, dass in in der Gegend wo ich bin (Hunsrück/Eifel) die Jazzlehrer echte Mangelware sind (vielleicht werde ich umziehen). Danke auf jeden Fall für die Buchtipps.

Also mein Lehrer sitzt meistens nur daneben und gibt ab zu einen Kommentar ab. Ich hab manchmal das Gefühl, dass der sich auf dem Gebiet nicht so sicher fühlt und mich mal einfach machen lässt. Wie haben auch ein komplett anderes Musikverständnis und mein Rhythmusgefühl scheint auch anders gepolt zu sein. Irgendwie passt dat nicht.

So iss das nun mal... schade. Wo alle am Anfang meinten man solle auf "jedenfall" Unterricht nehmen. Ich sehe das heute etwas anders.

Edit:

Ich glaube ich hab den dazu passenden ein Satz gefunden...

A good teacher explains.
A great teacher demonstrates.
http://www.youtube.com/watch?v=8jPgLZp47Gw&feature=relmfu
 
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Vielleicht ein Tipp von jemandem der selbst unterrichtet.
Such dir etwas halbwegs anspruchsvolles ( also in deiner jetzigen Liga), und bitte deinen Lehrer dieses Stück mit dir durch zugehen, also zu studieren.
Gib ihm aber auch etwas Zeit damit er die Chance hat sich vorzubereiten.
Und ganz wichtig: Sag was du willst, wo du dich selber in einem Jahr sehen willst.
Die Fragen müssen von dir kommen.
Gib ihm noch ne Chance...:)

Dirk
 
Hallo, ich habe, ähnlich wie habadawi, auch klassischen Klavierunterricht hinter mir und seit ca. 4 Jahren Jazz-Unterricht.

In der Regel sieht der Unterricht so aus, dass mein Lehrer ein Stück vorschlägt, von dem er meint, dass es mich weiterbringt. Natürlich kann ich auch andere Sachen mitbringen oder irgendwas bei youtube, wo ich sage: "Was macht der? Auch können will!"
Er hält mich ständig an Feedback zu liefern. Wenn er zum Beispiel etwas vorspielt und ich bei irgendeinem Lauf denke: "Das war aber geil" soll ich ihn sofort anhalten, dass er mir zeigt, was er da gerade veranstaltet hat.

Neue Stücke (fast immer Realbook) werden in der Regel harmonisch analysiert und dann (langsam) vom Blatt gespielt, wobei er mir bei Bedarf verschiedene Voicings zeigt, etc. Oftmals hat er ein Playalong vorbereitet, zu dem ich spielen kann, was er mit dann auch per Mail schickt, oder vor Ort auf den USB Stick zieht. Es werden die möglichen Skalen besprochen, wie welche Skala über diesen oder jenen Chord wirkt und so weiter. Er spielt mir CDs vor von dem selben Stück von verschiedenen Interpreten und will wissen, warum mir dieses oder jenes besser gefällt.
Bei einigen Fragen zur Jazzharmonik bekomme ich zum Teil Übungsblätter mit, die auch Aufgaben erhalten für Zuhause.

Mir fehlen zwar die Vergleichsmöglichkeiten, aber ich denke, dass so guter Unterricht aussieht, wobei ich wie gesagt schon lange klassischen Klavierunterricht hatte d.h. Spieltechnik ist vorhanden.

Einem Anfänger empfehle ich jedoch nicht sich gleich auf Jazz zu stürzen.
Da ist erstmals Blut, Schweiß und Tränen angesagt mit der klassischen Rohrstockmethode. :D
 
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Danke für deine Antwort schnicki!
>> Und ganz wichtig: Sag was du willst, wo du dich selber in einem Jahr sehen willst.
Das ist das ein bisschen das Problem, dass ich das selber gar nicht einschätzen kannst. Das erwarte ich ja etwas vom Lehrer, der dann sagt ok Junge wenn du in dem Tempo bleibst dann können wir das und das in 52 Wochen erreichen (zum Bsp. das Stück spielen, etwas improvisieren). Um das zu erreichen muss du aber in den nächsten 3 Monaten a, b und c schaffen. Also das klingt jetzt zu mechanisch wie ich das formuliert habe. Aber ich hoffe du verstehst wie ich das meine. Also dass er mich etwas einschätzen kann und mit der Erfahrung eines Lehres sagen kann jau das könnte gehen...

>Such dir etwas halbwegs anspruchsvolles ( also in deiner jetzigen Liga), und bitte deinen Lehrer dieses Stück mit dir durch zugehen, also zu studiere
Yo, das habe ich jetzt so gemacht. Das JOI dass ich oben erwähnt habe ist wirklich gut für meine Zwecke geeignet.

---------- Post hinzugefügt um 20:20:06 ---------- Letzter Beitrag war um 20:12:58 ----------

Danke auch dir Froschkapitaen :) Wow das klingt wirklich schon extrem gut was du schreibst. Ehrlich. Aber so einen Lehrer zu finden das dauert wohl auch eine Weile.
Nur vom Jazz/Blues/Rnb bekommt mich keiner weg, ich kann mit Klassik nichts aber auch rein gar nichts anfangen. Man könnte mich gleich mit Tango Musik foltern :D
 
>> Und ganz wichtig: Sag was du willst, wo du dich selber in einem Jahr sehen willst.
Das ist das ein bisschen das Problem, dass ich das selber gar nicht einschätzen kannst.

Das ist ein Problem, in der Tat. Ich spiele selbst & unterichte Jazz-Piano an zwei Musikschulen sowie privat. Viele Schüler haben keine klare Zielvorstellung, was sie können wollen. Das Lernfeld Jazz-Piano ist halt auch extrem vielfältig, wenn man Augen und Ohren aufsperrt. Beim klassischen Klavier gibt es die Epochen, ihre herausragenden Komponisten und Werke sowie einen ziemlich genau beschreibbaren Kanon von Techniken, der Grundlage für den Unterricht bieten kann. Beim Jazz-Piano entscheidet der Spieler letztlich selbst über die Komplexität seiner Spieltechnik sowie seine eigene stilistische Ausrichtung - von daher ist der Unterricht viel variabler.

Jazz-Piano als Fach in der Musikschule hat ja nicht nur den improvisierenden Pianisten mit Bass und Drums im Jazz-Klaviertrio zum Ziel, sondern auch Groove-Piano, vielleicht popularmusikalische Liedbegleitung, Keyboard- und Synthesizer-Spieltechniken sowie viel viel mehr Harmonie- und Formenlehre als in der Klassik.

Von daher habe ich für mich die Konsequenz gezogen: in Abständen (so alle 3-6 Monate) führe ich mit jedem Schüler ein kleines Zielplanungsgespräch. Da mache ich Angebote, was künftig Thema sein könnte, und befrage den Schüler über eigene Vorstellungen. Ich lege jedem Schüler nahe, ein paar Lernziele auf jeden Fall zu erreichen: jeder Schüler sollte nach einigen Jahren Unterricht Jazz-Standards analysieren und in einfacher Form vom Blatt begleiten können, in einer Rock-/Pop-Band alle Standardsounds an Keyboards stilgerecht programmieren und anbieten können, alle wesentlichen Stile der Popularmusik benennen und erkennen können, auch Ragtime, Dixie, Swing begleiten können, einfache Songs nach Gehör schnell begleiten können, ... und jeder Schüler soll Gelegenheit haben, die Themengebiete bzw. Songs/Stilistiken, die er besonders mag, auch im Unterricht ausführlich zu spielen.

Unterricht ist IMHO ein ständiges Aushandeln von Themen und Zielen. Gerade bei einem so dynamischen Fach wie Jazz-Piano geht's meiner Ansicht nach auch gar nicht anders.

Harald
 
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Das ist ein Problem, in der Tat. Ich spiele selbst & unterichte Jazz-Piano an zwei Musikschulen sowie privat. Viele Schüler haben keine klare Zielvorstellung, was sie können wollen. Das Lernfeld Jazz-Piano ist halt auch extrem vielfältig, wenn man Augen und Ohren aufsperrt. Beim klassischen Klavier gibt es die Epochen, ihre herausragenden Komponisten und Werke sowie einen ziemlich genau beschreibbaren Kanon von Techniken, der Grundlage für den Unterricht bieten kann. Beim Jazz-Piano entscheidet der Spieler letztlich selbst über die Komplexität seiner Spieltechnik sowie seine eigene stilistische Ausrichtung - von daher ist der Unterricht viel variabler.

Jazz-Piano als Fach in der Musikschule hat ja nicht nur den improvisierenden Pianisten mit Bass und Drums im Jazz-Klaviertrio zum Ziel, sondern auch Groove-Piano, vielleicht popularmusikalische Liedbegleitung, Keyboard- und Synthesizer-Spieltechniken sowie viel viel mehr Harmonie- und Formenlehre als in der Klassik.

Von daher habe ich für mich die Konsequenz gezogen: in Abständen (so alle 3-6 Monate) führe ich mit jedem Schüler ein kleines Zielplanungsgespräch. Da mache ich Angebote, was künftig Thema sein könnte, und befrage den Schüler über eigene Vorstellungen. Ich lege jedem Schüler nahe, ein paar Lernziele auf jeden Fall zu erreichen: jeder Schüler sollte nach einigen Jahren Unterricht Jazz-Standards analysieren und in einfacher Form vom Blatt begleiten können, in einer Rock-/Pop-Band alle Standardsounds an Keyboards stilgerecht programmieren und anbieten können, alle wesentlichen Stile der Popularmusik benennen und erkennen können, auch Ragtime, Dixie, Swing begleiten können, einfache Songs nach Gehör schnell begleiten können, ... und jeder Schüler soll Gelegenheit haben, die Themengebiete bzw. Songs/Stilistiken, die er besonders mag, auch im Unterricht ausführlich zu spielen.

Unterricht ist IMHO ein ständiges Aushandeln von Themen und Zielen. Gerade bei einem so dynamischen Fach wie Jazz-Piano geht's meiner Ansicht nach auch gar nicht anders.

Harald
Hi, das ist zwar schon ein älterer Thread, aber genau so einen Klavierlehrer suche ich. Also, mit solcher didaktischer Flexibilität. In Hamburg. Und natürlich wäre es aktuell schön, wenn er auch online Unterricht geben könnte (machen ja nicht alle). Kann da jemand weiterhelfen?
 

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