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MatthiasT
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Erstmal kurz ein Satz zur Form des Reviews.
Ich habe mich entschieden keine Abhandlung über die Band zu schreiben in der Form einer klassischen Kritik, sondern in Echtzeit meine Bewertung beim Anhören des Albums niedergeschrieben. Ich denke dass dies eine Form ist die diesem Album gerecht wird, da es wohl müßig wäre über die historische Bedeutung der Band oder die Entstehung dieses Album zu erörtern.
Also Tatze auf auf den Play-Knopf und los gehts.
1. That Was Just Your Live
Nachdem ich gar keine Erwartungen mehr hatte bin ich doch von diesem Einstieg deutlich überrascht. Zwar ist der Sound wie erwartet unter aller Kanone, aber das Intro ist cool, das Mainriff ganz nett und erinnert ein klein wenig an Enter Sandman. Der Refrain ist dann nochmal richtig gut. Irgendwie stellt sich an besagter Stelle sogar ein wenig von dem alten Metallicafeeling ein und tröstet über den ansonsten eher uninspirierten Gesang hinweg.
Das Solo versprüht dagegen wieder ein klein wenig Lückenfüllercharme.
2.The End Of The Line
...erinnert sehr an Justice for All, zumindest im Aufbau und von der Art des Riffings. Leider hat sowohl die Qualität von letzterem als auch von der Gesangslinien deutlich nachgelassen. Nach drei Minuten wünsche zumindest ich mir das Ende des Stückes. Da kann dann auch die in der zweiten Hälfte einsetzende Solo und Break Orgie nichts mehr retten. Und selbst der zwei Minuten vor Ende einsetzende Cleanpart bringt nur aufgrund des verringerten RMS-Wertes ein wenig Erleichterung. Musikalisch empfinde ich ihn als belanglos.
3.Broken, Beat and Scarred
Wieder fühle ich mich sehr an die Justice erinnert. Allerdings ist diese Mid-Tempo Numemr deutlich erträglicher als the End of the Line. Das Riff und die Gesangslinien wissen zu gefallen.
Dafür fangen meine Ohren so langsam an zu bluten. Kontinuierlich drehe ich am Volume Regler zur Freude meiner Mitbewohner nach links. Die überflüssige und belanglose Orgie aus Soli und Breaks tut ihr übriges und trübt den erst guten Eindruck des Songs. Schade, als drei Minuten Thrasher wäre er ziemlich gut gewesen.
4.The Day That Never Comes
Meine armen geschundenen Ohren werden von dem cleanen Intro umschmeichelt. Normalerweise sind solch kitschigen Einlagen eher Grund zum fremdschämen, hier ist es ein wahrer Lichtblick. Danach geht es eher enttäuschend weiter. James singt wie ein Nasenbär mit Erkältung, die Riffs und Melodien sind teils anhörbar, teils belanglos.
Soli schienen offensichtlich auf der To-Do Liste für dieses Album zu gehören und so kommen sie selbstverständlich auch hier wieder vor. Sie erinnern in Teilen sehr an One, so wie auch vorher Hommagen an alte Zeiten nicht selten waren. Dagegen ist eigentlich auch nichts einzuwenden, bedenklich wird es erst wenn diese die Highlights ausmachen.
5.All Nightmare Long
beginnt wie der inoffizielle Nachfolger von Enter Sandman, schwenkt dann aber in ein ziemlich uninspirierten Thrasher um. Das Riff macht einen der größeren der vielen Tiefpunkte aus. James lässt gegenüber dem Beginn stimmlich noch mal eine Kategorie nach, dafür schafft er es einigermaßen brauchbaren Melodien zu punkten. So richtig zünden wollen die allerdings auch nicht, insgesamt wirkt das doch ein wenig Zusammenhanglos.
Der Rest der wieder mal viel zu langen acht Minuten plätschert so vor sich hin, nur unterbrochen von dem obligatorischen Solo.
Das bringt für mich ein paar Minuten etwas zur Produktion dieser Platte zu schreiben. Er hat die erstaunliche Eigenschaft wirklich jede Anlage so klingen zu lassen wie ein plärrender Radiorecorder. So dankbar wie ich auch in die nostalgische Rückversetzung in meine Kindheit bin in der ich auf einem halb zerstörten Getthoblaster die Tapes von meinem großen Bruder gehört hab (ironischerweise hab ich auf diese Weise Metallica entdeckt), so sehr empfinde ich es als Frechheit so einen Sound vorgesetzt zu bekommen. Nur um es mal anzumerken, ich fand die raue Produktion der St. Anger wirklich gut im Sinne von passend zur Stimmung der Musik. Death Magnetic dagegen ist handwerklich einfach schlecht gemacht. Verzerrungen sind ein absolutes No-Go, in dem Maße wie sie hier vorkommen erst recht. Man hört deutlich dass eine einst räumliche Aufnahme bis zur Unkenntlichkeit komprimiert wurde. Ich hab ja gar nichts gegen Brickwall Produktionen, aber dann sollten sie wenigstens gut gemacht sein.
Was mich am meisten daran stört ist die absolute Unnötigkeit. Metallica hat alle Zeit der Welt, fast beliebig viel Knete, könnten jeden Produzenten haben und haben dazu noch die völlige künstlerische Freiheit. Sie hätten die absolute Referenzproduktion abliefern können, aber raus kommt nicht mal unterer Durchschnitt.
Aber genug geärgert, denn Cyanide läuft schon und ich sollte mit dem eigentlichen Review weitermachen.
6.Cyanide
Eine Mid-Tempo Nummer die in jeglicher Hinsicht das Prädikat "nett" verdient. Der ruhige Mittelteil entschädigt für das erstmals richtig nervige Solo und erstmals seit That Was Just Your Live wird die Zeit bis zu Ende nicht zu lang.
7.The Unforgiven III
Kommen wir zur ewigen Fortsetzungsgeschichte The Unforgiven. Das Intro lässt schlimmes hoffen. Ein pathetisch gespieltes Piano das in Gut Thori Amos Ehre gemacht hätte, unterlegt von Casio-Bläsern. Das nachfolgende cleane Riff ist dagegen in seiner Einfachheit bis jetzt fast der Albumhöhepunkt.
Allerdings ist die Berg und Talfahrt wohl ein grundlegendes Konzept dieses Albums und so ist es wohl unausweichlich dass James jault wie eine Katze der ein 40 Tonner über den Pfoten gefahren ist und auch sonst keine orginellen oder wenigstens interessanten Ansätze finden lassen. Es ist noch nicht mal der Tiefpunkt des Albums, aber hier hab ich den direkten Vergleich zu den beiden Vorgängern, und gerade zwischen dem I und dem III Teil liegen Welten. Schade.
8.The Judas Kiss
Auch dieser Song bleibt dem Albumkonzept treu. Zu lang, ein bisschen zu sehr zusammengewürfelt und nicht sonderlich orginelles riffing. Allerdings weiß der Refrain zu gefallen. Außerdem ist das Solo deutlich eigenständiger als in den Songs zuvor. Warum nicht immer so?
9.Suicide And Redemption
Auf einer Platte die ganz offensichtlich an alte Metallica erinnern soll darf natürlich das Instrumental nicht fehlen. Call of Chuhulu, Orion und To Live Is To Die haben es vorgemacht.
Allerdings lebten genannte Tracks von songwriterischer Raffinesse, was mich nach dem anhören der ersten neun Tracks schlimmstes hoffen ließen.
Zum Glück wurde ich jedoch positiv überrascht. Es stecken wirklich gute Ideen in diesem Song und er hebt sich wirklich von den vorangehenden ab. Ein guter Song also, allerdings immer noch recht weit von den Vorbildern entfernt.
10.My Apocalypse
So wie das Instrumental gehört auf eine waschechte Retro-Metallicaplatte auch der Abschlussthrasher. Selbstverständlich bekommt man den hier auch geliefert.
Der Song macht vieles falsch und eine Sache richtig. Die negativpunkte mag ich gar nicht aufzählen, hab ich es doch schon so oft getan. Langweiliges Riffing, langweiliger Gesang and so on... Schön ist allerdings dass man nun nach fünf Minuten erlöst wird und der Song so wenig Gelegenheit hat einen wirklich zu nerven. Genau das hätte so einigen Songs vorher auch gut getan.
So, nun ist die Platte durch. Gut 75 Minuten Klang sind gerade durch meine Ohren gerauscht und ich weiß nicht so recht welches Fazit ich ziehen soll. Metallica haben mich zum Gitarre spielen gebracht und mich beeinflusst, waren sogar mein Einstieg in härtere Musik, wenn nicht sogar in die Beschäftigung mit Musik an sich.
So einige Entschuldigungen kommen wir in den Sinn. James ist halt älter und da leidet die Stimme, sie standen unter großen Zugzwang usw.
Aber andere Bands aus ihrer Zeit schaffen es auch nach so langer Zeit noch gute Alben rauszubringen. Testament spielen einfach guten Thrash, Motorhead schaffen es ein Album rauszubringen was genau so ist wie ihre alten, halten nur locker das Niveau ihrer besten Platten, King Crimson schafft es auch nach 40 Jahren noch in neue Musikdimensionen vorzudringen und auch selbst J. Cash hat am Ende seiner Karriere seine Stimme fast verloren und sag mit gebrochener Stimme, jedoch ergreifender und besser als je zuvor.
Von all den jungen Bands die hervorragende Alben auf den Mark werden ganz zu schweigen.
Die guten Ansätze auf diesem Album reichen mir einfach nicht, die Tiefpunkte überwiegen.
Ich mag Punktwertungen nicht sonderlich, aber wenn ich eine vergeben müsste wäre es mit einer brauchbaren Produktion und schon eingerechneten Legendenbonus vier von zehn Punkten, von denen dann wegen akuten Ohrenblutens enstanden durch völlig unnötigen Clippings und sonstigen Soundesaster noch mal einen abziehe.
So komme ich auf 3/10 Punkten.
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