relact
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»Al Di Meola spielt die Beatles und gibt dem Musiker-Board ein Interview«
Am 5. Dezember 1980 hat der italo-amerikanischen Fusion- und Jazz-Gitarrist, der in den 70er Jahren als »schnellster Gitarrist der Welt« galt, gemeinsam mit John McLaughlin und Paco de Lucia Geschichte geschrieben, als das virtuose Gitarrentrio das bekannteste Live-Akustikgitarren-Album überhaupt im Warfield Theatre von San Francisco Live einspielte. Anlässlich seiner »All Your Life« Tour, in der er ausgewählte Lieblingsstücke der legendären Beatles akustisch interpretiert, kam Al Di Meola am Donnerstag, den 28. November 2013 in den Colos-Saal nach Aschaffenburg. Eine mitternächtliche Begegnung mit Martin Hofmann (miCOM) und relact.
A Thursday Night in Aschaffenburg. Colos-Saal. 18:00 Uhr. Soundcheck. 19:00 Uhr. Kurze Zeit zum Verschnaufen und Erholen vom Flug. 20:00 Uhr. Konzert. 22:30 Uhr. Das Konzert war ausverkauft und ein voller Erfolg. Musikalisch begleitet wurde Al Di Meola (Gitarre) von Peo Alfonsi (Gitarre), Fausto Beccalossi (Akkordeon) und Rhani Krija (Percussion) aus Deutschland. Von seinem neuen Tonträger »All Your Life« (A Tribute to the Beatles) fanden sich Songs wie »And I Love Her« (Hörprobe), »Because«, »I Will«, »Eleanor Rigby« (Hörprobe), »I Am the Walrus«, »A Day In The Life«, »Being for the Benefit of Mr. Kite«, »She's Leaving Home« und auch »Strawberry Fields Forever« im Progamm. Diese mischen sich ohne erkennbaren Stilbruch zu den High-Lights »Mediterranean Sundance« und den Piazzolla-Tangos »Double Concerto« und »Café 1930«. Nach dem Auftritt unterschreibt Al Di Meola Autogrammkarten, verewigt sich auf Langspielplatten und signiert die mitgebrachte Ovation eines Fans. Danach geht es ins Restaurant auf ein saftiges Steak. 23:45 Uhr. Al Di Meola befindet sich gemeinsam mit Martin Hofmann und mir im sterilen Garderobenraum im 1. Stock des Colos-Saal. Er nimmt einen Schluck Bier, sitzt auf einem der ungemütlichen Sessel uns gegenüber. Für 00:15 Uhr ist das Taxi bestellt, um ihn nach Frankfurt ins Hotel zu bringen. A Thursday Midnight in Aschaffenburg.
Danke für das mitternächtliche Interview Mr. Al Di Meola. Was wünschen Sie sich heuer zu Weihnachten?
»Ich habe mir noch keine Gedanken darüber gemacht. Ich stecke mitten in einer furchtbaren Scheidung. Das werden die schlimmsten Weihnachten, die ich jemals erlebt habe. Die Situation ist die, das niemand zusammen sein wird. Ich weiß noch nicht, wo ich zu Weihnachten sein werde. Vielleicht bin ich sogar allein. Es war ein trauriges Jahr.«
Man sagt, Sie haben eine neue Beziehung ?
»Ich habe jemanden Neuen in meinem Leben. Sie ist von Deutschland. Sie wird mit ihren Eltern feiern. Ich habe mich noch nicht entschieden, wo ich sein werde. Dies ist definitiv ein großer Übergang in meinem Leben. Das letzte an das ich bisher gedacht habe ist, was ich zu Weihnachten bekomme. Möglicherweise nichts.«
Klaus und Matthias, die Eigentümer des Clubs hier, wundern sich, wieso dieses Konzert hier im Colos-Saal nicht auf Ihrer Homepage genannt wird. Haben Sie es in Ihrer Tour dazwischen geschoben?
»Nein. Das hat mit der Scheidung zu tun. Das ist der Grund, warum der Termin hier nicht auf der Website aufscheint.«
Wir wünschen Ihnen das Beste für Weihnachten und werden an Sie denken.
»Danke. Heute ist Thanks Giving. Das sind auch große Feierlichkeiten bei uns. Das ist der Grund, warum ich jetzt hier bin.«
Das freut uns. Das Konzert war großartig. Woher aus Amerika kommen Sie?
»Ich komme von New Jersey, das ist in der Nähe von New York City.«
In unseren Augen sind Sie der Typus eines modernen Gitarristen mit neuen Ideen und neuen Ansätze. Was stellt für Sie den unumstößlichen traditionellen Kern in Ihrem Spiel dar? Das Herzstück und das wichtigste in Ihrem Spiel? Haben Sie einen Rückzugspunkt?
»Das ist der Rhythmus. Wenn Du einen Sinn für Rhythmus hast, kannst Du eine Menge selbst aus jenen Stücken machen, die sehr einfach sind. Ihr wisst, ich bin bekannt für sehr komplexe Musik. Aber ich kann auch etwas Eigenständiges aus den Ideen der Beatles machen, die im Vergleich sehr simpel sind. Es kommt darauf an, wie Du den Rhythmus setzt und wie Du selbst über den Rhythmus denkst. Und etwas, das üblicherweise einfach ist, klingt plötzlich sehr anspruchsvoll und interessant.
Wenn Du einen Sinn für den Rhythmus hast, entwickelt sich daraus das Gespür für das Finden neuer Wege beim Komponieren. Wenn Du dieses Talent hast, kannst Du gegen die Time spielen und kommst auf viele neue Ideen. Es benötigt Instinkt, Einflüsse und die Bereitschaft für neue Entdeckungen.
Es gibt einige großartige Keyboarder wie Gonzalo Rubalcaba oder Chick Corea oder Drummer wie Steve Gadd die einen unglaublich natürlichen Sinn für Timing haben. Sie können viele interessante Rhythmen spielen, ohne die Time zu verlieren. Mit diesem Gespür kann man viele rhythmische Variationen spielen, unabhängig ob ein Stück einfach oder komplex ist. Das ist das bedeutende Element, alles andere ist begleitendes Rundherum.«
Wie kam es dazu, dass Sie mit Rhani Krija aus Deutschland spielen?
»Rhani ist der Percussionist von Sting. Er ist sehr neu für uns und spielt nicht auf allen unserer Shows. Morgen Abend spielt er mit Sting in Frankreich. Ich sah Rhani Krija vor ungefähr einem Monat im Fernsehen. Wir hatten ein Konzert in Italien. Ich konnte nicht schlafen und es war vier Uhr Nachts. Da sah ich mir ein altes Video an, das wohl fünf Jahre alt war. Es zeigt einen Auftritt von Sting. Und Rhani war auf der Aufnahme die ganze Zeit über direkt hinter Sting groß im Bild zu sehen.
Es war nur zwei oder drei Tage später als er hier in Deutschland bei einer Vorgruppe spielte. Und ich sagte: "Mann, ich sah Dich gerade erst im Fernsehen. Das ist unglaublich. Und nun bist Du hier." Und als ich sein Setup sah sagte ich zu ihm: "Du musst mit uns spielen." Er meinte: "Ich kenne Deine Musik nicht." Ich antwortete: "Das spielt keine Rolle. Spiel einfach, was Du fühlst." Ich liebe die Art der Marokkaner, Percussion zu spielen. Er ist von Marokko.«
Fühlen Sie einen Unterschied zum Rhythmus der Brasilianer? Sie spielten auch mit Airto Moreira.
»Das ist eine andere Welt von Percussion. Kuba und Salsa, das ist ein ganz anderes Feeling als der brasilianische Samba. Es ist erstaunlich. Die Brasilianer haben kein Salsa Feeling. Und die Salsa Jungs haben kein Samba Feeling. Das ist sehr seltsam für mich. Ich kann beides problemlos fühlen.
Und auch Rhani Krija fühlt beides. Er kann beides glaubhaft spielen. Aber der Punkt ist, wenn Rhani spielt, was er fühlt, dann fühle ich Marokko. Wenn ein Profi aus den Staaten Salsa spielt, dann hört man immer noch, dass er aus den Staaten ist. Bei Rhani ist das anders. Du kannst wirklich seinen Background hören und fühlst, woher er kommt. Das ist ein Gewinn für uns.«
War Ihnen, John Mc Laughlin oder Paco De Lucia vor oder während jener legendären »Friday Night in San Francisco« am 5. Dezember 1980 schon bewusst, dass dieses Konzert ein sensationeller musikalischer Erfolg werden würde?
»Ja, wir wussten, dass es ein Erfolg werden würde. Ich war mir bewusst, diese drei Namen zusammen, das würde großes Aufsehen erregen.«
Wie kam es zu diesem Trio? Kamen Sie nicht erst später dazu?
»Ich spielte zunächst mit Paco. Und da hatten wir die Idee eines Trios. Es war unsere Idee. Barry Marshall, der schon Paco und mich zusammengebracht hatte, kam dann auf mich zu und fragte mich, ob ich an einem Gitarrentrio mit Paco und Leo Kottke interessiert wäre? Und ich sagte: "Großartig, lass es uns machen." Aber zunächst war ich auf Tournee mit Elegant Gypsy.
Zu dieser Zeit spielte Paco mit John und Larry Coryell in Europa. Kurz nachdem ich die Elegant Gypsy Tournee beendet hatte, meldete sich Barry Marshall und fragte mich, wie ich darüber denke, wenn John Mc Laughlin mit dabei wäre. Und ich antwortete: "Wow, wenn Du John bekommst, dann wird dieses Trio wirklich unglaublich." Ich meine, John, ich und Paco, das ist großartig.
Aber wir haben niemals erwartet, dass das Trio derart einschlägt. Wir haben Millionen und Abermillionen von Platten verkauft. Ich denke, es ist die größte Platte von jedem von uns.«
Wir kennen den Roland VG-88, aber wer hat Ihre Gitarre für Sie gebaut?
»Eine Firma mit dem Namen Conde. Es ist eine Conde Hermanos, auch Conde Brothers genannt. Diese besondere ist eine Felipe Conde. Nun ist es ein Al Di Meola Signature Modell, denn ich habe meine eigenen Spezifikationen.«
Sie verwenden einen Plexiglas Soundschutz auf der Bühne. Warum?
»Der Akustiksound des Akkordeons ist viel lauter als der Akustiksound der Akustikgitarre. Um eine ausgewogenen Balance des Sounds zu bekommen verwende ich einen Soundschutz.
Normaler weise verwende ich den Schutz vor dem Schlagzeug. Denn wir haben einen Schlagzeuger, wenn Rhani nicht gerade Percussion spielt. Und Drums sind laut. Darum brauchst Du einen Schutz und zwar über die Hälfte der Bühne bis zum Mittelpunkt der Bassdrum. Ich kann das Schlagzeug immer noch gut hören, aber nicht so laut. Es ist eine Frage der Balance.
Meine Monitoren beschallen nicht direkt meine Ohren. Und ich denke, jeder sollte das gleich tun wie ich. Richte die Monitoren weg von Dir. Es ist besser, den Sound rund um Dich herum zu hören als direkt in Deinen Ohren.«
Sie spielen in einer Akustikband. Würden Sie auch wieder elektrisch spielen?
»Ich habe Tinnitus, das Klingeln der Ohren. Und das geht nicht weg, niemals. Es wird nicht leiser und dann wieder lauter, sondern es klingelt immer gleich laut. Falls es schlimmer wird, ist das das Ende. Ich leide darunter.
Was ist das lauteste für das Publikum wenn eine Rockband spielt? Ich sag es Euch. Es ist der Sänger. Rockmusik an sich ist schon sehr laut, aber der Sänger muss noch viel lauter sein. Das schmerzt in den Ohren und es schadet ihnen. Sänger verwenden oft In-Ear Monitoring. Das ist das schlimmste, das sie machen können.
Würde ich E-Gitarre spielen, dann brauche ich einen Bassisten. Habe ich einen Bassisten, benötige ich wahrscheinlich einen Keyboarder. Du addierst mehr und mehr Lautstärke auf der Bühne. Und um einen großartigen E-Gitarrensound zu bekommen, musst Du lauter aufdrehen als die Begleitung. Das wird sehr laut. Das ist der Grund, warum ich nicht mehr E-Gitarre spiele.«
Sie spielten heute ausschließlich Akustikgitarre. Was ist der Vorteil, elektrische Sounds zu modellieren?
»Wenn ich den elektrischen Sound einblende klingt er gleichzeitig zum Akustiksound. Es ist nicht so, dass ich dann den Akustiksound weg nehme. Es sieht möglicherweise komisch aus. Denn Du schaust auf eine Nylonsaitengitarre aber was Du hörst ist Les Paul oder Marshall. Und es muss nicht zehnmal lauter sein.
Wenn Du die E-Gitarre aufnimmst, klingt die Aufnahme nicht wie der echte Sound. In einem Raum hast Du Raumschall. Die Umgebungsbedingungen können den Sound abrunden und ihn mächtig machen. Wenn Du Dir den Sound direkt anhörst, klingt er aber möglicherweise fürchterlich. Das ist knifflig. Ohren hören anders als ein Mikrofon oder ein Line-Eingang.
Viele Male als ich im Studio war, klang die Elektrogitarre über den Verstärker im Raum gut. Unglaublich. Dann hörte ich mir die Aufnahme im Kontrollraum an und die Art wie es das Mikrofon aufnahm war komplett anders als ich es gehört habe. Fürchterlich.«
Die Technik der Gitarristen hat sich seit den 60ern enorm entwickelt. Wie bewerten Sie selbst den Ihnen nachgesagten Einfluss auf die Entwicklung der Gitarrentechnik?
»Ich habe damals volle Aufmerksamkeit bekommen. Mitte der 70er lag die Zugkraft beim technischen Aspekt der Musik. Für das Publikum war das zur damaligen Zeit faszinierend. Und da war das Gitarren-Trio. Drei Typen mit einer herausragenden Spieltechnik. Das war einzigartig, denn es gab nicht viele Leute, die genau das machten. Aber Du kannst Dich nicht Dein Leben lang darauf ausruhen. Also erforschte ich meine Fähigkeit zu strahlen. Es geht darum, die Aufmerksamkeit des Publikums zu halten, und das funktioniert nicht über die Gitarrentechnik. Es ist wirklich die Komposition, auf die es ankommt. Sie ist es, die die Zuhörer interessiert und aufmerksam hält.«
Was bereitet Ihnen mehr Freude? Das Komponieren oder das Spielen?
»Ich mag beides. Das Komponieren ist sehr wichtig. Aber es ist auch gleichzeitig das schwerste. Komponieren ist absolut entscheidend, das lohnendste aber auch das schmerzvollste. Es ist wirklich sehr schmerzvoll das finale Ergebnis zu erreichen. Spielen tust Du nur im Moment. Du tust dabei das, was Du kannst. Das ist überhaupt nicht schmerzhaft. Aber Komponieren ist die schwerste Tätigkeit für jeden.«
Sie haben in sehr unterschiedlichen Besetzungen gespielt. Haben Sie eine Lieblingsbesetzung oder lieben Sie den Wechsel? Wie wirkt sich das auf Ihr Setup aus?
»Es hat mich viele Jahre gekostet, von der Steel-String-Akustik-Gitarre zur Nylon-String-Gitarre zu wechseln. Eine Nylon-Saiten-Gitarre hat einen reicheren, tieferen Sound und vermittelt ein Feeling, das direkter und geradewegs ins Herz führt. Es war eine große Umstellung um mich daran zu gewöhnen. Jetzt spiele ich fast ausschließlich Nylon-String-Gitarre. Das ist meine erste Wahl um meine Musik zu spielen. Mit der Akustik-Gitarre kann ich Musik spielen, die eine Menge Tiefe und Gefühl hat.
Die elektrische Gitarre ist mehr im Sinne eines Sängers, der lyrische Melodien singt. Aber wenn es darum geht, rhythmisch zu spielen, benötige ich diese Art der Saitenspannung, wie sie Akustik-Gitarren haben, speziell Nylon-Saiten-Gitarren.
Ich verwirkliche meine Ideen gerne mit Typen wie Rhani. Und genauso liebe ich das Akkordeon. Mein erstes Instrument war das Akkordeon. Es hat einen schönen Sound und es ist komplementär zur Gitarre.«
Ihre Anerkennung der Musik von Ástor Piazzolla ist seit 1996 bekannt. Warum hat es so lange gedauert, bis Sie ihre Anerkennung der Beatles musikalisch zum Ausdruck bringen?
»Das hat deswegen so lange gedauert, weil jeder schon was mit den Beatles gemacht hat. Es gibt eine Menge Beatles Tributes. Und die meisten haben exakt das gleiche gemacht, was die Beatles schon gemacht haben und haben es kopiert.
Ich musste mich erst entwickeln und zu dem Punkt kommen an dem ich wusste, hier kann ich in meinem Stil etwas ganz nach meinem Geschmack machen. Aber es dauerte eine Weile, zu diesem Punkt zu gelangen. Es war nicht einfach. Einige der Stücke sind das härteste, das ich jemals gespielt habe. Meine Interpretation von Penny Lane oder Michelle verfügen über hohe Komplexität und gleichzeitig ist die Melodie noch völlig intakt. Es begann als einfaches Stück. Aber die Art wie ich es spiele, machte es zu etwas interessantem und herausforderndem. Und ungleich zu jedem anderen Tribute. Das ist es, was wichtig war und nicht die tausend oder zweitausend anderen Versionen, die andere schon aus den Beatles gemacht haben.
Ich wollte dem niemals nahe kommen, was die Beatles gemacht haben. Denn sie haben es auf ihre Weise fantastisch gemacht. Sie waren niemals technisch anspruchsvolle Spieler oder Gitarrenvirtuosen. Sie haben in der Band einfach fantastisch geklungen. Diese Musik ist heilig, sie klangen so dermaßen gut. Wenn Du mit den Beatles aufgewachsen bist, weißt Du, was ich meine.«
Haben Sie einen Lieblingssong oder einen »Lieblings-Beatle«?
»Da gibt es so viele. Ich liebe beide: McCartney und Lennon. Das ist wie Äpfel und Orangen. Und gemeinsam machten sie die Beatles aus. Es waren diese beiden Typen, in erster Linie. Lennon schrieb Klassiker wie I AmThe Walruss oder Strawberry Fields Forever. Ich meine, diese Songs waren ihrer Zeit so weit voraus. Sogar wenn man sich die Songs heute anhört. Es gibt keine Popsongs der Jetztzeit, die mit diesem Stoff vergleichbar wären. Und diese Typen waren in der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts, in den 60ern.«
Was berührt Sie persönlich an der Musik von Ástor Piazzolla und was an der Musik der Beatles? Welchen persönlichen Einfluss hat die Musik von Piazzolla im Vergleich zur Musik von Lennon und Mc Cartney auf Sie?
»Das sind großartige, melodische Songs, die die Beatles gemacht haben. Melodisch und schön. Manchmal steckt die Schönheit in der Einfachheit. Du kannst alle ihre Songs sehr einfach singen. Du kannst aber auch eine Menge Songs von fürchterlichen und miesen Bands einfach mitsingen. Aber die Qualität in dem was die Beatles getan haben, war so viel besser. Obwohl es einfach war.
Piazzollas Musik ist sehr komplex. Aber sie bringt Dich zum Weinen, manchmal. Sie berührt Dich so tief. Mit den Beatles bin ich aufgewachsen. Mit Piazzolla bin ich nicht aufgewachsen. Seine Musik ist eine Herausforderung und berührt gleichzeitig Dein Herz. Und das ist wirklich die Verbindung, die für meine Vision von Musik funktioniert und die ich als Komponist zu erreichen versuche.
Jazz-Musiker und Fusion-Musiker gehen einen rein spieltechnischen Weg. Niemand von ihnen berührt Dein Herz, nicht im mindesten. Es ist vielleicht aufregend, was sie machen, vielleicht ein kurzes Aufblitzen, ein Flash.
Aber die Musik der Beatles geht ins Herz. Und Piazzollas Musik ist komplex und geht gleichzeitig ins Herz. Was immer auch der melodische Aspekt in meinen Kompositionen sein mag, ich habe beide Einflüsse hineingepackt. Wenn Du heute keine Melodie findest, weil alles zu komplex ist und zu weit fortgeschritten, bleibst Du vom Publikum getrennt. Du findest keinen Draht, solche Musik kann nicht genossen werden. Es ist wie des Musikers Masterbuilding, das nicht auf das Publikum eingeht.
Ich versuche die Balance zu finden. Und die Kombination der drei Aspekte von ursprünglicher Musik, Lennon-McCartney und Piazzolla ist genau das, was ich gerne tu. Diese Einflüsse kommen in mir zusammen und wenn ich damit auch in Deutschland ein Publikum finde, dann danke ich dafür Gott.«
Danke für das Interview. Herzliche Grüße und beste Wünsche von den Gitarristen und Usern im Musiker Board. Auf das das nächste Jahr mehr Sonnenschein für Sie bereit hält.
Am 5. Dezember 1980 hat der italo-amerikanischen Fusion- und Jazz-Gitarrist, der in den 70er Jahren als »schnellster Gitarrist der Welt« galt, gemeinsam mit John McLaughlin und Paco de Lucia Geschichte geschrieben, als das virtuose Gitarrentrio das bekannteste Live-Akustikgitarren-Album überhaupt im Warfield Theatre von San Francisco Live einspielte. Anlässlich seiner »All Your Life« Tour, in der er ausgewählte Lieblingsstücke der legendären Beatles akustisch interpretiert, kam Al Di Meola am Donnerstag, den 28. November 2013 in den Colos-Saal nach Aschaffenburg. Eine mitternächtliche Begegnung mit Martin Hofmann (miCOM) und relact.
A Thursday Night in Aschaffenburg. Colos-Saal. 18:00 Uhr. Soundcheck. 19:00 Uhr. Kurze Zeit zum Verschnaufen und Erholen vom Flug. 20:00 Uhr. Konzert. 22:30 Uhr. Das Konzert war ausverkauft und ein voller Erfolg. Musikalisch begleitet wurde Al Di Meola (Gitarre) von Peo Alfonsi (Gitarre), Fausto Beccalossi (Akkordeon) und Rhani Krija (Percussion) aus Deutschland. Von seinem neuen Tonträger »All Your Life« (A Tribute to the Beatles) fanden sich Songs wie »And I Love Her« (Hörprobe), »Because«, »I Will«, »Eleanor Rigby« (Hörprobe), »I Am the Walrus«, »A Day In The Life«, »Being for the Benefit of Mr. Kite«, »She's Leaving Home« und auch »Strawberry Fields Forever« im Progamm. Diese mischen sich ohne erkennbaren Stilbruch zu den High-Lights »Mediterranean Sundance« und den Piazzolla-Tangos »Double Concerto« und »Café 1930«. Nach dem Auftritt unterschreibt Al Di Meola Autogrammkarten, verewigt sich auf Langspielplatten und signiert die mitgebrachte Ovation eines Fans. Danach geht es ins Restaurant auf ein saftiges Steak. 23:45 Uhr. Al Di Meola befindet sich gemeinsam mit Martin Hofmann und mir im sterilen Garderobenraum im 1. Stock des Colos-Saal. Er nimmt einen Schluck Bier, sitzt auf einem der ungemütlichen Sessel uns gegenüber. Für 00:15 Uhr ist das Taxi bestellt, um ihn nach Frankfurt ins Hotel zu bringen. A Thursday Midnight in Aschaffenburg.
Danke für das mitternächtliche Interview Mr. Al Di Meola. Was wünschen Sie sich heuer zu Weihnachten?
»Ich habe mir noch keine Gedanken darüber gemacht. Ich stecke mitten in einer furchtbaren Scheidung. Das werden die schlimmsten Weihnachten, die ich jemals erlebt habe. Die Situation ist die, das niemand zusammen sein wird. Ich weiß noch nicht, wo ich zu Weihnachten sein werde. Vielleicht bin ich sogar allein. Es war ein trauriges Jahr.«
Man sagt, Sie haben eine neue Beziehung ?
»Ich habe jemanden Neuen in meinem Leben. Sie ist von Deutschland. Sie wird mit ihren Eltern feiern. Ich habe mich noch nicht entschieden, wo ich sein werde. Dies ist definitiv ein großer Übergang in meinem Leben. Das letzte an das ich bisher gedacht habe ist, was ich zu Weihnachten bekomme. Möglicherweise nichts.«
Klaus und Matthias, die Eigentümer des Clubs hier, wundern sich, wieso dieses Konzert hier im Colos-Saal nicht auf Ihrer Homepage genannt wird. Haben Sie es in Ihrer Tour dazwischen geschoben?
»Nein. Das hat mit der Scheidung zu tun. Das ist der Grund, warum der Termin hier nicht auf der Website aufscheint.«
Wir wünschen Ihnen das Beste für Weihnachten und werden an Sie denken.
»Danke. Heute ist Thanks Giving. Das sind auch große Feierlichkeiten bei uns. Das ist der Grund, warum ich jetzt hier bin.«
Das freut uns. Das Konzert war großartig. Woher aus Amerika kommen Sie?
»Ich komme von New Jersey, das ist in der Nähe von New York City.«
In unseren Augen sind Sie der Typus eines modernen Gitarristen mit neuen Ideen und neuen Ansätze. Was stellt für Sie den unumstößlichen traditionellen Kern in Ihrem Spiel dar? Das Herzstück und das wichtigste in Ihrem Spiel? Haben Sie einen Rückzugspunkt?
»Das ist der Rhythmus. Wenn Du einen Sinn für Rhythmus hast, kannst Du eine Menge selbst aus jenen Stücken machen, die sehr einfach sind. Ihr wisst, ich bin bekannt für sehr komplexe Musik. Aber ich kann auch etwas Eigenständiges aus den Ideen der Beatles machen, die im Vergleich sehr simpel sind. Es kommt darauf an, wie Du den Rhythmus setzt und wie Du selbst über den Rhythmus denkst. Und etwas, das üblicherweise einfach ist, klingt plötzlich sehr anspruchsvoll und interessant.
Wenn Du einen Sinn für den Rhythmus hast, entwickelt sich daraus das Gespür für das Finden neuer Wege beim Komponieren. Wenn Du dieses Talent hast, kannst Du gegen die Time spielen und kommst auf viele neue Ideen. Es benötigt Instinkt, Einflüsse und die Bereitschaft für neue Entdeckungen.
Es gibt einige großartige Keyboarder wie Gonzalo Rubalcaba oder Chick Corea oder Drummer wie Steve Gadd die einen unglaublich natürlichen Sinn für Timing haben. Sie können viele interessante Rhythmen spielen, ohne die Time zu verlieren. Mit diesem Gespür kann man viele rhythmische Variationen spielen, unabhängig ob ein Stück einfach oder komplex ist. Das ist das bedeutende Element, alles andere ist begleitendes Rundherum.«
Wie kam es dazu, dass Sie mit Rhani Krija aus Deutschland spielen?
»Rhani ist der Percussionist von Sting. Er ist sehr neu für uns und spielt nicht auf allen unserer Shows. Morgen Abend spielt er mit Sting in Frankreich. Ich sah Rhani Krija vor ungefähr einem Monat im Fernsehen. Wir hatten ein Konzert in Italien. Ich konnte nicht schlafen und es war vier Uhr Nachts. Da sah ich mir ein altes Video an, das wohl fünf Jahre alt war. Es zeigt einen Auftritt von Sting. Und Rhani war auf der Aufnahme die ganze Zeit über direkt hinter Sting groß im Bild zu sehen.
Es war nur zwei oder drei Tage später als er hier in Deutschland bei einer Vorgruppe spielte. Und ich sagte: "Mann, ich sah Dich gerade erst im Fernsehen. Das ist unglaublich. Und nun bist Du hier." Und als ich sein Setup sah sagte ich zu ihm: "Du musst mit uns spielen." Er meinte: "Ich kenne Deine Musik nicht." Ich antwortete: "Das spielt keine Rolle. Spiel einfach, was Du fühlst." Ich liebe die Art der Marokkaner, Percussion zu spielen. Er ist von Marokko.«
Fühlen Sie einen Unterschied zum Rhythmus der Brasilianer? Sie spielten auch mit Airto Moreira.
»Das ist eine andere Welt von Percussion. Kuba und Salsa, das ist ein ganz anderes Feeling als der brasilianische Samba. Es ist erstaunlich. Die Brasilianer haben kein Salsa Feeling. Und die Salsa Jungs haben kein Samba Feeling. Das ist sehr seltsam für mich. Ich kann beides problemlos fühlen.
Und auch Rhani Krija fühlt beides. Er kann beides glaubhaft spielen. Aber der Punkt ist, wenn Rhani spielt, was er fühlt, dann fühle ich Marokko. Wenn ein Profi aus den Staaten Salsa spielt, dann hört man immer noch, dass er aus den Staaten ist. Bei Rhani ist das anders. Du kannst wirklich seinen Background hören und fühlst, woher er kommt. Das ist ein Gewinn für uns.«
War Ihnen, John Mc Laughlin oder Paco De Lucia vor oder während jener legendären »Friday Night in San Francisco« am 5. Dezember 1980 schon bewusst, dass dieses Konzert ein sensationeller musikalischer Erfolg werden würde?
»Ja, wir wussten, dass es ein Erfolg werden würde. Ich war mir bewusst, diese drei Namen zusammen, das würde großes Aufsehen erregen.«
Wie kam es zu diesem Trio? Kamen Sie nicht erst später dazu?
»Ich spielte zunächst mit Paco. Und da hatten wir die Idee eines Trios. Es war unsere Idee. Barry Marshall, der schon Paco und mich zusammengebracht hatte, kam dann auf mich zu und fragte mich, ob ich an einem Gitarrentrio mit Paco und Leo Kottke interessiert wäre? Und ich sagte: "Großartig, lass es uns machen." Aber zunächst war ich auf Tournee mit Elegant Gypsy.
Zu dieser Zeit spielte Paco mit John und Larry Coryell in Europa. Kurz nachdem ich die Elegant Gypsy Tournee beendet hatte, meldete sich Barry Marshall und fragte mich, wie ich darüber denke, wenn John Mc Laughlin mit dabei wäre. Und ich antwortete: "Wow, wenn Du John bekommst, dann wird dieses Trio wirklich unglaublich." Ich meine, John, ich und Paco, das ist großartig.
Aber wir haben niemals erwartet, dass das Trio derart einschlägt. Wir haben Millionen und Abermillionen von Platten verkauft. Ich denke, es ist die größte Platte von jedem von uns.«
Wir kennen den Roland VG-88, aber wer hat Ihre Gitarre für Sie gebaut?
»Eine Firma mit dem Namen Conde. Es ist eine Conde Hermanos, auch Conde Brothers genannt. Diese besondere ist eine Felipe Conde. Nun ist es ein Al Di Meola Signature Modell, denn ich habe meine eigenen Spezifikationen.«
Sie verwenden einen Plexiglas Soundschutz auf der Bühne. Warum?
»Der Akustiksound des Akkordeons ist viel lauter als der Akustiksound der Akustikgitarre. Um eine ausgewogenen Balance des Sounds zu bekommen verwende ich einen Soundschutz.
Normaler weise verwende ich den Schutz vor dem Schlagzeug. Denn wir haben einen Schlagzeuger, wenn Rhani nicht gerade Percussion spielt. Und Drums sind laut. Darum brauchst Du einen Schutz und zwar über die Hälfte der Bühne bis zum Mittelpunkt der Bassdrum. Ich kann das Schlagzeug immer noch gut hören, aber nicht so laut. Es ist eine Frage der Balance.
Meine Monitoren beschallen nicht direkt meine Ohren. Und ich denke, jeder sollte das gleich tun wie ich. Richte die Monitoren weg von Dir. Es ist besser, den Sound rund um Dich herum zu hören als direkt in Deinen Ohren.«
Sie spielen in einer Akustikband. Würden Sie auch wieder elektrisch spielen?
»Ich habe Tinnitus, das Klingeln der Ohren. Und das geht nicht weg, niemals. Es wird nicht leiser und dann wieder lauter, sondern es klingelt immer gleich laut. Falls es schlimmer wird, ist das das Ende. Ich leide darunter.
Was ist das lauteste für das Publikum wenn eine Rockband spielt? Ich sag es Euch. Es ist der Sänger. Rockmusik an sich ist schon sehr laut, aber der Sänger muss noch viel lauter sein. Das schmerzt in den Ohren und es schadet ihnen. Sänger verwenden oft In-Ear Monitoring. Das ist das schlimmste, das sie machen können.
Würde ich E-Gitarre spielen, dann brauche ich einen Bassisten. Habe ich einen Bassisten, benötige ich wahrscheinlich einen Keyboarder. Du addierst mehr und mehr Lautstärke auf der Bühne. Und um einen großartigen E-Gitarrensound zu bekommen, musst Du lauter aufdrehen als die Begleitung. Das wird sehr laut. Das ist der Grund, warum ich nicht mehr E-Gitarre spiele.«
Sie spielten heute ausschließlich Akustikgitarre. Was ist der Vorteil, elektrische Sounds zu modellieren?
»Wenn ich den elektrischen Sound einblende klingt er gleichzeitig zum Akustiksound. Es ist nicht so, dass ich dann den Akustiksound weg nehme. Es sieht möglicherweise komisch aus. Denn Du schaust auf eine Nylonsaitengitarre aber was Du hörst ist Les Paul oder Marshall. Und es muss nicht zehnmal lauter sein.
Wenn Du die E-Gitarre aufnimmst, klingt die Aufnahme nicht wie der echte Sound. In einem Raum hast Du Raumschall. Die Umgebungsbedingungen können den Sound abrunden und ihn mächtig machen. Wenn Du Dir den Sound direkt anhörst, klingt er aber möglicherweise fürchterlich. Das ist knifflig. Ohren hören anders als ein Mikrofon oder ein Line-Eingang.
Viele Male als ich im Studio war, klang die Elektrogitarre über den Verstärker im Raum gut. Unglaublich. Dann hörte ich mir die Aufnahme im Kontrollraum an und die Art wie es das Mikrofon aufnahm war komplett anders als ich es gehört habe. Fürchterlich.«
Die Technik der Gitarristen hat sich seit den 60ern enorm entwickelt. Wie bewerten Sie selbst den Ihnen nachgesagten Einfluss auf die Entwicklung der Gitarrentechnik?
»Ich habe damals volle Aufmerksamkeit bekommen. Mitte der 70er lag die Zugkraft beim technischen Aspekt der Musik. Für das Publikum war das zur damaligen Zeit faszinierend. Und da war das Gitarren-Trio. Drei Typen mit einer herausragenden Spieltechnik. Das war einzigartig, denn es gab nicht viele Leute, die genau das machten. Aber Du kannst Dich nicht Dein Leben lang darauf ausruhen. Also erforschte ich meine Fähigkeit zu strahlen. Es geht darum, die Aufmerksamkeit des Publikums zu halten, und das funktioniert nicht über die Gitarrentechnik. Es ist wirklich die Komposition, auf die es ankommt. Sie ist es, die die Zuhörer interessiert und aufmerksam hält.«
Was bereitet Ihnen mehr Freude? Das Komponieren oder das Spielen?
»Ich mag beides. Das Komponieren ist sehr wichtig. Aber es ist auch gleichzeitig das schwerste. Komponieren ist absolut entscheidend, das lohnendste aber auch das schmerzvollste. Es ist wirklich sehr schmerzvoll das finale Ergebnis zu erreichen. Spielen tust Du nur im Moment. Du tust dabei das, was Du kannst. Das ist überhaupt nicht schmerzhaft. Aber Komponieren ist die schwerste Tätigkeit für jeden.«
Sie haben in sehr unterschiedlichen Besetzungen gespielt. Haben Sie eine Lieblingsbesetzung oder lieben Sie den Wechsel? Wie wirkt sich das auf Ihr Setup aus?
»Es hat mich viele Jahre gekostet, von der Steel-String-Akustik-Gitarre zur Nylon-String-Gitarre zu wechseln. Eine Nylon-Saiten-Gitarre hat einen reicheren, tieferen Sound und vermittelt ein Feeling, das direkter und geradewegs ins Herz führt. Es war eine große Umstellung um mich daran zu gewöhnen. Jetzt spiele ich fast ausschließlich Nylon-String-Gitarre. Das ist meine erste Wahl um meine Musik zu spielen. Mit der Akustik-Gitarre kann ich Musik spielen, die eine Menge Tiefe und Gefühl hat.
Die elektrische Gitarre ist mehr im Sinne eines Sängers, der lyrische Melodien singt. Aber wenn es darum geht, rhythmisch zu spielen, benötige ich diese Art der Saitenspannung, wie sie Akustik-Gitarren haben, speziell Nylon-Saiten-Gitarren.
Ich verwirkliche meine Ideen gerne mit Typen wie Rhani. Und genauso liebe ich das Akkordeon. Mein erstes Instrument war das Akkordeon. Es hat einen schönen Sound und es ist komplementär zur Gitarre.«
Ihre Anerkennung der Musik von Ástor Piazzolla ist seit 1996 bekannt. Warum hat es so lange gedauert, bis Sie ihre Anerkennung der Beatles musikalisch zum Ausdruck bringen?
»Das hat deswegen so lange gedauert, weil jeder schon was mit den Beatles gemacht hat. Es gibt eine Menge Beatles Tributes. Und die meisten haben exakt das gleiche gemacht, was die Beatles schon gemacht haben und haben es kopiert.
Ich musste mich erst entwickeln und zu dem Punkt kommen an dem ich wusste, hier kann ich in meinem Stil etwas ganz nach meinem Geschmack machen. Aber es dauerte eine Weile, zu diesem Punkt zu gelangen. Es war nicht einfach. Einige der Stücke sind das härteste, das ich jemals gespielt habe. Meine Interpretation von Penny Lane oder Michelle verfügen über hohe Komplexität und gleichzeitig ist die Melodie noch völlig intakt. Es begann als einfaches Stück. Aber die Art wie ich es spiele, machte es zu etwas interessantem und herausforderndem. Und ungleich zu jedem anderen Tribute. Das ist es, was wichtig war und nicht die tausend oder zweitausend anderen Versionen, die andere schon aus den Beatles gemacht haben.
Ich wollte dem niemals nahe kommen, was die Beatles gemacht haben. Denn sie haben es auf ihre Weise fantastisch gemacht. Sie waren niemals technisch anspruchsvolle Spieler oder Gitarrenvirtuosen. Sie haben in der Band einfach fantastisch geklungen. Diese Musik ist heilig, sie klangen so dermaßen gut. Wenn Du mit den Beatles aufgewachsen bist, weißt Du, was ich meine.«
Haben Sie einen Lieblingssong oder einen »Lieblings-Beatle«?
»Da gibt es so viele. Ich liebe beide: McCartney und Lennon. Das ist wie Äpfel und Orangen. Und gemeinsam machten sie die Beatles aus. Es waren diese beiden Typen, in erster Linie. Lennon schrieb Klassiker wie I AmThe Walruss oder Strawberry Fields Forever. Ich meine, diese Songs waren ihrer Zeit so weit voraus. Sogar wenn man sich die Songs heute anhört. Es gibt keine Popsongs der Jetztzeit, die mit diesem Stoff vergleichbar wären. Und diese Typen waren in der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts, in den 60ern.«
Was berührt Sie persönlich an der Musik von Ástor Piazzolla und was an der Musik der Beatles? Welchen persönlichen Einfluss hat die Musik von Piazzolla im Vergleich zur Musik von Lennon und Mc Cartney auf Sie?
»Das sind großartige, melodische Songs, die die Beatles gemacht haben. Melodisch und schön. Manchmal steckt die Schönheit in der Einfachheit. Du kannst alle ihre Songs sehr einfach singen. Du kannst aber auch eine Menge Songs von fürchterlichen und miesen Bands einfach mitsingen. Aber die Qualität in dem was die Beatles getan haben, war so viel besser. Obwohl es einfach war.
Piazzollas Musik ist sehr komplex. Aber sie bringt Dich zum Weinen, manchmal. Sie berührt Dich so tief. Mit den Beatles bin ich aufgewachsen. Mit Piazzolla bin ich nicht aufgewachsen. Seine Musik ist eine Herausforderung und berührt gleichzeitig Dein Herz. Und das ist wirklich die Verbindung, die für meine Vision von Musik funktioniert und die ich als Komponist zu erreichen versuche.
Jazz-Musiker und Fusion-Musiker gehen einen rein spieltechnischen Weg. Niemand von ihnen berührt Dein Herz, nicht im mindesten. Es ist vielleicht aufregend, was sie machen, vielleicht ein kurzes Aufblitzen, ein Flash.
Aber die Musik der Beatles geht ins Herz. Und Piazzollas Musik ist komplex und geht gleichzeitig ins Herz. Was immer auch der melodische Aspekt in meinen Kompositionen sein mag, ich habe beide Einflüsse hineingepackt. Wenn Du heute keine Melodie findest, weil alles zu komplex ist und zu weit fortgeschritten, bleibst Du vom Publikum getrennt. Du findest keinen Draht, solche Musik kann nicht genossen werden. Es ist wie des Musikers Masterbuilding, das nicht auf das Publikum eingeht.
Ich versuche die Balance zu finden. Und die Kombination der drei Aspekte von ursprünglicher Musik, Lennon-McCartney und Piazzolla ist genau das, was ich gerne tu. Diese Einflüsse kommen in mir zusammen und wenn ich damit auch in Deutschland ein Publikum finde, dann danke ich dafür Gott.«
Danke für das Interview. Herzliche Grüße und beste Wünsche von den Gitarristen und Usern im Musiker Board. Auf das das nächste Jahr mehr Sonnenschein für Sie bereit hält.
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