
lil
Helpful & Friendly User
- Zuletzt hier
- 08.03.25
- Registriert
- 18.04.08
- Beiträge
- 6.878
- Kekse
- 53.422
Erlebnisbericht eines Akkordeons:
Meine Besitzerin sagte mir, sie wolle mir "Beine machen". So recht verstehen konnte ich das nicht - die wären beim Ihr-auf-dem-Schoß-Sitzen doch nur im Weg. Oder war ich ihr zu schwer und sie wollte, dass ich selbst laufe kann, damit sie mich nicht mehr durch die Gegend tragen muss? Jedenfalls freute ich mich nicht wirklich auf das Wochenende.
Erst als sie mich am Freitag Abend in einem fremden Kämmerchen bei einem fremden Mann (der ulkigerweise genau so hieß wie mein Mittelteil) auspackte und anspielte - keine richtige Melodie, nur einzelne Töne - verstand ich, was sie mit "Beine machen" gemeint hatte: verschiedene Töne (die ganz tiefen im 16'-Chor und die ganz hohen im 4') hörte sie nicht schnell genug, wollte also die Ansprache schneller haben.
An diesem Abend passierte noch nicht viel: der Mann Balg löste meinen Balg vom Diskantteil und teilte mich, um die Innereien sehen zu können. Dann holte er den 4'-Stimmstock heraus (zum Glück ist das von meinen Erbauern so vorgesehen, es tut also nicht weh) und demonstriere meiner Besitzerin, dass er an der Ansprache und dem Tonverhalten der hohen Töne nichts verbessern könne, da ich angeblich Konstruktionsmängel hätte. DAS tat weh, kann ich Euch sagen ...
Am nächsten Tag beschäftigten sich die beiden dann mit dem 16'-Stimmstock. Und jetzt kann ich eher verstehen, dass manche Menschen sich freiwillig vom Zahnarzt quälen lassen: die Behandlung tut zwar weh, aber das Ergebnis kann sich sehen (oder in meinem Fall hören) lassen!
Die beiden haben den ganzen Tag an nur sieben Tönen gearbeitet! Balg hat uns (also meiner Besitzerin und mir) erklärt, dass es die schweren Gewichte vorne auf den Stimmzungen sind, die die Ansprache so langsam machen. Es dauert halt, bis eine große Masse in Bewegung kommt ...
Einer nach dem anderen wurde ein Zahn gezogen bzw. eine Stimmplatte aus dem Stimmstock herausgebrochen und bearbeitet: vorne vom Klotz abgefeilt (beim größten ist es fast ein Viertel geworden - aber nicht auf einmal, sondern nach und nach), dann hinten mit dem Schleifstift geschabt, damit der Ton wieder stimmt. Und dann durfte meine Besitzerin auch etwas tun: die Ansprache testen, ob sie schon besser oder gar gut ist, oder ob Balg noch mehr abfeilen muss. Und ziemlich oft musste er nochmal feilen! Und wenn dann endlich meine Besitzerin die Ansprache akzeptabel fand, kam die zweite Stimmzunge auf der Platte dran. Und dann der nächste Ton ...
Endlich waren alle kritischen Töne bearbeitet, dann wurden die Platten wieder eingewachst, feingestimmt und eingebaut. Dann bekam ich auch meine zweite Hälfte wieder und meine Besitzerin hat mich probegespielt. Und ich muss zugeben: die Töne haben wirklich "Beine bekommen"! Wo sie vorher durch die Gegend geschlurft sind, hüpfen sie jetzt beinahe.
Lustig war übrigens, wie meine Besitzerin die ganze Zeit geredet hat: immer hieß es "wir tun dies" und "wir tun das", dabei hat Balg getan und sie nur ab und zu die Ansprache getestet
Mein Wellness-Wochenende war damit noch nicht zu Ende, es fehlt noch der Sonntag. Aber meine Sekretärin meint, sie hätte dafür keine Zeit mehr, deshalb kommt dieser Teil später.
Liebe Grüße,
INges Morino (VN)
Anmerkung der Sekretärin:
von mir nur noch einen ganz herzlichen Dank an Manfred und Karin für dieses Wochenende! Manfred natürlich fürs "Beine machen", aber beiden für die herzliche Gastfreundschaft und besonders Karin fürs kulinarische Verwöhnen.
Ganz liebe Grüße an Euch,
INge
Meine Besitzerin sagte mir, sie wolle mir "Beine machen". So recht verstehen konnte ich das nicht - die wären beim Ihr-auf-dem-Schoß-Sitzen doch nur im Weg. Oder war ich ihr zu schwer und sie wollte, dass ich selbst laufe kann, damit sie mich nicht mehr durch die Gegend tragen muss? Jedenfalls freute ich mich nicht wirklich auf das Wochenende.
Erst als sie mich am Freitag Abend in einem fremden Kämmerchen bei einem fremden Mann (der ulkigerweise genau so hieß wie mein Mittelteil) auspackte und anspielte - keine richtige Melodie, nur einzelne Töne - verstand ich, was sie mit "Beine machen" gemeint hatte: verschiedene Töne (die ganz tiefen im 16'-Chor und die ganz hohen im 4') hörte sie nicht schnell genug, wollte also die Ansprache schneller haben.
An diesem Abend passierte noch nicht viel: der Mann Balg löste meinen Balg vom Diskantteil und teilte mich, um die Innereien sehen zu können. Dann holte er den 4'-Stimmstock heraus (zum Glück ist das von meinen Erbauern so vorgesehen, es tut also nicht weh) und demonstriere meiner Besitzerin, dass er an der Ansprache und dem Tonverhalten der hohen Töne nichts verbessern könne, da ich angeblich Konstruktionsmängel hätte. DAS tat weh, kann ich Euch sagen ...
Am nächsten Tag beschäftigten sich die beiden dann mit dem 16'-Stimmstock. Und jetzt kann ich eher verstehen, dass manche Menschen sich freiwillig vom Zahnarzt quälen lassen: die Behandlung tut zwar weh, aber das Ergebnis kann sich sehen (oder in meinem Fall hören) lassen!
Die beiden haben den ganzen Tag an nur sieben Tönen gearbeitet! Balg hat uns (also meiner Besitzerin und mir) erklärt, dass es die schweren Gewichte vorne auf den Stimmzungen sind, die die Ansprache so langsam machen. Es dauert halt, bis eine große Masse in Bewegung kommt ...
Einer nach dem anderen wurde ein Zahn gezogen bzw. eine Stimmplatte aus dem Stimmstock herausgebrochen und bearbeitet: vorne vom Klotz abgefeilt (beim größten ist es fast ein Viertel geworden - aber nicht auf einmal, sondern nach und nach), dann hinten mit dem Schleifstift geschabt, damit der Ton wieder stimmt. Und dann durfte meine Besitzerin auch etwas tun: die Ansprache testen, ob sie schon besser oder gar gut ist, oder ob Balg noch mehr abfeilen muss. Und ziemlich oft musste er nochmal feilen! Und wenn dann endlich meine Besitzerin die Ansprache akzeptabel fand, kam die zweite Stimmzunge auf der Platte dran. Und dann der nächste Ton ...
Endlich waren alle kritischen Töne bearbeitet, dann wurden die Platten wieder eingewachst, feingestimmt und eingebaut. Dann bekam ich auch meine zweite Hälfte wieder und meine Besitzerin hat mich probegespielt. Und ich muss zugeben: die Töne haben wirklich "Beine bekommen"! Wo sie vorher durch die Gegend geschlurft sind, hüpfen sie jetzt beinahe.
Lustig war übrigens, wie meine Besitzerin die ganze Zeit geredet hat: immer hieß es "wir tun dies" und "wir tun das", dabei hat Balg getan und sie nur ab und zu die Ansprache getestet

Mein Wellness-Wochenende war damit noch nicht zu Ende, es fehlt noch der Sonntag. Aber meine Sekretärin meint, sie hätte dafür keine Zeit mehr, deshalb kommt dieser Teil später.
Liebe Grüße,
INges Morino (VN)
Anmerkung der Sekretärin:
von mir nur noch einen ganz herzlichen Dank an Manfred und Karin für dieses Wochenende! Manfred natürlich fürs "Beine machen", aber beiden für die herzliche Gastfreundschaft und besonders Karin fürs kulinarische Verwöhnen.
Ganz liebe Grüße an Euch,
INge
- Eigenschaft