SiwashRock
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Martin Guitar - DRS 2
Till things are brighter…
Zugegeben, ich leide immer noch unter der DSR/DRS-Problematik. Man findet die Gitarre unter beiden Bezeichnungen im Netz, was dazu führt, dass sich die korrekte Bezeichnung immer noch nicht in meinen Synapsen manifestiert hat. Auch weiß ich nicht, ob es nicht vielleicht doch mal eine Martin DSR gab. Wie dem auch sei, die korrekte Bezeichnung für die Gitarre der wir uns nun widmen lautet DRS. Nun ist mir Martins Nomenklatur nicht genau bekannt, doch wird D wohl für Dreadnought stehen und mit den Buchstaben RS könnte die "Road Series" gemeint sein. Von der Road Series gibt es zwei Varianten: Die DRS 1 hat eine Sapeledecke und klingt aufgrund der akustischen Verwandtschaft zu Mahagoni eher dunkel und warm. Die von mir bevorzugte DRS 2 hat eine Decke aus Sitkafichte mit einem helleren, luftig-klaren Klang, der aber in seiner Art nicht weniger warm ist. Zur DRS 1 findet man, im Gegensatz zur 2 im Internet viel Material, doch dem wollen wir nun etwas entgegensteuern.
All Solid Stratabond
Der Korpus der Martin besteht aus vollmassivem Holz und ist perfekt verarbeitet. Für die Decke wurde ein besonders schönes Stück Fichte verwendet, dass sogar mein Gitarrenbauer für die gleichmäßig stehenden Ringe lobte. Selbst übertriebene Pingeligkeit fördert keine Verarbeitungsmängel zu Tage. Nirgendwo quillt Leim raus, der Lack ist sauber und gleichmäßig aufgetragen, keine Schrammen, keine Kratzer oder unsaubere Stellen. Erst der Blick ins Schallloch offenbart einige Spänchen an den Kanten des A-Frame Bracings. Aber: geschenkt.
Leider kann der Hals nicht ganz mithalten. Der Sattel ist hervorragend verarbeitet, was zur Folge hat, dass das Spiel in den tiefen Lagen trotz der 13er Saiten butterweich von der Hand geht, doch ändert sich das umso mehr die Hand gen Korpus wandert. Der Hals hängt relativ stark durch, weshalb der Gitarrenbauer mit dem Setup beauftragt wurde. Hierbei stellte sich raus, dass die Bünde nicht ganz sauber abgerichtet waren. Auch wenn die Nachbearbeitung laut dem Meister keine große Sache war, sollte man in dieser Preisklasse etwas mehr Sorgfalt erwarten können.
Und wo wir gerade beim Hals sind - all solid ist dieser nicht. Solide ist er definitiv, jedoch ist der Stoff aus dem er gefertigt wurde ein Hartholzlaminat namens Stratabond. Das Hauptmotiv zur Nutzung dieses Materials ist, einen möglichst robusten Stoff zu haben, der in verschiedenen Bereichen flexibel genutzt werden kann. Bisher wurde Stratabond überwiegend bei Waffenschäften, Bögen oder Ähnlichem eingesetzt, und fand nun, dank Martin, Verwendung in weniger destruktiven Bereichen. Ob es aufgrund der (vermeintlich) niedrigeren Kosten seinen Weg in den Gitarrenbau fand, oder ob es hauptsächlich darum ging, eine Alternative zu den seltener werdenden Tonhölzern zu finden, konnte ich nicht zweifelsfrei feststellen.
Um Traditionalisten der Angina Pectoris noch etwas näher zu bringen, wurde auf dieses Laminat ein Griffbrett geleimt, das aus Papier und Harz besteht. Richlite lautet der Name des Verbundstoffes, dessen Haptik schwer zu beschreiben ist. Es fühlt sich durchaus holzig an, doch hat es eine eigene charakteristische Note, welche keinesfalls negativ auffällt. Im Internet wird es oft als künstliches Pendant zu Ebenholz bezeichnet. Von der Haptik her ist es deutlich glatter als Holz, da es weder Poren noch Fasern hat. Oft wird behauptet, es fühle sich an wie Plastik, doch ist das so nicht richtig.
Der Hals lässt sich, dank seines flachen Shapings, gut bespielen und der Stratabond-/Richlite-Mix fühlt sich nach kurzer Eingewöhnungsphase sehr vertraut an. Nichts daran klebt oder lässt die Hand stocken und ich würde ihn so manchem hochglanzlackierten Hals vorziehen. Wie groß der Einfluss eines Halses auf den Gesamtklang ist, wird oft heiß diskutiert, doch um einer Diskussion unter Gitarrenfundamentalisten vorzubeugen, möchte ich darauf nicht näher eingehen. Falls der Einfluss tatsächlich groß sein sollte, fand Martin mit Stratabond und Richlite wohlklingende Alternativen die es mit massiven Tonhölzern absolut aufnehmen können. Wer also diese Gitarre wegen ihres Halses ignoriert, versäumt etwas.
Die DRS ist mit einem Fishman Sonitone Tonabnehmer ausgestattet, dessen Kontrollelemente sich gut versteckt im Schallloch befinden. Natürlich lassen sich diese, die auf Tone und Volume beschränkt sind, nicht ganz so komfortabel bedienen, doch sind sie dafür auch nicht im Weg. Ein Tuner ist, aufgrund dieser Bauweise, nicht vorhanden. Die Batterie ist in einer kleinen Tasche im Korpusinneren versteckt und lässt sich wohl kaum tauschen, ohne zumindest einige Saiten zu entfernen. Ob dies nun ein Vor- oder Nachteil ist, muss jeder für sich entscheiden. Manche legen mehr Wert auf Komfort und eine einfache Bedienung, anderen ist das Gesamtbild der Gitarre wichtiger. Ich persönlich habe eine Abneigung gegen Drehregler, Displays und Klappen an der Steelstring und hoffe, dass Martin diese Linie beibehält.
Zur DRS gibt es einen schicken Koffer, der mit dunkelgrünem Plüsch ausgepolstert wurde. Die goldenen Schnallen sorgen in Kombination mit dem schwarzen Kunstleder für ein edles Gesamtbild. Leider reicht seine Verarbeitungsqualität nicht an ganz an die Gitarre ran. An den Kanten stehen einige weiße Fransen des Kunstledergewebes weg, doch ist er, abgesehen davon, ein schwerer, robuster und sicherer Koffer.
Boom-Chicka-Boom
Wird die Gitarre mit dem Pick angespielt, fällt sofort der typisch basslastige Klang auf. Wer den charakteristischen Sound nicht kennt, sollte sich von dieser "Basslastigkeit" nicht irritieren lassen. Die DRS verfügt zudem über feine, perlende Höhen die dem Instrument einen ausgewogenen und vollen Klang verleihen, der aber in keiner Situation matscht.Auch beim Fingerpicking fällt diese komplexe und plastische Klangstruktur auf. Die Basssaiten tönen hier in gewisser Weise weich, doch andererseits auch sehr pointiert. Man könnte sogar eine leichte Cello-Note hineininterpretieren. Die Töne sind bestimmt und klar, und bringen sie eine gewisse Leichtigkeit mit sich.Die Diskantsaiten offenbaren beim Spiel ein feines Geflecht aus filigranen Höhen, welches sich auch bei leichtem Anschlag gut im Gesamtbild positioniert und dynamisch auf das Spiel reagiert. Der Korpus verhält sich äußerst ressonanzfreudig, und schwingt je nach Spieldynamik entsprechend mit.Im direkten Vergleich zur Seagull S6, die zu Recht als Geheimtipp gilt und viele Gitarren in ihrer Preisklasse hinter sich lässt (und zudem beim Schreiben in Reichweite war), fällt auf, dass das Klangbild der Martin deutlich mehr Tiefe besitzt und zudem feiner und facettenreicher ist. Die Seagull hat ein mittiges, durchsetzungsfähiges und offenes Klangbild, doch im Vergleich zur DRS wirkt ihr Klang zweidimensional. Ich weiß nicht ob es am massiven Korpus liegt oder an den Hölzern, doch hat die Martin das plastischere, komplexere und wertigere Klangbild. Ein Kollege aus den USA schrieb über die günstigeren Martins, dass sie sich nicht auf gleicher Ebene mit den Top-Modellen befinden, doch näher dran sind als man denkt. Ich denke, dieser Satz trifft es wohl am besten. Der Ton ist im verstärkten Betrieb eher mittig angesiedelt, setzt sich gut durch und hat einen natürlichen Klang für einen Piezo. Der Sonitone überträgt die Dynamik ordentlich, und macht seinen Job im Allgemeinen sehr gut.
…just this old guitar and an emtpy bottle of booze
Kann man eine Kaufempfehlung aussprechen? Wenn man auf die typische Soundcharakteristik einer Martin steht, dann auf alle Fälle. Positiv fallen Klangbild, Verarbeitung, allgemeine Qualität und Bespielbarkeit auf. Unschön ist, dass bei den Bünden noch eine gewisse Nacharbeit nötig war. Wer möchte kann zusätzlich den fehlenden Zierrat, den teilweise leicht unsauber verarbeiteten Koffer und die bauartbedingte Bedienung des Tonabnehmersystems negativ werten.
Der Preis der DRS befindet sich in der Mittelklasse, doch hebt sie sich qualitativ mehr als deutlich davon ab. Meiner Meinung nach hat sie klanglich nicht viel Konkurrenz in diesem Bereich, wobei ich die vollmassiven Chinagitarren noch nicht ausreichend testen konnte.
Das Konzept mit den alternativen Materialien gefällt und ich kann mir durchaus vorstellen, dass diese robuster und beständiger sind, als reguläres Holz. Gerade für eine traditionelle Firma wie Martin Guitar ist es bemerkenswert diesen Schritt zu wagen, und nicht nur der Erfolg im technischen/akustischen Bereich gibt ihr recht, sondern auch die Akzeptanz unter den Gitarristen.
Dies ist ein kleines Soundsample von mir. Leider hatte ich nur das integrierte Mikro des Apogee One zur Verfügung. Schließt von der mäßigen Aufnahme nicht zu sehr auf die Gitarre - spielt sie bei Gelegenheit besser an.
http://soundcloud.com/ezprit/soundsample-martin-guitar-drs
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