Know-how-Frage Röhrenamps: Wie stark ist der Ausgangsübertrager am Sound beteiligt?

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Grund meiner launigen Frage als Physik-Laie sind folgende Erfahrungen:

1. Vor Jahren musste der AÜ eines meiner Amps durch einen nicht 1:! baugleichen ersetzt werden. Seither klang er nie wieder wie vorher. Das Offene und Dynamische war weg, nicht mehr soviel Leben drin wie vorher.

2. Ich habe einen Fender Pro Junior und einen platinenmäßig baugleichen Fame GTA15 zum Vergleich. Die weitgende technische Übreinstimmung wurde schon in aneren Threads bestätigt. Die Amps klingen (entgegen oft anderer Meinungen) jedoch sehr verschieden. Der Fender (trotz der eigentlich harten Sovtek/Groove Tubes) beugt sich jeder Anschlagstärke, geht dynamisch und sämig in den Crunch. Der Fame trotz der eigentlich weicheren JJ-Röhren klingt hart, vergleichsweise undynamisch und unmusikalisch eher wie eine Transe.

Habe ich alles verglichen auch mit diversen externen Boxen. Völlig paradox. Das Thema "Welche Röhre klingt für ..." hat sich für mich damit endgülig erledigt. Die angeblichen Röhreneigenschaften erscheinen in beiden Amps nämlich genau umgekehrt und somit auf den Kopf gestellt.

Es kommt deshab der AÜ ins Spiel: Je unstabiler er bei Last arbeitet, desto dynamischer kann ich spielen?

Nun soll im Fender traditionell ein "relativ kleiner " AÜ verbaut sein, der "schnell in die Knie geht" (was den Amp offenbar auch reparaturanfälliger macht ... ?). Beim Fame/Yerasov ist der AÜ "überdimensioniert". Macht die Kiste stabiler. Klingt aber nicht. (?)

Lange Rede - kurzer laienhafter Sinn: Das Bauteil AÜ scheint mir ein sehr wichtiger (Klang)Faktor bei einem Amp zu sein? Weitaus mehr als die Röhren- Speakerbestückung?
 
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Lange Rede - kurzer laienhafter Sinn: Das Bauteil AÜ scheint mir ein sehr wichtiger (Klang)Faktor bei einem Amp zu sein?

Ja!

Die Aufgabe des AÜ ist ja eigentlich nichts weiter, als das Ausgangssignal der Endstufe passend zur Lautsprecher-Impedanz herunterzutransformieren. Im hypothetischen Idealfall tut er das linear, sprich beeinflusst den Klang überhaupt nicht. In der Realität aber wird er den Klang schon beeinflussen, im Wesentlichen dadurch, dass der Trafokern in die Sättigung geht. Der Physiker spricht hier von der Hysterese: bei großen Feldstärken in der Primärspule (also großen Amplituden des Ausgangssignal - auf Deutsch "laut") kann das Magnetfeld nicht mehr "folgen", sprich das Ausgangssignal wird komprimiert. Das kann sich gut anhören :)

Allerdings hängt der letztendliche Klang eines Verstärkers von zig Faktoren ab, so dass es immer schwierig ist, das jetzt nur an einem Bestandteil festzumachen (Röhren / AÜ / passive Bauelemente). Z.B. hat auch das Netzteil einen wesentlichen Einfluss und kann "härter" oder "weicher" klingen.

Viele Grüße

-Thorsten
 
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1. Vor Jahren musste der AÜ eines meiner Amps durch einen nicht 1:! baugleichen ersetzt werden. Seither klang er nie wieder wie vorher. Das Offene und Dynamische war weg, nicht mehr soviel Leben drin wie vorher.
Warum gabs keine Baugleichen , ist 1:! als völlig gleich oder anderes Wicklungsverhältnis zu verstehen ? Wenn man einen total anderen Übertrager "reinkloppt" kann das Ergebnis auch total schlecht sein , so dass die Röhren gar nicht mehr zu identifizieren sind.
 
In der Realität aber wird er den Klang schon beeinflussen, im Wesentlichen dadurch, dass der Trafokern in die Sättigung geht. Der Physiker spricht hier von der Hysterese: bei großen Feldstärken in der Primärspule (also großen Amplituden des Ausgangssignal - auf Deutsch "laut") kann das Magnetfeld nicht mehr "folgen", sprich das Ausgangssignal wird komprimiert. Das kann sich gut anhören :)

Die bei den meisten Übertragern viel einflussreicheren Größen wie Primärinduktivität, Streuinduktivität, Kopplung, Wickelkapazitäten, Wirbelstromverluste, Übersetzungsverhältnis usw lassen wir einfach mal weg...;)

Und die dadurch entstehenden Phasen-und Amplitudengänge (zweitere werden bei Verwendung einer Gegenkopplung übrigens wesentlich durch den Phasengang des Übertragers bestimmt!) ebenfalls.
Mit "Amplitudengang" meine ich jetzt übrigens das Übertragungsverhalten OHNE Sättigungseffekte, kommen die dazu, wirds noch lustiger...

Außerdem hält das Verhalten des Übertragers von der Gleichstrombalance der Endstufe ab, die bei hoher Aussteuerung NICHT symmetrisch sein muss! (=> Kernvormagnetisierung!)

Die Sache ist einfach gesagt so: Wenn man sie ausreichend "richtig" durchdenkt, hinreichend komplex, um Bücher zu füllen. Auch die sich ja komplex verhaltende Impedanz des Lautsprechers, die auch wieder von der Amplitude abhängig ist, spielt da rein...

Ganz kurz zusammengefasst: ES IST KOMPLIZIERT und NICHT zu vernachlässigen!

MfG Stephan

PS: Bei sämtlichen anderen Bauteilen verhält es sich genauso - nur eben mehr oder weniger schlimm. Parasitäreffekte gibts überall...die Frage ist nur, ob die relevant sind ;)
 
Hallo,

das ist eine durchaus philosophische Frage, denn...

Der Ausgangsübertrager ist ein Bauteil von vielen in einem komplexen Gebilde.
Richtig ist, dass er den Sound färbt. Das tut er aber wie jedes andere Bauteil auch und damit ist er nicht minder- aber auch nicht mehr wichtig als jegliches andere Bauteil. Allerdings spielen beim AÜ eine vielzahl von parasitären Eigenschaften eine Rolle, die sich direkt auf das Klangbild auswirken, weshalb ein AÜ auch völlig unterschiedlich klingen kann, obwohl er die gleichen "Eckdaten" wie ein anderer AÜ hat.

Dinge wie Streuinduktivität, Querkapazität oder Sättigungsverhallten des Kernbleches sind sehr weit gefächerte Parameter, die nichtnur eine Frage der Materialwahl, sondern auch eine Frage der Verfahrenstechnik sind. Dann ist die Frage wie wurde gewickelt, stumpf Wicklung über Wicklung oder wurden mehrere Verschachtelungen vorgenommen? Wenn ja, 3, 5, 16, mehr? Ist der eine Wicklungsdraht vielleicht eine Spur dicker, eil von einem anderen Hersteller mit anderen Fertigungstoleranzen obwohl "Nennmaß" gleich ist? - Bei tausend Wicklungen auf einem Kern macht das durchaus einen Unterschied.

Dann was ich Ansprach; Sättigungsverhalten der Kernbleche.
Was ist das für ein Blech, wie wurde es gewalzt, geglüht, verarbeitet? - So kann es durchaus sein, dass ein kleinerer Kern deutlich mehr Leistung sauber rausbringt als ein großer Kern, wenn er später sättigenderes Eisen beinhaltet.

Was will ich damit sagen? - Es gibt keine feste Regel, dass ein AÜ mit den Merkmalen "XY" dynamischer klingt als ein AÜ mit den Merkmalen "AB".
Sofern man nicht die Messwerte eines Übertragers hat - und sie weiss zu interpretieren - lässt sich keine regelmäßige Aussage über den Klang treffen.

Zum Thema Dynamik; Wenn gewollt ist, dass der AÜ sich dynmisch verhält, d.h. dass er das einkommende Signal so unverfälscht wie möglich wiedergibt und nicht Peaks beschneidet (komprimiert) dann sollte man darauf achten, einen Leistungsmäßig üppig ausgelegten Trafo zu verwenden.

Grüße,
Schinkn

EDIT: Ist ja witzig, Stephan schreibt zeitgleich praktisch the same :)
 
Zuletzt bearbeitet:
Sofern man nicht die Messwerte eines Übertragers hat - und sie weiss zu interpretieren - lässt sich keine regelmäßige Aussage über den Klang treffen.

Such mal nach solchen Messwerten. Viel Spaß dabei :D

Die meisten Trafowickler wissen selber nicht, was das ganze Zeug ist und können es auch nicht messen. Und selbst wenn sies können, dann verzichten sie gerne darauf, diese Daten auch anzugeben, weil die Schaltungs"entwickler" nicht wissen, was sie mit den Daten anfangen sollen bzw sie legen eher Wert darauf, dass die Bauteile gematcht, selektiert oder bei Mondschein von Jungfrauen handgewickelt sind.

Oder kurz gesagt im Klartext: Es interessiert keinen. Und das ist schade, denn damit kann man mit SEHR wenig Geld SEHR gute Geräte bauen. Nur interessiert das dann auch wieder keinen...

EDIT: Ist ja witzig, Stephan schreibt zeitgleich praktisch the same :)

Ich habs mir gespart, nähere Erklärungen abzugeben, eben weils keinen interessiert...und ich lese und schreibe hier auch nicht mehr, außer wenn ich von Boardmitgliedern Emails bekomme, dass ich doch evtl was wissen könnte, unter was man weiterlesen kann... ;)

MfG Stephan
 
Sprich, die Amphersteller machen lieber Trial and Error (oder kopieren/ändern ältere gut klingende Schaltungen) und verkaufen gut Klingendes als Voodoo? Das scheint aber im ganzen Gitarrenbereich so zu laufen :p
 
Lange Rede - kurzer laienhafter Sinn: Das Bauteil AÜ scheint mir ein sehr wichtiger (Klang)Faktor bei einem Amp zu sein? Weitaus mehr als die Röhren- Speakerbestückung?
Der einfachste Weg das rauszufinden wäre die beiden AUs zu tauschen, und dann hören wie´s klingt, oder?

das ist eine durchaus philosophische Frage, denn...
Aber das ist doch neben der Gitarre das liebste Steckenpferd des Gitarristen ;)

Sprich, die Amphersteller machen lieber Trial and Error (oder kopieren/ändern ältere gut klingende Schaltungen) und verkaufen gut Klingendes als Voodoo? Das scheint aber im ganzen Gitarrenbereich so zu laufen :p
Natürlich. Die können auch nicht das Rad nochmal erfinden. Also wird bewährtes mit irgendwas kombiniert, und dem Gitarristen als Musthave angepriesen. Die Jungs müssen doch auch von irgendwas leben :rolleyes:
 
Natürlich. Die können auch nicht das Rad nochmal erfinden. Also wird bewährtes mit irgendwas kombiniert, und dem Gitarristen als Musthave angepriesen. Die Jungs müssen doch auch von irgendwas leben :rolleyes:

Das Axe FX spricht da eine andere Sprache...das zeigt recht gut, was man neues machen kann, das auch wirklich in der Form noch nicht da war.

Zu der Röhrensache: Damit man bissl rechnen und zielstrebig dimensionieren kann, muss man eben verstanden haben, wie das Ganze funktioniert. Und das tun die meisten eben nicht, weil sie in erster Linie Musiker und Bastler sind und keine Lust haben, sich damit zu beschäftigen.
Und das läuft bei den großen Firmen auch nicht anders. Das "Novum" Noisegate im KK2203 ist beispielsweise einfach eine 1:1 Applikation aus dem Datenblatt des Herstellers des Noisegate-VCA-Bausteins...

MfG Stephan
 

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