skapatty schrieb:
Also, irgenwei hab ich das mit dem walking bass nich ganz begriffen, wie das so ist...
wenn ich einfach nur die akkorde breche und dann noch ne none oder septime dazu spiele in vierteln, hab ich dann ne walking bass line?
oder wie konstruier ich mir allgemein walking bass lines?
Hallo!
Falls Deine Anfrage noch aktuell sein sollte - von dem Düsseldorfer Bassisten Reinhard Glöder gibt's eine ziemlich gute Anleitung, wie man solche Linien im Jazzbereich baut. Ich hab sie noch von vor 15 Jahren von einem Workshop in Remscheid, noch richtig maschinengetippt, wenn Dich das interessieren sollte, kann ich die mal suchen.
Ansonsten würde ich einfach mal bei den Cracks reinhören (für den passenden Eindruck von Ton und Timing) - es gibt sie ja bergeweise, Paul Chambers, Ron Carter, Sam Jones, Oscar Pettiford sind ja nur ein paar Namen, Ray Brown natürlich als der amtliche Walker (z.B. bei Quincy Jones' Big Band-Version von "Killer Joe" auf der 1969er LP "Walking in Space" -

eine der besten Walking-Linien, die ich kenne).
Noch mehr?
Demonstration von Wechseln zwischen viertelgeprägtem Ostinato und Walking bei Charles Mingus' "Boogie Stop Shuffle" (LP "Mingus-Ah-Um", 1959).
Wechsel zwischen binärem und Walken bei Antonio Faraò " (gleichnamige CD von 2002 oder so, Bassist Martin Gjakonovski)
Wechsel zwischen Latin und Walking bei Chick Coreas "Samba Song" auf der 1978er LP "Friends", Bassist Eddie Gomez, der dann auch noch die bekannte Solo-Abfahrt dahintersetzt.
Grundsätzlich hab ich ganz früher von den Oscar-Peterson-MPS-Platten mit den Hauskonzerten im Trio (mit Ray Brown bzw. Sam Jones) vieles abgucken können. Man kann zu Peterson stehen, wie man will, vom bodenständigen Trio-Handwerk her ist in den Aufnahmen vieles drin.
Falls Du auf einem E-Baß walken willst, würde ich mal mit Zupfen auf der Höhe des (beim Jazz Bass) Hals-TA experimentieren. Dann entwickelt sich der Ton evtl. kontrabaßähnlicher, als wenn man hinten an der Brücke rummacht. Wenn man über dem Steg-PU oder so zupft, kann es schon mal Richtung Tanzmucker-Walkingbaß gehen, und das muß es dann vielleicht auch nicht unbedingt sein.
Noch was: Walking bei Bebop und folgenden Stilarten funktioniert anders als bei Swing und älteren Sachen. Ich bin mal aus Langeweile bei einer Oldtime-Session eingestiegen und dachte mir, als "Indiana" angesagt wurde, prima, die Harmoniefolge ähnelt ja der von "Donna Lee". Hab also einfach die Bebop-Baßlinie druntergelegt. Dat kam nich so gut

... Swing- und Oldtimebassisten gehen etwas weniger unflätig mit dem Skalenmaterial um und spielen öfter mal Tonwiederholungen.
Grundsätzlich macht die Walkerei erst so richtig Spaß mit den kleinen Schweinereien zwischendurch, als da wären Triolen, Drops, punktierte Achtel, Abziehen, Deadnotes etc. Dazu steht einiges in dem Jazz-Baß-Kompendium von Sigi Busch. Und Ray Browns "Killer Joe"-Linie ist ein Paradebeispiel für so Zeuch. Auch Ron Carter macht auf der Charlie-Parker-Aebersold-Platte so Sachen, z.B. bei "Yardbird Suite".
Bei Carter funktioniert Walkin sogar mit Rap: auf "Un ange en danger" mit MC Solaar auf der Sampler-LP "Stolen Moments: Red hot and cool", Mitte der 90er.
Und bereichern lassen sich Walkinglinien dann von Zeit zu Zeit auch mit Tonwiederholungen oder auch liegengelassenen Fünften Stufen während einer II-V-Kadenz oder eines Turnarounds, z.B. am Ende eines Chorus. Oder die ersten vier Takte eines Blues-Chorus im mittleren Tempo stur den Grundton der Tonika als Viertel durchdreschen, das kann manchmal richtig Druck machen. Noch weiter gehen kann man auf der Aebersold-Version von Herbie Hancocks "Eye of the Hurricane": einen Chorus lang (bei schnellen Blues-Stücken) die fünfte Stufe in wechselnden Oktaven legato drunterlegen, muß natürlich passen zu dem, was der Schlagzeuger macht (in dem Fall auf der Snare) - geht ab wie Schmitz' Katze

.
Michael