...Ich übe 30 min pro Tag und komme relativ gut zum C, D wird schon schwieriger, E mit Druck, und F nur mit extremst viel Druck. Ist das normal?
Der wichtigste Tip:
bitte hör auf, das Mundstück zu fest gegen die Lippen zu pressen.
Durch zu starkes Andrücken behindert man die "Muskelarbeit" und damit die Ausbildung der Lippenkraft, i dieser Hinsicht ist das Zeitverschwendung. Man kann sich diese Erkenntnis auch von James Morrison (DVD) bestätigen lassen. Morrison ist außerhalb der Klassik m.E. einer der besten lebenden Trompeter auf dem Planeten.
http://www.youtube.com/watch?v=IDhCzBTMzfU
https://www.thomann.de/de/omnibus_media_the_james_morrison_way_dvd.htm
Beim Trompete üben sollte man keine Beschwerden bekommen. Typische Ursachen wären Verkrampfung oder zu große Anstrengung, beides ist für gar nichts gut. Eine nützliche Atemtechnik und brauchbare "Körperspannung" kann man mit den nachfolgend beschriebenen Methoden gut auf ganz natürliche Art entwickeln.
Im Grunde kann ein kleines Kind (außerhalb von Virtuosität und High Notes) Trompete spielen und vernünftig klingen. Damit sollte belegt sein, dass es im üblichen Tonumfang nicht an der "Muskelkraft" liegt, was man zu hören bekommt. Dafür zwei Beispiele:
http://www.youtube.com/watch?v=WOahdokrg5c
http://www.youtube.com/watch?v=iEJvH0LUxjU
Natürlich hat Trompete spielen können auch nichts mit dicken oder dünnen, kleinen oder großen Lippen zu tun. Wer behauptet nur heutzutage noch so etwas, was sowieso noch nie zu belegen war?
Die eigene Entwicklung auf der Trompete ist extrem individuell. Für Viele ist es ein Vorhaben von einigen Jahren, bis sie gut klingen, sicher spielen können und den "Standardumfang" bis zum C3 besitzen. Ein frei als einzelner Ton abrufbares C3 setzt dann noch einmal eine verbesserte Technik und geduldiges Üben voraus.
Tatsächlich klingen nur wenige Glückliche "von Natur aus" gut, eben weil sie intuitiv Vieles richtig machen.
Ich habe allerdings selbst schon mit vielen Schwierigkeiten gekämpft und die Trompete zwischendurch auch für einige Jahre zur Seite gelegt. Der Wiedereinstieg danach war ziemlich steinig. Ich hatte Unterricht genommen, bin dabei aber mit meiner Klangentwicklung nicht besser geworden. Auf diesem frustrierenden Hintergrund habe ich mich dann intensiver mit der Methodik einiger bekannter Blechbläser beschäftigt. Dabei fand ich folgende "Stellschrauben", um die Entwicklung in gute Bahnen zu lenken und die
Grundlagen für das Trompete spielen zu optimieren.
Dein Lehrer hat im Prinzip recht, Trompete ist (oft) ein Geduldsspiel.
Es hilft sehr, beim Üben genau hinzuhören und auch einfache Übungen ernst zu nehmen, statt darüber hinweg zu spielen und sich nur auf wenige "schöne" Stücke zu konzentrieren.
Klingt es nicht, hilft fast immer: erst auf dem Mundstück buzzen, dann spielen, diese Prozedur ggf. wiederholen.
Gibt man sich von Anfang an bei den "Kleinigkeiten" Mühe, werden die möglichen Schritte mit der Zeit größer und man kommt wesentlich schneller vorwärts.
Umgekehrt rächt sich oberflächliches Üben an allen Ecken und Enden und ist immer wieder eine Hauptursache für "ewige Baustellen".
Je mehr man die folgenden einfachen Grundregeln verinnerlicht, desto besser für das Vorankommen.
Wenn Du also bereit bist, dich an einige "Übungsanweisungen" zu halten, lässt sich dir wahrscheinlich helfen.
Wenn Du dich traust, kannst Du dich mit einer Standardübung oder einer kleinen Etüde per Smartphone oder Digicam aufnehmen, den Clip bei Vimeo oder Youtube hochladen und den Link hier einstellen.
Bei Youtube kannst Du die Datenschutzeinstellung auf "nicht gelistet" stellen und die Kommentare abschalten,. So könnte man den Clip bei einer "nicht gelistet"-Einstellung nur hier aus dem Board aufrufen.
Sobald man deinen aktuellen Stand sehen und hören kann, lässt sich konkreter auf mögliche Schwachstellen bei Ansatz und Atmung eingehen.
So oder so, das ganze Geheimnis für die Entwicklung auf der Trompete ist in technischer Hinsicht:
ein brauchbarer Ansatz
eine brauchbare Atemtechnik
die Zunge muss für fortgeschrittene Anforderungen zwar trainiert werden, der Erfolg hängt aber sehr von der funktionierenden Atemtechnik ab
Dass das Üben auf dem richtigen Pfad läuft, merkt man daran, dass es beim täglichen Üben kaum zum "Achterbahn"-Phänomen mit guten und grottenschlechten Phasen kommt. Umgekehrt wäre das zermürbende "Auf und Ab" ein wichtiges Zeichen für schwerwiegende Fehler beim Üben.
Nach gelegentlichen "Ruhetagen" oder einem kurzen Urlaub kann man häufig zunächst besser und lockerer spielen kann als zuvor. Es ist für unsereins fast unmöglich, vollkommen ohne technische Fehler bei Ansatz und Atmung zu üben. Durch die Unterbrechung werden die zuletzt eintrainierten kleineren Fehler vergessen.
Ausdrückliche Atemübungen führe ich nicht an, weil die nach meiner Erfahrung bei genügend in den Übungsablauf integriertem und korrekt ausgeführtem Mundstück Buzzing einen unnötigen zusätzlichen Aufwand darstellen. Außerdem fördern falsch angeleitete bzw. falsch ausgeführte Atemübungen leicht weitere Verkrampfung.
Einfach zu spürendes Prinzip: wird die Ausatmung fokussiert (= Spannung), ergibt sich eine richtige Einatmung von allein, durch Entspannung.
Nimmt man dagegen "als Anfänger" bewusst Luft auf, wie auf den beliebten Lehrer-Zuruf "tief einatmen", dann geht die Einatmung bereits mit unnötiger Spannung einher. Da Spannung und Entspannung wechselseitig aufeinander folgen, ist das Pulver für die Ausatmung in diesem Fall bereits verschossen.
Ein paarmal kurz Lachen vermittelt das richtige Körpergefühl für eine gute Breath Attack auf der Trompete und für die korrekte "Stütze" (engl. support).
Nebenbei bemerkt, ich hatte dir bereits in den ersten Wochen deines Trompete Spielens in einem Beitrag die Clips verlinkt, die dir einen korrekten Einstieg für Ansatz und Atmung vermitteln können, sie werden auch jetzt wieder genannt.
Gibt es einen Grund, warum Du die vor rund 4 Monaten nicht beachtet hast?
https://www.musiker-board.de/plaude...it-dem-ansatz-kann-man-den-kaputt-machen.html
M.E. sinnvolle Grundregeln für eine möglichst schnelle Entwicklung sind zum Beispiel:
entspannt bleiben (das bedeutet nicht: schlaff)
beim Üben musikalisch denken und fühlen
das Mundstück nicht allzu fest anpressen, bei musikalischen Abwärtsbewegungen den Druck (zunächst bewusst) zurücknehmen.
Ich habe bei meiner eigenen Ansatzumstellung über Wochen nach jeder musikalischen Phrase unterbrechen müssen und dann meinen in die Sackgasse trainierten Ansatz samt Druck "korrigiert".
nicht übertreiben
Wenn man eine Übung von z.B. 8 oder 16 Takten gespielt hat, macht man am besten eine genauso lange Pause. Bei geringem Mundstückdruck entwickelt sich so der Ansatz am schnellsten und man wird bald spüren, wie der Spaß ins Spielen zurückkehrt und wie man vorankommt. Wenn man sich dagegen "platt spielt", wird der Ansatz überlastet statt ausgelastet und die Übungszeit war verschwendete Zeit (s.o.).
mit guten Play-Alongs üben, bei denen man eine Solo-Trompete als Klangvorbild hören kann. Menschen lernen am leichtesten durch die Nachahmung von Vorbildern, so lernen wir schon unsere Muttersprache.
CDs mit aufgenommener Trompete als Klangvorbild und zum Mitspielen liegen verschiedenen "Trompetenschulen" bei, für Etüdenbände mit Solo-Trompete und Play-Along bist Du vermutlich noch nicht weit genug.
Vielleicht kannst Du dir deine aktuellen Übungen von deinem Lehrer einspielen lassen, notfalls auf dem Smartphone. Man sollte Übersteuerungen des eingebauten Mikrofons unbedingt vermeiden (= Abstand halten, ncht darauf zielen), dann könnte der Sound durchaus für Übungszwecke genügen.
So kannst Du zu Hause auch "nach Gehör" üben und das Spielen deines Lehrers in Klang und Phrasierung so gut wie möglich nachmachen. Die Reihenfolge "erst hören, dann auf dem Mundstück buzzen, dann spielen" ist ideal, um wichtige Aspekte der Atemtechnik und der Intonation elegant in den Griff zu bekommen.
Weitere Strategien zur Problemlösung
1. Ansatz und erster Ton
Dieses Knowhow kann man regelmäßig mit der ersten und der dritten Lektion der 215th Army Trumpet Lessons überprüfen. Das geht recht einfach und ist enorm wichtig.
Beide Lektionen zusammen dauern nur 10 Minuten, sind also sehr gut als tägliche Dosis zur "Unterrichtsauffrischung" geeignet.
In Lektion 3 geht es mir nicht um die Spielerei mit dem Strohhalm, sondern um das "mouthpiece buzzing" danach. Dies ist eine echte Schlüsseltechnik, um auf der Trompete zu guten Ergebnissen zu kommen, auch für einige renommierte Profis. Man kann gar nicht genug auf diese Weise üben und es geht auch schnell mal zwischendurch.
Ich habe die Clips der 215th Army Band längst auf der Festplatte (Firefox, DownloadHelper).
http://www.youtube.com/watch?v=-H4Wby6ge3w
http://www.youtube.com/watch?v=LvDMwxwNpEA&t=110s
Und hier drei Beispiele, wie das Mundstück Buzzing richtig angewendet wird:
http://www.youtube.com/watch?v=3nF0thnUZwA&t=55s
http://www.youtube.com/watch?v=KDx_Wm63PGA&t=36s
http://www.youtube.com/watch?v=H5KHKU3fiEs&t=48s
2. Flankierende Maßnahme: Krafttraining für den Ansatz
Kein "muss", sondern "kann", wenn man sich mit dem Ansatz unsicher fühlt. Kraft sollte natürlich mit genügend zeitlichem Abstand zur Übungszeit auf dem Instrument geübt werden, z.B. abends.
Die Übung selbst ist an Schlichtheit kaum zu überbieten: man presst die Lippen fest zusammen und rollt sie dabei ein wenig ein, so dass man vom Lippenrot nur einen dünnen Strich sieht. Nun hält man den Pressdruck so hoch wie möglich, dann eine kleine Pause und die Übung evtl. nach Belieben wiederholen. Innerhalb weniger Wochen wird der Ansatz sicherer, einfach weil mehr Kraft zur Verfügung steht und bessere nervliche Kontrolle ausgebildet wurde.
In der fortgeschrittenen Form kann man versuchen, trotz hohem Lippendruck einen Ton herauszupressen, der wahrscheinlich an einen Mosquito erinnert.
https://www.youtube.com/watch?v=EpaVqrqbhdE
Noch fortgeschrittener wäre es, diesen Ton als Glissando abwärts zu ziehen und schließlich sowohl hoch als auch tief zu beginnen und den Tonumfang des Glissando als Lip Buzzing möglichst zu erweitern.
So oder so, man spürt recht bald man eine Verbesserung und dann stellt sich ein deutlich verbessertes Ansatzgefühl ein, was Sicherheit und Selbstbewusstsein vermittelt. Bekanntlich ist ein gutes Grundgefühl beim Trompete spielen bereits die halbe Miete.
3. Warm-Up. Das Reinhold Friedrich Solo Warm-Up zeigt, was m.E. ein guter Einstieg ist. Sehr günstig wirkt sich aus, so etwas untertags immer mal auf dem Mundstück zu buzzen, auch gebrochene Dreiklänge und die bereits erwähnten Glissandi. Bei mir liegt für kleine Pausen zwischendurch ein Mundstück auf dem Schreibtisch und ab und zu mache ich auch reines Lip Buzzing.
Die für dich geeigneten ersten Schritte der berühmten Cichowicz-Übung habe ich nachfolgend aufgeschrieben. Eine ähnliche Übung wurde von Vincent Cichowicz (ehemals CSO-Trompeter) im Unterricht verwendet, aber er hat nichts "offiziell" veröffentlicht. Geeignet wäre als Melodie z.B. auch eine Pentatonik.
Flow Study 1
http://www.mediafire.com/?8c48ql460i8rrxq
Flow Study 2
http://www.mediafire.com/?gsdat3do0yt27z2
Flow Study 3
http://www.mediafire.com/?acico5cys1up8ka
Hier übt Reinhold Friedrich erst ein bisschen Lip Buzzing, dann kommt seine Variation der Cichowicz-Übung:
http://www.youtube.com/watch?v=IH9PyK3bVr4&t=53s
4. Breath Attacks sind eine weitere hervorragende Technik für Ansatz und Atmung. Dabei wird der Ton ohne Zungenstoß erzeugt. Das kann man für einzelne Töne, Tonleitern und Akkordbrechungen benutzen. Die Dynamik kann den üblichen Regeln folgen.
Bei Tonleitern kann man in der fortgeschrittenen Ausführung nur über die Luft eine f-p-f-p... Dynamik spielen.
Denke an die "Ansatzmaske" bei Reinhold Friedrich, Tine Thing Helseth oder den Trompetern der 215th Army Band. Bei Binde-Übungen (Flexibilities) sollte man keine Grimmassen schneiden.
Und so sieht Flexibility bei guter Ansatzmaske im musikalischen Kontext aus:
http://www.youtube.com/watch?v=fz0l1dn8L4U&t=132s
Ein paar Basics als Warm Up für den Einstieg:
http://www.mediafire.com/?onigz9x4gb59rim
5. Wenn die Grundlagen funktionieren, kann man nach und nach Übungen aus bekannten Werken zur technischen Ausbildung einbinden, dabei eventuell für den derzeitigen Stand anpassen. Besonders interessant finde ich
Herbert L. Clarke, Technical Studies
Charles Colin, Advanced Lip Flexibilities Complete
Earl Irons, 27 Groups of Exercises
Jean Baptiste Arban, Complete Conservatory Method for Trumpet, E. Goldman (Ed.), Carl Fischer Publ., New York
Bei nicht rein klassischer Ausrichtung sind John O'Neil/Steve Waterman, Jazzmethode für Trompete und die Jamey Aebersold Play Alongs, Volume 1 & Volume 3 ein großartiger Einstieg ins Musizieren.
Hier kann man sich orientieren, wie Colin und Irons in fortgeschrittener Form ausgeführt werden:
http://thesystematicapproach.com/category/howtopractice/colins-100-original-warm-ups/
http://thesystematicapproach.com/category/howtopractice/irons-27-groups-howtopractice/
Schreibe doch bitte noch etwas dazu, welche Literatur von dir und deinem Lehrer im Unterricht verwendet wird und was Du mittelfristig auf der Trompete spielen und erreichen willst.