Zum letzten Mal Ferien (II. Fassung von Urlaub `86)

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Zum letzten Mal Ferien

"Hier endet unsre Republik."
Auf meinem Knie lag deine Hand.
Es kam mir komisch vor. Ich schwieg,
nicht auf Entdeckungen gespannt.
„Willst du die See sehn?“ fragtest du.
Dein Trabbi hielt. Der Wind blies frisch.
Drei Schritte, schon war Sand im Schuh.
Es roch nach nassem Holz und Fisch.

Warum war ich mitgefahren?
Ich verstand mich selber kaum.
Dass wir zwei Verliebte waren,
dachte ich nicht mal im Traum.
Meine Zweifel überwogen:
Was soll das für Arbeit sein,
draußen auf den weiten Wogen?
Fangt ihr Menschen wieder ein?

Dein Hochhausfenster sah aufs Meer.
Die Wellen rauschten Nacht und Tag.
In den Kulissen fiel es schwer,
zu sagen, dass ich gar nicht mag.
Obwohl ich mich als Null erwies,
bliebst durch und durch du Kavalier,
der mich nicht einfach fallen ließ.
Warum? Was hattest du von mir?

Warum war ich mitgefahren?
Ich verstand mich selber kaum.
Dass wir zwei Verliebte waren,
dachte ich nicht mal im Traum.
Meine Zweifel überwogen
Was soll das für Arbeit sein,
draußen auf den weiten Wogen?
Fangt ihr Menschen wieder ein?

Viel schöner war es ohne dich,
dein stilles Hoffen – eine Qual.
Am meisten faszinierte mich
dein gut bestücktes Buchregal.
Zum Abschied sagtest du „Bis bald!“
Das klang nach Anfang, nicht nach Schluss.
Ich stand am Rand vom Märchenwald
und zögerte vor deinem Kuss.

Warum war ich mitgefahren?
Ich verstand mich selber kaum.
Dass wir zwei Verliebte waren,
dachte ich nicht mal im Traum.
Meine Zweifel überwogen:
Was soll das für Arbeit sein,
draußen auf den weiten Wogen?
Fangt ihr Menschen wieder ein?
 
Eigenschaft
 
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Hallo liebe Teestunde, da hast du einen sehr interessanten Text geschrieben!!

Er ist aus der Perspektive einer Ich- Erzählerin geschrieben. Das heißt, die Erzählerin kann sich nicht in das Innenleben der anderen Figur hinein versetzen. Sondern nur in ihre eigene. Und die ist sehr zwiespältig. Sie hat gegenüber dem LD Berührungsängste und fragt sich, warum sie überhaupt die Entstehung einer Beziehung zulässt…

Am meisten faszinierte mich
dein gut bestücktes Buchregal.
So etwas kann ich nachvollziehen.

Die Wellen rauschten Nacht und Tag.
In den Kulissen fiel es schwer,
zu sagen, dass ich gar nicht mag.
Das auch.

Viel schöner war es ohne dich,
dein stilles Hoffen – eine Qual.
Das weniger. Warum lässt es das LI zu, Objekt der Hoffnung einer ungeliebten Person zu sein?
In den Kulissen fiel es schwer,
zu sagen, dass ich gar nicht mag.
Obwohl ich mich als Null erwies,
bliebst durch und durch du Kavalier,
der mich nicht einfach fallen ließ.
Warum? Was hattest du von mir?
Diese Frage finde ich spannend. Vor allem in Zusammenhang mit dieser Frage:
Fangt ihr Menschen wieder ein?
Wird hier ein vielleicht Mensch rekrutiert? Oder will das LI nur seiner eigenen Einsamkeit entkommen? Oder beides? Oder ist etwas ganz Anderes gemeint?

Wie auch immer - ein Text, der vieles ausspart. Nicht zwingend geeignet, sich von schönen Bildern berieseln, ablenken zu lassen.
Aber durchaus geeignet, sich Momenten dem Geheimnis zwiespältiger Bildern auszuliefern. :)

lg
 
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Wird hier ein vielleicht Mensch rekrutiert?
Nein, leider wurden hier Menschen zurückgeholt in diese popelige DDR. - Ich merke, dass ich immer noch zu undeutlich bin. Irgendwie muss es mir noch gelingen, etwas deutlicher zu werden.
Danke für deine Ausführungen. Ich bin beeindruckt. Du lässt mich meinen eigenen Text mit ganz anderen Augen sehen. :)
 
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Nein, leider wurden hier Menschen zurückgeholt in diese popelige DDR. -
Ja, das dachte ich mir. :) Aber die Unlust des LIs hat vielleicht etwas damit zu tun, dass das LD ein Grenzwächter ist. Warum sonst wird die Grenzewacht in einem so kurzen Text explizit hervorgehoben!?
Ich merke, dass ich immer noch zu undeutlich bin. Irgendwie muss es mir noch gelingen, etwas deutlicher zu werden.
Nein, aus meiner Sicht MUSST du nicht deutlicher werden! Du könntest auch schlicht Freude daran haben, dass dein Text mehrdeutig verstanden wird… ich beispielsweise mag das Mehrdeutige lieber als das Eindeutige! ;)

Gerade gegenwärtig, wo die „klugen“ Ansichten vieler Menschen oft wöchentlich ins Wanken geraten…
 
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ich beispielsweise mag das Mehrdeutige lieber als das Eindeutige
Ja, aber du bist bewusst mehrdeutig, während ich es zufällig bin, sozusagen aus Versehen. Du handhabst diesen Kunstgriff, ich nicht. Wenn ich mich in Mehrdeutigkeiten versuche, kommt meistens bloß Murks heraus.
Beitrag automatisch zusammengefügt:

Warum sonst wird die Grenzewacht in einem so kurzen Text explizit hervorgehoben!?
Ich weiß heute noch immer nicht, warum ich mitgefahren bin. Mir war klar, dass ich die "Vorgänge" an der Grenze würde herunterspielen oder verdrängen müssen, wenn die Beziehung Bestand haben sollte. Und das konnte und wollte ich nicht. Egal, wie mich dieser erwachsene Mann am Anfang faszinierte. Das Thema war immer präsent.
 
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Das weniger. Warum lässt es das LI zu, Objekt der Hoffnung einer ungeliebten Person zu sein?
Nun, ich war damals 18 und er knapp 30, glaub ich, weiss nicht mehr genau. Dieser erwachsene Mann interessierte sich ausgerechnet für mich. Er war der Typ Liebling der Schwiegermutter. Leutselig, lebenstüchtig, lustig... Ich war jedenfalls erst mal geflasht, wie man heute sagt. Aber das entwickelte sich nicht, weil meine Zweifel überwogen.
 
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Ja, aber du bist bewusst mehrdeutig,…
Na, bewusst klingt mir zu bedeutungsschwer, ich würde eher sagen „instinktiv“…. Je älter man wird, umso mehr Medaillen lernt man von allen Seiten kennen. Oder als Autor gesagt: Je eindringlicher ich die eine Seite betonte, umso lauter ruft seine Rückseite: “Und was ist mit mir???“ ;)
 
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Wenn ich mich in Mehrdeutigkeiten versuche, kommt meistens bloß Murks heraus.
„Versuchen„ sollten AutorInnen die Mehrdeutigkeit nicht! Das geht auch bei mir immer wieder schief. Nein, man sollte beim Schreiben auf die ureigenen und vielfältigen inneren Stimmen hören - und sich dabei nicht etwa schizophren fühlen, sondern eher reich an Emotionen!! 😉 Hier mal meine vorweihnachtliche Meinung zu inneren Stimmen: Je schwieriger die Biografie, umso mehr innere Stimmen. Und so findet ein eher glücklicher Mensch selten sein Glück im Schreiben…:cool:

Dein LI ist mir etwas zu klar gezeichnet, trotz seiner Fragezeichen.
Dass wir zwei Verliebte waren,
dachte ich nicht mal im Traum.
Das würde ich so einseitig nicht schreiben wollen - und lese ich aus deinem Kommentar sooo auch nicht heraus..,

Also ich würde viel lieber stilistisch herum spielen. Mal aus der Hüfte:

Statt in verliebter Verwirrrung zu schweben
schien ich verwirrt am Boden zu kleben.
 
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Statt in verliebter Verwirrrung zu schweben
schien ich verwirrt am Boden zu kleben.
Jaaa! Das trifft es. :) Nun muss mir nur noch gelingen, deine Metrik meiner anzupassen, sonst krachen die Zeilen so raus. ;)
 
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Dir auch. Und guten Rutsch!
 
Für mich ist das mit der Arbeit des Mannes (ist das dann der Lyrische Mann?) noch nicht deutlich aus dem Songtext. Wielleicht könntest du das "Fangt ihr Menschen..." in "Fängst du Menschen..." ändern. Dann bekommt das für mich Sinn.
Das Kuddelmuddel aus Arbeit und Freizeit ist natürlich für mein Bilderbuch-Bewusstsein auch eine Grundsätzliche Herausforderung

Ansonsten bleibt noch zu sagen: Ich fand die erste Version schon fesselnd, die zweite noch besser.
 
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Für mich ist das mit der Arbeit des Mannes (ist das dann der Lyrische Mann?) noch nicht deutlich aus dem Songtext. Wielleicht könntest du das "Fangt ihr Menschen..." in "Fängst du Menschen..." ändern. Dann bekommt das für mich Sinn.
Könnte übrigens auch ich nachvollziehen. - Aber wenn ich „Fängst DU Menschen“ mit „Fangt IHR Menschen“ vergleiche, höre ich in der letzteren Variante ein Hauch Verächtlichkeit mehr… was mE das Schreibmotiv von @Teestunde besser verdeutlicht.
 
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Ich bin noch nicht 100%ig zufrieden mit meinem Refrain. Hab vorgestern mehrere Stunden damit verbracht, ihn zu überarbeiten, leider ohne nennenswerten Erfolg. So dass ich nun erst mal bei der Version (siehe oben) bleibe.
 
Für mich ist das mit der Arbeit des Mannes (ist das dann der Lyrische Mann?) noch nicht deutlich aus dem Songtext. Wielleicht könntest du das "Fangt ihr Menschen..." in "Fängst du Menschen..." ändern. Dann bekommt das für mich Sinn.
Das Kuddelmuddel aus Arbeit und Freizeit ist natürlich für mein Bilderbuch-Bewusstsein auch eine Grundsätzliche Herausforderung

Ansonsten bleibt noch zu sagen: Ich fand die erste Version schon fesselnd, die zweite noch besser.
Das hab ich auch schon überlegt, aber:
Der Typ ist ja kein Kopfgeldjäger sondern Soldat bei den Grenztruppen bzw. bei der Marine. Er war also Teil einer Gruppe, die einen bestimmten Auftrag hatte (Grenzübertritt / Republikflucht mit allen Mitteln verhindern). Der Beitrag des Einzelnen war damals dem Erfolg des Kollektivs untergeordnet. Also zur Verdeutlichung der damaligen gesellschaftlichen Struktur finde ich die "Ihr" Formulierung besser geeignet.
Man muss auch dazu sagen, dass die Grenzschützer sehr stolz auf ihre Aufgabe waren und die NVA in der Bevölkerung generell einen hohen Stellenwert hatte - von daher ist es für mich durchaus verständlich, wieso eine 18jährige einen älteren Offizier / Leutnant whatever anhimmelt.
Also für mich kommt das setting eigentlich recht klar rüber, aber vielleicht braucht der Text doch noch ein paar zusätzliche Hinweise oder Schlagwörter aus der damaligen Zeit :nix:
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@Teestunde
Vielleicht kannst Du im Refrain noch etwas variieren bzw. Informationen reinreimen, der ist ja bis dato immer gleich
 
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Etwas ist mir noch eingefallen (auf dem Weg zum Supermarkt, haha)
Was hältst Du davon, einmal (vielleicht im letzten Refrain) die Frage zu einer Anklage umzuformulieren?
Also statt "Fangt ihr Menschen wieder ein?" - "Ihr fangt (doch) Menschen wieder ein!"
 
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