Warum man damals nicht Psalter als Bezeichnung wählte? Keine Ahnung.
Ich glaube, Curd Sachs war Schuld!
Er erkannte zurecht, dass es nur vier Möglichkeiten gibt, Saiten so anzuordnen, dass sie wohldefinierte und deutlich hörbare Töne in ausreichender Zahl von sich geben, um damit Musik zu machen:
1. viele Saiten in einem Schallkörper zu verankern und an einem offenen Rahmen zu spannen
2. mehrere Saiten über einen Schallkörper an eine an zwei Arme befestigte Querleiste zu führen, und mittels eines Steges die Schwingungen der Saiten auf den Schallkörper zu übertragen
3. wenige Saiten an einem Hals entlang über den Schallkörper zu führen und mittels eines Steges die Schwingungen der Saiten auf den Schallkörper zu übertragen, wobei die wenigen Saiten am Hals gegriffen werden, um jeder Saite mehrere Töne zu entlocken
4. eine beliebige Anzahl Saiten von einer Seite eines Schallkörpers zur anderen zu spannen.
Um diese komplexen Anordnungen für uns Laien anschaulicher zu machen, benannte Sachs jede Gattung nach einer im frühen 20. Jahrhundert in Mitteleuropa bekannten Vertreter der jeweiligen Gattung:
1. Die Harfen
2. Die Leier
3. Die Lauten
4. Die Zithern.
Denken wir an die vertraute Konzertharfe, erkennen wir die alt-ägyptishe und die neu-keltische Harfe als "enge Verwandte." Ebenso bei der stilisierten Leier, die wir als Symbol für die Musik kennen. und den ost-afrikanischen bzw. alt-germanischen Leiern, oder mit der Renaissancelaute und deren Verwandte die Gitarre, das Banjo oder das Sitar.
Beim Wort "Zither" allerdings denken wir an Grinzing, and den "Dritten Mann" und die alpenländische Stubnmusi. Wir erkennen nur schwer die Verwandtschafe zum Kantele, zum Gusli, zur Autoharp. denn leider ist die alpenländische Zither kein reiner Vertreter einer Gattung; sie ist vielmehr ein Hybrid aus den Gattungen "Zithern" (Saiten über einen Kasten gespannt) und "Lauten" (Saiten über ein Griffbrett geführt, welches eigentlich vom Hals der "Lauten" übernommen wurde.) Die Gattung "Zithern" hat zwei Untergattungen, nämlich "griffbrettlose Zithern" und "Griffbrettzithern." Die Konzertzither ist ein "Griffbrettzither" (wie auch die Hummel, die
épinette des Vosges oder der
lap dulcimer.) Das Psalterium wäre ein würdigerer Vertreter der Grundgattung - aber es ist schon im Mittelalter ausgestorben und hätte Sachs' Publikum nichts bedeutet.
Sachs hat auch übersehen - oder in Kauf genommen - dass das deutsche Wort
Zither erst in der jüngeren Neuzeit gebraucht wird, um ein halsloses Kasteninstrument zu bezeichnen. Noch zu Goethes und Heines Zeiten bezeichnete das Wort
Zither - wie auch das verwandte englische Wort
Cittern - eine Untergattung der "Lauten", nämlich die "Kastenhalslauten." Noch heute kommt dieser alte Sprachgebrauch vor, und zwar bei der Thüringer Wald
zither und der Schweitzer Hals
zither - beides "Kastenhalszithern!"
Cheers,
Jed