GeiGit
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Low-Cost-Reparatur des "Zargenradios" einer Ibanez Artwood AW10ECE-NT mit Belcat Prener PM
Vorgeschichte
Irgendwann 2016 oder 2017 fragte mich einer unserer Gitarristen aus dem CGS, ob ich vielleicht den Tonabnehmer seiner gebraucht gekauften Ibanez Artwood AW10ECE-NT-Westerngitarre reparieren könnte. Es war ein "Fishman equipped" Ibanez SST Shape Shifter Preamp mit Onboard-Tuner und es kam kein Ton mehr aus der Elektronik - weder aus der 6,3mm-Klinkenbuchse, noch aus dem symmetrischen XLR-Stecker. Und auch das Stimmgerät erkannte keine Töne mehr.Es war wohl kein Einzelfall. Auch hier im Board wurde schon davon berichtet (klick)
Prüfung der Komponenten
Ich kontrollierte und reinigte alle Steckkontakte der Elektronik und versuchte den Fehler auf den Tonabnehmer, oder die Elektronik einzugrenzen, aber es schien als ob der Tonabnehmer und die Elektronik kaputt wären.Es kam keinerlei Signal aus dem Tonabnehmer und jegliches Signal, welches ich an Stelle des Tonabnehmers in den Vorverstärker gab, wurde ignoriert. Außer einem Rauschen war das Ding einfach tot.
Ich schaute noch was den die Ersatzteile bei Meinl kosten würden und gab das weiter, aber er wollte keine 150€für die Reparatur einer Gitarre ausgeben, die er für einen ähnlichen Betrag gebraucht gekauft hatte. Soo toll war sie dann doch nicht und er konnte ja die Taylor 214CE der Gemeinde auf der Bühne nutzen.
Für das spielen Daheim brauchte er ja den Tonabnehmer nicht.
Also blieb erstmal alles beim alten.
Recherche
Ich suchte spaßeshalber, ob es nicht günstigere Austausch-Elektroniken gab und wurde schließlich auch "in China" fündig.Da gab es einiges zu kleinstem Preis.
Ich zeigte ihm eine ganze Link-Sammlung, aber er wollte mir keinen großen Aufwand machen.
Ein Jahr später
Irgendwann 2018 fragte er mich, ob ich die "chinesische" Reparatur nicht doch machen könnte?Ab und zu wäre es praktisch eine Alternative, oder eine zweite Gitarre zu haben.
Komplett-Tausch des Tonabnehmers und der Elektronik
Also suchte ich meine Links durch, entschied mich schließlich für das Belcat Prener-PM, ein relativ großes "Zargenradio" bei dem ich davon ausging, dass es den bisherigen Zargenausschnitt ausfüllen würde. Leider war die Einbaustelle denkbar ungünstig, da alle Zargenradios eigentlich für den runden Teil der Zarge vorgesehen waren.Außerdem brauchte ich ja ein System, welches das gleiche Batteriefach mit der Klinkenbuchse und dem XLR-Stecker als Ausgang hatte.
Letzten Endes wurde es ein Kompromiss bei dem schon vorher klar war, dass die Rundung nicht wirklich zur Rundung der Einbaustelle passen würde.
Das war ihm egal. Die Gitarre sollte funktionieren und keinen Schönheitswettbewerb gewinnen.
Also bestellte er in China das komplette Set mit Zargenradio, Untersteg-Piezo, Mikrofon und Batteriefach/Ausgangseinheit für etwa 40€.
Warten
Er musste eine ganze Zeit warten, aber nach etwa vier Wochen kam das Set bei ihm an und er brachte es mir vorbei.Es funktioniert!
Ein kurzer Test zeigte, dass es komplett funktionierte. Da war ich mir vorher bei dem Preis nicht sicher gewesen, wurde aber wirklich positiv überrascht!
Also steckte ich die Kabel des alten Zargenradios und des Batteriefachs aus und schraubte das alte Zargenradio raus.
Als nächstes entspannte ich die Saiten, entnahm den Steg und ersetze den Unterstegpiezo gegen den neuen und führte dessen Kabel aus dem Zargenausschnitt raus und schloss ihn an das neue Zargenradio erstmal extern an um den Klang zu testen. Also setzte ich den Steg wieder ein, stimmte die Gitarre und schloss das neue Zargenradio provisorisch an meinen Marshall AS50D an.
Auch hier war das Ergebnis durchaus tauglich, also schloss ich noch das Mikrofon an und schob es durch den Zargenausschnitt in die Gitarre um auch hier zumindest einen Klangeindruck bekommen zu können.
Auch dabei wurde ich positiv überrascht! Der Klang war wirklich nicht schlecht und in Kombination mit entsprechender Equalizer-Einstellung auch wirklich annehmbar!
Auch das Stimmgerät funktionierte, insofern stand dem endgültigen Einbau nichts mehr im Wege.
Zargenausschnitt vergrößern
Nun musste ich den Zargenausschnitt leicht verbreitern und verlängern um das neue Zargenradio einbauen zu können. Dazu verwendete ich meine japanische Feinsäge und diverse Feilen.Bevor ich das "Zargenradio" einbaute, standen noch ein paar Überarbeitungen an.
Diverse Arbeiten an der Gitarre
Da die Gitarre schon etwas eingespielte Bünde hatte, richtete ich sie ich sie ab, verrundete sie anschließend mit der Bundfeile und ölte das Griffbrett. Auch die Sattelkerben wurden nachgefeilt und der Steg für eine gute Saitenlage in der Höhe angepasst.Ein Arbeitsunfall verhindert die Fertigstellung
Eigentlich wäre der Rest vollends schnell gegangen, aber ich trennte mir am 25.112018 bei einem Arbeitsunfall meine linke Ringfingerkuppe ab (siehe Bericht).Somit lagen alle arbeiten erstmal auf Eis.
Der Abschluss der Arbeiten
Erst kurz nach Weihnachten war ich wieder in der Lage diverse Gitarrenarbeiten zu machen.Als dann das "Zargenradio" spannungsfrei in den Ausschnitt passte, steckte ich alle Kabel ein, setzte es ein und verschraubte es mit der Zarge.
Anschließend verstaute ich die Kabel in den schon im Korpus montierten Kabelhaltern damit nichts rumhing und vibrieren könnte und positionierte das Mikrofon in unter der Decke im Bereich des Steges indem ich den kleinen Schwanenhals entsprechend formte.
Das Teil mit dem Batteriefach, der 6,3mm Klinkenbuchse und dem XLR-Stecker war von der Größe her nahezu baugleich und konnte eins zu eins ausgetauscht und verschraubt werden.
Der erste Soundtest
Ich schloss sie wieder an meinen Marshall AS50D an, stimmte sie und probierte anschließend diverse Einstellungen mit dem Equalizer und dem Blendregler zwischen Piezo und Mikro aus.Sie hatte nun wirklich eine große Soundvielfalt und mir gefiel vorallem der Mischsound mit Piezo und Mikro.
Leider konnte ich nicht wirklich Greifen und den Klang nur mit Zupfen einzelner Töne prüfen.
Die Übergabe
Kurz nach Weihnachten 2018 gab ich die reparierte Gitarre wieder an ihren Besitzer weiter und er freute sich sehr wieder eine taugliche Ersatzgitarre zu haben!Im Einsatz
Letzten Endes hat es sich so herauskristallisiert, dass die Gitarre nun dauerhaft bei uns im CGS zur freien Benutzung steht und hauptsätzlich von unserem E-Gitarristen gespielt wird, da sie sich sehr leicht spielt und seiner E-Gitarre stärker ähnelt als die Taylor 214CE. Somit ist sie sehr oft in der Jugend, aber auch immer wieder in unseren Gottesdiensten im Einsatz wenn er eine A-Gitarre spielen will.Hier, in diesem Familien-Gottesdienst spielt er sie zum Beispiel:
Der eigentliche Besitzer spielt viel lieber die Taylor 214CE. Sie liegt ihm einfach mehr.
Fazit
Die Reparatur hat sich auf jeden Fall gelohnt und die Ibanez Artwood AW10ECE-NT klingt mit dem neuen "Zargenradio" aus China erstaunlich gut! Sie wird sogar ziemlich häufig gespielt, wenn auch nicht durch ihren eigentlichen Besitzer, aber das ist ja egal. Nicht jedem liegt jede Gitarre gleich gut und er hatte damals ja auch die Taylor 214CE nicht ohne Grund herausgesucht und gekauft!
Vielen Dank für Euer Interesse! Ich wünsche ich euch weiterhin viel Spaß hier im Musiker-Board!
Seid gesegnet und bis bald! Euer GeiGit
...wer noch mehr von mir lesen möchte, darf gerne durch meine Reviews und Workshops stöbern
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